Gründerin der Vyoma GmbH

Dr. Luisa Buinhas: „Unsere Vision ist die Nachhaltigkeit im Weltall”

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Mit ihrem Start-up Vyoma möchten die Gründerin Dr. Luisa Buinhas und ihr Team die Probleme der Nachhaltigkeit im Weltraum lösen, indem sie Weltraummüll vom Weltraum aus mit Kameras überwachen. Vyoma möchte die B2G-Entscheidungsträger dabei unterstützen, die richtigen Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit in der Raumfahrt zu treffen.

Name: Luisa Buinhas

Titel: Dr.

Position: Gründerin und Chief Program Officer (CPO) der  Vyoma GmbH

Vita: Luisa hat einen Doktortitel (Universität der Bundeswehr) und einen Master-Abschluss (TU Delft) in Luft- und Raumfahrttechnik. Sie war sechs Jahre lang an vom DLR geleiteten Missionsstudien für Satellitenkonstellationen beteiligt und verbrachte sechs Monate als Forschungspraktikantin am MIT. Sie ist Inhaberin eines Amelia-Earhart-Stipendiums aus dem Jahr 2016 und Mitglied des technischen Komitees Space Traffic Management der International Astronautical Federation. Bei Vyoma ist sie für Missionsanalysen und weltraumtechnische Entwicklungen zuständig.

Lebensmotto:  Komfortzonen sind gemütlich, aber nichts wächst darin. Tu, was du liebst, und du wirst nie wieder arbeiten müssen.

Über das Unternehmen

Vyoma GmbH
Berliner Allee 65
64295 Darmstadt
Gründungsjahr: 2020
Mitarbeiter: 12
Telefon: +49 6151 3975 273
Website: vyoma.space/

Was ist das Geschäftsmodell Ihres Unternehmens?

Wir, bei Vyoma, wollen das Problem der Nachhaltigkeit im Weltraum lösen, indem wir Weltraummüll vom Weltraum aus überwachen. Konkret werden wir eine Flotte von Weltraumkameras in Betrieb nehmen, die sehr genau bestimmen, wo sich Trümmerteile relativ zu anderen Satelliten befinden. Wir kombinieren die Daten unserer Kameras mit künstlicher Intelligenz (KI), um einen sicheren und automatisierten Satellitenbetrieb in einer Branche zu ermöglichen, die von Datenunsicherheit geplagt ist.

Die Dienste reichen von der Erkennung von gefährlichen Annäherungen von Objekten im Weltraum bis hin zur automatischen Kollisionsvermeidung. Darüber hinaus werden wir durch die In-situ-Beobachtung von Trümmern die Positionen dieser riskanten Objekte verbessern und Betreibern, Rückversicherern und Raumfahrtbehörden Daten und daraus abgeleitete Produkte zur Verfügung stellen.

Im B2B-Segment bedienen wir in erster Linie Satellitenbetreiber. Über unsere Web-Platform bieten wir ihnen den Zugang zu unseren Diensten an. Sobald wir unsere eigene Konstellation in Betrieb genommen haben, werden wir unsere datenbasierten Dienste weiter verbessern. Der Wert für Satellitenbetreiber kommt in erster Linie daher, dass wir ihnen die meisten der teuren Ausweichmanöver einsparen, und somit verhindern, dass es zu Ausfällen der Satellitendienste kommt.

Darüber hinaus werden wir Rückversicherern, politischen Entscheidungsträgern, Raumfahrtbehörden und anderen staatlichen Einrichtungen Datenpaket-Abonnements und Beratungsdienste anbieten. Die Raumfahrt spielt eine wichtige geopolitische Rolle, und wir wollen B2G-Entscheidungsträger dabei unterstützen, die richtigen Entscheidungen für die Nachhaltigkeit der Raumfahrt zu treffen.

Erst kommt die Vision, dann die Gründung. Wie sind Sie auf Ihre Geschäftsidee gestoßen?

Zwei der Gründer haben bei der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) gearbeitet und konnten aus erster Hand erfahren, wie Weltraummüll den Satellitenbetrieb zusehends kompliziert und gefährlich macht. Die Gründer haben während ihrer Promotionen Methoden und Algorithmen entwickelt, die Probleme im Bereich des Satellitenbetriebs zu erfassen und zu lindern.

