Kaufverhalten im Wandel: Wie sich Onlinehändler zukunftssicher aufstellen
Die Ära der multiplen Krisen hält an – und dieser Zustand geht auch am Online-Handel, der für lange Zeit nur Wachstum kannte, nicht spurlos vorbei. Zu beobachten ist: Das Shopping-Verhalten der Konsumenten ändert sich deutlich. An welchen Stellschrauben müssen insbesondere kleine und mittelständische Händler jetzt drehen, um auf Erfolgskurs zu bleiben?
Ukraine-Krieg und damit einhergehende Energie-Krise, stagnierendes Wirtschaftswachstum, eine nach wie vor hohe Inflation – die Gründe, dass Konsumenten weiterhin genauer aufs Geld schauen, sind vielfältig. Die Auswirkungen spürt nicht nur der stationäre Handel, sondern mittlerweile auch der bis vor wenigen Jahren dauer-verwöhnte Online-Handel. So gingen die Umsätze im E-Commerce in der ersten Jahreshälfte im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022 um rund 12 Prozent zurück.
Auch der vor Kurzem veröffentlichte Europäische E-Commerce Report von Mollie bestätigt diese Tendenz: 99 Prozent der 1.000 in Deutschland befragten Konsumenten gaben an, ihr Kaufverhalten beim Online-Shoppen im vergangenen Jahr geändert zu haben. Die Umfrage bestätigt zudem, was aufgrund der fragilen Wirtschaftslage zu vermuten war: Die Mehrheit der Deutschen (55 Prozent) kauft mittlerweile immer zum günstigsten Preis ein, fast die Hälfte (48 Prozent) informiert sich ausführlicher, bevor sie ein bestimmtes Produkt kaufen und je ein gutes Drittel kauft eher preisreduzierte Artikel beziehungsweise wartet nun öfter, bis das gewünschte Produkt im Angebot ist. Zusammenfassend lässt sich sagen: Konsumenten agieren weniger impulsiv und shoppen mit mehr Bedacht.
Konsumenten sind vorsichtig optimistisch
Dennoch gibt es auch dezenten Grund zur Hoffnung, das Licht am Ende des Tunnels ist nach wie vor nicht erloschen: So gehen 47 Prozent der deutschen Befragten des Europäischen E-Commerce Reports davon aus, dass sich die wirtschaftliche Lage hierzulande in den nächsten 6 bis 12 Monaten verbessern wird und 41 Prozent wollen in den kommenden 12 Monaten wieder mehr beim Online-Shopping ausgeben. Zudem sollte das Ergebnis, dass 28 Prozent im Laufe der nächsten 12 Monate mehr online als offline einkaufen möchten, die Stimmung zusätzlich ein wenig aufhellen.
Die Frage, die sich nun stellt: Was können Online-Händler in dieser komplexen Situation, in der sich vorsichtiger Optimismus mit nur schwer absehbaren gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen vermischt, konkret tun, um ihre Erträge zu stabilisieren und bestenfalls zu steigern?
Die Kauflaune muss wachgerüttelt werden
An erster Stelle sollten Online-Händler den aufkeimenden Optimismus so gut es geht “befeuern” und mit gezielten Aktionen bestehende sowie potenzielle Neukunden zum Shoppen animieren. Hierfür eignen sich besonders ansprechende Marketingmaßnahmen wie beispielsweise saisonale Sonder- oder Rabattaktionen (z.B. Black Friday).
Um sich dabei nicht die Preise kaputt zu machen, wodurch die Margen auf ein Minimum schrumpfen, gibt es die Möglichkeit von Bundle-Angeboten, die immer mehr an Beliebtheit gewinnen. Unter Bundle-Paketen versteht man das zu einem Paket zusammengefasste Angebot mehrerer Produkte, das einen Preisvorteil gegenüber dem Kauf eines einzelnen Produkts beinhaltet.
Neben der Aktion selbst ist besonderes Augenmerk auf die Kommunikation dieser zu richten – denn nur wenn die Zielgruppe davon erfährt, kann sie das Angebot wahrnehmen. Dafür ist es entscheidend, die eigene Zielgruppe, ihr Shoppingverhalten und ihr Informations- bzw. Rechercheverhalten zu kennen. Nur dann lässt sich eine sinnvolle und eben auf genau diese Bedürfnisse zugeschnittene Strategie entwickeln.
Die Bedeutung von Social Media im Kaufprozess nimmt zu
Dabei gilt es festzuhalten: Händler müssen sich nicht zwangsläufig auf einen absurden Preiskampf für Google Ads einlassen, den gerade E-Commerce KMU aufgrund begrenzter Budgets nur verlieren können. Vielmehr ist hier eine kreative Herangehensweise gefragt, die nicht zwangsläufig massiv erhöhte Marketingkosten mit sich bringen muss. Social Media lautet das Stichwort. Denn wie der Europäische E-Commerce Report ergab, recherchieren sage und schreibe 97 Prozent der Deutschen auf Social Media zu Produkten, für die sie sich interessieren.
