Meldeverfahren verkomplizieren Auslandseinsätze in Europa
EU-Entsenderichtlinie

Meldeverfahren verkomplizieren Auslandseinsätze in Europa

Anne Katrin Schulz
Am

Global-Mobility-Verantwortliche in den Personalabteilungen sollten 2018 unbedingt die Verschärfung von Meldeverfahren bei Auslandseinsätzen innerhalb der EU und des EWR auf der Agenda haben. Ein Grund dafür ist die geplante Reform der EU-Entsenderichtlinie in diesem Jahr.

Diese Vorschriften zu den Meldeverfahren legen fest, dass sich in einen anderen Mitgliedstaat entsandte Arbeitnehmer auf eine Reihe von zentralen Rechten, aber auch Pflichten, berufen können, die im Aufnahmemitgliedsstaat gelten – obwohl sie nach wie vor Beschäftigte des entsendenden Unternehmens sind und somit das Recht dessen Mitgliedstaats maßgebend für sie ist. Die Reform sieht die Meldepflicht zwar nichtexplizit nicht vor. Mit dem Meldeverfahren sollen künftig für entsandte Arbeitnehmer aus Ländern der Europäischen Union die gleichen Vergütungsvorschriften wie im Aufnahmemitgliedstaat gelten, so wie sie in Rechtsvorschriften oder allgemein verbindlichen Tarifverträgen festgelegt sind. Die allgemeine Vertragsfreiheit bleibt davon unberührt.

Besondere Regeln für das Transportgewerbe

Um dies prüfen zu können, führen die Mitgliedsstaaten die Meldepflicht ein. Nicht alle Länder haben bislang diese Meldepflicht umgesetzt, die Mehrheit allerdings durchaus (siehe Grafik). Die einzelnen Meldeverfahren variieren von Staat zu Staat genauso wie die zuständigen Behörden. Oftmals gibt es Ausnahmen für spezielle Tätigkeiten, die ein Arbeitnehmer vor Ort ausüben soll und sehr häufig gelten besondere Vorschriften für das Transportgewerbe. In der Regel muss ein bestimmter Vertreter im Tätigkeitsstaat gemeldet werden, der während des Entsendezeitraums spezielle Pflichten zu erfüllen hat.

Die Meldepflicht ist überdies fast immer mit Dokumentationsvorschriften verbunden. Egal in welchem Land ein Mitarbeiter tätig wird und gemeldet werden muss – das bürokratische Verfahren ist in jedem Land anders, stets komplex sowie voller Ausnahmen und Besonderheiten. Zwar stellen viele nationale Behörden Informationsblätter in englischer Sprache zur Verfügung, der oftmals online-basierte Meldeprozess selbst findet allerdings in der Regel in der jeweiligen Landessprache statt. Wer einen Mitarbeiter nach Frankreich oder gar Finnland schickt, steht somit vor schier unüberwindbaren Hürden. Hinzu kommt, dass sich manchmal monatlich Änderungen ergeben, die unmöglich permanent nachgehalten werden können.

Sanktionen bei Verletzung der Meldepflicht

„Wer jedoch gegen die teils neuen Meldepflichten verstößt, riskiert hohe Strafen, die sogar bis zum Wettbewerbsverbot führen können – für manche Unternehmen könnte dies das wirtschaftliche Aus bedeuten“, erläutert Global-Mobility-Profi Omer Dotou. Österreich verhängt beispielsweise Sanktionen von bis zu 20.000 Euro pro Mitarbeiter und verweigert sogar schlimmstenfalls den Zutritt des betroffenen Entsandten zu den Betriebsräumen (siehe Tabelle). Frankreich, das erst kürzlich mit dem „Macron“-Gesetz die Meldepflichten verschärft hat, straft Unternehmen bei Pflichtverletzungen sogar mit bis zu einer halbe Million Euro ab.

Wie schnell ein Unternehmen gegen Meldepflichten verstoßen kann, zeigt folgender Fall: Ein deutsches Unternehmen hatte einen Vertriebsmitarbeiter für einen Tag in die Schweiz geschickt. Als dieser in Anzug und Krawatte in seinem Dienstwagen die Schweizer Grenze passierte, schoss der Zoll direkt ein Foto seines Autos und erfasste auch den Zeitpunkt. Gut 12 Stunden später machten die Beamten erneut ein Foto des Pendlers und zogen ihn kurz darauf aus dem Verkehr. Er musste sich einer Kontrolle unterziehen, in der er unter anderem um die Vorlage einer Meldebescheinigung gebeten wurde. Letztendlich hatte sein Unternehmen gegen die Schweizer Arbeitsschutzbestimmungen verstoßen und steht nun auf der schwarzen Liste der mit der Schweiz gewerbetreibenden Unternehmen. Weiteres Fehlverhalten könnte den Ausschluss vom Markt nach sich ziehen.

 

Dienstreisen präzise vorbereiten

Für Personalabteilungen bedeutet dies, dass Dienstreisen wie Entsendungen im Jahr 2018 noch frühzeitiger und präziser vorbereitet werden müssen als bisher. Sie sind gezwungen, sich mit den arbeitsvertraglichen Vorschriften des Beschäftigungsstaates, den lokalen Mindestlöhnen (und einer ggf. notwendigen Anpassung) sowie einer ausführlichen Prüfung der geplanten Auslandstätigkeit eines Mitarbeiters auseinandersetzen. Unter Umständen sollten Personaler zudem vorzeitig mit einer Kontaktperson im Tätigkeitsstaat interagieren, um diese etwa als Vertreter zu benennen. Außerdem kann es nicht schaden, eine Risikoplanung hinsichtlich zu erwartender Sanktionen durchzuführen, sollte vorab klar sein, dass Fristen und Vorschriften nicht einhaltbar sind.

Foto/Thumbnail: ©HASLOO/Depositphotos.com

Über den Autor

Anne Katrin Schulz

Anne-Katrin Schulz Anne-Katrin Schulz ist Leiterin Unternehmenskommunikation und Marketing bei der auf Auslandsentsendungen und Auslandsversicherungen spezialisierten BDAE Gruppe.
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