Nachdem wir uns auf internationalen Konferenzen und durch gegenseitige Kontakte kennengelernt hatten, brachte uns der echte Wunsch, an der Nachhaltigkeit der Raumfahrt zu arbeiten, der tiefe gegenseitige Respekt für die Arbeit des anderen und die Leidenschaft für Herausforderungen wirklich zusammen. Wir haben eine gemeinsame Vision davon, wie die Zukunft der Raumfahrt aussehen sollte, und das treibt uns jeden Tag an dieses Ziel zu erreichen.

Neben einer guten Idee spielt auch die Team-Zusammensetzung oft eine entscheidende Rolle. Wie setzt sich das Team bei Ihnen zusammen?

Obwohl wir drei Gründer über Erfahrung im Raumfahrtbereich verfügen, haben wir alle unsere Doktorarbeiten zu komplementären Aspekten der Lösung des Nachhaltigkeitsproblems im Weltraum absolviert, von der Modellierung von Trümmerteilen über die Bestimmung der Umlaufbahn mit Lasern bis zur Optimierung von Satellitenmanövern. Außerdem hat Christoph einen zweiten Master-Abschluss in Innovationsmanagement. Wir nutzen unseren Hintergrund, um unsere Aktivitäten im Team aufeinander abzustimmen, sei es beim Treffen wichtiger technologischer oder organisatorischer Entscheidungen oder bei Gesprächen mit Kunden.

Natürlich bleibt das Team nicht bei den Gründern stehen. Um diese gewaltige Herausforderung der Nachhaltigkeit in der Raumfahrt zu bewältigen, haben wir unser internationales Team auf insgesamt 12 Ingenieure mit einem gemischten Hintergrund in Softwareentwicklung und Luft- und Raumfahrttechnik erweitert. Jedes Teammitglied (wir nennen sie ‚Vyomanauten‘) ist für die Umsetzung unserer Vision der Nachhaltigkeit im Weltraum unverzichtbar!

Wie differenzieren Sie sich von Ihren Wettbewerbern?

Unser Hauptvorteil gegenüber anderen Wettbewerbern, nämlich Datenanbietern, die sich auf Bodenstationen stützen, besteht darin, dass wir Weltraummüll aus dem Weltraum beobachten. Dies hat eine Reihe von Vorteilen:

  • Hochfrequente Beobachtungen
  • Abdeckung von nahezu 100% aller gefährlichen Objekte
  • Verbesserte Bestimmung der Umlaufbahn
  • Unerreichte statistische Sicherheit
  • Keine Wettereffekte – wir können nonstop beobachten!
  • Politische und geographische Unabhängigkeit bei Aufnahmen und der Vermarktung der Daten

Da wir unsere eigenen verbesserten Daten generieren, können wir im Gegenzug operative Dienste mit beispielloser Zuverlässigkeit und Sicherheit anbieten. Dies ermöglicht es uns auch, die Dienste zu automatisieren.

Was war Ihre Motivation Unternehmer zu werden?

Ich glaube, die Freiheit, unsere Vision zu definieren und zu entscheiden, wie wir sie umsetzen wollen. Und die Erkenntnis, dass diese Vision auf der Makroebene eine sinnvolle, positive Auswirkung bei der Bewältigung der Herausforderung der Nachhaltigkeit im Weltraum haben kann. Es war auch das Vertrauen, von der richtigen Gruppe von Menschen umgeben zu sein, das mir letztendlich den Mut gab, den Sprung zu wagen.

Welche unternehmerischen Ziele haben Sie für die nächsten 3 Jahre?

Innerhalb von drei Jahren werden wir unsere komplette Satellitenkonstellation zur Beobachtung von Trümmern im Weltraum in Betrieb genommen haben. So wollen wir ein zuverlässiger Partner für Weltraumoperationen in der ganzen Welt werden.

Und schließlich werden wir während unserer gesamten Reise von großartigen Menschen in der Raumfahrt und in der Wirtschaft unterstützt, die keine Gegenleistung verlangen. Wir hoffen, dass wir in drei Jahren in der Lage sein werden, der Gemeinschaft etwas zurückzugeben, indem wir der neuen Generation von Raumfahrtunternehmen, die nach uns kommen werden, helfen!

Was waren die größten Herausforderungen in der Gründungsphase?

