Warum sich kleine Unternehmen mit Preiskalkulation beschäftigen sollten
Richtig kalkulieren

Warum sich kleine Unternehmen mit Preiskalkulation beschäftigen sollten

Michael Repschläger
Am

Spätestens seit Beginn des Jahres 2019 verdichten sich allmählich die Hinweise auf zukünftige Konjunktureintrübungen - diese sollten Betreiber kleiner Unternehmen zum Anlass nehmen, ihr Controlling zu optimieren: Bestandteil dieser Bemühungen sollte unbedingt auch die Preiskalkulation sein.

Für viele Unternehmer ist Preiskalkulation ein unangenehmes Thema

Erfahrungsgemäß handelt es sich bei der Kalkulation der Verkaufspreise um eine eher ungeliebte Angelegenheit in kleinen Unternehmen. In der Beratungspraxis erlebt man häufig eine gewisse Abwehrhaltung der Unternehmer, wenn die Sprache hierauf kommt. Worin diese Abneigung begründet ist, lässt sich nur erahnen. Die vorgebrachten Argumente gegen eine intensive Auseinandersetzung mit ihrer Preiskalkulation gleichen einander jedoch meist. Folgende Aussagen sind immer wieder von Inhabern oder Geschäftsführern zu hören: „Die marktüblichen Preise müssen sowieso von mir akzeptiert werden.” und „Ich kann ohnehin keine Preiserhöhungen durchsetzen.”

Aus Beratersicht sind derartige Überzeugungen äußerst gefährlich. Schließlich lassen Unternehmen, die sich nicht regelmäßig mit der Kalkulation ihrer Produkt- und / oder Dienstleistungspreise beschäftigen, eine Vielzahl von Vorteilen außer Acht. Bei der Preiskalkulation ist es wichtig, dass der Anbieter die in seinem Unternehmen Werteverzehre (Kosten) kennt.

Drei Gründe, warum im Unternehmensalltag nicht kalkuliert wird

Zuweilen entsteht der Eindruck, dass der Mittelstand womöglich ganz einfach das abbildet, was die Konkurrenz gerade in ihre Preisliste schreibt. Denn oftmals verbleibt die Preisfindung in Beratungsgesprächen sogar komplett im Dunkeln.

Anscheinend behagt es den Chefs kleiner Unternehmen nicht zu kalkulieren. Im Wesentlichen dürfte dieses Unbehagen folgende Gründe haben:

  1. Unkenntnis der verschiedenen Kalkulationsmethoden,
  2. fehlendes Know-how in Bezug auf die Herangehensweise,
  3. mangelndes Bewusstsein für die Vorteile.

Dieser Beitrag soll der realistischen Betrachtung der Vorteilhaftigkeit einer professionellen Preiskalkulation dienen. Schließlich liegen deren Vorzüge – sofern sie regelmäßig durchgeführt wird – auf der Hand.

Vier Vorteile der Kalkulation, die es zu nutzen gilt

1. Standortbestimmung und Wissenserwerb durch Preiskalkulation

Durch das saubere Kalkulieren von Produkten und Dienstleistungen erwirbt der Unternehmer Kenntnis darüber, ob und in welcher Höhe er mit diesen Gewinne erzielen kann. Dieses Wissen eröffnet ihm einerseits Eingriffsmöglichkeiten für den Fall, dass ein Preis schlichtweg zu niedrig angesetzt wurde. Andererseits wird durch die Preiskalkulation unweigerlich der Blick des Unternehmers für die Höhe und Zusammensetzung seiner Kosten und Preise geschärft.

2. Eingriffs- und Handlungsmöglichkeiten des Unternehmers durch Preiskalkulation

Die Durchführung von Kalkulationsrechnungen verschafft dem Unternehmer eine Vielzahl unterschiedlicher Möglichkeiten, zu agieren. Nachfolgend ein paar Beispiele dafür, was der Unternehmer tun kann.

Kosten senken: Denkbar ist in diesem Zusammenhang beispielsweise, Lieferantenverhandlungen anzustrengen. Sofern diese nicht zum gewünschten Ergebnis führen, empfiehlt sich, auf dem Einkaufsmarkt nach alternativen Anbietern Ausschau zu halten. Hierbei sollte allerdings immer ein Augenmerk darauf geworfen werden, dass der Güterbezug bei diesen trotzdem in ausreichender Qualität erfolgen kann. Zu leicht führen schlechte Rohstoffe zu einem mangelhaften Produkt und damit zu einer unzufriedenen Kundschaft.

Außerdem bietet sich die Überprüfung von Versicherungen und Energieanbietern an. Hier liegt erfahrungsgemäß häufig ungenutztes Kostensenkungspotenzial brach, da die entsprechenden Verträge meist nur unregelmäßig im Hinblick auf Erfordernis, Umfang und Konditionen überprüft werden.

Ferner kann überlegt werden, mit Augenmaß Investitionen zu verschieben, womöglich gar vollständig zu streichen.

