Einkaufsoptimierung: Schritt für Schritt zur besseren Einkaufsabteilung
Einkauf & Beschaffung

Einkaufsoptimierung: Schritt für Schritt zur besseren Einkaufsabteilung

Christian Flick
Am

Sie möchten eine Einkaufsoptimierung durchführen? Mit dieser Grundstruktur für einen Projektstart können Sie einen qualifizieren und guten Überblick des aktuellen Einkaufsverhaltens Ihres Unternehmens gewinnen.

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Einkaufsoptimierung – nach und nach gilt es, die Situation zu analysieren und neue Wege zu gehen. Foto: Depositphoto.com

Nehmen wir beispielhaft an, Sie sind in einer neuen leitenden Stelle eines Unternehmens und wollen eine erfolgreiche Einkaufsoptimierung realisieren.

Was für Ziele gibt es bei der Einkaufsoptimierung im besten Fall zu beachten?

 

  • Viel umsetzen, weniger darüber reden und keine großen Versprechungen machen
  • Offen und transparente Kommunikation pflegen
  • Es gilt zu beachten, sich nicht in tiefer Theorie zu verfangen, sondern pragmatische und umsetzbare Wege zu gehen (natürlich mit tiefem Wissen)
  • Auch während einer Analyse können bereits kleine Schritte in der Umsetzung realisiert werden, hierfür bieten sich sogenannte Quick-Win-Themen an
  • Es ist zu beachten, dass auf eine grundlegende Höflichkeit und Sympathie zu achten ist, man sollte nie das Team verschrecken oder vergraulen (ein wesentlicher Erfolgsbausteine ist Teambindung und Vertrauen)

Erste Schritte in einem Analyseprojekt bei Ihrer Einkaufsoptimierung:

1. Analyse und Anforderung von notwendigen Daten (Einkaufsdaten und Kreditorendaten sind hierbei sehr hilfreich, A-Lieferanten etc.)

  • Erstellen Sie eine Excel-Tabelle als Datengrundübersicht, gegliedert z.B. nach Kreditorennummer, Kreditorenname, Warengruppen & Inhalt, Kreditorenumsatz lfd. Jahr, Kreditorenumsatz Vorjahr, Vertragsart, Vertragslaufzeiten, Letzte Vertragsverhandlung, Lieferantengewichtung (A,B,C) etc.

2. Logistik und die Infrastruktur kennenlernen (Strukturwege kennen, EDV-technische Anbindungen und Systemlandschaften bewerten etc.)

  • Fordern Sie Daten von der EDV und/oder Buchhaltung an, um eine Kostenstrukturübersicht zu erhalten. Finden Sie heraus welcher Umsatz pro Lieferantentyp (A,B,C) vorhanden ist. Bewerten Sie diese Daten kritisch und leiten Sie anschließend ggf. notwendige Maßnahmen ein

3. Analyse durch Fragebögen (Team einbeziehen, Meinungen hinterfragen und ernsthaft gewichten)

  • Seit wann existieren die Lieferantenbeziehungen? Warum? Besonderheiten? Langzeitverträge? Konkurrenzsituationen zum Lieferanten? etc.
  • Zahlen und wichtige Fakten sammeln: z.B. Mitarbeiterzahl im eigenen Unternehmen, Jahresumsatz, Exportanteil und Importanteil, Gesellschafterverhältnisse bzw. Gesellschafteranteile, Beteiligungen an anderen Schwesterfirmen, Kreditorenumsatz, Bestelldaten und Datenqualität, Technische Daten und Qualitätsnachverfolgung, Zertifizierungen, sonstige Qualitätsanforderungen, Mögliche Quick-Win-Themen, Langfristige Umsetzungen und Einkaufsziele, Kritische Herausforderungen im Restrukturierungsprozess
  • Erstellung einer Grundübersicht. Aufteilung z.B. nach Kreditorenname, Warengruppen, Einschätzung, ob verhandelbar (ja oder nein), Jahr, Umsatzangabe, Umsatz in Relation zum Gesamtanteil, Lieferanteneinstufung (A,B,C) etc.

