Wirtschaftslexikon

VUCA

Definition: Was ist VUCA?

Was bedeutet Vuca?

Der Begriff VUCA ist ein Akronym für die englische Wörter Volatility (= Volatilität), Uncertainty (Unsicherheit), Complexity (Komplexität) und Ambiguity (Mehrdeutigkeit). Er beschreibt die zunehmenden schwierigen Rahmenbedingungen, mit der sich die Unternehmensführung heutzutage auseinandersetzen muss.

Wie immer bei neuen Begriffen gibt es keine einheitliche Definition von VUCA. Der Wirtschaftswissenschaftler Falko Wilms liefert Definitionen mit Ergänzungen zu Ursachen und Wirkungen:[1]

Volatility (=Volatilität)

Situationen ändern sich plötzlich und unerwartet intensiv mit unbeständiger Veränderungsgeschwindigkeit. Dies verursacht oft Risikovermeidungen oder Überreaktionen, was über ausgelöste Kettenreaktionen oft zur Beschleunigung der Entwicklungen führen kann.

Uncertainty (=Unsicherheit)

Unbekanntheit und Unvorhersagbarkeit von zukünftig auftretenden Ereignissen und ihren Konsequenzen. Ursachen hierfür sind insbesondere eine Unkenntnis der relevanten Einflussfaktoren und ihres (oft dynamischen) Zusammenspiels.

Complexity (=Komplexität)

(Strukturelle) Komplexität durch eine Vielzahl verschiedener, eng vernetzter Elemente und Systeme auf mehreren Ebenen, die nur äußerst unzureichend den unternehmensintern etablierten Zuständigkeitsbereichen zugeordnet werden können.

Ambiguity (=Ambiguität)

Die Mehrdeutigkeit und Unschärfe von Beschreibungen und Bewertungen einer Situation führt zu mehrdeutigen Interpretationen von Informationen, Verantwortungsbereichen und ihren Schnittstellen. Das erschwert das nötige gemeinsame Verständnis der Realität.

Abbildung: Erklärung des Begriffs VUCA

Abb. 1: Der Begriff VUCA beschreibt sehr zutreffend die veränderten Herausforderungen für Unternehmen im 21. Jahrhundert. Passen Unternehmen sich nicht flexibel diesen Herausforderungen an, besteht die Gefahr, dass sie den Anschluss an die Zukunft verlieren.

Wie ist der Begriff VUCA ursprünglich entstanden?

Das Akronym VUCA mit seinen einzelnen Begriffen Volatility, Uncertainty, Complexity sowie Ambiguity lässt sich im Grunde auf alle möglichen Lebenssituationen anwenden und ist längst nicht auf das Feld der Wirtschaft beschränkt.

Allgemein beschreibt VUCA schwierige Rahmenbedingungen für alle möglichen Arten strategischer Führung, sei es in Unternehmen, Organisationen oder Institutionen wie dem Bildungsbereich oder dem Militär. Und genau hier ist die Begriffsreihe entstanden, nämlich in den 1990er Jahren an einer US-amerikanischen Militärhochschule. Damals ging es darum, die sich nach dem Fall des Eisernen Vorhangs und dem Ende des Kalten Krieges rasant verändernde Welt beschreiben zu können. Statt sich weiterhin an einem bilateralen Konflikt zwischen Ost und West orientieren zu können, mussten Lösungen für ein neues, multilaterales Mit- und vor allem auch Gegeneinander gefunden werden.

Die vier Ursachen und Treiber für eine VUCA-Welt

Im Vergleich zum letzten Jahrhundert erleben heute nahezu alle Unternehmen VUCA-Bedingungen und nicht nur high-tech Unternehmen, die schon vor 30 Jahren unter diesen Bedingungen arbeiteten. Es gibt vier „Treiber“, die VUCA steigern.

1. Internationalisierung und Vernetzung

Durch zunehmende Internationalisierung mit Vernetzung von Produktions- und Absatzbeziehungen müssen kulturelle Unterschiede, andere Rechtsauffassungen aber auch lokale Turbulenzen und steigender Wettbewerbsdruck berücksichtigt werden. Es entstehen Abhängigkeiten. Das führt zu schwer einschätzbaren Risiken, aber auch Chancen.

