Die Zusammenarbeit im Vertrieb stärken
Vertriebskooperation

Die Zusammenarbeit im Vertrieb stärken

Peter Schreiber
Am

„Wir sind Partner“ – das verkünden Unternehmen oft, die ihre Produkte über Vertriebspartner wie Fachhändler, Handwerker oder Verarbeiter vertreiben. Faktisch ist beim indirekten Vertrieb die Beziehung aber meist von einem geringen Miteinander geprägt. Das mindert den Erfolg für beide Parteien.

Wenn Unternehmen ihre Produkte über Mittler, wie Fach- und Großhändler, Handwerker und Verarbeiter vertrieben, dann ist der wechselseitige Frust oft vorprogrammiert – denn die Partner haben meist unterschiedliche Erwartungen aneinander. Die Hersteller erwarten von ihren Vertriebspartnern einen aktiven und professionellen Verkauf ihrer Produkte. Und diese? Sie erwarteten von den Herstellern primär eine tatkräftige Unterstützung beim Abverkauf – zum Beispiel in Form zusätzlicher Rabatte und Werbekostenzuschüsse. Entsprechend ist die Zusammenarbeit. Oft mündet sie in einem endlosen Hickhack um Sonderkonditionen für einzelne Aufträge und zusätzliche Gelder für Abverkaufsaktionen.

Solche Prozesse beobachtet man in der Zusammenarbeit von Unternehmen und ihren Vertriebspartnern immer wieder. Auch aus folgendem Grund: Die Vertriebspartner sind selbstständige Unternehmer mit eigenen Interessen. Daher kann der Hersteller sie schwerer steuern als eigene Mitarbeiter. Hieraus resultieren immer wieder Konflikte.

Zu wenig Partnerschaft

Häufig werden die Konflikte nach dem Gesetz des Stärkeren „gelöst“. Der stärkere Partner diktiert dem anderen seine Bedingungen. Verfügt der Hersteller zum Beispiel über eine starke Marke, die die Fachhändler oder Handwerker führen müssen, weil Kunden danach fragen, dann sitzt der Hersteller meist am längeren Hebel. Umgekehrt kann der Vertriebspartner ein „Platzhirsch“ sein, der den Markt in einem Segment oder einer Region so stark dominiert, dass er dem Hersteller vorgeben kann: „Ich vertreibe deine Produkte nur, wenn …“

Der schwächere Partner leidet stets unter der Knute des stärkeren – auch emotional. Deswegen versucht er die Situation zu ändern – zum Beispiel, indem er als Händler parallel eine Beziehung zu anderen Lieferanten aufbaut. Oder er führt die Produkte des Herstellers zwar formal, damit er zu seinen Kunden sagen kann „Ja, ich kann Ihnen auch Gasbrenner (Fenster, Pumpen oder …) des Herstellers x liefern“. Im persönlichen Kontakt schwärmt er den Kunden aber so lange von den Produkten des Konkurrenzanbieters vor, bis diese das Wettbewerbsprodukt kaufen.

Ähnlich verhält es sich, wenn der Vertriebspartner der stärkere Partner ist, der die Bedingungen diktiert. Dann versucht der Hersteller, seine Abhängigkeit von diesem „Partner“ zu mindern – zum Beispiel indem er parallel andere Vertriebspartner aufbaut. In beiden Fällen gehen die synergetischen Effekte einer gemeinsamen Kunden- und Marktbearbeitung verloren. Das Heben weiterer Umsatz- und Ertragspotenziale bleibt für beide Partner aus.

An einem Strang ziehen

Dieses Ziel können die Partner nur erreichen, wenn sie gemeinsam überlegen: Wie können wir durch ein Bündeln unserer Stärken und Kompetenzen unseren Markt so bearbeiten, dass wir beide davon profitieren? Das setzt ein Umdenken der Beteiligten voraus. Die Marktpartner müssen sich bewusst sein, dass ihr gemeinsames Ziel lautet, wirtschaftlich so erfolgreich wie möglich zu sein. Das wird in den Gesprächen zwar oft verkündet. Es fehlen aber meist die gemeinsamen erfolgversprechenden Taten.

Noch immer gilt: Die Gespräche zwischen den (Gebiets-)Verkaufsleitern der Hersteller und den Händlern und Verarbeitern drehen sich meist primär um Produkte, Reklamationen und Lieferkonditionen. Der sogenannte Verkaufsleiter mutiert zum „Troubleshooter“. Die zentrale Ursache hierfür: Viele Verkaufsleiter haben noch nicht verinnerlicht, dass sie gemäß der Maxime „Mache Deine Kunden erfolgreich, dann bist auch Du erfolgreich“ faktisch Betriebs- sowie Vertriebsberater der Vertriebspartner sind und ihnen im Vertriebsalltag aktiv zur Seite stehen müssen – insbesondere wenn diese, wie viele Handwerker, keine Verkaufs- und Marketingausbildung haben.

Marketing- und Vertriebsberater der Partner

Verstehen sich die (Gebiets-)Verkaufsleiter des Herstellers als Vertriebs- und Marketingunterstützer, dann sprechen sie mit den Partnern zum Beispiel über Fragen wie:

  • Welche Ziele hast du als Unternehmer?
  • Bei welchen Kunden möchtest du mit welchen Produkten und Leistungen mehr Umsatz und höhere Margen erzielen? Und:
  • Wie kann ich dich unterstützen, diese Ziele zu erreichen?

