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Personal

Die richtige Vorgehensweise bei der Arbeitnehmerüberlassung

Dirk Nold
Am

Die Arbeitnehmerüberlassung, auch als Zeitarbeit bezeichnet, ist insbesondere in schwierigen Zeiten ein beliebtes Instrument zur Wahrung der Flexibilität eines Unternehmens. Bedauerlicherweise wird beim Einkauf von Zeitarbeitskräften nur selten strategisch vorgegangen. Entsprechend groß sind Einsparpotentiale, die hier auszuschöpfen sind.

Das Instrument der Arbeitnehmerüberlassung ist aus der modernen Unternehmenspolitik kaum noch wegzudenken. Personal flexibel vorzuhalten und einzusetzen, zählt heute zu den Erfolgsvoraussetzungen in den meisten Unternehmen – gerade in wirtschaftlich eher schwierigen oder unsicheren Zeiten, in denen das künftige Auftragsvolumen und die künftige Ertragslage schwer prognostizierbar sind.

In vielen Unternehmen erfolgt der Einkauf der Zeitarbeitskräfte jedoch noch wenig systematisiert. Dies überrascht, wenn man bedenkt, wie viel Geld und Arbeitsaufwand der Einkauf von Zeitarbeitskräften in Anspruch nimmt. Fakt ist aber: In vielen Unternehmen ist der Einkauf von Zeitarbeitskräften weder der Zuständigkeit der Einkaufs- noch Personalabteilung unterstellt. Die Abteilungen und Bereiche leihen vielmehr weitgehend ad hoc und unreguliert Personal. Alarmiert durch die hieraus entstehenden Mehrkosten und Risiken haben inzwischen einige (Groß-)Unternehmen ihre Einkaufsabteilungen mit dem Optimieren der Beschaffung von Zeitarbeitskräften beauftragt. Um einen echten Mehrwert für die internen Kunden zu schaffen, sollte sich der Einkauf hierbei intensiv mit fünf Schlüsselfragen auseinandersetzen:

1. Zielsetzung der internen Kunden durch die Arbeitnehmerüberlassung

Zeitarbeitskräfte werden aus sehr unterschiedlichen Gründen engagiert – unter anderem

  • zur Reduktion der Personalkosten durch den Einsatz von kostengünstigerem Personal,
  • zur Steigerung der Leistungsfähigkeit durch qualifizierte Zeitarbeitskräfte,
  • zur Flexibilisierung des Personalpools, um sich optimal an schwankende Auftragslagen anzupassen,
  • zur Vermeidung einer aufwendigen, kostenintensiven Suche nach geeignetem Personal und zur Minderung des Arbeitgeberrisikos.

Den internen Kunden nach seinen Zielen zu befragen und den Einkaufsprozess entsprechend zu steuern, ist das Prinzip der erfolgreichen Personalentleihung. Angenommen das Ziel der internen Kunden lautet Kostenreduktion. Dann muss der Einkauf sicherstellen, dass die Zeitarbeitsagentur Budget schonendes Personal anbietet. Das gilt es vertraglich auch zu fixieren. Meldet der interne Kunde hingegen einen Bedarf an hoch qualifiziertem Personal, dann muss dieses auch zur Verfügung gestellt werden. Und der Vertrag mit der Zeitarbeitsagentur sollte in diesem Fall auch objektive Maßstäbe zur Kontrolle der angebotenen Qualifikationen enthalten.