2. Entwicklung der Technologien

Internet, Email, Handy oder Tablet schaffen heute eine Informations- und Kommunikationsbasis mit früher nicht vorstellbaren Einsatzmöglichkeiten. Neue Technologien lassen eingeführte Produkte hinsichtlich Funktion und Kosten schneller alt aussehen und verdrängen sie vom Markt. Alle programmierbaren Aufgaben werden mit IT-Unterstützung bearbeitet. In der Produktion übernehmen flexibel einsetzbare Roboter nicht nur einfache Aufgaben. In anderen Bereichen, z.B. im Vertrieb, lassen Informationssysteme eine einfachere, schnellere und kundenorientierte Aufgabenbearbeitung zu, wenn man mit den Systemen arbeiten kann und will.

3. Gesellschaftliche Entwicklungen

Staatliche Regulierungen, in vielen Untersuchungen als die wichtigste Ursache für steigende Komplexität eingeschätzt, erfordern mehr aktuelles Fachwissen. Das muss bei Planungen und in Arbeitsprozessen immer berücksichtigt werden. Aus Weiterbildung wird Wissensmanagement. Gesellschaftliche Erwartungen an Unternehmen wachsen. Werden Produkte oder unternehmerische Verhaltensweisen in den Medien kritisiert, kann sich EBIT nachhaltig reduzieren. Gesellschaftliche und individuelle Werte verändern sich schleichend. Work-Life-Balance, Home-Office, die Gender-Thematik, aber auch Umweltschutz, Klimaveränderung oder Migration sind entscheidungsrelevante Faktoren, die in Unternehmen Ambiguität begründen.

4. Entwicklungen bei Mitarbeitern und Führungskräften

Nicht nur deshalb verändern sich Mitarbeitererwartungen an Unternehmen. Da Computer und Roboter alle programmierbaren Aufgaben übernehmen, bleiben Aufgaben übrig, die nicht oder kaum programmierbar sind. Dazu gehören Aufgaben mit situationsabhängigem Handlungs- und Entscheidungsbedarf oder die Bearbeitung von Problemen, für die es keine Aufgabenstrukturen gibt. Beides erfordert vertieftes Fachwissen und Erfahrung.

Deshalb wächst der Anteil gut ausgebildeter Mitarbeiter in Unternehmen. Diese Experten sind selbstbewusst, gut informiert weil vernetzt, haben eigene Lebensentwürfe und sind bedingt durch demographische Entwicklungen auch noch knapp. Da Fusionen oder Restrukturierungen nicht mehr die Ausnahmen sind, fällt es für sie zunehmend schwerer, sich mit einem Unternehmen zu identifizieren und sich an ein Unternehmen zu binden. Deshalb koalieren Experten mit Unternehmen. Das steigert Unsicherheit und interne Komplexität.

Veränderungen für Führungskräfte durch eine VUCA-Welt

Führungskräfte werden heute aufgrund dieser Entwicklungen bei strategischen Entscheidungen aber auch beim Führungshandeln stärker gefordert. Dabei helfen ihnen viele Verhaltensweisen und Methoden nicht mehr, die in Nicht-VUCA-Zeiten funktioniert haben, denn Rolle und Funktion von Führungskräften haben sich verändert:

1. Wenige Innnovationen mit großer Wirkung

Früher hatten wenige Innovationen eine große Wirkung. So hat z.B. die Erfindung der Quarz-Uhr die Schweizer Uhrenindustrie nahezu in den Konkurs getrieben. Heute verändern viele, auch kleine Innovationen kurzfristig Märkte, Produkte und Unternehmen mit direkter Auswirkung auf den Unternehmenserfolg. Innovationen selbst generieren oder absehbare Innovationen zu antizipieren und bei Entscheidungen zu berücksichtigen ist Führungsverantwortung. Dabei ist der Umgang mit der heutigen Informationsflut von entscheidender Bedeutung.

2. Führungskräfte beherrschten alle Aufgaben

Führungskräfte beherrschten früher alle Aufgaben ihres Verantwortungsbereichs. Heute müssen sie sich auf interne und externe Experten verlassen. Die Autorität durch Positionsmacht wird geringer. Führungskräfte müssen sich auch von Mitarbeitern daran messen lassen, ob sie ihre Funktion für das Unternehmen und für sie erfüllen.

Früher dominierten Stabilität und trendmäßige Entwicklungen die Führung. Heute stehen Veränderungsprozesse im Mittelpunkt von Führung, wobei Menschen den Fortschritt lieben, aber Veränderungen hassen sollen. Betroffene zu Beteiligten machen ist der Schlüssel zum Veränderungserfolg.

