Der Mittelstand verliert den digitalen Kunden
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Der Mittelstand verliert den digitalen Kunden

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Der Mittelstand verliert den Kampf um die digitale Kundenschnittstelle. Die Entscheider fühlen sich von externen Marktteilnehmern getrieben und verzetteln sich in Ressourcenallokation und Digitalisierungsmaßnahmen. Die zunehmende Transparenz im Markt wird als Bedrohung empfunden und die eigene Kernkompetenz verliert an Differenzierungskraft.

Ein großer Fehler: der Mittelstand betreibt die Digitalisierung nicht proaktiv. Foto: ©Maxisports/Depositphotos.com

„Doch eine Strategie, die dem entgegenwirkt und den Kunden als wichtigsten Erfolgsfaktor in den Fokus rückt, bleibt aus“, sagt Björn Sander, Senior Partner bei Vivaldi über den Mittelstand.

Diese Ergebnisse zeigt eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung Vivaldi. Sie zeigt auch: Der Großteil des Mittelstandes ist mit der digitalen Transformation überfordert, der Kunde bleibt auf der Strecke. 79% der Befragten sehen technische, prozessuale oder organisatorische Fragen als Hauptherausforderung, nur 9% denken dabei an den Kunden. Die Chance einer verbesserten Kundenbeziehung oder -ansprache wird vertan, neue Marktteilnehmer drängen sich zwischen Hersteller und ihre Kunden.

Widerspruch zwischen Vorgeben und Handeln im Mittelstand

Die Bedeutung der Digitalisierung scheint erkannt, jedoch bleiben die digitalen Interaktionsmöglichkeiten großteils ungenutzt. Ein Viertel der Unternehmen verzichtet auf E-Mail-Kommunikation, über die Hälfte auf Website-Interaktion. Insbesondere Dialogmedien wie Chats und Communities sind mit 33% unterentwickelt – offenbar besteht kein Interesse an Kundenfeedback. Und die Transformation von digitalen Kundenschnittstellen in Umsatzpotentiale gelingt nur gut der Hälfte der Unternehmen. „Insgesamt ein erhebliches Potential, das unausgeschöpft bleibt“, sagt Co-Autor Marc Scherer.

Kernkompetenz durch Transparenz und Austauschbarkeit bedroht

Zwei Drittel der Befragten befürchten zunehmenden Wettbewerb durch die gestiegene Transparenz. „Die traditionellen Geschäftsmodelle des Mittelstands sind massiv bedroht, die Digitalisierung fördert die radikale Veränderung der Marktmechanismen“, so Scherer. Angebote werden austauschbar: 40% sehen in der eigenen Kernkompetenz kein Differenzierungsmerkmal mehr, innovative Serviceangebote werden zu Kauftreibern.

Entscheider fühlen sich getrieben, agieren reaktiv und verzagt

Anstatt die Digitalisierung proaktiv zu treiben, fühlen sich 64% der Entscheider durch den Wettbewerb unter Druck gesetzt. Knapp 70% sind der Überzeugung, “die gleichen Kontaktpunkte wie der Wettbewerb bedienen zu müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben”. Diese reaktive und ängstliche Haltung manifestiert sich besonders deutlich in der Offenbarung von 44% der Befragten, erst zu reagieren, wenn sich Standards in der Branche entwickelt haben. Zudem mangelt es an klaren Prioritäten: viele Entscheider im Mittelstand sehen die Gefahr, sich in Digitalisierungsmaßnahmen zu verzetteln.

Keine strategische Führung

Das Kernproblem ist der Mangel an strategischer Führung. Bei 41% der Unternehmen wird der Transformationsprozess nicht aktiv durch das Top Management gestaltet. Zudem geben nur gut 60% der Unternehmen an, sich konkrete Digitalisierungsziele gesetzt und Maßnahmen abgeleitet zu haben. Und nur die Hälfte im Mittelstand steuert systematisch durch digitale Key Performance Indikatoren (KPIs). Entsprechend groß ist der Respekt vor den Herausforderungen für die Organisation. Knapp die Hälfte der Unternehmen sieht sich organisatorisch noch nicht für die Digitalisierung gewappnet. Björn Sander: „Der Mittelstand hat jetzt alle Chancen, sich mit einigen richtigen Weichenstellungen für den digitalen Wandel zu rüsten. Nicht jedes Unternehmen braucht jede Art von Digitalisierung!“

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