Interview mit Erfolgsunternehmer Reinhold Würth
Management + Entrepreneurship

Interview mit Erfolgsunternehmer Reinhold Würth

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Reinhold Würth ist ein Mann, der aus kleinen Anfängen einen Milliardenkonzern aufgebaut hat, eine Unternehmerpersönlichkeit wie die Bundesrepublik Deutschland sie derzeit dringend braucht. Die Redaktion von Onpulson interviewte ihn zu seinen allgemeinen Ansichten rund um Unternehmertum, Gesellschaft und Eliten.

Onpulson: Haben Sie so etwas wie ein Lebensmotto?

Reinhold Würth: Mir hat immer der Satz gut gefallen: Tue recht und scheue niemanden. Man muss seine eigene Meinung bilden und die dann auch konsequent vertreten. Egal, ob das gerade in die politische Landschaft passt oder auch nicht. Sie wissen ja, ich bin FDP-Mitglied und Baden-Württemberg ist ein stark CDU-orientiertes Land. Wenn Sie da mal eine FDP-Meinung vertreten, findet das nicht einhellig Beifall. Da unterscheide ich mich doch deutlich von der offiziellen CDU-Linie. Und bin heute eigentlich ganz froh, dass das so ist.

Onpulson: Haben bzw. hatten Sie Vorbilder in Ihrem Leben?

Reinhold Würth: Habe ich natürlich schon. Als mein wichtigstes Vorbild sehe ich Theodor Heuss, unseren ersten Bundespräsidenten. Heuss war von Grund auf liberal. Er hatte Respekt vor den Menschen. Und hat sich selbst nicht allzu ernst genommen. Er war bescheiden, aber selbstbewusst, intellektuell aber doch bürgerlich und volkstümlich. Er hatte Witz und Esprit. Deswegen ist er einer meiner größten Vorbilder. Vom unternehmerischen her Hans Merkle von Bosch. Ein großer Unternehmer, der überall geschätzt wird, obwohl er bei Bosch selbst als unnahbar empfunden wurde. Was dieser Mann von der Sache her geleistet hat, ist toll. Vom Arbeitseinsatz her ist er vorbildlich für uns alle. Und auch für alle Unternehmensgründer.

Onpulson: Was sind ihre liebsten Bücher und Autoren?

Reinhold Würth: Von den Fachbüchern: Tom Peters, Schumpeter, Keynes, Carl von Clausewitz. Von der Belletristik: Schiller, Goethe. Gerne lese ich meiner Frau Gedichte von Schiller vor, wegen seiner wunderbaren Sprache und Vokalität. Von Goethe habe ich neulich wieder die Wahlverwandtschaften gelesen. Zum Entspannen lese ich gerne amerikanische Autoren wie John Grisham, Tom Clancy. Im Moment lese ich gerade das Buch von Günther Ogger: „Absahnen und Abhauen – Deutschland vor dem Chaos.”

Onpulson: Würden Sie sich heute wieder auf dem gleichen Gebiet selbständig machen?

Reinhold Würth: Ich würde auf dem gleichen Gebiet bleiben. Nach dem Motto: Schuster, bleib bei deinen Leisten. Das beherrsche ich, und da habe ich jetzt auch ein gewisses Know-how. Also, ich würde auf jede Fall wieder in die Realwirtschaft gehen.

Onpulson: Würden Sie eher alleine oder zusammen mit Partnern ein Unternehmen gründen?

Reinhold Würth: Wenn es irgendwie geht, dann nicht zusammen mit Partnern. Die Lebenserfahrung zeigt, sie können sich unter Freunden, sogar unter Brüder sehr gut verstehen. Über kurz oder lang – eher über kurz – kommt es dann zu ersten Disharmonien. Zum Beispiel, weil der eine meint, der andere schafft nicht genug. Der überwiegende Teil solcher Gemeinschaftsgründungen geht irgendwann wieder auseinander.

Man sollte natürlich nie „nie” sagen und keine Regel ohne Ausnahme. Es mag Sinn machen für junge Gründer, während Sie noch studieren, sich gemeinsam selbständig zu machen. Schon alleine aus Zeit- und Kapazitätsgründen. Man sollte solche Gemeinschaftsgründungen dann schon von vornherein darauf auslegen, dass man sich später auch wieder einvernehmlich trennen kann.

Onpulson: Wie definieren Sie den Entrepreneur und was zeichnet ihn aus?

