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Finanzen

Professionelle Unternehmensbewertung

Am

Der europäische Markt für Kapitaltransaktionen kommt wieder in Bewegung. Zwar ist die Branche noch weit entfernt vom Boom Ende der Neunziger, doch bewerten die Börsen M und A-Aktivitäten von Unternehmen nicht mehr als grundsätzlich negativ.

Die Aufgabe für Investmentgesellschaften und Private Equity Häuser bleibt sehr groß, angesichts der Nachfolgeprobleme vieler mittelständischer Unternehmen sowie der Hausaufgaben, die sich viele Konzerne bei der Optimierung ihres Portfolios gestellt haben. Gleichzeitig sind die Anforderungen an die Kaufobjekte stark gestiegen, mit wiederum starken Auswirkungen auf den Bewertungsprozess.

Vorrangig erfolgte bislang bei Akquisitionen, Fusionen und Beteiligungen die Bewertung des Unternehmens aus finanzieller, bilanzieller oder steuerlicher Blickrichtung – dem Due Diligence Process. So unerläßlich diese Bewertungen auch sind, weisen sie dennoch zwei gravierende Schwachstellen auf. Erstens erfassen diese den Status Quo bzw. die Vergangenheit, sind also nicht zukunftsorientiert. Zweitens reflektieren diese Analysen die Markt- und Wettbewerbssituation des Unternehmens nur unvollkommen, obwohl hier erhebliche Risiken vorliegen können (Wegfall von Hauptkunden, Verlust des Technologievorsprungs etc.).

 PlanungsValidierung
Abbildung 1: Validierung der Planung

Seit einigen Jahren gewinnen Informationen zur Markt- und Wettbewerbssituation des zu akquirierenden Unternehmens eine maßgebliche Rolle. Die Market Due Diligence (MDD) analysiert dabei das Akquisitionstarget umfassend aus Marktsicht. Über ausführliche Gespräche mit Kunden, Wettbewerbern, Marktexperten und/oder Lieferanten werden die Wettbewerbsposition und die Marktperspektiven des Targets quantitativ ermittelt. Auf Basis dieser Erkenntnisse kann die Planung des Targets und die Vorstellung seines Managements inhaltlich überprüft werden. Die Market Due Diligence setzt sich aus zwei Komponenten zusammen:

1. Analyse der Wettbewerbsposition

Zunächst gilt es, die Position des zu kaufenden Unternehmens im relevanten Markt zu analysieren. Die Untersuchungen konzentrieren sich hierbei auf die Frage nach dem sogenannten „strategischen Wettbewerbsvorteil“ des Unternehmens. Ausschlaggebend ist aber nicht in jedem Fall, ob das zu akquirierende Unternehmen eine (mit) führende Position im Wettbewerb hat. Viel entscheidender ist die Beurteilung der Zukunftsperspektiven des Unternehmens im Wettbewerbsvergleich. Hierbei bilden unausgeschöpfte Chancen, nicht genutzte Kompetenzpotentiale und Verbesserungsmöglichkeiten der Marketingprofessionalität wichtige Analyseinhalte. Des weiteren gilt es, die Wettbewerber hinsichtlich Marktanteil, Stärken/Schwächen (SWOT) und Schlagkraft (etwa bzgl. Vertrieb und Technologie) einzuschätzen und zu bewerten.

2. Abschätzung der Zukunftsträchtigkeit des Marktes

Mit ausschlaggebend für den Unternehmenskauf ist die Frage, wie robust und zukunftsträchtig sich der Markt entwickelt, in dem das zu akquirierende Unternehmen agiert. Der Markt muss entsprechend strukturiert und segmentiert werden (=Marktstrukturanalyse). Nachfolgend sind die einzelnen Marktsegmente in den mengen- und wertmäßigen Größen empirisch zuverlässig zu quantifizieren. Zukünftige Bedarfspotentiale sind unter Berücksichtigung konjunktureller Einflussgrößen, gesetzlicher Rahmenbedingungen, der Gefahr potentieller Substitutionsprodukte und der Integration branchenspezifischer Rahmenbedingungen abzuschätzen.