Typische Führungsfehler in einer VUCA-Welt

Wer in einer VUCA-Welt ein Unternehmen und seine Mitarbeiter erfolgreich führen will, sollte die folgenden vier Fehler vermeiden:

1. Auswirkungen von Veränderungen werden unterschätzt

  • Es kommt zu spontanen Handlungen ohne ausreichende Situationsanalyse
  • Alte Lösungen, die nicht mehr passen, werden übernommen
  • Selektive Informationssammlung durch Informationsüberflutung und Vorurteile
  • Fern- und Nebenwirkungen finden oft keine Berücksichtigung, kein Systemdenken

2. Fehlende Ziele: Es wird nicht in Ergebnissen gedacht

  • Es gibt im Unternehmen unklare oder keine Ziele.Deshalb gibt es kaum Suche nach besseren, alternativen Wegen zur Zielerreichung.
  • Ohne Ziele, gibt es kein Lernen aus Erfahrungen
  • Es kommt zu erheblichen Prognosefehlern bezüglich Zeit und Kosten

3. In Aktionismus verfallen

  • Das Management flieht in isolierte Projekte nach dem Motto: „Erstmal schnell etwas tun“.
  • Es kommt zur tendenziellen Überdosierung von Maßnahmen.
  • Indirekt wirkende aber lösungsrelevante Faktoren werden nicht berücksichtigt.
  • Es kommt zum  tendenziellen „Durchwurschteln“ ohne klarer Strategie.

4. Es werden „einsame“ Entscheidungen getroffen

  • Betroffene Mitarbeiter werden nicht integriert. Dies führt zu Veränderungswiderständen.
  • Gefahr des „Groupthinking“ : Tendenz einer Gruppe, sich selbst zu bestätigen, dass alles richtig gemacht wird. Konformitätsdruck unterbindet interne Kritik.
  • Kritik von Außenstehenden kommt sehr überraschend und wird oft ignoriert.
  • Die Unternehmensleitung gibt einen Auftrag, nimmt das Controlling jedoch nicht wahr und schafft keine Verbindlichkeit.

Ansatzpunkte zum erfolgreichen Umgang mit VUCA

Grundlage für den erfolgreichen Umgang mit wachsender Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität ist Systemdenken. Wer unter VUCA- Bedingungen die Wirkungen und Konsequenzen einer (vielleicht schnell getroffenen) Entscheidung in vernetzten Systemen nicht mitdenkt, der produziert mehr zusätzliche Probleme als Lösungen. Erfolgskritisch für Führung ist die Unterscheidung von komplizierten und komplexen Systemen:

Komplizierte Systeme

Sie bestehen aus vielen Teilen / Elementen, die alle bekannt sind oder bekannt sein müssten. Es gibt Bedingungen und Verknüpfungen zwischen ihnen, die klar definierbar sind und sich nicht eigenständig verändern. Diese Systeme bekommt man mit Wissen in den Griff, wenn man darüber verfügt. Treten Probleme auf, beginnt man in der Regel mit einer Ursachenanalyse. IT-Systeme, Maschinen oder Flugzeuge sind oft hochkompliziert.

Komplexe Systeme

Sie bestehen aus Teilen / Elementen, die ihre Eigenschaften verändern und Eigendynamik entwickeln können und dann Zusammenhänge und letztendlich Ergebnisse verändern. Wenn Menschen eine wesentliche Rolle spielen, Interessen im Spiel sind oder „Handlungsfreiheit“ von Akteuren besteht, dann wird es komplex. Unterschiedliche Interpretationen der Situation – Ambiguität – beeinflussen Ergebnisse von Anfang an maßgeblich. Deshalb beginnt die Lösung komplexer Herausforderungen mit der Zielfindung.

Führung auf Unternehmensebene

Führung ist eine komplexe Herausforderung. Auf der Unternehmensebene bilden die grundlegenden Unternehmensziele, die Werte eines Unternehmens, den Inhalt des normativen Managements. Sie leiten sich ab aus den Interessen der Stakeholder. Dabei spielen Liquidität, Ertrag und Ertragspotenziale eine wesentliche Rolle, denn das sind Voraussetzungen für das kurz- und längerfristige Überleben des Unternehmens. Im Rahmen der Werte gilt es konkrete Ziele für das Unternehmen zu entwickeln.

Damit Werte aber auch konkrete Ziele an jedem Arbeitsplatz wirksam werden benötigen Unternehmen auf der strategischen Ebene verbindliche Systeme. IT-Systeme für Finanzen, Vertrieb, Produktion oder Einkauf, aber auch verbindliche HR-Systeme zum Ziel- und Talentmanagement, zu Entgelt / Leistungen und zur Arbeitszeit sind gerade in Zeiten schneller Veränderungen notwendig, denn sie geben zumindest verlässliche Leitplanken vor.

