
„Empathie und Zuhören sind Erfolgstreiber bei Führungskräften“
Autor und Coach Ardeschyr Hagmaier macht im Interview mit Onpulson deutlich, warum individuelles Coaching durch Führungskräfte wichtig für die Entwicklung von Mitarbeitenden ist – und wie bereits ehrliche Gespräche in der Kaffeeküche Veränderungsprozesse anstoßen können. Offenheit und echtes Interesse schaffen dabei den nötigen Raum für persönliches und berufliches Wachstum.

Ardeschyr Hagmaier ist Autor und coacht die Führungselite und Verkäufer deutscher und internationaler Unternehmen. Bildnachweis: Ardeschyr Hagmaier
Onpulson: Herr Hagmaier, Sie sind Coach und Autor und betreiben die Website ardeschyr-hagmaier.com. Was unterscheidet aus Ihrer Sicht ein individuelles Coaching der Mitarbeitenden durch Führungskräfte vom klassischen generationsübergreifenden Führungsansatz des Vorgesetzten?
Ardeschyr Hagmaier: Die klassische Führung bei Chefs nach Generationen schiebt Menschen in Schubladen, basierend auf dem Geburtsjahr und vermeintlichen Eigenschaften. Das ist bequem – aber irreführend. Individuelles Coaching durch den Vorgesetzten schaut stattdessen auf den Menschen selbst: Auf seine Persönlichkeit, Werte, Potenziale. Nicht: „Zu welcher Generation gehören Sie?“ – sondern: „Was brauchen Sie, um sich zu entfalten?“ Führung ist dann wirksam, wenn sie vom Menschen her denkt – nicht vom Etikett.
Onpulson: Welche Grundhaltung sollten Führungskräfte mitbringen, um Mitarbeitende erfolgreich zu coachen – unabhängig von Alter oder Generation?
Ardeschyr Hagmaier: Wertschätzung, echtes Interesse und Vertrauen sind die Schlüssel. Wer coachen will, muss zuhören können, Fragen stellen statt Antworten liefern und bereit sein, die Individualität seiner Mitarbeitenden zu erkennen und zu fördern. Es geht nicht um Kontrolle, sondern um Entwicklung auf Augenhöhe.
Onpulson: Viele Führungskräfte sind stark operativ eingebunden. Wie lässt sich Coaching als Führungsinstrument im Unternehmensalltag trotzdem wirksam integrieren?
Ardeschyr Hagmaier: Coaching muss nicht immer ein 90-Minuten-Termin mit Flipchart sein. Es beginnt im Alltag – beim kurzen Tür-und-Angel-Gespräch, beim Feedback nach dem Meeting, beim ehrlichen Nachfragen in der Kaffeeküche. Wichtig ist die Haltung: Ich sehe Sie, ich nehme Sie ernst, ich begleite Sie. Coaching ist keine Zusatzaufgabe, sondern Teil einer modernen Führungskultur.
Onpulson: Was sind typische Fehler, die Führungskräfte beim Coaching ihrer Mitarbeitenden machen – und wie können sie vermieden werden?
Ardeschyr Hagmaier: Die größten Fehler sind: Zu viel reden, zu schnell bewerten, zu wenig zuhören. Viele Führungskräfte meinen, sie müssten immer Lösungen parat haben. Dabei liegt die Kraft oft im Fragen: „Was brauchen Sie?“, „Wie kann ich Sie unterstützen?“ Wer ehrlich zuhört, wird oft überrascht – im positiven Sinne. Der Schlüssel: Neugierig bleiben und Raum für Entwicklung lassen.
Onpulson: In Ihrem Buch „Menschen statt Generationen. Die neue Kunst des Führens – wie Sie alle Mitarbeitenden wertschätzend coachen“ sprechen Sie im Zusammenhang mit Führung über den Smiley-Faktor und die generationenübergreifende Führungsformel. Was steckt dahinter?
Ardeschyr Hagmaier: Der Smiley-Faktor steht für Freude, Sinn und Talententfaltung im Job. Meine Führungsformel kombiniert den SPASS-Code – der für Sinn, Potenzial, Achtsamkeit, Selbstverantwortung und Spaß steht – mit dem TALENT-Prinzip, das zeigt, wie Führungskräfte Talente erkennen, fördern und zur Wirkung bringen. Es geht darum, Arbeitsfreude zu ermöglichen und Menschen dort einzusetzen, wo sie aufblühen – völlig unabhängig vom Alter.
Onpulson: Welche Rolle spielen Empathie und aktives Zuhören beim individuellen Führen – und wie lassen sich diese Fähigkeiten im Führungsalltag trainieren?
Ardeschyr Hagmaier: Empathie und Zuhören sind keine Soft Skills, sie sind Erfolgstreiber bei Führungskräften. Wer nicht fühlt, was sein Gegenüber bewegt, verfehlt das Ziel. Und: Zuhören ist trainierbar. Es beginnt mit echter Präsenz: Handy beiseite, Blickkontakt, nachfragen, paraphrasieren. Meine Empfehlung: Jeden Tag bewusst mindestens einem Menschen wirklich zuhören – ohne zu unterbrechen. Das wirkt Wunder.
Onpulson: Zum Schluss: Welche ersten Schritte empfehlen Sie Führungskräften, die das individuelle Coaching in ihrem Unternehmen verankern möchten?
Ardeschyr Hagmaier: Erstens: Bei sich selbst anfangen, Selbstführung ist die Basis. Zweitens: Mitarbeitendengespräche zur obersten Priorität machen, sie sind kein Nice-to-have, sondern der Herzschlag moderner Führung. Drittens: Handeln statt warten. Coaching beginnt mit der Aktion, nicht mit einem Kalendereintrag. Deshalb plädiere ich für Hands-on-Coaching – direkt aus der Praxis für die Praxis.
Führungskräfte sollten lernen, wie sie coachend führen. Denn ein guter Coach kann eine empathische Führungskraft sein. Aber nicht jede Führungskraft ist automatisch ein guter Coach. Dazu braucht es Training, Reflexion und den Willen, sich weiterzuentwickeln.
Bildnachweis: istockphoto.com/Miodrag Kitanovic
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