Digital Leadership: Schluss mit Buzzwords und zurück zu den Basics
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Digital Leadership: Schluss mit Buzzwords und zurück zu den Basics

Anke von Platen
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Was genau ist Digital Leadership? Permanenter Wandel. Digitaler Dauerstress. New Work. Können Sie diese Buzzwords auch nicht mehr hören? Muss ich in Zukunft anders führen? Keine Panik. Mit den einfachen Prinzipien und Back to Basics Tipps menschlicher Führung werden Sie gut gerüstet sein und Ihr Team souverän in digitalen Zeiten führen.

Digital Leadership entmystifizieren: Eine Begriffsbestimmung

Alle reden von Digital Leadership. Aber was verbirgt sich eigentlich hinter dem Begriff? Die einen denken an agile Führung. Andere befürchten, dass es Führungskräfte in Zukunft überhaupt nicht mehr geben wird. Zur Klarstellung: Führung wird es immer geben. Denn Führen bedeutet, Beziehungen wirksam zu gestalten, um die Unternehmensziele zu erreichen.

Digital Leadership bedeutet demnach:

  • Führungsbeziehungen in einem digitalen und gefühlt unsicheren Umfeld gestalten.
  • Das Herstellen von Vertrauen ist das oberste Ziel von Digital Leadership. Denn nur in vertrauensvollen Beziehungen können Potenziale entwickelt, Veränderungen nachhaltig umgesetzt werden und schicke agile Tools, wie zum Beispiel Design Thinking oder Stand-up-Meetings, ihre Wirkung entfalten.
  • Vertrauen und daraus resultierende Beziehungssicherheit entstehen durch die konsequente Ausrichtung der Führung an den psychischen Bedürfnissen des Menschen.

Digital Leadership ist menschlicher denn je und schafft Vertrauen

Unbestritten ist: Die Arbeits- und Umfeldbedingungen verändern sich ständig. Doch unsere psychischen Bedürfnisse bleiben in ihren Grundzügen gleich. Digital Leadership erfordert demnach keine neuen Methoden, sondern eine starke Ausrichtung der Führung am Menschen und seinen psychischen Bedürfnissen. Sind die drei Bedürfnisse nach Anerkennung, Struktur und Machbarkeit erfüllt, entsteht Vertrauen. Die Übersichtsgrafik veranschaulicht die Zusammenhänge.

Die drei psychischen Bedürfnisse lassen sich wie folgt beschreiben:

  1. Bedürfnis nach Anerkennung und das Gefühl von Bedeutung: Der Wunsch nach Bedeutung ist tief verwurzelt. Er wirkt sich auf unsere Emotionen und Motivationen aus. Wir möchten spüren, dass wir eine Bedeutung in unserem Umfeld haben. Dieses Bedürfnis ist ausschlaggebend für unsere Veränderungsbereitschaft. Das Herz symbolisiert den tiefen emotionalen Aspekt. Wir möchten im Alltag respektiert und gesehen werden. Anerkennung erleben wir durch kleine Gesten, beispielsweise, wenn uns ein anderer zuhört, im Gespräch wirklich präsent ist oder durch Gratifikationen. Ist unser individuelles Bedürfnis nach Anerkennung erfüllt, haben wir ein Gefühl von „Mein Einsatz lohnt sich“.
  2. Bedürfnis nach Strukturen und das Gefühl von Klarheit: Unser Bedürfnis nach Strukturen spricht unseren Kopf an. Wir möchten verstehen, was passiert und was sich verändert. Der Kompass steht für einen inneren Richtungsweiser, für einen klaren, fokussierten Kopf. Strukturen entstehen durch Ziele, klare Vereinbarungen für die Zusammenarbeit und Informationen. Ein berechenbares Verhalten trägt ebenfalls dazu bei. Ist unser Bedürfnis nach Strukturen befriedigt, entwickeln wir ein Gefühl von Klarheit: „Ich verstehe, was passiert.“
  3. Bedürfnis nach Herausforderungen und das Gefühl von Machbarkeit: Das Bedürfnis nach Machbarkeit ist ein handlungsorientiertes, pragmatisches Bedürfnis. Wir möchten ein Gefühl dafür bekommen, wie wir die Veränderung schaffen können. Die Hand repräsentiert das pragmatische Umsetzungsbedürfnis. Das Gefühl von „Ich schaffe meine Aufgaben“ entsteht, wenn wir für uns angemessene Herausforderungen erhalten und Ressourcen zur Verfügung haben. Dazu zählen zum Beispiel Erfahrungen, Qualifikationen und die Unterstützung durch Kollegen.

Back to Basics: Check-up

Um in der heutigen Zeit stabil zu bleiben, benötigen Sie als Führungskraft eine innere Stärke. Je stärker die drei Bedürfnisse erfüllt sind, desto souveräner werden Sie mit Ihren Herausforderungen umgehen können.

Machen Sie jetzt direkt jetzt eine Standortbestimmung. Wenn Sie an Ihren aktuellen Führungsalltag oder an ein aktuelles Projekt denken, inwieweit stimmen Sie den folgenden Aussagen zu? Kreuzen Sie an.

Fragen Sie sich nun:

  • Was kann ich selbst tun, damit ich mehr Anerkennung, Klarheit oder Machbarkeit empfinde?
  • Wen kann ich um Unterstützung fragen?

Diesen Check-up können Sie auch mit Ihrem Team durchführen. So erhalten Sie eine gute Standortbestimmung und Gesprächsgrundlage – zum Beispiel zu einem aktuellen Veränderungsprojekt.

