Statusspiele bewusst einsetzen
Karriere

Statusspiele bewusst einsetzen

Tom Schmitt
Am

Die meisten Führungskräfte haben einen bevorzugten Führungsstil. Sie neigen entweder dazu, ihre Position mit Macht durchzusetzen oder durch ein gezieltes Beeinflussen ihrer Mitarbeiter ihre Ziele werden. Echte Leader spielen das Statusspiel - sie wechseln situationsabhängig bewusst zwischen diesen beiden Polen. Das Status-Modell erklärt, wie dies geht.

Für Führungskräfte – aber auch Verkäufer und Projektmanager – gilt: Sie müssen in ihrem Arbeitsalltag immer wieder ihren Kommunikationsstil den jeweiligen Erfordernisse der Situation anpassen, wenn sie die gewünschte Wirkung erzielen möchten. Das heißt: Sie müssen in gewissen Situationen, die Durchsetzungsstärke und eine gewisse Distanz erfordern, Statusspiele spielen, das heißt ihren Status bewusst erhöhen, und in anderen Situationen, die Nähe und Glaubwürdigkeit erfordern, ihren Status bewusst senken. Doch nicht nur dies. Sie müssen zudem im Verlauf ihrer Gespräche – abhängig davon in welcher Phase sich dieses gerade befindet – den Status, aus dem heraus sie agieren, gezielt wechseln. Sie müssen sogenannte Statusspiele bewusst spielen, damit das Gespräch den gewünschten Verlauf nimmt. Das sei an zwei Beispielen illustriert.

Angenommen ein Abteilungsleiter ist mit der Leistung seiner Mitarbeiter unzufrieden. Dann wird er in der Regel im Hoch-Status, der seine Funktion in der Organisation widerspiegelt, in das Gespräch einsteigen und zum Beispiel sagen: „Leute, in dem Projekt x geht es nur schleppend voran. Unsere Aufgabe ist es …. Wenn wir so weiter machen, bekommen wir Riesenprobleme….“ Nach dieser „Standpauke“ ändert er den Status und sagt zu seinen Mitarbeitern zum Beispiel: „Leute, was muss passieren, damit …?“ „Drücke ich mich missverständlich aus?“ „Wie kann ich Euch besser unterstützen?“ Das Ziel dabei: Die Problemlage ermitteln und eine Lösung erarbeiten. Danach wird die Führungskraft wieder in den Hoch-Status wechseln und zum Beispiel sagen: „Wir machen das ab jetzt wie besprochen. Erstens:…. Zweitens:…. Drittens:…“ „Alles klar?“ „Ja. Dann zurück an die Arbeit.“

Anders sind die Statusspiele beziehungsweise ist die Status-Verlaufskurve, wenn der Chef möchte, dass seine Mitarbeiter Überstunden machen. Dann steht er zum Beispiel irgendwann in der Tür und sagt im Tief-Status: „Leute, wir haben ein Problem. Unser Kunde x möchte, dass wir bis morgen Abend …. Dass wir dies tun ist wichtig, weil …. Seid Ihr bereit, heute länger zu bleiben?“ Und wenn seine Mitarbeiter zugestimmt haben, dann wechselt er in den Hoch-Status und sagt zum Beispiel: „Sehr gut! Ich schlage, weil die Zeit drängt, vor, dass Sie, Herr Müller, folgende Aufgabe übernehmen …. Und Sie, Frau Mayer, ….“ Und nachdem die Aufgaben verteilt sind, wechselt er erneut in einen tieferen Status und sagt zum Beispiel: „Nochmals danke, dass Ihr länger bleibt. Das rechne ich Euch hoch an.“