Glaubenssätze und Teamspielregeln für einen guten Projektstart:

  • Jedes Teammitglied ist elementar, das bekannte Zitat: „Jede Kette ist nur so stark wie das schwächste Glied“ ist zu beachten
  • Wir dürfen kritisieren, jedoch sachlich und konstruktiv, im richtigen Tonfall
  • Ein Problem kann auch eine Herausforderung sein (richtiger Grundgedanke zur Lösungsfindung)

Wichtige Fragen zur Produktionssituation im eigenen Unternehmen:

  • Jährliche Ausbringungsmenge des Anlagenparks (Best Case)
  • Wie viele Werke gibt es? Seit wann?
  • Schichtbetrieb (Ja/Nein)?
  • Sind die Werke ausgelastet oder gibt es Freikapazitäten?
  • Welche Rohstoffe sind elementar und woher werden diese bezogen? Alternativen?
  • Die Produktion zu verstehen ist auch ein Teil der Einkaufsanalyse. Die derzeitige Einkaufsstruktur muss verstanden werden, um anschließend eine Optimierung durch die Restrukturierung erlangen zu können
  • Am Anfang gilt es Vertrauen aufzubauen, verbindlich , höflich und zuverlässig agieren (natürlich auch in den nachgelagerten Prozessen und in der Zukunft)

Wie ist es uns möglich, in einem Unternehmen wichtige und vorhanden Potentiale zu erblicken?

  • Welche Rahmenvertragsquote liegt vor?
  • Verhältnis zwischen Jahresvolumen und der Bestellanzahl definieren
  • Welche Datenqualität liegt vor?
  • Sind weitere Bedarfsbündelungen denkbar?
  • Welche Anzahl von Reklamationen gibt es? In welchen Sektoren?
  • Wie überregional wird eingekauft, beschafft und der Markt beobachtet?
  • Welche Preisentwicklungen bietet der Markt für die jeweiligen Bedarfsschwerpunkte? Wo kann man zeitnah reagieren und nachverhandeln?
  • Marktdaten und Marktkenntnisse vorher einholen und gewinnen
  • Wie viele Lieferanten existieren derzeit pro Warengruppe
  • Wie häufig werden bzw. wurden Lieferanten gewechselt? Gründe?

Welche qualitätsbezogenen Erstfragen sind z.B. an die QS elementar?

  • Welche Kriterien sind vorhanden (welche Standards?)
  • Welche Qualitätstestverfahren nutzt das eigene Unternehmen?
  • Welche Reklamationsmengen gibt es pro Jahr?
  • Wie hoch sind die Reklamationskosten zu bewerten?
  • Auf welcher technischen Dokumentationsbasis wird abgeglichen (Zeichnungen, Merkblätter, technische Datenblätter, Sicherheitsdatenblätter, Analysezertifikate)

Was sind typische Quick-Win-Startthemen, die unmittelbar begonnen werden könnten?

  • Skontoneuverhandlungen über i.d.R. fast alle Lieferanten
  • Sektoren wie Kartonagen und Verpackungen (Standardprodukte)
  • Paket- und Kurierdienstleistungen (KEP)
  • Anmerkung: Bei Einsparungen ist stets auf Basis des Volljahreseffekts zu kalkulieren
    (Einsparung pro Einheit x Jahresplanungsmenge = Einsparung pro Jahr)
    Auch abgewehrte Preiserhöhungsforderungen von Lieferanten gelten als Einsparungserfolg, wenn die geforderte Preiserhöhung einem Markttrend (Benchmark) entsprach
  • Höhe Rabattstaffeln und bessere Skontosätze (Zahlungszielverbesserung) sind ebenso direkte Einsparungen, die bewertet und gewichtet werden sollten
  • Seien Sie kreativ und optimieren Sie auch interne Prozesse und Abläufe, auch hierbei ist eine Einsparung bewertbar und in vielen Fällen sehr dienlich
  • Schaffen Sie eine einheitliche Basis von Abläufen für Anfragen, Bestellungen, Rahmenverträgen, Geheimhaltungsverträgen, Ablagesystemen, Datenarchivierungen, Speicherstrukturen etc.
  • Finden Sie strategische Verbesserungsmöglichkeiten im Einkauf
  • Initiieren Sie einen baldigen Neuausschreibeprozess für wichtige und hochpreisige Produktgruppen (Benchmark, Analyse etc.)

Natürlich müssen Sie Schritt für Schritt weiter daran arbeiten, die Einkaufsoptimierung durchzuführen und auch Mitarbeiter kontinuierlich zu schulen. Mit dieser „Roadmap“ können Sie einen perfekten Neustart in einem z.B. für Sie neuen Einkaufsbereich hinlegen, wenn Sie diesen in einer leitenden Funktion übernehmen und neu bzw. marktfähig aufstellen müssen.

Über den Autor

Christian Flick

Christian Flick Christian Flick (MBA) aus Melle verfügt über langjährige Berufserfahrung im Industrieeinkauf bei renommierten Unternehmen. Von der Motivation angetrieben, die betriebswirtschaftlichen Potenziale für diverse Sektoren zu durchleuchten, entstanden seine zahlreichen praxisnahen Fachbücher. Sein Amazon-Autorenprofil finden Sie unter: www.christian-flick.de und sein Unternehmen unter: www.youneoprojects.de
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