2. Das Kostengerüst des entleihenden Unternehmens

Viele Einkäufer konzentrieren sich beim Drehen an der Kostenschraube ausschließlich auf den prozentualen Gewinnaufschlag auf die individuellen Löhne und Gehälter. Ein Kardinalfehler! Die Marge der Agenturen macht meist nicht den Löwenanteil der Kosten aus, die für eine Zeitarbeitskraft anfallen. Je nach Qualifikation der Zeitarbeitskraft schwankt der Anteil der Gewinnmarge zwischen 7 und 20 Prozent der Gesamtkosten der Zeitarbeitskraft. Wer allein die Höhe der Gewinnmarge der Agentur senken will, optimiert nur einen kleinen Teil der Gesamtkosten von Zeitarbeitskräften. Beim Versuch, Kosten zu sparen, sollte man auch an anderen Stellen des Kostengerüsts ansetzen – zum Beispiel dem Gehalt/Lohn der Zeitarbeitskraft, den Recruiting-, Trainings- und Weiterbildungskosten sowie den Overheadkosten der Zeitarbeitsfirma. Hier entstehen zwischen 80 und 93 Prozent der Gesamtkosten einer Zeitarbeitskraft. Folglich lohnt es sich, ihre Zusammensetzung einer Prüfung zu unterziehen.

3. Einsparhebel der Arbeitnehmerüberlassung

Der Einkauf von Zeitarbeit entspricht in einer Hinsicht ganz und gar dem Einkauf einer gewöhnlichen Materialgruppe: Auch bei ihm steht bei der Kostenoptimierung das gesamte Instrumentarium von Einsparhebeln zur Verfügung. Diese gilt es jedoch an die Besonderheiten der Zeitarbeit anzupassen.

1. Volumenkonzentration

  • Erzielen Sie bessere Konditionen, indem Sie die Anzahl „Ihrer“ Zeitarbeitsunternehmen reduzieren
  • Vereinbaren Sie Volumenrabatte („Kick-backs“)

2. Preisbenchmarking

  • Internes Preisbenchmarking: Vergleichen Sie die Preise und Konditionen, die unterschiedliche Verleiher für vergleichbares Personal an unterschiedlichen Standorten etc. von Ihnen verlangen
  • Externes Preisbenchmarking: Nutzen Sie den Wettbewerb auf dem Zeitarbeitsmarkt, und lernen Sie in Ausschreibungen das Preisgefüge unterschiedlicher Zeitarbeitsunternehmen kennen
  • Reduzieren Sie die Preise durch eine langfristige Kapazitätsplanung/Abnahmegarantie von Zeitarbeitskräften, um die Auslastung der Zeitarbeitsfirma zu erhöhen

3. Spezifikationsoptimierung

  • Überprüfen Sie Ihre Qualifikationsprofile für Zeitarbeitskräfte, und passen Sie sie an den wirklichen Bedarf an
  • Überprüfen Sie das Verhältnis von „Aufsichts-Zeitarbeitskräften“ und „normalen“ Zeitarbeitskräften, um die Kosten für teures Personal zu minimieren

4. Optimierung der gesamten Wertschöpfungskette

  • Verringern Sie den Einarbeitungsaufwand für neue Zeitarbeitskräfte durch kosteneffiziente Maßnahmen wie die Zusammenstellung von Welcome Packages, die alle notwendigen Unterlagen enthalten, etc.
  • Reduzieren Sie Ihre Prozesskosten

5. Restrukturierung der Lieferantenbeziehung

  • Überprüfen Sie die Anwendbarkeit der vier Modelle zum effizienten Management der Lieferantenbeziehungen. Zu den Modellen zählen Single Sourcing, Preferred Supplier Pool, Master Vendor und Managed Service Provider.

4. Die Modelle für das Gestalten der Lieferantenbeziehung

Der Bedarf und das verfügbare Budget bestimmen, wie der Kunde Zeitarbeit einkauft. Vier Modelle sind für das Gestalten der Beziehung zwischen dem Unternehmen und seinem Zeitarbeitslieferanten gängig und sinnvoll. Ihre Vor- und Nachteile sind fallweise abzuwägen:

1. Single Sourcing

  • Beschreibung: Ein-Lieferanten-Modell
  • Vorteile: Geeignet für kleine Organisationen mit homogenen Bedürfnissen, überschaubare Geschäftsbeziehung, gute Response auf die Kundenbedürfnisse
  • Nachtteile: Personalpool begrenzt, Wettbewerb und Vergleichbarkeit von Preis/Leistung fehlen