Führung auf operativen Führungsebene

Auf der operativen Führungsebene zwischen Führungskräften und Mitarbeitern, müssen überholte Führungsstiltheorien über Bord geworfen und durch Werteorientierung ersetzt werden. Denn Wertesensibilität ist heute eine wesentliche Voraussetzung von Führungserfolg. Wer Wertschätzung und Selbstachtung nicht berücksichtigt macht einen entscheidenden Fehler: Die eigene Selbstachtung zu erhalten ist einer der drei wichtigsten Werte, sowohl für Führungskräfte als auch für Mitarbeiter. Gegenseitiger Respekt ist die Grundlage direkter Führung. Führungskräfte müssen aber auch indirekt führen, also ihren Bereich managen (Abbildung 1):

Direkte und indirekte Führung

Abb.2: Direkte und indirekte Führung. Bildquelle: Dr. Wolfgang Schröder

In Nicht-VUCA-Welten war indirekte Führung unwichtig. Strukturen, Arbeits-verteilung und Prozesse waren stabil. In VUCA-Welten ist das nicht der Fall. Auch sich ändernde Mitarbeitererwartungen wollen berücksichtigt werden. Je weniger Zeit eine Führungskraft in indirekte Führung investiert, desto mehr Probleme und Konflikte erlebt sie bei der direkten Führung. Nicht nur bei Fachfragen, sondern auch bei Personalthemen frisst dann Troobleshooting viel Arbeitszeit und Energie.

Außerdem benötigen Mitarbeiter, von denen lebenslanges Lernen und die Akzeptanz von Veränderungen erwartet wird, auch Aktivitäten, Unterstützung, also Zeit, um diese Erwartungen zu erfüllen. Diese Zeitinvestition führt nun nicht sofort zu positiven, operativen Ergebnissen und wird oft vermieden oder verschoben.

Der wesentliche Engpass ist die Verteilung der zur Verfügung stehenden Zeit auf operative und strategische Ergebnisse. Auch Innovationen gehören zu den strategischen Ergebnissen. Schon der Zen-Buddhismus schlägt vor: „Wenn du in Eile bist, mache einen Umweg. Indirekte Führung auf der Unternehmens- und der Mitarbeiterebene ist ein produktiver Umweg, der, paradoxerweise, in einer sich immer schneller verändernden VUCA-Welt wesentliche Erfolgsgrundlagen schafft.

Wie kann mein Unternehmen in einer VUCA-Welt überleben?

Für viele Führungskräfte gilt bis heute ein rationales Entscheiden als das Nonplusultra bei der Beschlussfindung. Die Verdienste dieser Vorgehensweise sind unbestritten, und die Erfolge geben ihnen Recht. Deshalb kann man die Ratio bzw. den Verstand nicht hoch genug einschätzen. Es ist allerdings ein Fehler, wenn Verantwortliche immer noch meinen, dass sie ihre Entscheidungen nach Abwägung der Fakten wirklich rein verstandesmäßig oder logisch treffen.

Verstand bestätigt oftmals Bauchentscheidungen

Denn konträr dazu haben Ergebnisse aus der Hirnforschung aufgezeigt, dass der Verstand sehr häufig nur eingeschaltet wird, um aus dem Bauch heraus getroffene Entscheidungen im Nachhinein zu rechtfertigen. Die Ratio wird auf diese Weise lediglich zum Sklaven eines intuitiven und zum Teil unbewusst getroffenen Urteils. Zugegebenermaßen ist auch diese Perspektive überspitzt und undifferenziert. Sie eignet sich allerdings gut, um die Problematik, wie man in der VUCA-Welt die richtige Entscheidung trifft, auf den Punkt zu bringen.

Strategien bei der Entscheidungsfindung

Denn letztendlich hat die Erfahrung gezeigt, dass eine angemessene Lösung für ein Problem in entscheidenden Situationen sich immer dann finden lässt, wenn man sowohl den Verstand benutzt, als auch der Intuition oder dem Bauchgefühl den gleichen Stellenwert einräumt. Dadurch ergeben sich zwei Parameter oder Kenngrößen, die in jede Entscheidungsfindung mit einfließen sollten. Zum einen geht es darum, wie viele Informationen angesichts einer bestimmten Situation bereitstehen, zum anderen stellt sich die Frage, wie weit man die Konsequenzen einer Handlung abschätzen kann.

Drei grundsätzliche Strategien können bei der Entscheidungsfindung nützlich sein:

  1. Bei volatilen Rahmenbedingungen werden genügend Puffer gegen Schwankungen bereitgestellt.
  2. In ungewissen Situationen schafft ein solides und ausreichendes Maß an Informationen mehr Gewissheit.
  3. Komplexen Trends und Entwicklungen werden ausreichend Ressourcen und Know-how entgegengesetzt.