„Geborene“ Leader sowie erfahrene Führungskräfte praktizieren Statusspiele meist intuitiv. Junge, noch relativ unerfahrene Führungskräfte müssen es vielfach noch lernen. Dabei hilf ihnen das Status-Modell. Es kennt zwei Achsen: Die Beziehungs-Achse mit den Ausprägungen Sympathie und Ablehnung und die Macht-Achse mit Durchsetzungsfähigkeit und Nachgiebigkeit. Quer durch das Modell verläuft die Trennlinie zwischen tieferem und höherem Status. Für beide Positionen gilt: Sie sind stets relativ zu einer anderen Person definiert. Man ist entweder hoch oder tief. Die Position des gleichen Status gibt es nicht. Auch bei der sogenannten Kommunikation auf Augenhöhe ist stets ein, wenn auch minimales, Statusgefälle vorhanden

Innerer und äußerer Status

Im nächsten Schritt unterscheidet das Status-Modell zwi-schen innerem und äußerem Status: Wie fühle ich innen und wie stelle ich das nach außen dar? Daraus ergeben sich vier unterschiedliche Dispositionen:

  • Ich fühle innen hoch und spiele außen tief – „der Charismatiker“.
  • Ich fühle innen hoch und spiele außen hoch – „der Macher“.
  • Ich fühle innen tief und spiele außen hoch – „der Arrogante“.
  • Ich fühle innen tief und spiele außen tief – „der Teamplayer“.

Für (fast) alle Menschen gilt: Sie vereinen alle vier Statustypen in sich – das heißt, sie können in den verschiedenen Situation die entsprechenden Verhaltensmuster zeigen und beherrschen die jeweiligen Statusspiele. In sozialen Stress-Situationen tendiert aber jeder zu einem bevorzugten Status. Diesen spielt er unbewusst und scheinbar unausweichlich immer wieder. So lange wir dieses Spiel nicht auf eine bewusste Ebene heben, sind wir schicksalhaft mit diesem Typus verbunden. Er funktioniert wie ein Autopilot, der in sozial schwierigen Situationen automatisch die Führung übernimmt.

Jeder Statustyp ist unterschiedlich sympathisch und respektabel. Unter den vier Varianten gibt es

  • eine Haltung, mit der es gelingt, respektiert zu werden und gleichzeitig sympathisch zu sein,
  • eine weitere, die vor allem hohen Respekt garantiert,
  • eine dritte, mit der sich weder Respekt noch Sympathie erringen lassen, und schließlich
  • eine, die hohe Sympathiewerte erzeugt jedoch wenig Respekt einbringt.

Die erste Variante „innen hoch, außen tief“ erfordert den größten Einsatz und stellt die höchsten Ansprüche an die Statusspiele. Der Aufwand trägt jedoch reiche Früchte. Die Haltung innen hoch und außen tief bedeutet: „Ich weiß, was ich will und verfolge meine Ziele geschickt und diplomatisch. Ich übe Einfluss aus!“.

Macht ausüben oder Einfluss nehmen?

Was ist der Unterschied zwischen Macht und Einfluss? Mit Macht ausüben ist das Durchsetzen der eigenen Interessen auch gegen den Willen anderer gemeint, mit Einfluss nehmen hingegen das Durchsetzen der eigenen Interessen mit Zustimmung der anderen.

Der Unterschied erschließt sich aus dem Status-Modell. Innerhalb des Modells ist das Ausüben von Macht dem höheren Status zugeordnet und die Einflussnahme einer Position, die aus dem tieferen Status erwächst. Dabei erhöht der aus dem höheren Status Agierende die Akzeptanz seiner Macht, je sympathischer er auftritt. Und der aus dem tieferen Status heraus Handelnde? Er gewinnt umso mehr Einfluss, je standfester er seine Interessen vertritt.

Historische Beispiele wie Gandhi oder Nelson Mandela verdeutlichen den Unterschied: Die Macht und den höheren Status hatten die politischen Gegner. Aber beide hatten genug Einfluss, um aus dem tieferen Status heraus einen politischen – weitgehend gewaltfreien – Wechsel herbeizuführen.