2. Preferred Supplier Pool

  • Beschreibung: Begrenzte Anzahl an qualifizierten Lieferanten als Rahmenvertragspartner, die Lebensläufe potentieller Kandidaten bereitstellen
  • Vorteile: Zugang zu einem größeren Personalpool, in der Regel sehr gute Konditionen aufgrund der Konkurrenzsituation der Lieferanten
  • Nachteile: Administrativer Aufwand hoch, Personalscreening aufgrund der Angebote mehrerer Lieferanten relativ zeitintensiv, Anzahl der Rahmenvertragspartner kann in großen Unternehmen kontraproduktiv ansteigen

3. Master Vendor

  • Beschreibung: Master Vendor ist Hauptlieferant, Sublieferanten (Second Tier) werden eingesetzt sofern Master Vendor kein geeignetes Personal zur Verfügung hat
  • Vorteile: Vereinfachte Administration, standardisierte Managementinformationen und -systeme, Einsparungen durch Verhandlungsmacht des Master Vendors, Konsolidierung administrativer Abläufe wie Fakturierung, Banktransaktionsgebühren, etc.
  • Nachteile: Sorgsames Management und hohes Vertrauen zwischen Kunde und Hauptlieferant unentbehrlich, Transparenz des Personalpools durch Zwischenschaltung des Master Vendors gering, unbeliebt bei Second Tier- Lieferanten, da diese in der „zweiten Reihe“ stehen

4. Managed Service Provider (MSP) bzw. Full Recruitment Process Outsourcing (RPO)

  • Beschreibung: Ein MSP ist die Schnittstelle zwischen Kunde und Second Tier- Lieferanten (Sublieferanten), MSP ist nicht selbst als Lieferant tätig, MSP-Personal überwacht Second Tier-Lieferanten vor Ort
  • Vorteile: Strategischer Ansatz, hohe Wahrscheinlichkeit geeignetes Personal zu erhalten, interner Verwaltungsaufwand reduziert, MSP betreut Rekrutierungsprozesse, Personalmanagement und arbeitsrechtliche Fragestellungen, MSP kann Entwicklung einer eigenen „Arbeitgeber-Marke“ (Karriereportal, Personaldatenbanken, etc.) unterstützen, einige MSP bieten zusätzlich eigenes, fest angestelltes Personal an

Nach der Auswahl des geeigneten Modells und dem Einstieg in eine Geschäftsbeziehung mit dem Lieferanten steht die Qualitätskontrolle auf der Tagesordnung. Qualitätskontrolle bedeutet: Leistung messen mit klaren Maßstäben.

Eine Balanced Scorecard bietet zum Beispiel einen geeigneten analytischen Rahmen, um Kosteneinsparungen mit Service- und Qualitätszielen in Einklang zu bringen. Die Scorecard erlaubt es auch, die Gewichtung der Leistungsindikatoren flexibel anzupassen, wenn sich die Bedürfnisse der internen Kunden ändern. Die gewählten Maßstäbe sind dem Lieferanten transparent zu machen. Mit jedem Lieferanten sollten feste Stundensätze für die benötigten Jobprofile und Erfahrungslevel festgelegt werden. Die Einhaltung der vereinbarten Stundensätze kann dann über die Dimension „Kosten“ in der Scorecard aggregiert und vergleichend zu anderen Lieferanten dargestellt werden. So entsteht ein qualifizierter Überblick über angemessene Personalpreise. Agenturen, die über dem Marktdurchschnittspreis legen, sind schnell identifiziert und aus dem Rennen genommen.

Hat man es lediglich mit einem Schlüssellieferanten, einem Managed Service Provider, zu tun, sollten keinesfalls dessen Sub-Lieferanten aus der Bewertung ausgeblendet werden. Mit eigens zuvor festgelegten Performance-Maßstäben sind First- und Second-Tier-Lieferanten in einem halbjährlichen Turnus zu bewerten. Dabei sollten Second-Tier-Lieferanten die Möglichkeit erhalten, in die Reihe der First-Tiers aufzusteigen. Allein das Wissen um die Möglichkeit dieser „Beförderung“ motiviert Lieferanten, kontinuierlich ihren Mehrwert unter Beweis zu stellen.