Auf Teile des Gewinns verzichten: Hierzu kann der Unternehmer im Rahmen der Kalkulationsrechnung den Gewinn-Prozentsatz senken. Ein Gewinnverzicht kann in verschiedenen Situationen durchaus angebracht sein. Dieser kann durch den Verkauf anderer, zusätzlicher oder ergänzender Produkte / Dienstleistungen oftmals kompensiert werden.

Die Herstellung / den Verkauf eines Produktes oder einer Dienstleistung einstellen: Durch diese Vorgehensweise besteht die Möglichkeit, freiwerdende Kapazitäten anderweitig zu nutzen. Diese können dann für gewinnbringendere Alternativen eingesetzt werden.

Bewusst Verluste in Kauf nehmen: Dieses Verhalten kann z.B. eine Option sein, wenn das Unternehmen davon ausgehen muss, dass seine Kunden ein bestimmtes Produkt oder eine bestimmte Dienstleistung schlichtweg von ihm erwarten. In derartigen Fällen bestünde ggf. das Risiko, dass die Kunden nicht mehr bei ihm kaufen würden, wenn diese Produkte / Dienstleistungen im Angebot fehlen.

Ein weiterer Grund zur bewussten Inkaufnahme von Verlusten kann der Wunsch sein, Wettbewerber zu unterbieten und hierdurch „aus dem Rennen zu werfen“. Hierbei sollte man allerdings Vorsicht walten lassen, da natürlich die Gefahr besteht, dass die Wettbewerber ebenfalls an der Preisschraube drehen. Ein solcher Preiskrieg kann für alle Beteiligten durchaus ruinöse Folgen nach sich ziehen.

Fremdbezug: Häufig kann der Fremdbezug von Produkten zu günstigeren Konditionen geschehen als deren Eigenproduktion. Außerdem eröffnet der Einkauf bei externen Anbietern eine weitere Chance: Die eigenen Kapazitäten können für die Fertigung anderer, unter Umständen profitablerer, Artikel genutzt werden.

3. Lerneffekte: Möglichkeit, durch Nachkalkulation für die Zukunft zu lernen

Im Rahmen der Nachkalkulation bieten sich dem Unternehmen Prüfmöglichkeiten, die Antworten auf die folgenden Fragen geben:

  • Waren die bei Angebotserstellung getroffenen Annahmen korrekt?
  • Gab es Abweichungen gegenüber den Planungen? Wenn ja, in welcher Form und in welcher Höhe?

Somit resultieren aus der Nachkalkulation Chancen, einmal gemachte Fehler nicht zu wiederholen. Vielmehr wird dann aus ihnen gelernt, der Unternehmer kann es zukünftig besser machen.

4. Kenntnis der Preisuntergrenzen und deren Einhaltung

Kalkulation gibt Unternehmern eine Antwort auf die Frage, wo sich die Preisuntergrenzen der Produkte oder Dienstleistungen befinden.

Das Kennen der Preisuntergrenzen hilft bei verschiedenen Entscheidungen und Fragestellungen:

  • Bis zu welchem Betrag kann das Unternehmen mit dem aktuellen Verkaufspreis zurückgehen (und trotzdem noch die Kosten decken)?
  • Wie weit muss das Unternehmen den Verkaufspreis anheben, um zumindest eine Kostendeckung zu erreichen?
  • Lohnt es sich, bei nicht ausgelasteten Kapazitäten einen Zusatzauftrag anzunehmen?

Fazit

Natürlich ist auch in aller Deutlichkeit festzustellen, dass Preiskalkulation keine exakte Wissenschaft ist. Sie liefert zwar mathematisch korrekte Ergebnisse, allerdings sind für eine abschließende Preisgestaltung immer noch weitere Faktoren zu berücksichtigen. Exemplarisch seien die folgenden genannt:

  • Die Sensibilität der Kundschaft,
  • verkaufspsychologische Aspekte,
  • das Verkaufsgeschick des Unternehmers bzw. des Vertriebs,
  • die Rahmenbedingungen im Unternehmen und natürlich auch
  • das Verhalten des Wettbewerbs.

Trotzdem kann abschließend festgestellt werden, dass die Vorteile, die aus der konsequenten und regelmäßigen Auseinandersetzung mit der Thematik erwachsen, einen außerordentlich positiven Einfluss auf die Unternehmensführung haben.

Erklärvideo: So kalkulieren Sie faire Preise

Foto/Thumbnail: ©alphaspirit/Depositphotos.com

Über den Autor

Michael Repschläger

Michael Repschläger Der Diplom-Kaufmann (FH) Michael Repschläger berät bei MENTEL Steuer- und Wirtschaftsberatung in Bönningstedt bei Hamburg kleine und mittlere Unternehmen in betriebswirtschaftlichen Fragestellungen und zu digitalen Lösungen im Rechnungswesen. Das Beratungsunternehmen der Steuerberaterin Nicole Mentel, die auch als Fachberaterin für Controlling und Finanzwirtschaft (DStV e.V.) qualifiziert ist, arbeitet schwerpunktmäßig in der betriebswirtschaftlichen Beratung. www.steuerimgriff.de
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