Die größte Herausforderung besteht vielleicht darin, zu wissen, wo man anfangen soll, und herauszufinden, wie man sich in der Bürokratie zurechtfindet. Wir haben viel Zeit damit verbracht, die ersten Schritte zur offiziellen Registrierung des Unternehmens zu recherchieren, mit Entrepreneurship-Coaches zu sprechen und danach Förderanträge zu schreiben, unsere Geschäftsmodelle und Arbeitspläne zu skizzieren. Als junger Gründer will man sofort loslegen und seine technischen Entwicklungen in Angriff nehmen. Aber in Wirklichkeit dauert es eine Weile, bis man sich die Hände schmutzig machen kann.

Das Positive daran ist, dass man etwas über die rechtlichen Aspekte der Unternehmensgründung, über administrative und finanzielle Fragen lernt. Vor allem lernt man, wie man seine Idee anderen Menschen vermittelt, die einen völlig anderen Hintergrund haben als man selbst. Die Lernkurve ist anfangs steil, aber sie ist es wert!

Das Team von Vyoma. Foto: ©Vyoma

Wie wirkt sich die Corona-Krise auf Ihr Unternehmen aus und wie wollen Sie diese meistern?

Glücklicherweise wächst das Ökosystem der Raumfahrt und insbesondere das Bewusstsein für die Gefahren des Weltraummülls stetig, was dazu geführt hat, dass eine Reihe von Finanzierungsinitiativen und Ressourcen für die Eindämmung des Weltraummülls bereitgestellt wurden. Für die Jahre 2020 und 2021 wurden auf staatlicher und europäischer Ebene eine Reihe von Aufrufen zur Einreichung von Vorschlägen und zur Forschungsfinanzierung veröffentlicht. Dazu kommt, dass privates Beteiligungskapital für den Weltraummüll in dieser Zeit sogar noch zugenommen hat. Aus der Perspektive der Finanzierung hat uns das demnach nicht beeinträchtigt.

Innerhalb des Teams unterstützen und fördern wir natürlich das Home Office. So veranstalten wir zum Beispiel immer wieder Team-Events wie Brettspiele oder Quizspiele im Hybridmodus (persönlich und online). Es ist sehr wichtig, dass sich das Team verbunden fühlt, denn wir sind der Meinung, dass eine Kultur der Offenheit und der Kommunikation entscheidend dafür ist, dass die Mitarbeiter ihre Ideen teilen und die Teams effektiv zusammenarbeiten können.

Ein Unternehmen zu gründen und zu expandieren kostet Geld. Wie finanzieren Sie sich?

In der Anfangsphase erhielten wir sowohl den ESA BIC- als auch den EXIST-Zuschuss. Seitdem haben wir eine Pre-Seed- und eine Seed-Runde mit Angel-Investoren und Risikokapitalgebern abgeschlossen. Darüber hinaus erhielten wir drei Verträge mit der Europäischen Weltraumorganisation und einen mit der Europäischen Kommission, die es uns ermöglichen, unsere Technologie weiterzuentwickeln und einen Beitrag zu europäischen Weltraumsicherheitsprogrammen zu leisten.

Ist für Sie eine Partnerschaft mit Venture-Kapitalgebern eine Option?

Unsere Seed-Runde wurde von einem Berliner VC geleitet, und wir freuen uns darauf, bald die Series A für zukünftige Investoren zu eröffnen.

Welchen Tipp möchten Sie an andere Gründer gerne weiter geben?

Wenn du eine Geschäftsidee hast, empfehle ich dir dringend, die zur Verfügung stehenden Ressourcen zu nutzen, um deine Idee zu überprüfen und auszubauen. Sprich mit so vielen Menschen wie möglich, mit Business-Coaches und Kollegen, hol dir Feedback von Kunden ein und sei offen für konstruktive Kritik. Gleichzeitig solltest du nicht verzweifeln, wenn du ein „Nein“ hörst. Negative Erfahrungen sind Teil des Weges, und wenn du deinem Instinkt vertraust und von deiner Idee überzeugt bist, wird dich das widerstandsfähiger machen. Nimm dir immer mal wieder ein Moment Zeit, ob du deinen Ansatz neu bewerten musst, aber bleib dir treu.