Interessanterweise rangiert dabei YouTube an der Spitze (49 Prozent); es folgen Facebook und Instagram mit 42 bzw. 40 Prozent Zustimmung. Überraschen mag in diesem Kontext, dass die in diesem Jahr extrem gehypte Plattform TikTok von lediglich 16 Prozent der Befragten für Produktrecherche-Zwecke genutzt wird.
Dennoch kommt hier aber vor allem wieder der Faktor zum Tragen, wie gut man über die eigene Zielgruppe Bescheid weiß: Sollten die eigenen Produkte zum Beispiel auf Teenager abzielen, spielt bei diesen TikTok sicherlich eine sehr viel bedeutendere Rolle. Dann sollten Händler unter anderem auch herausfinden, nach welchen Artikeln aus dem eigenen Sortiment man besonders gerne auf Social Media sucht. Oder gibt es Produkte, die eine gewisse Exklusivität mit sich bringen und sich besonders gut in Szene setzen lassen?
Eine Kommunikation auf Facebook, Instagram und Co. darf dann vor allem nicht aus lediglich generischen Produktbildern und -beschreibungen bestehen; genau hier kommt die kreative Komponente ins Spiel: Seien es Produkttests, Tutorials oder Einblicke “behind the scenes” in die Produktion – Konsumenten wollen überrascht, informiert und unterhalten werden und im besten Fall haben sie die Möglichkeit, mit dem Content – das heißt mit den Händlern – zu interagieren. Nicht vergessen werden dürfen natürlich die direkten Links zum Online-Shop. Je mehr Klicks die Social Media User machen müssen, um zum gewünschten Produkt zu gelangen, desto höher ist die Gefahr, dass sie auf dem Weg zum Online-Shop abspringen.
Favorisierte Zahlungsmethode
Wenn es einem als Online-Händler nun gelungen ist, das Interesse der Konsumenten zu wecken, stellt sich die Frage nach den Faktoren, die über die Wahl des Online-Shops, bei dem man dann tatsächlich kauft, entscheiden: Die Umfrage ergab, dass für die Hälfte (50 Prozent) der günstigste Preis das Zünglein an der Waage ist, gefolgt von kostenlosem Versand und kostenlosen Retouren (je 43 Prozent). Zudem nicht zu unterschätzen ist die Bedeutung des Checkouts: Ein knappes Drittel (30 Prozent) gibt dem Online-Shop den Vorzug, der die favorisierte Zahlungsmethode anbietet.
Händler müssen daher sicherstellen, ein breites Portfolio an Zahlungsmethoden zu integrieren, um auch in diesem letzten entscheidenden Schritt Kaufabbrüche zu vermeiden. Dabei muss man natürlich wissen, welche Zahlungsmethoden auf dem deutschen Markt bevorzugt werden: Deutlich auf dem ersten Rang liegt Paypal (74 Prozent), gefolgt vom Rechnungskauf (38 Prozent), Kredit-/Debitkarte (34 Prozent) und SEPA-Überweisung sowie SEPA-Lastschrift (jeweils 31 Prozent).
Zudem interessant: Auch wenn fast die Hälfte der Befragten aus Deutschland (49 Prozent) die Option BNPL (Buy Now, Pay Later) noch nie genutzt hat, war hier in den vergangenen 12 Monaten ein Trend auszumachen – die Beliebtheit dieser Zahlungsmethode nimmt zu: So haben insgesamt 47 Prozent BNPL in diesem Zeitraum viel oder etwas mehr genutzt.
Ein weiterer zentraler Faktor, den sich Händler vor Augen führen sollten: Transparenz in der Kommunikation ist das A und O. Wer die Käufer erst beim Checkout über zusätzliche Gebühren oder Steuern informiert, riskiert einen Kaufabbruch – in Deutschland wäre dies laut Umfrage ein absolutes No-Go für fast zwei Drittel (62 Prozent). Eine verständliche und transparente Kommunikation sollte ebenso hinsichtlich des Zahlungsprozesses gegeben sein: Wenn nämlich entweder die bevorzugte Zahlungsmethode fehlt oder Bedenken hinsichtlich der Zahlungssicherheit aufkommen, springen 48 bzw. 45 Prozent ab und kaufen nicht.
Fazit
Es steht außer Frage: Die beschriebenen Marktbedingungen fordern Onlinehändlern nach wie vor alles ab. Dennoch gibt es Möglichkeiten, sich kurz- bis mittelfristig besser aufzustellen, indem zielgerichtet an zentralen Stellschrauben wie Marketing oder Zahlungsmethoden gedreht wird.
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