Eine erfolgreiche Lieferantenbewertung beruht auch auf dem Einsatz einer geeigneten Technologie. Um die Leistungen der Zeitarbeitsfirmen präzise abzuschätzen, benötigt das Unternehmen hinreichende und transparent aufbereitete Informationen. Zu den Informationen, die ein IT-System erfassen sollte, gehören nicht nur die abgerechneten Stundensätze für alle Skill-Level, sondern zum Beispiel auch die Anzahl der vorgeschlagenen Personen, der geführten Interviews oder der tatsächlichen Personalvermittlungen je Angebot. Diese Indikatoren zeigen, wie effizient Agenturen auf die Anfragen ihrer Kunden reagieren, und mit welcher Intensität sie auf die spezifischen Bedürfnisse ihrer Kunden einzugehen wissen. Das IT-System sollte zusätzlich zur Nachverfolgung der Gewinnaufschläge und der Kosten aller eingesetzten Arbeitskräfte verwendet werden.

5. Kommunikation der Arbeitnehmerüberlassung an interne Kunden

Damit die oben beschriebenen Maßnahmen erfolgreich sind, muss die neue Vorgehensweise für den Einkauf von Zeitarbeit mit Nachdruck den internen Kunden kommuniziert werden. Alle wichtigen Entscheidungsträger sind zu einem frühen Zeitpunkt „ins Boot zu holen“. Nur so lässt sich ein Umgehen von Absprachen unterbinden. Die internen Kunden sollten gegen mögliche Direktansprachen durch andere Lieferanten gewappnet sein. Bei allen Aktivitäten ist die Rolle des internen Kunden zweifelsfrei darzustellen und zu vermitteln, so dass der interne Kunde bei der Gestaltung des Recruitingprozesses die entscheidende Rolle behält. Beim Gewinnen der internen Kunden kommt auch den ausgewählten Lieferanten eine Schlüsselrolle zu. Ein lieferantenseitiges Account-Team, das Seite an Seite mit den internen Kunden arbeitet, führt zu einem Schulterschluss, der die Effizienz der Zusammenarbeit erhöht und den verantwortungsvollen Umgang mit der Ressource „Zeitarbeit“ fördert.

Fazit: Eine strukturierte Vorgehensweise senkt die Kosten!

Die Auseinandersetzung mit den fünf Schlüsselfragen der Zeitarbeit lohnt sich für den Einkauf. Denn eine unbedachte ad hoc-Vorgehensweise mit einseitiger Kostendrückerei der Agenturmargen führt zu unbefriedigenden Ergebnissen. Ein strukturierter Einkauf hingegen senkt die Kosten und lässt Zeitarbeit echten Mehrwert entfalten. Der Einkauf wird am Ende des Tages an den erzielten Kosteneinsparungen gemessen, und daran, welche Servicequalität den internen Kunden geboten wird. Zwischen diesen beiden Zielgrößen gilt es die rechte Balance zu finden.

Über den Autor

Dirk Nold

Dirk Nold Dirk Nold ist Inhaber der Einkaufs- und Beschaffungsmanagement Beratung Köln, die Unternehmen beim Neuausrichten und Optimieren ihres Einkaufs sowie beim Qualifizieren ihrer Einkäufer unterstützt. Außerdem unterstützt der Diplom-Kaufmann Nold, der vor seiner selbstständigen Beratertätigkeit unter anderem Bezirksleiter bei Aldi Süd und Verkaufsleiter bei der Vobis Microcomputer AG sowie Senior-Manager bei A.T. Kearney war, Unternehmen als Interim-Manager beim Umsetzen ihrer Einkaufsstrategie. www.dirknold.de
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