Komplexität in Unternehmensstrukturen verhindert profitables Wachstum
Unternehmensführung

Komplexität in Unternehmensstrukturen verhindert profitables Wachstum

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Die Erfolgsformel der besten Unternehmen ist erstaunlich einfach: Ein reproduzierbares Geschäftsmodell, verbunden mit der Konzentration auf ein starkes Kerngeschäft sowie Einfachheit, Klarheit und Anpassungsfähigkeit in den Unternehmensstrukturen. Ein komplexes Geschäftsmodell ist dagegen keine Lösung.

Das ist das zentrale Ergebnis der Langzeitstudie der internationalen Managementberatung Bain & Company. Im Rahmen dieser Studie analysierten die Autoren Chris Zook und James Allen, Partner bei Bain & Company und Leiter der Global Strategy Practice 8.000 Unternehmen über einen Zeitraum von 25 Jahren und befragten fast 400 Führungskräfte weltweit. Die Studie ist soeben auch als Buch erschienen.

In unserer sich rasant verändernden Welt schafft es nur ein Unternehmen von zehn, Jahr für Jahr profitabel zu wachsen. Diese erfolgreichen Unternehmen weiten ihr Kerngeschäft aus, indem sie es an sich verändernde Wettbewerbsbedingungen anpassen – und halten gleichzeitig an den einfachen und fokussierten Unternehmensstrukturen fest, die sie so erfolgreich gemacht haben. Wachstumsschwache Unternehmen dagegen verlieren sich meist in immer komplexeren Strukturen. Erfolgreiche Unternehmen wie Ikea, Nike oder Apple nennen die Autoren Great Repeatable Models. „Die aussichtsreichsten Wachstumsstrategien basieren auf einem Geschäftsmodell, das die größten Erfolge des Unternehmens maßgeschneidert auf neue Bereiche überträgt und so die positiven Ergebnisse wiederholt“, sagt Michael Staebe, Partner bei Bain & Company in München und Mitglied der Global Strategy Practice.

Die Erfolgsformel: Das Great Repeatable Model

Mit dem Great Repeatable Model können Unternehmen überbordende Komplexität bekämpfen und ein erfolgreiches Geschäftsmodell entwickeln, das auf drei einfachen, doch hochwirksamen Grundprinzipien beruht. Fast die Hälfte dessen, was die leistungsstärksten von den leistungsschwächsten Unternehmen unterscheidet, hängt – branchenunabhängig – davon ab, inwieweit Unternehmen diese Prinzipien umsetzen. Ein Beispiel für ein erfolgreiches, wiederholbares Geschäftsmodell: Nike, mit seinem klaren Markenmanagement (dem „swoosh“ als Logo), Werbeabkommen mit Sportprofis (wie Tennis-Ass Roger Federer), einem preisgekrönten Design und dem Einsatz neuer Materialien sowie einer effizienten Lieferkette in China (ohne dort Produktionsanlagen zu besitzen). Der direkte Wettbewerber Reebok hingegen, der Ende der 1980er Jahre gleich groß und bekannt war, fand keine reproduzierbare Formel und verlor stattdessen seinen Kerngeschäftsfokus: Das Unternehmen entwarf Cowboystiefel und versuchte, in den Modebereich einzusteigen (mithilfe einer Kooperation mit Ralph Lauren). Durch dieses ständige Sich-Neu-Erfinden verlor das Unternehmen den Anschluss, die Aktie entwickelte sich schwach und selbst die Übernahme durch Adidas konnte bis heute nicht dazu beitragen, dass Reebok seine alte Form wiederfindet.

Prinzip Nr. 1: Definition der wichtigsten Differenzierungsmerkmale

Unternehmen sind umso erfolgreicher, je deutlicher sie sich von ihren Wettbewerbern unterscheiden. Die Bain-Studie deckt auf, dass 93 Prozent der Top-Performer (Top-20 Prozent) eindeutige Alleinstellungsmerkmale besitzen. Entlang von 15 Alleinstellungsmerkmalen, wie Kostenführerschaft, differenzierte Produkte und Kundenservice, und mit Hilfe zahlreicher Unternehmensbeispiele belegt Bain, dass die hinsichtlich Alleinstellung am besten bewerteten Unternehmen ein dreimal höheres Ergebnis erzielen als die am schlechtesten bewerteten. Positive Unternehmensbeispiele: Apple, Ikea oder Tetra Pak. Beispiele für Unternehmen, die das Prinzip starker Alleinstellungsmerkmale vernachlässigt haben sind Nokia, Kodak oder General Motors.