Die Besonderheiten der Market Due Diligence

Im Unterschied zu den traditionellen Due Diligence-Analysen (Financial, Tax und Legal) stammen die Daten der Market Due Diligence nicht vorwiegend aus dem zu akquirierenden Unternehmen selbst, sondern aus zusätzlichen Recherchen im Markt. Selbstverständlich sind auch alle Markt- und marketingrelevanten unternehmensinternen Daten hinsichtlich Plausibilität und Validität zu analysieren und strukturiert aufzubereiten. Dies allein reicht jedoch nicht, da Due Diligence-Analysen in der Regel zeitpunktbezogene Analysen sind, d.h. die zeitraumbezogenen Daten sich oftmals auf die Entwicklung des Unternehmens in der Vergangenheit beziehen. Die Zukunft wird nicht abgebildet! Ergebnis der MDD sollte jedoch die Abschätzung der Perspektiven des Unternehmens, basierend auf seiner zukünftigen Wettbewerbspositionierung und der voraussichtlichen Attraktivität und Stabilität des Marktes sein.

Daher wird die Market Due Diligence methodisch auf Basis:

1. einer Kunden-/Nichtkundenbefragung

2. einer externen Marktbefragung, erweitert durch sekundärstatistisches Datenmaterial wie Verbandsstatistiken etc. und Expertengespräche

3. der Analyse interner Unternehmensdaten durchgeführt. Diese auf drei Informationssäulen basierende Vorgehensweise ermöglicht eine fundierte Analyse, die vor allem die notwendige Erfassung zukunftsorientierter Aspekte gewährleistet.

Einsatz von Primärdaten zur Analyse der Wettbewerbsposition

Im Mittelpunkt der Primärdatenerhebung steht die Analyse der strategischen Position des zu analysierenden Unternehmens. Letztlich zielt die Wettbewerbsstrategie eines Unternehmens darauf ab, Wettbewerbsvorteile zu schaffen, also langfristig und zukunftsorientiert besser zu sein als der Wettbewerber. Ein Unternehmen hat dann einen Wettbewerbsvorteil, wenn es in einem für den Kunden wichtigen Leistungsmerkmal vom Kunden als dem Wettbewerber überlegen wahrgenommen wird. Zusätzlich muss der Wettbewerbsvorteil des Unternehmens nachhaltig, d.h. dauerhaft zu verteidigen sein. Um also die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens bewerten zu können, bedarf es der Identifizierung von Wettbewerbsvorteilen immer im Vergleich zur Konkurrenz.

Vor diesem Hintergrund sind Gespräche mit Kunden sowie potentiellen Kunden (bisherige Nicht-Kunden) über die das Unternehmen betreffende Sachverhalte unerlässlich und bilden den Kern einer jeden Befragung. Je nach Ausgangssituation können auch Lieferanten oder sogar Konkurrenten des Akquisitionskandidaten in die Gespräche einbezogen werden.

In einem ersten Teil der Untersuchung gilt es, Informationen über die langfristige Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu generieren. Durch ein entsprechend individuell auf das zu analysierende Unternehmen konzipiertes Befragungskonzept werden die für das spezifische Geschäft wichtigen Leistungsmerkmale erhoben sowie der jeweilige Best-in-Class Wettbewerber in diesen Kriterien ermittelt. Die Auswahl der abzufragenden Eigenschaften sollte unbedingt im Team zwischen dem Management des Unternehmens sowie dem beratenden Projektteam erfolgen. Nur so wird sichergestellt, dass tatsächlich alle für das Geschäft/die Branche relevanten Faktoren integriert sind. Sinnvoll ist es zudem die Kundenzufriedenheit zu messen sowie die Service-Leistungsfähigkeit beurteilen zu lassen. Durch eine zielorientierte Fragestellung ist die Preis-Positionierung der in dieser Branche führenden Unternehmen zu analysieren.

Elementar für die Zukunftsbezogenheit der Befragung ist, dass der Auskunftgebende nach Möglichkeit das Unternehmen nicht nur vergangenheitsorientiert bewertet, sondern auch mögliche zukunftsorientierte Aspekte wie Innovationstätigkeit, Managementkonstanz und finanzielle Stabilität des Unternehmens in seine Beurteilung einfließen lässt.