Reinhold Würth: Entrepreneurship lässt sich ja nicht ganz genau ins Deutsche übertragen. Man spricht landläufig von Unternehmertum. Dazu gehört natürlich die Komponente des kämpferischen Neuinnovierens von Dingen. Ich habe dem Schumperterschen Ansatz des Unternehmers noch den hinzugefügt, dass ein Entrepreneur jemand ist, der bereit ist, Verantwortung zu übernehmen. Für mich ist ein Entrepreneur jemand, der sich vom Durchschnitt deutlich abhebt, vorbildlich elitäre Leistungen hervorbringt und damit dokumentiert, dass er sich nicht im Matsch der Durchschnittlichkeit versteckt. Ein Entrepreneur ist für mich auch jemand, der in einem großen Unternehmen Karriere macht.

Onpulson: Wie prägen Sie die Kultur und die Philosophie Ihres Unternehmens?

Reinhold Würth: Die wichtigsten Prinzipien sind Berechenbarkeit, Zuverlässigkeit und die Bereitschaft, Vertrauen zu schenken. All das ist eigentlich schon 90 Prozent der Unternehmenskultur bei Würth. Das dient der Zusammenarbeit. Wenn Sie das als Basis haben, brauchen Sie gar nicht mit Organigrammen arbeiten, oder mit externen Beratern. Das können Sie alles vergessen, wenn Sie mit beiden Füßen auf dem Boden stehen, wenn die Mitarbeiter wissen, sie können sich auf die Geschäftsleitung verlassen. Die schaffen nicht mit Tricks und Hinterhältigkeiten, die ja in der Wirtschaft häufiger anzutreffen sind.

Mit Gemeinheit und Hinterhältigkeit kann man kein Unternehmen auf Dauer erfolgreich führen. Die Würth-Gruppe ist sicher keine Insel der Seligen. Wir haben auch unsere Defizite, da gibt es manchmal Krach und Leute, die das Unternehmen verlassen, aber wir streben mit allen Mitteln nach den Eigenschaften Geradlinigkeit, Berechenbarkeit und Zuverlässigkeit. Das gelingt nicht in allen Fällen, aber vermutlich in einem höheren Ausmaß, als in anderen Unternehmen. In diesem Kontext glaube ich, dass wir eine hochmotivierte Mitarbeiterschaft haben mit einem ebenso hohen Maß an Wir-Gefühl.

Onpulson: Welche gesellschaftlichen Pflichten sehen Sie für einen Entrepreneur?

Reinhold Würth: Er muss sich in allen Bereichen an die Gesetze halten. Ein Entrepreneur möchte sich ja sein eigenes kleines Geschäft, sein eigenes Imperium aufbauen. Dabei hat er nur zu beachten, dass er nicht über die Stränge schlägt vom UWG (A.d.R: UWG: Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb) bis hin zu allen anderen Gesetzen, u.a. der Verkehrsgesetzgebung. Ein Entrepreneur muss Vorbild in allen Belangen sein und da macht es einen schlechten Eindruck auf die Mitarbeiter, wenn man mit dem Auto betrunken im Straßengraben landet. Das kann man sich in einer solchen Position nicht erlauben.

Onpulson: Brauchen wir eine neue Generation von Entrepreneuren, um den Standort Deutschland wieder wettbewerbsfähiger zu machen?

Reinhold Würth: Selbstverständlich. Entrepreneure sind dringend gesucht. Das Cyberforum vertritt die These, wir hätten einen Gründungsboom in Baden-Württemberg, weil wir jedes Jahr 20.000 Neugründungen haben, sie vergessen aber, dass auch 11.000 Betriebe zu gemacht werden. Das muss ich zurecht rücken. Gerade hier in der Region gibt es ja das Cyberforum und KEIM. Mein Lehrstuhl wurde von SAP gestiftet, einige weitere Initiativen wurden vom Bund eingerichtet. Die Zahl der Unternehmensgründungen hier ist aber nicht so weltbewegend. Man muss sich die Frage stellen, ob da nicht überdüngt wird.

Es nützt ja alles nichts, wenn man den Leuten alles hinträgt und die wollen gar nicht. Das hat natürlich auch mit der Gesellschaftspolitik der letzten dreißig Jahre zu tun. Es ist einfach nicht erstrebenswert, unternehmerisch tätig zu sein. Das hat keinen Flair. Wenn jemand in Amerika selbständig tätig ist wie Donald Trump, wird er von ganz Amerika bewundert als Self-made-man und die jungen Leute streben ihm nach. Hier würde man sagen, so ein Newcomer, so ein Angeber, fast pleite gemacht, da würde man die Nase rümpfen. Bei uns ist halt die Neidgesellschaft zu stark ausgeprägt. Solange wir das nicht anders hinkriegen, bekommen wir auch nicht mehr junge Leute in die Selbständigkeit.

Onpulson: Was möchten Sie jungen Menschen unbedingt vermitteln, und welche Ziele verfolgen Sie dabei?