Was muss bei der Mitarbeiterführung beachtet werden?

Es liegt auf der Hand, dass sich rasant ändernde Rahmenbedingungen, zusammenbrechende und neu entstehende Märkte oder sich ausbreitende „Handelskriege“ nicht nur neue Strategien und Ziele für Unternehmen erfordern. Parallel dazu müssen sich auch althergebrachte Methoden der Mitarbeiterführung ändern und an die gegebenen Voraussetzungen angepasst werden.

Wo früher ein leitender Manager auf jede Frage eine Antwort hatte und für jedes Problem eine Lösung wusste, muss er sich heute in einer digital vernetzten Welt und gegenüber einer riesigen Menge komplexer Daten mehr und mehr auf gut ausgebildete Mitarbeiter und ihr Know-how verlassen können.

Hinzu kommt, dass diese auf Grund ihres Fachwissens auch intensiver in Entscheidungsprozesse miteinbezogen werden wollen. Der digitale und damit zusammenhängende kulturelle Wandel ist nur gemeinsam von allen Beteiligten zu steuern und zu gestalten. Drei Aufgaben für eine zukünftige Mitarbeiterführung stehen dabei im Vordergrund:

1. Führungskräfte der Zukunft moderieren Netzwerke

In modernen, digitalen Unternehmen arbeiten hauptsächlich Teams, keine isolierten Mitarbeiter. Sie sind stark vernetzt und eignen sich immer mehr Know-how an. Das führt zu einer Machtverschiebung in Unternehmen mit der Konsequenz, dass sich hierarchische Strukturen zu flachen Netzwerkstrukturen verändern. Für Führungskräfte geht es darum, ihre Aufgaben effektiv in solche Netzwerke zu integrieren und die interne Kommunikation konstruktiv zu gestalten, um die daraus erwachsenden Informationen und Erkenntnisse zu sammeln, bewerten und weiterzugeben. Das erfordert die Justierung unterschiedlicher Schnittstellen, klare Zielsetzungen und zeitnahe Feedbacks.

2. Manager von morgen führen mit Visionen

Globalisierung, flexible Mobilität und nicht zuletzt der Fachkräftemangel führen dazu, dass Mitarbeiter sich immer weniger an ein Unternehmen binden. Um so mehr müssen sich Führungskräfte einsetzen, um ihre Belegschaft „bei der Stange“ zu halten. Visionen und und emotionale Geschichten, bekannt als Storytelling, können dazu beitragen, notwendige Change-Prozesse zu unterstützen, die Unternehmensvision zu vermitteln und Mitarbeiter entsprechend zu inspirieren. Wenn Mitarbeitern aus dem Storytelling heraus ersichtlich wird, welch wichtigen Beitrag sie im Einzelnen leisten und warum es sich lohnt, gerade in diesem Unternehmen tätig zu sein, entstehen mit der Zeit auch Bindung und Loyalität.

3. Führungskräfte verstehen sich als Coach, nicht als Befehlshaber

Für Mitarbeiter, die viel unterwegs sind oder vermehrt im Home-Office arbeiten, wird ein persönliches Meeting mit ihren Vorgesetzten besonders wichtig. Sie brauchen Nähe und Vertrauen, ein differenziertes Feedback und Orientierung für ihre weitere Karriere. Mit der reinen Erteilung von Arbeitsanweisungen ist es dann nicht mehr getan. Der oder die Vorgesetzte wird vielmehr zum Coach, der mit Verständnis für individuelle Situationen und den richtigen Fragen Denk- und Lernprozesse anregen kann. Um Selbstvertrauen aufzubauen und die Motivation zu steigern, bedarf es eines so genannten Instant Feedbacks, damit der Mitarbeiter für seine Entwicklung Unterstützung erfährt.

FAQs – häufig gestellte Fragen zum Thema VUCA

Wie bestehe ich als Arbeitnehmer in einer VUCA-Welt?

Die VUCA-Welt erfordert nicht nur ein Umdenken bei Führungskräften, sondern auch bei jedem einzelnen Mitarbeiter, denn er ist von den vier Punkten Unbeständigkeit, Unsicherheit, Komplexität und Mehrdeutigkeit genauso betroffen. In gewissen Situationen muss auch er Entscheidungen treffen, die in der Regel zwar nicht entscheidend für den Erfolg des gesamten Unternehmens sind, aber durchaus einzelne Projekte und ganz sicher seine eigene Karriere beeinflussen.

