Jobwechselbereitschaft in Deutschland erreicht neuen Höchststand
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Jobwechselbereitschaft in Deutschland erreicht neuen Höchststand

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Immer mehr Beschäftigte in Deutschland denken regelmäßig über einen Jobwechsel nach. Neue Daten zeigen: Entwicklungsperspektiven, Anerkennung und Sinn werden zu entscheidenden Faktoren bei der Wahl des Arbeitgebers.

Das Wichtigste auf einen Blick

  • 68 % der Beschäftigten haben im letzten Halbjahr regelmäßig über einen Jobwechsel nachgedacht
  • Trend seit 2021 klar steigend: von 53 % über 64 % auf jetzt 68 %
  • 47 % wünschen sich mehr Möglichkeiten zur persönlichen Weiterentwicklung

Die Wechselbereitschaft der Beschäftigten in Deutschland ist so hoch wie nie. Laut der halbjährlichen Studie „Hiring Trends Update“ des Online-Jobportals Stepstone gaben 68 % der Arbeitnehmenden an, in den vergangenen sechs Monaten mindestens einige Male im Monat über einen Jobwechsel nachgedacht zu haben. Befragt wurden dafür mehr als 1.000 Recruiter und 6.800 Beschäftigte in Deutschland.

Damit setzt sich ein klarer Trend der vergangenen Jahre fort: 2023 lag die Jobwechselbereitschaft bei 64 %, 2021 noch bei 53 %. Der Wunsch nach Veränderung verstetigt sich demnach – und er trifft Unternehmen in einer Zeit, in der Fachkräfte vielerorts knapp sind und Besetzungsverfahren länger dauern.

„Der Wunsch nach beruflicher Veränderung wächst seit Jahren stetig“, sagt Dr. Julius Probst, Arbeitsmarktexperte bei The Stepstone Group. „Das gilt besonders in wirtschaftlich unsicheren Zeiten. Wenn Budgets gekürzt, Teams verkleinert, Gehälter kaum angepasst werden, während gleichzeitig die Lebenshaltungskosten steigen, denken viele über einen Jobwechsel nach. Der Wunsch nach einem Arbeitsplatz, der Stabilität, Entwicklung und faire Bedingungen verspricht, wird größer.“

Entwicklung, Anerkennung und Sinn als zentrale Wechselmotive

Hinter der hohen Wechselbereitschaft stehen vor allem inhaltliche Gründe. An erster Stelle nennen die Befragten fehlende Entwicklungsmöglichkeiten: 47 % wünschen sich mehr Chancen, ihre Fähigkeiten auszubauen. Besonders deutlich ist dieses Bedürfnis in der jüngeren Erwerbsbevölkerung: Unter den unter 30-Jährigen sagen 56 %, dass sie zu wenig Entwicklungsperspektiven im aktuellen Job sehen.

Entwicklungschancen im Fokus der Jüngeren

Für Unternehmen – gerade im Mittelstand – bedeutet das, dass Karrierewege, Weiterbildungsangebote und interne Mobilität stärker sichtbar und planbar werden müssen. Wer Talente langfristig halten möchte, kommt ohne klar kommunizierte Entwicklungspfade und den Zugang zu Lernangeboten kaum aus. Fehlende Perspektiven werden sonst schnell zum Wechselgrund – insbesondere bei jüngeren Beschäftigten, die ihre Kompetenzen bewusst und zielgerichtet aufbauen wollen.

Sinnfrage und Passung von Rolle und Stärken

Neben der fachlichen Entwicklung rücken auch weiche Faktoren stärker in den Vordergrund. 43 % der Befragten vermissen regelmäßiges Feedback oder klar formulierte Erwartungen durch ihre Führungskräfte. Rund ein Drittel der Unzufriedenen hat den Eindruck, dass die eigenen Ideen nicht gehört werden (37 %) oder dass Aufgaben und individuelle Stärken nicht zusammenpassen (38 %). Das deutet auf eine Lücke in der Führung und im Rollenverständnis hin.

Zugleich gewinnt die Frage nach dem Sinn der Arbeit an Gewicht: Knapp ein Viertel (23 %) sieht keinen Sinn in der eigenen Arbeit. Bei der Generation Z gilt das sogar für rund jeden Dritten (32 %). Für Unternehmen, insbesondere im Mittelstand, bedeutet das: Geschäftsmodell und Unternehmenszweck müssen nicht nur klar sein, sondern auch verständlich und glaubwürdig in den Arbeitsalltag übersetzt werden – von der strategischen Ausrichtung bis zur konkreten Aufgabenbeschreibung.

Was Arbeitgebende jetzt tun können

Die Ergebnisse zeigen, dass Beschäftigte verstärkt hinterfragen, was „gute Arbeit“ für sie bedeutet. Das betrifft Bezahlung und Rahmenbedingungen, aber ebenso Entwicklung, Anerkennung und Sinn. Für Arbeitgebende wird es damit wichtiger, Führungskultur, Personalentwicklung und Feedbackprozesse gezielt weiterzuentwickeln – auch, um im Wettbewerb um Fachkräfte konkurrenzfähig zu bleiben.

Gerade mittelständische Unternehmen können hier punkten, wenn sie flache Hierarchien, kurze Entscheidungswege und direkten Zugang zu Verantwortung mit klaren Perspektiven und einer wertschätzenden Kultur verbinden. Julius Probst formuliert den Auftrag an Führung und Organisation klar: „Leistung und Motivation entstehen dort, wo Führungskräfte zuhören, fördern und Vertrauen schaffen. Menschen wollen spüren, dass man ihre Arbeit sieht, dass sie sich entwickeln können und dass ihr Beitrag für den Gesamterfolg zählt. Fehlt das, halten viele Ausschau nach einer beruflichen Veränderung.“

Wer diese Erwartungen ernst nimmt, kann Jobwechselbereitschaft zumindest abschwächen: Durch transparente Karrierepfade, eine konsequente Feedbackkultur, Angebote zur Kompetenzentwicklung und eine glaubhafte Sinnvermittlung – vom Recruiting bis zum Arbeitsalltag im Team.

Bildnachweis: istockphoto.com/pcess609

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