
46 Milliarden Steuerentlastung – kommt jetzt die Wende für den Mittelstand?
Mit ihrem pro-wirtschaftlichen Steuerentlastungspakt macht die neue Regierung Ernst. 46 Milliarden Euro soll es schwer sein und die Konjunktur beleben. Dabei ist eine umfassende Reform der Unternehmensbesteuerung längst überfällig. KMU gelten zwar als das Rückgrat der hiesigen Wirtschaft, werden aber steuerlich strukturell benachteilig. Was plant Schwarz-Rot für den Mittelstand?
Gerade Familienunternehmen tragen eine überproportionale Abgabenlast, weil sie weder über komplexe Konzernstrukturen noch über internationale Steuerinstrumente verfügen. So zeigt bereits eine ifo-Studie mit Daten aus den Jahren 2010 bis 2018, dass Familienunternehmen durchschnittlich 38 Prozent Steuerlast tragen – deutlich höher als DAX-Konzerne (24 bis 26 Prozent). Auch im internationalen Wettbewerb fühlen sich viele deutsche Betriebe benachteiligt. Was plant Schwarz-Rot für den Mittelstand?
1. Investitionsbooster degressive Abschreibung
Ein zentrales Element des Pakets ist die Einführung einer degressiven Abschreibung in Höhe von 30 Prozent für bewegliche Wirtschaftsgüter. Demnach sollen Firmen zwischen dem 1. Juli 2025 und dem 31. Dezember 2027 Maschinen, Fahrzeuge, Computer oder andere betriebliche Anschaffungen in den ersten Jahren deutlich schneller steuerlich geltend machen können. In der Folge sinkt ihre Abgabenlast und die Liquidität steigt – besonders wichtig für mittelständische Betriebe, die oft mit begrenztem Investitionsspielraum arbeiten.
2. Superabschreibungen für E-Dienstwagen
Zusätzlich plant die Regierung eine Sonderabschreibung in Höhe von 75 Prozent im ersten Jahr für betrieblich genutzte Elektrofahrzeuge. Diese Regelung soll ebenfalls ab Mitte 2025 bis Ende 2027 gelten und vor allem KMUs ermutigen, ihren Fuhrpark auf Elektromobilität umzustellen. Zudem ist vorgesehen, die Bruttopreisgrenze für die besondere steuerliche Förderung von 70.000 auf 100.000 Euro zu erhöhen, was es mittelständischen Betrieben ermöglicht, höherwertige E-Fahrzeuge steuerlich begünstigt zu erwerben.
3. Ausbau der steuerlichen Forschungszulage
Ein in der Praxis oft übersehenes Instrument der steuerlichen Förderung ist die sogenannte Forschungszulage. Im Rahmen des Investitionsboosters möchte Schwarz-Rot die Bemessungsgrundlage von 2026 bis 2030 von 10 auf 12 Millionen Euro jährlich anheben. Auf den ersten Blick sieht das zwar nach positiven Nachrichten aus – insbesondere für forschungsintensive Branchen. Allerdings profitieren bislang vor allem große Konzerne von dieser Regelung, da die Antragstellung als aufwendig und bürokratisch gilt. Mittelständische Betriebe, die durchaus innovative Entwicklungen etwa im Maschinenbau oder in der Softwareentwicklung betreiben, nutzen die Zulage bisher kaum, da ihre Ressourcen für die Beantragung von Förderungen tendenziell geringer ausfallen. Pauschale Abschläge sollen die Verfahren künftig aber einfacher und bürokratieärmer machen.
4. Schrittweise Senkung der Körperschaftsteuer
Außerdem sieht der Plan der Regierung eine stufenweise Absenkung des Körperschaftsteuersatzes vor. Von derzeit 15 Prozent auf 10 Prozent soll er sich bis 2032 jedes Jahr um einen Prozentpunkt verringern, sodass die Gesamtsteuerbelastung von Kapitalgesellschaften knapp 25 Prozent beträgt, statt aktuell circa 30 Prozent. Diese Maßnahme soll Kapitalgesellschaften spürbar entlasten, sodass mehr finanzielle Spielräume für Investitionen und Wachstum entstehen und gleichzeitig international ein wichtiges Zeichen für den Standort Deutschland gesetzt wird.
Große Pläne, aber brüchige Basis?
Insgesamt könnte der Investitionsbooster mittelständischen Unternehmen zahlreiche Vorteile bringen – vorausgesetzt, der Bundesrat winkt das Paket durch. Doch genau hier könnte sich Widerstand formieren. Schließlich müssen Bund, Länder und Kommunen mit etwa 46 Milliarden Euro weniger im Haushalt rechnen. Dabei dürften die aktuellen Zahlen aus dem Monatsbericht vom Juni 2025 des Bundesministeriums der Finanzen eine Rolle spielen: Zwar stiegen die Steuereinnahmen im Mai 2025 verglichen mit dem Vormonat um 2,6 Prozent und die öffentliche Einnahmenbasis bleibt unter anderem aufgrund von Zuwächsen bei den Massensteuern solide, allerdings zeigt der Bericht strukturelle Bruchlinien.
Auffällig ist vor allem der deutliche Rückgang bei den Ertragsteuern, der die Gesamtdynamik bremst. Die Körperschaftsteuer rutschte im Mai wegen außergewöhnlich hoher Erstattungen für vergangene Veranlagungszeiträume mit 671 Millionen Euro ins Minus. All das deutet auf strukturelle Veränderungen in der Ertragsteuerbasis hin, etwa durch schwächere Gewinne. Ob sich daraus ein Trend ergibt oder lediglich ein temporärer Effekt vorliegt, bleibt offen. Die Maßnahmen müssen nun noch den Bundesrat passieren.
- Wachstumsbooster zur Stärkung des Standorts Deutschland. Bundesregierung. Abgerufen am 08.07.2025.
- Der Beitrag der Familienunternehmen zum Steueraufkommen in Deutschland. Stiftung Familienunternehmen. Abgerufen am 08.07. 2025.
- Enttäuschende Zwischenbilanz für die steuerliche Forschungszulage – Und nun? F.O.M. Vom 09.09.2022.
- Steuerlast deutscher Unternehmen im internationalen Vergleich zu hoch. DIHK. Vom 10.02.2025
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