Fast jeder vierte Selbständige ist scheinselbständig
Weit verbreitet

Fast jeder vierte Selbständige ist scheinselbständig

Am

Scheinselbständigkeit ist in Deutschland weit verbreitet – und verursacht für die öffentlichen Kassen und Sozialversicherungssysteme hohe Beitragsausfälle. Inzwischen arbeiten geschätzt 28 Prozent der Selbständigen – und damit mehr als jeder vierte – scheinselbständig. Das sind mehr als 1,2 Millionen Selbständige in Deutschland.

Die Risiken durch Scheinselbständigkeit und illegale Arbeitnehmerüberlassung steigen dabei mit dem Grad der Einbindung von Selbständigen in das Unternehmen und ihrer Beauftragungsdauer für das Unternehmen. So sind etwa 24 Prozent der Selbständigen in den Räumen des Auftraggebers tätig und in dessen Betriebsablauf eingebunden. Zehn Prozent arbeiten nur für einen einzigen Auftraggeber und fast 21 Prozent sind länger als 18 Monate für ein Unternehmen tätig.

Unternehmen gehen zu sorglos mit dem Thema um

Trotz der hohen Zahl potenziell scheinselbständig Beauftragter gehen Unternehmen noch immer zu sorglos mit dem Thema um. 82 Prozent schätzen das mögliche Risiko, mit Sanktionen konfrontiert zu werden, als nicht vorhanden oder höchstens gering ein. Und gut die Hälfte der befragten Unternehmen ist überzeugt, dass in ihrem Unternehmen ein Schaden durch Scheinwerkverträge gar nicht entstehen kann.

Das sind Ergebnisse einer Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young) und von EY Law, für die 400 Unternehmen und 2.455 Erwerbstätige befragt wurden.

Scheinselbständigkeit kann für Unternehmen teuer werden

Dabei können Scheinselbständigkeit und illegale Arbeitnehmerüberlassung Unternehmen teuer zu stehen kommen. „Erhebliche Steuernachzahlungen, Strafzahlungen, persönliche Haftung von Führungskräften und der Verlust von Reputation – das Schadenspotenzial für Unternehmen ist enorm“, betont Markus Lohmeier, Partner für Business Integrity & Corporate Compliance bei EY. „Das Thema ist noch ein blinder Fleck in der Compliance vieler deutscher Unternehmen.“

Das Verhalten so mancher Unternehmen grenzt an grobe Fahrlässigkeit. „Man kann davon ausgehen, dass bei Externen, die länger als 18 Monate in einem Unternehmen arbeiten, ein hohes Risiko besteht, scheinselbständig beschäftigt zu sein. Durch die hohe Anzahl potenziell Scheinselbständiger dürfte dem deutschen Sozialversicherungssystem unter konservativen Annahmen ein Schaden von jährlich mehr als drei Milliarden Euro entstehen, weil entsprechende Sozialbeiträge nicht von den Unternehmen abgeführt werden“, erläutert Rechtsanwalt Dr. Karsten Umnuß, Leiter des Bereiches Arbeitsrecht bei EY Law.

Jedes fünfte Unternehmen handelt selbst bei konkreten Fällen nicht

Selbst wenn Unternehmen feststellen, dass sie Externe scheinselbständig beschäftigen, unternehmen sie häufig nichts dagegen: Jedes fünfte Unternehmen lässt die Sache lieber auf sich beruhen. Das gilt überdurchschnittlich stark für kleinere Unternehmen aus dem Mittelstand: Für 31 Prozent der Unternehmen mit weniger als 100 Millionen Euro Umsatz sind konkrete Vorkommnisse kein Grund zu handeln. Bei großen Unternehmen mit einem Umsatz von über zehn Milliarden Euro beträgt dieser Anteil noch acht Prozent.

Großunternehmen sind allerdings auch stärker gefährdet als die kleineren Betriebe. Während über alle Unternehmensgrößen hinweg 79 Prozent der extern Beauftragten weniger als ein Jahr, 19 Prozent ein bis fünf Jahre und zwei Prozent mehr als zehn Jahre im Unternehmen tätig sind, beauftragen große Unternehmen Externe häufig deutlich länger: In Großunternehmen sind zehn Prozent der Externen länger als zehn Jahre für das jeweilige Unternehmen tätig.

Kommentare

Kommentar schreiben:

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Erhalten Sie jeden Monat die neusten Business-Trends in ihr Postfach!
X