Die Risiken und Gefahren von Social Media Marketing
Marketing & Vertrieb

Die Risiken und Gefahren von Social Media Marketing

Bernhard Kuntz
Am

Social Media Marketing– so heißt ein neues Zauberwort nicht nur in der Werbebranche. Und die Social Media erleben zur Zeit einen regelrechten Hype. Doch welche Risiken und Gefahren sind mit diesem Marketing-Instrument verbunden?

Wer als Selbstständiger „up-to-date“ sein möchte, muss in solchen Social Networks wie XING und LinkedIn vertreten sein – das behaupten die Dienstleister, die in diesen Business-Communities mehr als ein „Schläfer-Dasein“ führen. Und als ebenso selbstverständlich erachten es mittlerweile viele, zu twittern und mit Kurzfilmen in Youtube vertreten zu sein. Denn für sie steht fest: Diesen Medien gehört, wenn es ums Thema Marketing geht, die Zukunft.

Der Hype um die Social Media hat auch die Gilde der PR-Berater und -Unterstützer erfasst. Entsprechend viele Seminare zu Themen wie PR 2.0 werden inzwischen angeboten – oft von denselben Anbietern, die noch vor drei, vier Jahren in Firmen-Blogs das Medium der Zukunft sahen. In diesen Seminaren wird als ein zentraler Vorteil der Social Media genannt, dass in diesen Mitmach-Medien sozusagen jeder zum Autor werden kann. Das heißt, anders als bei den klassischen Medien muss bei Veröffentlichungen dort nicht mehr zunächst der Türwächter Redakteur passiert werden, der prüft: Ist der Text gut geschrieben und für die Leser meines Magazins interessant?

PR- und Kommunikationsmüll überwiegt im Social Media Marketing

Entsprechend sind die meisten Texte, die in den Social Media publiziert werden: schlecht geschrieben und inhaltlich weitgehend uninteressant. Sie haben eine ähnlich schlechte Qualität, wie die meisten Pressemitteilungen, die auf den PR-Portalen publiziert werden, auf denen jeder kostenfrei Pressemitteilungen veröffentlichen kann.

Mit diesen Meldungen kann man zwar die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass ein Unternehmen gefunden wird, wenn eine Person einen bestimmten Suchbegriff bei Google eingibt. Kein Mensch käme aber auf die Idee, die Website dieser PR-Portale aufzusuchen, um die dort veröffentlichten Meldungen zu lesen. Denn jeder weiß: Auf ihnen steht weitgehend nur PR-Müll, der primär der Selbstbeweihräucherung von Unternehmen und deren Produkten dient.

Und hier liegt das Problem mit den meisten Texten, die in Internetforen veröffentlicht und über solche Plattformen wie Twitter verbreitet werden. Sie laufen einer zentralen Intention zuwider, die Sie mit Ihrer Presse- und Öffentlichkeitsarbeit verfolgen: Sie wollen sich hiermit einen Ruf als „Spezialist für …“ aufbauen.

Sie wollen sich sozusagen einen Namen als „Qualitätsanbieter“ machen. Also sollten auch Ihre Publikationen eine gewisse Wertigkeit aufstrahlen. Sonst erzielen sie bei Ihren Zielkunden die gewünschte Wirkung nicht.

Beiträge in Foren sind keine Publikationen

Veröffentlichungen in Blogs und Foren haben diese Wertigkeit nicht. Sie sind zumindest für die meisten Business-Kunden keine Publikationen im klassischen Sinne, sondern individuelle Meinungsäußerungen. Entsprechend kritisch distanziert stehen sie den dort veröffentlichten Texten gegenüber.

Wie genau Personen zwischen den verschiedenen Publikationskanälen differenzieren, das merkt man als PR-Unterstützer immer wieder. Das sei an einem Beispiel illustriert:

Angenommen einem PR-Unterstützer gelingt es, dass eine Zeitschrift – ganz gleich, ob diese nun Focus, Brigitte oder Absatzwirtschaft heißt– einen Artikel eines seiner Kunden auf ihrer Webseite publiziert. Dann kann der PR-Unterstützer fast sicher sein, dass sein Kunde, wenn er ihm stolz von der Veröffentlichung berichtet, so etwas erwidert wie: „Schade, dass es nur eine Online-Veröffentlichung ist“. Das heißt, für den Kunden ist die Online-Veröffentlichung weniger wert als eine Print-Veröffentlichung.

Dieselbe Reaktion, wie der PR-Kunde selbst, zeigen auch dessen Kunden: Auch in ihren Augen sind Online-Veröffentlichungen weniger wert als Veröffentlichungen in Printmedien.