Die meisten Menschen treffen Entscheidungen auf Grund ihrer vorherigen Erfahrungen von Erfolg oder Misserfolg. Sie beurteilen Situationen nach mentalen Modellen, die sie durch diese Erfahrungen in der Vergangenheit entwickelt haben. Dies ist für eine effiziente und schnelle Entscheidung notwendig und in den meisten Fällen auch sinnvoll. Anders sieht es aus, wenn die eingeübten mentalen Modelle in der VUCA-Welt nicht mehr funktionieren, denn dann sind Fehlentscheidungen die logische Folge. Der Arbeitnehmer muss also neue Strategien entwickeln, um wieder in die Erfolgsspur zu kommen. Drei Punkte sind hier von Bedeutung:

  1. Perspektive wechseln: Die eigenen mentalen Modelle sollten immer wieder in Frage gestellt werden. Dazu können Entscheidungen, die vermeintlich klar auf der Hand liegen, angezweifelt oder zumindest hinterfragt werden.
  2. Flexibel bleiben: Jedes Projekt hängt entscheidend von einer sorgfältigen Planung ab. Es kann aber unverhofft zu einer Veränderung der Rahmenbedingungen kommen, durch die ein Plan teilweise oder sogar komplett über den Haufen geworfen wird. In solchen Fällen ist es wichtig, sich nicht an einmal getroffene Entscheidungen zu klammern, sondern flexibel genug für eine Änderung oder sogar eine völlig neue Planung zu sein.
  3. Nach vorne schauen: Die Bewertung und Kontrolle einer vergangenen Entscheidung kann langfristig die Qualität von Entschlüssen steigern. Allerdings gilt auch hier: Ändern sich die Rahmenbedingungen, kann eine Entscheidung, die früher richtig war, in der Zukunft völlig falsch sein. Deshalb sollten sich Arbeitnehmer nicht an „alten Geschichten“ abarbeiten, sondern sich auf die Notwendigkeiten des Kommenden konzentrieren. Die Suche nach Ursachen für Fehlentscheidungen bindet auf unnötige Weise Ressourcen und kann unter Umständen gerade in der VUCA-Welt völlig ohne Wirkung bleiben.

Welche Vorgehensweise eignen sich für das Management einer VUCA-Umgebung?

Um einer VUCA-Umgebung angemessen gegenüberzutreten, muss man in Phasen von Veränderungen gestaltungsfähig bleiben. Mit den richtigen Methoden lässt sich eine vernünftige Basis dafür schaffen. Ein entscheidender Punkt dabei ist die Art des Zielmanagement-Systems, denn Ziele sind die Grundlage jeder Art von Management. Allerdings stehen sehr häufig die reinen Erfolgskennzahlen im Fokus, die aber weder bei Führungskräften noch bei Mitarbeitern für eine ausreichende, aus sich selbst entstehende Motivation sorgen.

Einmal gesetzte Ziele hingegen gelten als erstrebenswert und motivierend, denn sie schaffen einen Nutzen sowohl auf der Seite des Unternehmens als auch auf Seiten der Kunden. Ein optimales Zielmanagement ist stets in der Lage, sowohl die Leistungen einzelner Mitarbeiter als auch eines gesamten Teams deutlich herauszuarbeiten und zu würdigen.

Wie aber sehen Zielprozesse vor allem in mittelständischen Unternehmen heutzutage aus? Sie lassen sich meist durch drei charakteristische Merkmale bestimmen: Erstens sind sie durch unflexible Gestaltung zu bürokratisch, zweitens dauern sie mit Laufzeiten von zwölf Monaten recht lange, und drittens werden damit hauptsächlich quantitative Key Performance Indikatoren (KPI) definiert. Die Bereitschaft, sich mit solchen Zielen zu identifizieren und diese als Motivation zu erleben, sind in der Regel sehr gering.

Ein Unternehmen, das sich innerhalb der VUCA-Welt in einer Transformation befindet, sollte Ziele deshalb radikal vom Unternehmenszweck her formulieren und definieren und sich zum Beispiel fragen, welcher Nutzen im nächsten Monat, im nächsten Quartal oder Jahr geschaffen und erreicht werden soll. Dabei können drei Schritte als Roadmap helfen. Zunächst geht es darum Daten und Informationen zu sammeln und zu analysieren. Auf dieser Grundlage wird eine Strategie entwickelt und diese dann implementiert

Was bedeutet VUCA 2.0?

Eine Möglichkeit, den Problemen der VUCA-Welt mit einer neuen Richtschnur des unternehmerischen Handelns Herr zu werden, sind die vier Aspekte Vision, Understanding (Verstehen), Courage (Mut, Beherztheit) und Adaptability (Anpassungsfähigkeit).