Prinzip Nr. 2: Nicht verhandelbare strategische Prinzipien, die im gesamten Unternehmen verstanden und gelebt werden

Unternehmen mit reproduzierbaren Geschäftsmodellen haben außerdem eine Kultur, in der die strategischen Grundprinzipien allen bekannt sind und auf sämtlichen Führungs-und Mitarbeiterebenen innerhalb der Organisation geteilt werden. Im Durchschnitt geben nur 40 Prozent der Mitarbeiter an, dass sie die Unternehmensstrategie und -prioritäten kennen. Die Bain-Studie zeigt dagegen, dass in 83 Prozent der erfolgreichsten Unternehmen klare Prinzipien in der gesamten Organisation verstanden und gelebt werden. Das ist eine Grundvoraussetzung, um schneller als der Wettbewerb zu agieren und Wachstumschancen früher zu ergreifen. Ein Beispiel: Der weltweit operierende Lebensmittelhersteller Olam mit Sitz in Singapur. Ein wesentliches Alleinstellungsmerkmal von Olam ist die Kontrolle der gesamten Lieferkette – das heißt das Unternehmen hat Manager, die in den Schwellenländern auf dem Land wohnen und so hautnah erleben und verstehen, was auf den Bauernhöfen von statten geht. Ein unverhandelbares Prinzip von Olam lautet: Jeder Manager muss der Beziehungspflege zu den heimischen Bauern höchste Wichtigkeit einräumen. Alle diese Grundregeln sind im Außendiensthandbuch von Olam festgeschrieben; ihre Umsetzung ist zentraler Bestandteil der Unternehmenskultur.

Prinzip Nr. 3: Eine lernfähige Organisation, bei der die Unternehmensstrategie schnell an neue Rahmenbedingungen angepasst werden kann

Das breite Verständnis der strategischen Prinzipien fördert zudem die Reaktions- und Anpassungsfähigkeit von Unternehmen. Sie müssen in der Lage sein, in einem sich laufend verändernden Marktumfeld schnell zu lernen und sich neuen Bedingungen rasch anzupassen. Das Hören auf Kundenfeedback und darauf aufbauende Lernprozesse helfen, fundamentale Entwicklungen im Markt frühzeitig zu erkennen und schneller darauf zu reagieren als der Wettbewerb. Ein anschauliches Beispiel für die Einführung eines verlässlichen Lernsystems ist die größte Autovermietung weltweit, Enterprise Rent-A-Car. Das Unternehmen hat ein Feedbacksystem eingeführt, bei dem die Kunden die einfache Frage beantworten müssen, wie zufrieden sie mit dem Mietwagen und dem Leihvorgang waren. Die höchste Kundenbewertung, also die Aussage „voll und ganz zufrieden“ geht in den so genannten Enterprise Service Quality Index ein. Diese Bewertungen werden regelmäßig in allen 7.600 Filialen veröffentlicht. In Filialen mit unterdurchschnittlicher Bewertung dürfen die Mitarbeiter infolgedessen nicht befördert werden.

Anpassung ja – aber kein ständiges Sich-Neu-Erfinden

Die Studie zeigt zahlreiche positive wie negative Unternehmensbeispiele im Hinblick auf deren Anpassungsfähigkeit. „Die meisten der im Vergleich zu den Top-Performern wachstumsschwachen Unternehmen haben sich, wie beispielsweise Nokia oder Kodak, schlichtweg nicht schnell genug verändert und so den Anschluss an neue Marktbedingungen verpasst“, sagt Bain-Partner Michael Staebe. „Genau das ist das Bestechende am Great Repeatable Model: Es bietet einen zuverlässigen Test für Manager, um ihre Unternehmensstrategie langfristig erfolgreich auszurichten – und hilft bei konsequenter Anwendung, zu hohe interne Komplexität zu vermeiden.“

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