Twittern ist die billigste Form der Kommunikation

Einige Dienstleister sind inzwischen dazu übergegangen, mit ihren (Noch-nicht-)Kunden weitgehend über Twitter-Kurzmitteilungen zu kommunizieren. Auch dies ist ein zweischneidiges Schwert – speziell bei Unternehmen, die ihren Kunden persönliche und aus Kundensicht hochpreisige Dienstleistungen verkaufen. Denn wer sich für persönliche Dienstleistungen interessiert, möchte in der Regel auch als Person wahrgenommen und gewertschätzt werden. Und er möchte zudem individuell umworben werden. Genau dieses Gefühl haben Kunden bei Twitter-Meldungen aber nicht. Denn zum einen sind sie nicht personifiziert und zum anderen sind solche Meldungen, die billigste und am wenigsten zeitintensive Form, Infos zu verbreiten. Das wissen auch deren Empfänger, weshalb sie in ihnen kein Zeichen individueller Wertschätzung sehen.

Ziel der meisten Dienstleister ist es, sich einen Ruf als „Spezialist für …“ aufzubauen. Und diesem Ziel müssen auch die Medien entsprechen, die sie für die Kommunikation mit ihren Kunden wählen. Welche dies sind, muss jeder Selbständige – abhängig von seinen Zielen und seiner Positionierung im Markt – selbst entscheiden.

Hyperaktivität kann dem Ruf „Experte für …“ schaden

Aufpassen sollten Sie aber, dass Sie nicht in dieselbe Falle tappen, in die im letzten Jahr bereits zahlreiche Unternehmensberater tappten. Verführt von Marketingberatern, die die Social Media als den Marketingkanal der Zukunft propagierten, publizierten sie in Blogs und Foren nicht nur eine endlose Zahl von Texten. Sie twitterten auch ohne Unterlass. Was sie dabei übersahen war, dass sie über diese Kanäle ihre Zielkunden im B-to-B-Bereich gar nicht erreichen – weil diese besseres zu tun haben, als sich auf solchen Plattformen zu bewegen.

Eine weitere Folge ihrer Hyperaktivität im Social Media-Bereich war: Sie zerstörten sich ihren zuvor guten Online-Auftritt. Inwiefern? Gab man vor circa einem Jahr ihren Namen bei „Google“ als Suchbegriff ein, dann erschienen auf den ersten Treffer-Seiten zahlreiche Hinweise auf Fachartikel von ihnen, so dass beim Besucher der Eindruck entstand: Das scheint ein echter „Experte für …“ zu sein. Gibt man heute ihren Namen bei Google ein, dann erscheinen auf den ersten Seiten nur noch Hinweise auf ihre Aktivitäten in den Social Media. Denn die Fachartikel wurden von den Social Media-Eintragungen auf den Trefferseiten nach weiter hinten verdrängt.

Obige Aussagen sollen kein Plädoyer dagegen sein, die Social Media als Marketing-Instrumente zu nutzen. Sie sollen Sie nur ermutigen, vor Ihrer Entscheidung, welche Rolle diese Medien in Ihrem Marketing-Konzept spielen, genau zu prüfen: Kann ich mit ihnen mein Ziel, die Bekanntheit in meiner Zielgruppe zu steigern und mir den Ruf „Spezialist für …“ aufzubauen, überhaupt erreichen? Denn für alle Marketing- und PR-Maßnahmen gilt: Sie sind kein Selbstzweck!

Und wenn Sie mal unsicher sind, ob irgendein Marketinginstrument das richtige für Sie ist? Dann probieren Sie es doch einfach aus. Wen juckt es, wenn Sie dabei einige Fehler machen? Denn noch immer gilt: Der schlechteste Werbebrief ist der, der nie versandt wurde. Entsprechendes gilt für die anderen Marketinginstrumente.

Über den Autor

Bernhard Kuntz

Bernhard Kuntz Bernhard Kuntz ist Inhaber der PRofilBerater GmbH, Darmstadt, die Bildungs- und Beratungsanbieter beim (Online-)Marketing unterstützt. Er ist Autor u.a. der Bücher „Die Katze im Sack verkaufen“, „Fette Beute für Trainer und Berater“ und „Warum kennt den jeder?“.  www.die-profilberater.de  
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Kommentare

  1. von Imre Fültz am 02.07.2011 | 23:08

    Ja wie immer ist hier der gesunde Menschenverstand und das Bauchgefühl gefordert.

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