Back to Basics: Konsequent drei Fragen stellen

Die drei Grundprinzipien menschlicher Führung können wir auf drei Wörter und drei klare Symbole weiter vereinfachen:

  • Wozu?
  • Was?
  • Wie?

Beantworten wir diese drei Fragen konsequent, handeln wir effektiver. Folgende Beispiele verdeutlichen die Anwendung:

Die Aufgabe eines Digital Leaders ist, standfest und souverän zu sein. Nutzen Sie die drei Leitfragen und stellen Sie Ihre Projekte und Arbeitssituationen konsequent auf den Prüfstand. Besonders hilfreich ist die Frage nach dem „Wozu?“. Danach wird es Ihnen leichter fallen, für Ihr Team da zu sein und gemeinsam Antworten zu finden.

Führung zwischen Powerpoint und Realität

So banal es klingt, die menschlichen Bedürfnisse zu beachten, so schwierig ist die konsequente Umsetzung im Alltag. Das zeigen folgende Beispiele:

  • Kennzahlen werden versendet, ohne deren Bedeutung zu erklären. Der Führungskraft ist die Aussage der einzelnen Zahlen klar. Den Mitarbeitenden nicht. Das Bedürfnis nach Klarheit ist beeinträchtigt.
  • Rollen und Aufgaben ändern sich. Kompetenzen werden verlagert, beteiligte Mitarbeitende nicht einbezogen. Auch dieses Verhalten widerspricht dem Bedürfnis nach Anerkennung.
  • Veränderungsprojekte werden per E-Mail mit Foliensatz versendet – ohne zugehörige persönliche Kommunikation. Dies widerspricht den Bedürfnissen nach Anerkennung und Strukturen.

Back to Basics-Tipps für menschliche Führung im digitalen Alltag

Im digitalen Alltag verhungern die meisten Menschen in puncto echter Anerkennung. Gemeint sind hier nicht Gehaltserhöhungen und Lobeshymnen. Vielmehr sind es die kleinen Gesten, die häufig auf der Strecke bleiben. Ein respektvoller Umgang motiviert und gibt positive Energie. Einfache Tipps für mehr Wertschätzung – ohne Hokuspokus:

1. Berechenbar und verbindlich sein

Handeln Sie zuverlässig und verbindlich, können Ihre Mitarbeitenden Sie gut einschätzen. Ihr Verhalten wirkt strukturierend. Das stärkt das Gefühl von Klarheit bei Ihren Mitarbeitenden. Beispiele:

  • Erscheinen Sie zu Besprechungen pünktlich.
  • Halten Sie Termine mit Mitarbeitenden ein. Das gilt besonders für Personalgespräche. Durch häufiges Verschieben entsteht bei den Mitarbeitenden schnell ein Gefühl von „Ich bin dem Anderen nichts wert. Ich habe keine Bedeutung für ihn. Es interessiert ihn nicht.“
  • Treffen Sie Zusagen, die Sie einhalten können. Seien Sie verbindlich. Das stärkt vertrauensvolle Beziehungen.

2. Präsent sein und zuhören

Wir sind präsent, wenn wir mit allen unseren Sinnen voll und ganz bei einer Person oder Aufgabe sind. „Präsent“ ist sehr nah am englischen Wort für Geschenk („present“). Sind wir voll und ganz bei einer anderen Person, schenken wir ihr unsere volle Aufmerksamkeit. Denken wir im Meeting mit Herrn Müller schon an das Meeting mit Herrn Meier, sind wir nicht präsent.

Fragen Sie sich daher immer mal wieder: Was genau ist denn jetzt? Wo bin ich gerade? Was mache ich? Mit dieser Aufmerksamkeit beschenken wir uns selbst und andere Menschen.

3. Kaffee-Hag-Runden

Ein Kunde setzte vor einigen Jahren einen Veränderungsprozess um. In vielen Abteilungen lief es stockend, und es herrschte schlechte Stimmung. Nur eine Abteilung erzielte gute Fortschritte. Was war dort anders? Der Abteilungsleiter hatte von Anfang an „Kaffee-Hag-Runden“ veranstaltet. Jeden zweiten Freitag gab es eine offene Runde mit einer Kanne Kaffee auf dem Tisch. Jeder, der Lust hatte, kam vorbei. Das Thema: Umgang mit den Veränderungen. Alles durfte gesagt und gefragt werden. So konnte das Team Bedenken, Sorgen oder Ideen auf den Tisch bringen. Der Abteilungsleiter hörte zu und beantwortete geduldig alle Fragen, so gut er es konnte. Er erinnerte sich an seine Bedenken am Anfang des Projekts. Er legte Wert darauf, dass seine Mitarbeitenden ihre Sorgen nicht für sich behalten oder ein Flurfunk entsteht, der zu Verunsicherung führt.

Und zu guter Letzt: Bleiben Sie selbst menschlich. Sie können nicht auf jede Frage Ihrer Mitarbeitenden eine Antwort haben. Sie dürfen als menschlicher digital Leader auch einmal sagen „Ich weiß es nicht. Noch nicht.“. Es ist unmenschlich, immer „on“ oder auf Stand-by zu sein. Genießen Sie offline-Zeiten und tanken Sie ohne Ihr Smartphone einmal auf.

Foto/Thumbnail: ©SergeyNivens/Depositphotos.com

Über den Autor

Anke von Platen

Anke von Platen Anke von Platen ist Leadership-Expertin, Rednerin und dreifache Buchautorin. Ihre Markenzeichen: eine klare, bildhafte Sprache und anschauliches Storytelling ohne Powerpoint. ankevonplaten.de
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