  • Als Vision könnten neue Ressourcen, anders gestaltete Schwankungspuffer oder strategische Partnerschaften der Volatilität gegenübergestellt werden.
  • Gegen die Unsicherheit hilft Verstehen, was durch einen Ausbau von Netzwerken sowie emotionale und intuitive Intelligenz erreicht werden kann.
  • Der Komplexität lässt sich mit Mut und Beherztheit entgegentreten, zum Beispiel, indem neue Kommunikations- und Entscheidungsregeln aufgestellt werden.
  • Mehrdeutigkeit kann durch Anpassungsfähigkeit, etwa veränderbare Führungsstile und mehr Eigenverantwortung der Mitarbeiter aufgehoben werden

Praktische Beispiele im Zusammenhang mit VUCA

Um die vier Begriffe zu veranschaulichen, seien an dieser Stelle kurz einige praktische Beispiele genannt, die für Unternehmen in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft innerhalb der VUCA-Welt große Bedeutung hatten, haben oder haben werden.

Beispiel für Volatility

Volatility (Unbeständigkeit oder Flüchtigkeit) kann sich etwa in der Entwicklung neuer Technologien und immer kürzerer Lebenszyklen von Produkten zeigen, die sich nicht nur auf einzelne Unternehmen, sondern sogar auf ganze Branchen und Märkte auswirken. Das amerikanische Unternehmen Eastman Kodak, gegründet in den 1890er Jahren, war einmal Pionier und einer der Weltmarktführer für (analoge) Fotoapparate und Filmmaterial.

Mit dem Aufkommen der ersten Digitalkameras und der rasanten Verbreitung von Smartphones verlor Kodak in kurzer Zeit den Anschluss und musste schließlich 2012 Insolvenz anmelden. Die Firma besteht zwar heute noch als Spezialist für digitale Druckverfahren, allerdings sprechen Umsatzrückgänge von knapp 20 Milliarden US-Dollar im Jahr 1991 hin zu 1,5 Milliarden Dollar in 2017 eine deutliche Sprache.

Überhaupt hat die Digitalisierung vielen Branchen das Leben schwer gemacht bzw. ganz vom Markt verschwinden lassen. Wer kauft heute noch Musik-CDs? Das große Publikum nutzt die vielen Streamingdienste, um Musik zu hören. Ähnlich ist es den früher so weit verbreiteten Videotheken ergangen. Sie sind innerhalb kürzester Zeit vollständig vom Markt verschwunden. Sollten sich in der Zukunft Elektro-Autos flächendeckend durchsetzen, wird es irgendwann auch keine Tankstellen in heutigem Sinne mehr geben.

Beispiel für Uncertainty

Eine der größten Unsicherheiten aktuell ist der so genannte Brexit. Kommt er oder kommt er nicht? Wird es einen geregelten Austritt Großbritanniens aus der EU geben oder kommt es zu einem Abschied ohne Vertrag? So oder so, die Auswirkungen auf Handel, Industrie und Dienstleistungsunternehmen werden gewaltig sein. Verbraucher in ganz Europa und ausländische Arbeitnehmer im Vereinigten Königreich sind ebenfalls betroffen, wenn es zu Lieferengpässen und Zöllen oder zum Entzug von Aufenthalts- und Arbeitserlaubnissen kommt.

Unternehmen, die in irgendeiner Form Geschäfte mit Großbritannien betreiben, müssen Vorbereitungen für verschiedene Varianten treffen. Dies bindet zahlreiche Ressourcen und verursacht hohe Kosten. Ganze Lieferketten und Just-in-Time-Produktionen, die in jahrzehntelanger Arbeit minutiös entwickelt wurden, droht eine empfindliche Unterbrechung, allen Branchen voran der Automobil- und Zuliefererindustrie.

Beispiel für Complexity

Die Globalisierung hat eine Komplexität früher ungeahnten Ausmaßes angenommen, die sich übergreifend durch politische, ökonomische und gesellschaftliche Systeme zieht. Deshalb konnte es passieren, dass die geplatzte Immobilienblase in den USA im Jahr 2008 zu einer weltweiten Wirtschaftskrise geführt hat, die mit dem Börsencrash von 1929 zu vergleichen ist. Durch die wahllose Kreditvergabe für Immobilien auch an Kunden mit geringer Bonität schufen amerikanische Kreditinstitute wie Lehman Brothers begehrte Spekulationsobjekte, die um den ganzen Globus herum gehandelt wurden.

