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Oliver Scharfenberg: „Wenn ein Gütesiegel einfach so zum Kauf angeboten wird, sollte man hellhörig werden”

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Onpulson im Gespräch mit Oliver Scharfenberg, Geschäftsführer der SQC-QualityCert GmbH, ein Unternehmen, das Zertifizierungen für Firmen durchführt. Wir sprechen über die Unabhängigkeit der Gütesiegel, wie man die Spreu vom Weizen unter den Anbietern trennt und was eine Zertifizierung kostet.

Onpulson: Herr Scharfenberg, Sie sind Geschäftsführer von SQC-QualityCert GmbH, einem Unternehmen, das als Zertifizierungsgesellschaft des DIQP Deutsches Institut für Qualitätsstandards und -prüfung e. V. für alle Zertifizierungen verantwortlich ist. Das DIQP ist ein unabhängiges, privates Institut mit Sitz in Berlin. Wer genau ist das DIQP und was hat sich der Verein als Ziel gesetzt?

Oliver Scharfenberg: Das DIQP ist ein eingetragener Verein, der sich im Jahr 2015 gegründet hat. Das Ziel des Vereins ist es, zuverlässige Gütesiegel für Unternehmen zu entwickeln. Dabei hat man sich entschieden einen eingetragenen Verein zu gründen, wie dies auch bei anderen Entwicklern von Standards üblich ist. Ein bekanntes Beispiel wäre das DIN Deutsches Institut für Normung e.V. Das DIQP tritt als Standardsetzer auf, eine Zertifizierung für ein Gütesiegel erfolgt dann immer über SQC-QualityCert als unabhängige Zertifizierungsgesellschaft.

Onpulson: Welche Gütesiegel bietet das DIQP an und für welche davon zeigen Unternehmen ein besonders hohes Interesse?

Oliver Scharfenberg: Das DIQP hat verschiedene Gütesiegel entwickelt. Dabei handelt es ich um drei Kategorien: Arbeitgebersiegel, Servicesiegel und Nachhaltigkeitssiegel. Zu den Servicesiegeln gehören Gütesiegel wie „Top Service (DIQP)“, „Geprüfte Servicequalität (DIQP)“ und „Kundenempfehlung (DIQP)“. Diese beruhen auf einer im Unternehmen durchzuführenden Kundenbefragung. Damit unterscheidet sich eine solche Zertifizierung von einer einfachen Internetbewertung, bei der man nur schwer oder gar nicht sicherstellen kann, dass es sich auch wirklich um einen echten Kunden handelt.

Arbeitgebersiegel zeigen, wie zufrieden die Beschäftigten mit einem Arbeitgeber sind. Das Prinzip ist hier sehr ähnlich. Hier werden allerdings die Beschäftigten in einem Unternehmen befragt. Zu den Nachhaltigkeitssiegeln gehören die Gütesiegel „Klimaneutrales Unternehmen (DIQP)“ und „Nachhaltiges Unternehmen (DIQP)“. Wenn ein Unternehmen klimaneutral werden möchte, wird im ersten Schritt eine Treibausgasbilanz erstellt. Dazu bieten wir den Unternehmen eine sehr einfache auszufüllende Vorlage in Tabellenform. Ein Unternehmen muss soweit wie möglich Treibhausemissionen vermeiden und kann die restlichen Emissionen in einem nach dem Gold Standard zertifizierten Projekt kompensieren. Im Unterscheid zu anderen Auszeichnungen für Klimaneutralität, sind bei uns schriftliche Nachweise zu den vorhandenen Emissionen vorzulegen, um ein Zertifikat und das passende Gütesiegel zu erhalten.

Bei der Nachhaltigkeitszertifizierung als „Nachhaltiges Unternehmen (DIQP) werden alle drei Bereiche der Nachhaltigkeit betrachtet. Dabei handelt es sich übrigens um die ökologische-, soziale- und die ökonomische Nachhaltigkeit. Andere Standards setzen den Schwerpunkt in der Ökologie, das DIQP verfolgt hingegen einen ganzheitlichen Ansatz. Ein Unternehmen muss eine umfassende Nachhaltigkeitsbefragung beantworten und zahlreich Nachweise vorlegen.

Onpulson: Wie funktioniert der Prozess der Zertifizierung? Bitte erklären Sie unseren Lesern diesen anhand des Gütesiegels „Top Arbeitgeber“.

Oliver Scharfenberg: Im ersten Schritt wird eine anonyme Mitarbeiterbefragung im Unternehmen durchgeführt. Alle Beschäftigten bekommen die Chance sich daran zu beteiligen. Im zweiten Schritt erfolgt ein HR-Interview. Dieses dient unter anderem dazu, zu erfassen welche Leistungen das Unternehmen seinen Beschäftigten bietet. In dem Verfahren werden objektive Leistungen und subjektive Meinungen der Beschäftigten kombiniert. Beide Bereiche werden jeweils mit 50% im Gesamtergebnis bewertet. Ein Unternehmen kann in diesem Verfahren eine festgelegte Anzahl an Gesamtpunkten erreichen. Wenn ein Unternehmen mindestens 80% der maximal erreichbaren Punkte erreicht hat, bekommt es die Bewertung „SEHR GUT“.

Onpulson: Und wie lange dauert in der Regel der Zertifizierungsprozess?

Oliver Scharfenberg: Dies ist sehr stark abhängig von der Unternehmensgröße. Bei kleineren Unternehmen kann dies innerhalb von einer bis zwei Wochen abgeschlossen sein. Bei größeren Unternehmen dauert die Befragung auch gerne mal zwei oder drei Wochen. Sobald die Befragung und das HR-Interview ausgewertet worden sind, bekommen die Unternehmen binnen drei Werktagen die Auswertung und bei Erfolg die passenden Gütesiegel.