Statt den Vertriebspartner nur mit Geld zu unterstützen, das oft als Nachlass an den Endkunden weitergereicht wird, unterstützen solche Verkaufsleiter die Händler und Handwerker beim Abverkauf – mit einem Bündel von strategisch und konzeptionell aufeinander abgestimmten Maßnahmen.

Dieses intensive Betreuen der Vertriebspartner kostet Zeit – viel Zeit. Deswegen sollten sich die (Gebiets-)Verkaufsleiter fragen: Bei welchen Vertriebspartnern lohnt sich dieses Engagement? Wer hat das erforderliche Potenzial und bei wem besteht die Chance auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit? Zum Beispiel, weil das Gebiet des Vertriebspartners ein sehr großes Absatzpotenzial hat? Oder weil der junge Chef – im Gegensatz zum alten – neue Wege beschreiten möchte?

Um zu ermitteln, bei wem sich ein (weiteres) Engagement lohnt, sollten die Verkaufsleiter jährlich bezogen auf alle Vertriebspartner eine Potenzial- und Chancen-Analyse durchführen, bei der sie sich unter anderem fragen:

  • Wer ist ausbaufähig?
  • Wo sollte ein zweiter Partner ergänzend eingesetzt werden?
  • Welcher Partner muss wie gehalten und gesichert werden?
  • Welcher Partner sollte (mittelfristig) ausgetauscht werden?

Dasselbe gilt für die Vertriebspartner. Auch sie sollten sich, bevor sie eine enge Partnerschaft mit einem Lieferanten eingehen, fragen: Lohnt es sich, auf dieses „Pferd“ zu setzen? Zum Beispiel, weil der Hersteller mir tatkräftig hilft, neue Kunden(-gruppen) zu erschließen? Oder weil er mich aktiv dabei unterstützt, Wartungsverträge mit Kunden abzuschließen, die für mich als Handwerker eine Art „Rentenversicherung“ sind? Clevere Vertriebspartner fordern genau diese Unterstützung statt nur nach Sonderkonditionen und Werbekostenzuschüssen zu fragen.

Gemeinsam den Markt bearbeiten

Um gemeinsam erfolgreich zu sein, bedarf es einer gemeinsamen Planung. In einem extra anberaumten Jahresgespräch – ohne Troubleshooting-Themen – sollte beispielsweise analysiert werden:

  • Wie ist die Struktur des Gebiets des Vertriebspartners?
  • Wer sind seine Zielkunden?
  • Welche Ziele will er wie erreichen?

Aus den Antworten kann die Strategie abgeleitet werden, wie man gemeinsam attraktive Zielkunden und Marktsegmente erobern kann. Ist die Strategie definiert, gilt es einen Maßnahmenplan zu formulieren, wie der Mittler seine Ziele erreichen möchte und welche Unterstützung der Hersteller ihm hierbei bietet.

Ist eine solche Basis für die Zusammenarbeit gelegt, haben auch die Besuchstermine des (Gebiets-)Verkaufsleiters beim Vertriebspartner eine höhere Qualität. Es wird zum Beispiel besprochen, inwieweit die Marketing- und Vertriebsmaßnahmen des Vertriebspartners von Erfolg gekrönt waren. Und wenn die Maßnahmen nicht den erhofften Erfolg hatten? Dann begeben sich Verkaufsleiter und Vertriebspartner auf Ursachensuche. Sie schauen sich gemeinsam zum Beispiel die Adressen an, an die der Vertriebspartner einen Werbebrief sandte, um zu ermitteln: Waren das vielleicht die falschen Personen oder Organisationen? Oder der Gebietsverkaufsleiter lässt sich die Angebotsschreiben des Partners zeigen, um zu checken: Sind diese verkaufsfördernd, sprich „nutzenorientiert“ formuliert? Oder der Gebietsverkaufsleiter hört dem Vertriebspartner zu, wie dieser Angebote nachtelefoniert, und gibt ihm anschließend Tipps, wie er Kunden eher für sich begeistert.

Der (Gebiets-)Verkaufsleiter nimmt folglich die Rolle (des Betriebs- und) Vertriebsberaters und -unterstützers wahr. Er coacht den Vertriebspartner bei seiner alltäglichen Vertriebsarbeit – ähnlich wie dies eine gute Führungskraft im Vertrieb mit ihren Mitarbeitern tut. Nicht von oben herab, sondern getreu der Maxime: Wir wollen gemeinsam erfolgreich sein.

Außendienst braucht Unterstützung

Eine so aktive, den Vertriebsprozess begleitende Unterstützung der Vertriebspartner können die Vertriebsmitarbeiter der Hersteller nur leisten, wenn sie das hierfür erforderliche Selbstverständnis haben. Außerdem müssen sie das nötige Vertriebs-Know-how und Führungsqualitäten haben. Daraus folgt: Sie müssen entsprechend geschult werden. Außerdem benötigen sie eine vertriebliche und emotionale Unterstützung durch ihre Vorgesetzten. Diese müssen ihre Mitarbeiter letztlich ähnlich unterstützend begleiten wie diese es bei den Vertriebspartnern tun sollen. Sonst wird das Ziel einer partnerschaftlichen Markt- und Kundenbearbeitung zur Steigerung von Umsatz und Ertrag nicht erreicht.

Über den Autor

Peter Schreiber

Peter Schreiber Peter Schreiber ist Inhaber der B2B-Vertriebs- und Managementberatung Peter Schreiber&Partner in Ilsfeld bei Heilbronn. Er ist u.a. Dozent an der IHK-Akademie München in Westerham und am VDI Fortbildungszentrum Stuttgart sowie Lehrbeauftragter an der Hochschule Mannheim. schreiber-training.de
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