Der Zusammenbruch großer Bankhäuser in Amerika führte dann am Ende auch zur Niedrig- oder Nullzinspolitik innerhalb der EU und nicht zuletzt zu herben Vermögensverlusten deutscher Kleinsparer. Ein solcher Dominoeffekt kann für Unternehmen ebenfalls verheerend sein, denn die Geschwindigkeit, mit der Prozesse dieser Art ablaufen, macht unter Umständen jede noch so ausgefeilte Strategie in kürzester Zeit nutzlos.

Der globale Handel und Warenaustausch hat in der Gegenwart eine noch nie dagewesene Komplexität erreicht. Ein Handelskrieg zwischen zwei starken Wirtschaftsnationen, wie die USA und China ihn derzeit betreiben, wirkt sich weltweit auf alle Volkswirtschaften aus, ohne dass etwa ein mittelständisches Unternehmen in Deutschland vernünftige Konzepte dagegen entwickeln kann.

Beispiel für Ambiguity

Ökonomische, technische und gesellschaftliche Entwicklungen laufen im 21. Jahrhundert immer schneller ab, führen zu Umbrüchen und Widersprüchlichkeiten und lassen altbekannte Zusammenhänge von Ursache und Wirkung verschwimmen. Ist eine bestimmte Situation von Mehrdeutigkeit geprägt, bedeutet das für Führungskräfte von Unternehmen, dass weder ihr Wissen über den aktuellen Status ausreicht noch mögliche Auswirkungen ihrer Initiativen und Entscheidungen überblickt werden können.

In einem solchen Dilemma steckt derzeit die gesamte Automobilindustrie. Einerseits erfordern Umweltschutz, Klimawandel und schwindende Ressourcen für fossile Brennstoffe eine Abkehr von herkömmlichen Verbrennungsmotoren, andererseits tut sich die Branche schwer, konsequent andere Konzepte wie Elektro- oder Wasserstoff-Fahrzeuge zu entwickeln. „Irgendwie“ wollen alle „irgendeine“ Veränderung – auch die Verbraucher – andererseits tut sich jeder damit schwer, Bewährtes und Gewohntes zu verabschieden und sich weitgehend unbekannten Märkten oder Produkten zuzuwenden.

Inspirierende Zitate zum Thema VUCA

„ Die größte Schwierigkeit der Welt besteht nicht darin, Leute zu bewegen oder neue Ideen anzunehmen, sondern alte zu vergessen.“
John Keynes (1883-1946), Britischer Ökonom

„Es gibt keine Sicherheit. Nur verschiedene Grade der Unsicherheit“
Anton Tschechow (1860-1904), Russischer Schriftsteller

„Unsicherheit ist der Begleiter jeder Veränderung“
Else Pannek (1932 – 2010), Lyrikerin

„Für den Umgang mit Komplexität und Unsicherheit werden Vertrauen und Offenheit zu entscheidenden Faktoren.“
David L. Dotlich, Unternehmensberater

„Niemand kann ein guter Leader sein, wenn er alles selber machen will
oder alle Anerkennung für sich haben will.“
Andrew Carnegie (1835 -1919), Industrieller

„Sicher ist, dass nichts sicher ist. Selbst das nicht.“
Joachim Ringelnatz (1883 -1934), Schriftsteller

„Der schlimmste Weg, den man wählen kann, ist der, keinen zu wählen.“
Friedrich II. (auch Friedrich der Große gennant, 1712-1786), König von Preußen

Es ist nicht die stärkste Spezie die überlebt, auch nicht die intelligenteste, es ist diejenige, die sich am ehesten dem Wandel anpassen kann.
Charles Darwin (1809-1882), Forscher und Wissenschaftler

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VUCA-Artikelserie auf Onpulson.de

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Quelle:

[1] Wilms, Falko: Unternehmensführung in der VUCA-Welt. In: Volatilität, Unsicherheit, Komplexität, Ambiguität – Kybernetische Ansätze für die Unternehmensführung, S. 9 – 19, hrsg. Von Falko Wilms und Andreas Größler, Duncker ; Humblot Berlin, 2018

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Über den Autor

Dr. Schröder

Dr. Wolfgang Schröder Dr. Wolfgang Schröder arbeitete als Mitarbeiter und Führungskraft bei Fichtel&Sachs und MBB, dann als Freelancer, Berater und Trainer bei EADS und für Konzerne, mittelständische Unternehmen und öffentliche Auftraggeber. Mit Rolf Bronner schrieb er 1983 den meistzitierten deutschen Klassiker zum Bildungscontrolling. Seitdem ist überprüfbare Wirksamkeit und Nachhaltigkeit sein Erfolgsmaßstab. www.dr-schroeder-personalsysteme.de 
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