Auf Basis dieser Daten über die Wettbewerbsfähigkeit des zu analysierenden Unternehmens erfolgt eine Stärken-Schwächen-Analyse aus Marktsicht. Die Schlüsselfaktoren werden basierend auf der Wichtigkeit jedes einzelnen abgefragten Faktors und der jeweiligen Leistung des Übernahmekandidaten und seiner Wettbewerber gegenübergestellt. Die erhobenen Anforderungen der Kunden und die wahrgenommenen Leistungen des Übernahmekandidaten werden aus Marktsicht in der sogenannten „Wettbewerbsvorteilsmatrix“ zusammengefasst. Bei einem idealen Profil bestehen überlegene Leistungen bei vom Markt als wichtig erachteten Leistungsmerkmalen. Im Sinne der Konzentration der Ressourcen auf diese Wettbewerbsvorteile ist eine unterdurchschnittliche Leistung bei weniger wichtigen Faktoren akzeptabel.

Wettbewerbsvorteilsmatrix
Abbildung 2: Beispiel Wettbewerbsvorteilsmatrix

Informationsquellen zur Abschätzung der Zukunftsträchtigkeit des Marktes

Der Fokus der Analyse der Marktstabilität/-perspektive ist zeitraumbezogen und zukunftsgerichtet. Entsprechend muss dies in einer Befragung berücksichtigt werden. Als Quelle für diese Informationen können sowohl die Kundengespräche als auch die Befragung von Wettbewerbern dienen. So werden u.a. Aussagen über die Größe des Marktvolumens sowie dessen Entwicklung erhoben. Des weiteren gilt es, gesetzliche Rahmenbedingungen zu erfragen, die eventuell restriktiv auf die Unternehmenspolitik wirken könnten. Zudem sollte die Preisentwicklung im Markt und mögliche Ersatzprodukte/ Dienstleistungen berücksichtigt sowie allgemeine Tendenzen in Erfahrung gebracht werden. Die Analyse der Marktstabilität/-perspektiven wird zudem durch unterschiedliche Sekundärinformationen wie Branchenberichte und Statistiken und durch persönliche Gespräche mit Branchenexperten ergänzt. Dieses Vorgehen von unterschiedlichen Seiten ermöglicht eine verlässliche Aussage über die Zukunftsträchtigkeit des Marktes.

Datenquellen
Abbildung 3: Nutzung interner und externer Datenquellen

Letztlich erlaubt dieser Ansatz der externen Marktbefragung eine Aussage, unter welchen strategischen Marktbedingungen der Übernahmekandidat agiert. Die Zeitdauer der Market Due Diligence muss wiederum in Abhängigkeit vom Untersuchungsumfang gesehen werden. Je nach Umfang umfasst diese Analyse bis zu vier Wochen. Um den strategischen Implikationen gerecht zu werden, ist strikt darauf zu achten, dass die Untersuchung nicht auf dem Niveau einer Marktforschungsstudie stehen bleibt. Vielmehr ist die Market Due Diligence eine kritische, strategische Überprüfung mittels einer originären Befragung, der Unterstützung von Branchenberichten, Verbandsstatistiken und sonstigen sekundärstatistischen Informationen sowie von Einzelgesprächen mit Marktexperten.

Market Due Diligence-Studien sind nicht nur zeitkritisch, sondern unterliegen der strengsten Geheimhaltung. Die eingesetzten Methoden sollten pragmatisch ausgewählt und unbedingt individuell auf das jeweilige Target angepasst werden, um die Branchenspezifika optimal abzubilden. Die Nutzung von Checklisten, ABC-Analysen der Kunden- und Produktstrukturen, Portfolio-Konzepten, Skalenfragen und Produktpositionierungsmodellen ist sinnvoll, eine „stupide“ Abarbeitung vorgefertigter Methodenkataloge erweist sich aus unserer Erfahrung als nicht zielführend.

Autor: Dieter Lauszus, Sebastian Hosenfeld – Market Due Diligence: Professionelle Unternehmensbewertung, 2007, Stratgie- und Marketingberatungsgesellschaft Simon & Kucher

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