Und schließlich solltest du dich mit den Menschen umgeben, denen du vertraust und auf die du dich morgens freust, wenn sie dich sehen und mit dir arbeiten! Die Art und Weise, wie du dein Team zu Beginn auswählst, wird dein Unternehmen in hohem Maße prägen. Ich kann gar nicht genug betonen, wie wichtig es ist, Menschen auszuwählen, die mit deiner Vision und deinen ethischen Grundsätzen übereinstimmen, sowohl auf der Gründer- als auch auf der Mitarbeiterebene, und die außerdem mindestens eine neue Fähigkeit (die für dein Unternehmen von entscheidender Bedeutung ist) mitbringen.

Ist Ihr Team bereits vollständig oder suchen Sie aktuell noch freie und/oder feste Mitarbeiter?

Derzeit suchen wir Talente in den Bereichen Business Marketing und Bildverarbeitung. Dennoch sind wir immer auf der Suche nach qualifizierten Mitarbeitern, sei es für Softwareentwickler, Raumfahrtingenieure oder Supply Chain Managers. Wir freuen uns auf Bewerbungen.

Warum sollten Fach- und Führungskräfte sich bei Ihrem Unternehmen bewerben?

Zunächst einmal sind wir ein internationales, sehr geselliges Team, das sich mit modernster Raumfahrttechnologie beschäftigt. Wir veranstalten oft Stammtische, Spieleabende und Feierabendbiere, da wir der Meinung sind, dass ein guter Teamgeist die Grundlage für ein gutes Arbeitsumfeld ist. Darüber hinaus bieten wir 30 Tage bezahlten Urlaub pro Jahr, wir gewähren Sozialleistungen wie Zulagen und wir investieren in die Aus- und Weiterbildung unserer Mitarbeiter. Und schließlich sind wir absolut Home-Office freundlich.

Stellen Sie sich vor, Sie treffen den Bundeswirtschaftsminster. Was würden Sie sich für den Wirtschaftsstandort Deutschland bei ihm wünschen?

Ich würde mir wünschen, dass Deutschland in vielerlei Hinsicht innovativer wird. Vor allem, was die Digitalisierung von Prozessen betrifft, die so einfach zu sein scheinen, wie die Eröffnung eines Bankkontos oder die Steuererklärung. Es dauert sieben Briefe und ein paar Wochen, um ein Bankkonto zu eröffnen, wo es mit einem Klick und einer E-Mail erledigt werden könnte. Auch bestimmte notarielle Beglaubigungsverfahren könnten heutzutage sicherlich automatisiert werden, so dass sie sowohl schneller als auch billiger für alle wären.

Ich würde es auch begrüßen, wenn die institutionellen Verfahren ausländerfreundlicher würden. Unser gesamtes Team ist international. Das Land als Ganzes ist ein großartiges Ziel, insbesondere für hochqualifizierte Menschen (Ingenieure, Ärzte usw.), und zieht Talente aus aller Welt an. Dennoch ist es für Ausländer kompliziert, sich einzuleben und die ersten Schritte als Einwohner des Landes zu machen, da viele Informationen nur auf Deutsch verfügbar sind.

Insgesamt sollte Deutschland gegenüber den nordeuropäischen und baltischen Ländern ein wenig aufholen, sonst läuft es Gefahr, im digitalen Zeitalter den Anschluss zu verlieren.

Welche Person hat Sie in der Gründungs- und Wachstumsphase besonders unterstützt? Bei wem möchten Sie sich bedanken?

Unseren Mentoren bei UnternehmehTUM und dem ESA BIC Hessen Team, die Vyoma immer unterstützt haben. Auch unsere Mentoren bei Isar Aerospace, Daniel Metzler und Martin Schleich, haben sich unglaublich viel Zeit genommen, um auf unsere Fragen und Anliegen einzugehen.

Mit welcher Persönlichkeit würden Sie gerne einmal zum Dinner gehen und warum?

Es gibt wahrscheinlich einige kontroverse politische Persönlichkeiten und Journalisten, mit denen ich mich aus verschiedenen Gründen gerne unterhalten würde. Für ein unbeschwertes Abendessen würde ich jedoch wahrscheinlich Brian May einladen. Er ist nicht nur der Gitarrist von Queen, sondern auch ein Tierschutzaktivist, der in Astrophysik promoviert hat und wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der NASA-Mission New Horizons Pluto war. Ich wette, er hat eine erstaunliche Lebensgeschichte zu erzählen!

Foto/Thumbnail: ©istockphoto/:Elen11

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