Aufstieg und Fall des Neuen Markts
Börsencrash

Aufstieg und Fall des Neuen Markts

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Das waren noch Zeiten, als Kursprünge von 50 Prozent an einem Tag keine Seltenheit waren. Im Jahre 2000 war es dann soweit: Es folgte ein Börsencrash am Neuen Markt auf Raten, der uns noch bis in das Jahr 2003 hinein begleitet. Doch wie kam es eigentlich zu dieser Jahrhunderthausse, was waren die kurstreibenden Faktoren, und wodurch platze der Traum vom schnellen Geld an der Börse?

Das Interesse der Deutschen am Aktienkauf hielt sich bis in das Jahr 1996 in Grenzen, was sich jedoch rasch durch den massiven Werbefeldzug der Deutschen Telekom mit der Unterstützung des TV-Stars Manfred Krug änderte. Aufgrund der immens hohen Nachfrage nach der T-Aktie plazierte die Deutsche Telekom anstelle der geplanten 100 Mio. Aktien sogar 600 Mio. Stück.

Die T-Aktie, von den Medien auch als Volksaktie tituliert, wurde am 18. November 1996 erstmals gehandelt. Rund 1,9 Millionen Privatanleger kauften damals nach Firmeninformationen beim ersten Börsengang das Papier. Sie erfüllte die hohen Erwartungen der Anleger an diesem Handelstag mit einen satten Gewinn von 16 Prozent. Somit wurde der Grundstein für eine neue deutsche Aktienkultur gelegt, die durch zunehmende Begeisterung vieler neuer Kleinaktionäre am Börsengeschehen zum Ausdruck kam.

Mit Mobilcom und Bertrand startet das Segment Neuer Markt

Vier Monate später startete das Wachstumssegment »Neuer Markt« der Deutschen Börse mit den Unternehmen Mobilcom und Bertrand. Auch hier konnten mutige Aktionäre einen schnellen Zeichnungsgewinn von über 50 Prozent erzielen. Am Ende des Jahres 1997 waren schließlich 13 weitere Aktiengesellschaften wie beispielsweise EM-TV, SCM Microsystems, Quiagen oder Kabel New Media am Neuen Markt gelistet.

Die Vorstände dieser Gesellschaften waren zum Großteil brillante Selbstdarsteller. Diese verstanden es, sich und ihr Unternehmen dem Börsenpublikum bestens zu verkaufen. Sie versprachen eine hervorragenden Unternehmenszukunft mit exponentiellen Wachstumsaussichten. Dies führte schließlich dazu, dass immer mehr hellhörig geworden Kleinsparer, sich für ein Investment in die Aktienanlage entschieden. Selbsternannte Börsengurus gaben »heisse« Aktientipps von Werten, mit denen sie sich zuvor selbst eingedeckt hatten. Auch 0190- Börsenhotlines schossen wie Pilze aus der Erde und Fernsehsendungen wie die N-TV Telebörse oder die 3 Sat Börse verzeichneten hohe Einschaltsquoten wie nie zuvor.

Blinde Gier an den Börsen

Die Anlegerschaft wurde blind vor Gier nach dem schnellen Geld und kaufte nahezu alle Aktien, die auch nur in entferntester Weise etwas mit der Telekommunikations,- Medien oder Technologiebranche zu tun hatten. Privatanleger investierten ihr Geld in Neuemissionen. Doch viele machten sich mit den fundamentalen Daten der Unternehmungen vertraut, geschweige denn sie wussten, in welcher Branche die Gesellschaft tätig war. Der Zusatz »Tec« im Unternehmensnamen reichte für viele Anleger aus, sich für den Kauf einer bestimmten Aktiengesellschaft zu entscheiden.

Diese Jahrhunderthausse schien kein Ende zu nehmen. Zwar mahnte bereits Andre Kostolany im Jahre 1998 die Anleger, dass »sich so mancher noch eine blutige Nase am Neuen Markt holen werde«, doch seine Worte gingen zu diesem Zeitpunkt in der allgemeinen Euphorie regelrecht unter. Neue Bewertungsverfahren wurden herangezogen, wie beispielsweise die Besucherzahl oder die Seitenabrufe von Internetfirmen, um die hohen Kurs-Gewinn-Verhältnisse zu rechtfertigen. Gegen Ende des Jahres 1999 kamen jedoch immer mehr Stimmen auf, die ein baldiges Ende der Hausse vorhersagten.

Der Anfang vom Ende des Neuen Markts

Im Februar 2000 meldete dann der niederländische Internettextilhändler Boo.com Insolvenz an. Viele Anleger begannen erstmals zu realisierten, dass auch in der New Economy die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Die renomierte, amerikanische Finanzzeitschrift Barron`s veröffentlichte Mitte März eine Studie, in der 51 Internetunternehmen die Zahlungsunfähigkeit innerhalb des nächsten Jahres prophezeit wurde.

Am 10. März verzeichnete der Neue Markt Index sein All-Time High bei 8569 Punkten und verlor daraufhin bis Ende des Monats 25 Prozent seines Wertes. Die allgemeine New Economy Euphorie ließ von diesem Zeitpunkt an stark nach, da zunehmend mehr Unternehmen ihre zuvor hochgesteckten Unternehmensziele nicht erfüllen konnten.

Ein Mann kann zwischen mehreren Methoden wählen, sein Vermögen loszuwerden: Am schnellsten geht es am Roulette-Tisch, am angenehmsten mit schönen Frauen und am dümmsten an der Börse.