Charismatiker beherrschen Statusspiele

Charismatische Leader zeichnet aus, dass sie auch in Stresssituationen nicht (unbewusst) den Verlockungen des Hochstatus erliegen. Sie agieren vielmehr auch dann zumeist bewusst aus dem tieferen Status heraus. Ihre innere Haltung ist zwar „hoch“ („Ich weiß, was ich will“), ihre äußere Vorgehensweise jedoch „tief“ – das heißt nicht machtvoll, sondern Einfluss nehmend.

Für die meisten Führungskräfte gilt: Sie bevorzugen in Stresssituationen einen Status. Entsprechend gering ist gerade in solchen Situationen ihre Verhaltensflexibilität. Zum Erhöhen der Verhaltensflexibilität gibt es zwei Entwicklungswege:

Weg 1: Führungskräfte, die bevorzugt aus dem Hochstatus heraus handeln, lernen, bewusst in den tieferen Status zu wechseln (innen hoch, außen tief). Subjektiv stellt sich diese Statusbewegung für den Hochstatus-Typen als bewusster Machtverzicht dar, den er nicht ohne weiteres eingehen möchte.

Weg 2: Der Tiefstatus-Typ entwickelt genügend Durchset-zungswillen, um wirklich Einfluss nehmen zu können. Erfahrungen aus Status-Workshops zeigen: Der Weg in die Positi-on der gezielten Einflussnahme muss über den Hochstatus führen. Das heißt, eine Person muss zunächst innerlich bereit sein, den Hochstatus einzunehmen und auszuhalten. Erst dann kann sie bewusst in den tieferen Status wechseln und mit diesem situationsabhängig spielen.

Diese persönlichen Entwicklungsschritte zu durchlaufen, ist wichtig, weil es hierbei letztlich darum geht, als Führungskraft eine größere Verhaltensflexibilität und somit auch eine höhere Souveränität zu entwickeln. Oder anders formuliert: Es geht um die Freiheit, selbst zu bestimmen, wie man im Umgang mit anderen auftritt. Und um die Option, im Bedarfsfall blitzschnell den Status zu wechseln, wenn das bevorzugte Statusspiel nicht zielführend ist.

Über den Autor

Tom Schmitt

Tom Schmitt Tom Schmitt arbeitet als Managementberater und Trainer für die Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner, Bruchsal. Der Diplom-Pädagoge sowie ausgebildete Schauspieler schrieb mit Michael Esser das Buch „Status-Spiele: Wie ich in jeder Situation die Oberhand behalte“.
Zum Autorenprofil

Kommentare

  1. von Felix Wiesner (my-Employee Personalberatung, Mannheim am 29.06.2012 | 11:12

    Warum so simpel und ungenau, wenns mit Online Assessments auch differenziert und präzise geht?

    Die Typenlehre dient nur zur Komplexitätsreduktion, ist aber keine Realität. Damit wird verinfacht und abstrahiert und in Modelle gepackt. Je weniger Facetten, desto gröber, ungenauer und unrichtiger das Bild. Die Realitäten erfordern aber immer differenziertere spezifischere Verhaltensmuster. Der Manager fragt sich: „Was muss ich genau tun, wie muss ich es anstellen, damit es erfolgreich wird.“ Es ist echtes Know How gefragt. Die Frage, welcher „grobe Klotz“ eine durchschnittliche Leistung erbringen würde, stellt sich in der Praxis doch gar nicht.

    Sie benötigen ein differenziertes, reliables und valides Online Assessment wie HARRISON ASSESSMENTS oder SAVILLE CONSULTING PROFESSSIONAL STYLES (ggf auch andere), um diese Antworten geben zu können. Moderne Online Assessments sind den psychologischen Interviews oder Typen Assessments in Kosten, Zeitbedarf, Genauigkeit, Dokumentation haushoch überlegen und verhindern solche Simplicissimus Empfehlungen bzw. werden dem betriebswirtschaftlichen Bedarf eher gerecht.

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