Onpulson: Kann man nicht sagen, wer zahlt, erhält auch ein Gütesiegel oder ist das zu einfach gedacht?

Oliver Scharfenberg: Dies ist bei uns nicht der Fall. Die Entscheidung für die Bewertung liegt zum Beispiel bei Top Arbeitgeber (DIQP) zum großen Teil bei den Beschäftigten. Ähnlich sieht es bei der Kundenbefragung aus. Ein Unternehmen sollte sich schon sicher sein, dass man auch tatsächlich eine gute Stimmung im Team hat, bzw. über zufriedene Kunden verfügt.

Onpulson: Welche Vorteile bringt ein Gütesiegel für ein Unternehmen?

Oliver Scharfenberg: Da kommt es sehr auf das Gütesiegel an. Im Bereich der Arbeitgebersiegel bekommt ein Unternehmen nicht nur ein Gütesiegel, sondern auch eine umfassende, anonymisierte Auswertung der Mitarbeiterbefragung in Tabellenform. Diese dient dazu, eventuellen Verbesserungsbedarf zu identifizieren und Verbesserungsvorschläge der Beschäftigten in Erfahrung zu bringen. Hier wären die Vorteile darin zu sehen, dass man mit dem Siegel natürlich werben, aber gleichzeitig auch nach innen einen Effekt hat.

Arbeitgebersiegel von DIQP. Quelle: ©DIQP

Bei den Servicesiegeln ist dies ähnlich, auch hier bekommt man eine Auswertung und kann Verbesserungsvorschläge seiner Kunden in Erfahrung bringen. Gleichzeitig haben zahlreiche Untersuchungen bestätigt, dass ein Gütesiegel den Umsatz eines Unternehmen signifikant steigern kann. Hier kommt es aber sehr auf den Einzelfall an, zum Beispiel darauf, wo man genau und wie man ein Gütesiegel einsetzt.

Bei den Nachhaltigkeitssiegeln bauen Sie mit uns unter anderem ein Monitoringsystem für Treibausgasemissionen auf und vermeiden solche bzw. kompensieren diese im ersten Schritt. Diese beiden Zertifizierungen zeigen ganz klar das Engagement eines Unternehmen für den Umweltschutz. Gerade ökologische Aspekte werden Konsumenten immer wichtiger. Hier einen entsprechenden Nachweis führen zu können, kann sich natürlich auch positiv auf den Umsatz eines Unternehmens auswirken. Studien haben zudem gezeigt, dass nachhaltige Unternehmen auch noch andere Vorteile haben. So haben es solche unter anderem leichter neue Mitarbeiter zu finden und sind oftmals innovativer.

Onpulson: Es gibt sehr viele Anbieter von Gütesiegeln in Deutschland. Wie erkenne ich als Unternehmer, ob ein Anbieter auch hält, was er auf den ersten Blick verspricht?

Oliver Scharfenberg: Immer wenn ein Gütesigel einfach so zum Kauf angeboten wird und wenn man nichts machen muss, sollten man hellhörig werden. Eine Empfehlung wäre es, auf eine unabhängige Zertifizierungsgesellschaft zu achten. Kurz zusammengefasst sollte das, was auf dem Siegel steht, auch tatsächlich zutreffen. Eine Irreführung von Konsumenten muss man unbedingt vermeiden. Man sollte niemals ein Gütesiegel nutzen, wenn es nicht eine unabhängige Prüfung durch einen unabhängigen Dritten gegeben hat. Sonst könnte das Wettbewerbsrecht einschlägig werden, da man eventuell unlauter wirbt und sich damit der Gefahr von Abmahnungen aussetzt. Dies sollte man aus eigenem Interesse unbedingt vermeiden.

Onpulson: Welche Faktoren fördern die Glaubwürdigkeit eins Gütesiegels und wie können Kunden eines Unternehmens erkennen, ob ein Gütesiegel vertrauenswürdig ist.

Oliver Scharfenberg: Glaubwürdig wird ein Gütesiegel in erster Linie, wenn es sich um einen seriösen Siegelgeber handelt. Dabei haben Untersuchungen gezeigt, dass gerade staatliche Einrichtungen und Verein in der Gunst der Konsumenten auf den ersten Stellen bei der Glaubwürdigkeit agieren.

Eine gute Orientierung bietet das Verbraucherportal Label-online.de. Dazu wird der Betreiber, ein unabhängiger Verein vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV), unterstützt. Diese Plattform bewertet Gütesiegel nach einem transparenten Kriterienkatalog. Die bestmögliche Auszeichnung, welche ein Siegel erhalten kann, lautet dann „besonders empfehlenswert“. Das DIQP hat übrigens für alle bisher bewerteten Gütesiegel genau diese Bewertung als „besonders empfehlenswert“ erhalten.

Onpulson: Gerade in wirtschaftlich weniger guten Zeiten ist das Budget bei vielen Unternehmen begrenzt. Deshalb die Frage: Mit welchen Kosten müssen Unternehmen rechnen, wenn sie eine Zertifizierung über das DIQP erhalten möchte.

Oliver Scharfenberg: Dies ist abhängig von der Zertifizierung und der Unternehmensgröße. Ein klimaneutrales Unternehmen kann man ab ca. 2000 Euro werden, die Kosten für ein Servicesiegel, Arbeitgebersiegel und Nachhaltigkeitssiegel fangen bei 2490 Euro für Unternehmen bis 100 Mitarbeiter an. Darin enthalten ist die Durchführung der Befragung, eine Auswertung, die Siegelgrafiken, eine Urkunde und zwei Acrylaufsteller.

Foto/Thumbnail: ©istockphoto/Mauricio Graiki

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