André Kostolany

Börsenspekulant

Auch die Aktienkurse von Unternehmen der Telekommunikationsbranche brachen ein, was auf die Erkenntnis beruhte, dass neben den hohen Kosten für die Ersteigerung der UMTS-Lizenzen, weitere kostenintensive Investitionen für die Erstellung der UMTS-Infrastruktur erforderlich sind. Schließlich meldete die Gigabell AG im September als erstes Unternehmen des Neuen Markts Insolvenz an. Zwar wurde Gigabell bereits seit längerem als erster Todeskandidat gehandelt, jedoch hatte niemand mit einem so schnellen Ende gerechnet.

Gewinnwarnungen und weitere negative Aussichten

Der weitere Verlauf des turbulenten Börsenjahres 2000 war durch drastische Gewinnwarnungen ehemaliger Vorzeigeunternehmen wie EM-TV, Mobilcom und Intershop charakterisiert. Am letzten Handelstag des Jahres schloss der Neue Markt Index 68 Prozent vom All-Time-High entfernt bei 2742 Punkten.

Wer jedoch glaubte, alle negativen Erwartungen seien bereits in den Aktienkursen enthalten, der wurde bitterlich enttäuscht. Auch im Jahr 2001 überschatteten die trüben Konjunkturaussichten in Amerika und weitere schlechte Unternehmensnachrichten die Stimmung an den Börsen. Zum einen mussten weitere Unternehmen wie beispielsweise Letsbuyit.com ihre Zahlungsunfähigkeit bekannt geben, zum anderen hatten sich viele mit ihren Expansionsplänen nach Europa, Asien und Amerika wirtschaftlich völlig übernommen. Zwischenzeitlich kam es immer wieder zu kurzfristigen Kursanstiegen, meistens bedingt durch Zinssenkungen. Dennoch kannte der Trendverlauf nur eine Richtung: nach unten.

Terroranschlag vom 11. September, neue Börsenskandale und Golf-Krieg

Bedingt durch den schrecklichen Terroranschlag am 11. September auf das World Trade Center kam es am Neuen Markt zu weiteren drastischen Kursverlusten innerhalb eines Handelstages von knapp 7 Prozent. Da die Wall-Street in der Woche nach den Terroranschlägen geschlossen blieb, fehlte es den deutschen Börsen an Orientierung. Der DAX erholte sich jedoch anschließend wieder kurzfristig, da viele Markteilnehmer der Meinung waren, dass die Börsen nun definitiv unterbewertet sind. Jedoch hielt die trügerische Ruhe an den Börsen aufgrund des Bilanzskandals des amerikanischen Energiekonzerns Enron nicht lange an. Enron hatte seine Gewinne um rund 600 Mio. Dollar manipuliert und somit weitere Unsicherheit unter den Börsianern verbreitet.

Auch das Börsenjahr 2002 stand im Schatten weiterer Börsenskandale. Am Neuen Markt verspielte Comroad sämtliches Vertrauen der Anleger, als bekannt wurde, dass 99 Prozent der Gewinne niemals realisiert wurden. Der Finanzdienstleister MLP machte von sich reden, als das Gerücht aufkam, dass auch hier in der Bilanzierung getrickst wurde. Desweiteren mussten einstige Vorzeigunternehmen wie der Luftschiffbauer Cargolifter oder die bayerische Kirch-Gruppe ihre Zahlungsunfähigkeit bekannt geben.

Gegen Ende des Jahres kam noch die Bedrohung der zunehmenden Gefahr eines Irak Krieges hinzu. Diese brachte als Folge eine Ölpreissteigerung und lies somit niedrigere Unternehmensgewinne vermuten. Der Neue Markt Index schloss das Jahr 2002 schließlich bei einem Stand von 430 Punkten. Dies waren rund 95 Prozent weniger als zum All-Time-High im März 2000. Er hat sich in den darauffolgenden Jahren nicht mehr davon erholen können und wurde schließlich durch den TecDAX abgelöst.

Kommentare

  1. von Toni am 30.10.2009 | 18:38

    Hallo,
    JA.. der Neue Markt ist im Nachhinein so Riskant wie Heutzutage Online-Banking.
    Ich trage immer noch meine Überweisungen zur Bank, ohne Tan- Nummer

  2. von Alexander Fischer am 26.03.2010 | 13:02

    Hallo admin,

    bei dem user “aktien online kaufen” handelt es sich um einen Spammer. Google mal folgende Zeile: aktien online kaufen du hast nen kleinen fehler
    Dort sind etliche Webseiten und blogs zu finden die nach dem gleichen Prinzip kommentiert wurden. Es geht einzig und allein darum die Webseite mit den Keywords zu puschen. Der Inhalt ist wie du ja selbst festgestellt hast nichts sagend. Ein Teil des Artikels kopieren und dann dahinter schreiben das es ein Fehler ist.
    In meinen suchergebnissen fällt mir nun auf das nahezu täglich jemand nach genau diesem Suchbegriff sucht. Das kann ja nur der jenige sein der es eingegeben hat. Ein normaler Mensch sucht sowas nicht. Ich habe den Kommentator daher bei mir als Spam deklariert und seinen Beitrag entfernt. Nun dauerts nicht mehr lang bis google das auch korrigiert.
    Ich kann dir nur den tipp geben es auch zu tun. Nur so werden Spamer auf Eis gelegt.
    Gruß
    Alex

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