Reinhold Würth: Zunächst einmal möchte ich anmerken, dass dieses Land Eliten braucht und dass die Welt voll ist von Wissensriesen, aber auch voll von Realisierungszwergen. Mir geht es darum, dass von diesen Realisierungszwergen manche zu Realisierungsriesen umgepolt werden. Und das mündet dann in den Hauptansatz, dass Erfolg und Elite einfach ohne knallharte Arbeit undenkbar bleiben.

Auf der anderen Seite ist der Reward ein unglaubliches Maß an Lebensqualität und persönlicher Freiheit. Man könnte nun sagen, du bist ein armer Tropf, wenn Sie sehen, dass ich auch fast keinen Tag habe, an den ich nicht 14 bis 16 Stunden arbeite. Da könnte man nun sagen, der ist ein Sklave seiner Arbeit und das ist nicht das, was erstrebenswert ist. Aber trotzdem habe ich ein Gefühl der Freiheit, weil ich jederzeit sagen könnte: Jetzt schmeiße ich alles hin und hock mich ans Meer auf die Malediven und hätte mein Auskommen bis ans Lebensende. Das ist auch ein schönes Gefühl, auch wenn man die Gelegenheit nie wahrnimmt.

Onpulson: Das Wort Elite hat das öffentliche, bildungspolitische Geschehen in den letzen Monaten stark dominiert. Welche Bedeutung haben für Sie Eliten in der Gesellschaft?

Reinhold Würth: Ein Land, ein Unternehmen, eine Universität ohne Eliten ist über kurz oder lang zum Tode verurteilt. Das heißt konkret, Eliten sind für mich das Hirn und Herz einer jeden Organisation. Eliten sind der Kern eines funktionierenden Gebildes ganz allgemein. Sie sind der Kern einer funktionierenden Gesellschaft, Armee, Universität, eines Vereins, … die Liste ließe sich fortsetzen; bei einer Familie ganz genauso. Aus einer elitären Familie werden immer auch elitäre Kinder entspringen. Wo kommen sie hin nach einer mehr oder weniger langen Sturm und Drang Phase im Schillerschen Sinne? Sie werden Außenminister wie damals der Joschka Fischer.

Onpulson: Was erwarten Sie von einem Hochschulabsolventen, der in der Würth-Gruppe anfangen möchte?

Reinhold Würth: In erster Linie erwarte ich Kreativität und ein umfassendes theoretisches Wissen. Daneben erwarte ich Flexibilität, Mobilität, vor allem einen unbändigen Einsatzwillen und als Charaktereigenschaft Bescheidenheit. Das ist mitunter ein Problem bei Hochschulabsolventen, dass Sie sich für manche Arbeiten zu schade sind. Das ist insgesamt ein bisschen ein Problem. Denn wir brauchen eben nicht nur Häuptlinge, wir brauchen auch Indianer.

Wir haben in den letzten Jahren mit gutem Erfolg ein Programm für Hochschulabsolventen, in der Regel für Diplom-Kaufleute oder FH-Absolventen, die Karriere im Außendienst machen können, mit der Möglichkeit, ein Jahr als Verkäufer tätig zu sein, um dann relativ schnell zum Bezirksleiter oder Regional-Verkaufsleiter aufzusteigen. Also zunächst Personalverantwortung für zunächst 10 Leute und später für 60-80 Leute zu übernehmen. Ein Teil der Bewerber sind sich für das Klinkenputzen am Anfang zu schade, da sie dafür nicht studiert hätten.

Andere nehmen eine solche Position an. Wir haben hervorragende Erfahrungen mit solchen Leuten gemacht. Sie lernen zu verstehen, was es heißt, Dienstleistung zu betreiben, zu dienen und zu leisten im reinsten Wortsinn. Diese können dann sehr viel sensibler führen, als jemand, der direkt von der Universität in eine Führungsposition im Außendienst kommt und nie einen Kunden gesehen hat. Die Leute verstehen viel besser, was es heißt, einen zufriedenen Kunden zu haben. Das ist ja der Kern des Ganzen. Ich sage immer, meine Leute sind nicht bei mir angestellt, sondern beim Kunden. Wenn der uns keinen Auftrag gibt, gibt es keinen Deckungsbeitrag und kein Gehalt.

Onpulson: Welche Ziele und Visionen haben Sie in Zukunft noch?

Reinhold Würth: Ich denke, ich habe ziemlich erreicht, was man erreichen kann. Ich möchte das, was ich machen möchte, sauber erledigen. Visionen habe ich natürlich schon ein bisschen für die Zukunft: mehr Freizeit.

Foto/Thumbnail: ©Adolf Würth GmbH & Co. KG

Kommentare

  1. von Martin am 15.10.2009 | 15:07

    sehr gutes Interview, danke.

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