Wie Sie den Wirtschaftsboom für Preiserhöhung nutzen
Marketing & Vertrieb

Wie Sie den Wirtschaftsboom für Preiserhöhung nutzen

Peter Schreiber
Am

Die Wirtschaft boomt. Deshalb sind für Hersteller von Investitionsgütern und Anbieter von Industriedienstleistungen aktuell die Voraussetzungen ideal, um Preiserhöhung durchzusetzen und somit ihre Gewinnmarge zu erhöhen. Einige Tipps, wie Unternehmen hierbei vorgehen sollten.

Preiserhöhung – viele Vertriebsmitarbeitern scheuen sich, mit dieser Zielsetzung in Vertragsverhandlungen zu gehen, denn in ihren Kundengesprächen hören sie fast täglich: „Ihr seid zu teuer“. Deshalb wagen sie oft nicht, an ein Preiserhöhung zu denken. Und wenn ihnen ihre Vorgesetzten höhere Preisvorgaben machen? Dann denken sie: „Die sind nicht durchsetzbar.“

Schritt 1: Die Verkäufer als Mitstreiter gewinnen

Wie also vergehen, wenn Ihr Unternehmen Preiserhöhung durchsetzen möchte? Dann gilt es zunächst, die Verkäufer als Mitstreiter zu gewinnen. Der erste Schritt hierzu ist, sie präzise über die Gründe zu informieren – zum Beispiel, indem die Geschäftsleitung ihnen in einer Vertriebstagung möglichst plastisch vor Augen führt, wie

  • sich die Rohstoffpreise entwickelt haben
  • sich die höheren Einkaufspreise auf die Gewinnmarge und den Ertrag ausgewirkt haben.

Diese Information sollte bezogen auf die verschiedenen Produkte und Produktgruppen erfolgen. Oder indem den Verkäufern am Beispiel der Kontrakte mit ausgewählten Schlüsselkunden aufgezeigt wird, wie positiv sich die geplanten höheren Preise auf den Ertrag auswirken, so dass das Unternehmen wieder mehr „Spielraum“ für Investitionen und zum Erhöhen der Löhne hat. Danach sollte der Appell erfolgen: „Bei der Preiserhöhung benötigen wir Ihre Unterstützung“ – möglichst durch ein Mitglied der Geschäftsleitung, um die Bedeutung dieser Entscheidung zu unterstreichen.

Die Verkäufer werden nach diesem Appell zumeist klagen: „Das geht nicht. Die Kunden sagen jetzt schon: Ihr seid zu teuer.“ Dass Verkäufer auf diese Art und Weise reagieren, ist normal. Denn sie hören täglich „Ihr seid zu teuer“. Deshalb haben sie diese Denke oft selbst verinnerlicht.

Verdeutlichen Sie Ihren Verkäufern deshalb folgende Punkte:

  1. Es gehört zum Job der Einkäufer zu sagen „Ihr seid zu teuer“. Denn sie sollen möglichst preiswert einkaufen. Deshalb sagen sie sogar bei Dumpingpreisen „Ihr seid teuer“, um eventuell noch vorhandene Spielräume auszuloten.
  2. Doch selbst, wenn dies nicht so wäre, dann müsste unser Unternehmen trotzdem die Preise erhöhen, wenn es die Ziele ‚…’ erreichen möchte.
  3. Auch die Einkäufer lesen Zeitung. Folglich wissen auch sie, dass zum Beispiel die Preise für … gestiegen sind; des Weiteren, dass gerade in den letzten Monaten Unternehmen recht häufig über Lieferprobleme klagten. Deshalb sind aktuell die Voraussetzungen ideal, um eine Preiserhöhung rational zu begründen.

Schritt 2: Den Verkäufern das Gefühl vermitteln „Es geht, wenn …“

Dies wird Ihre Verkäufer etwas besänftigen. Das enthebt Sie aber nicht von der Aufgabe, Ihre Verkäufer auf das Führen der „Preisanpassungsgespräche“ vorzubereiten – nicht nur, weil sie eine Gesprächsstrategie brauchen. Vielmehr gilt es auch, ihre mentalen Widerstände gegen solche Gespräche abzubauen, indem Sie ihnen das Gefühl vermitteln: „Wenn ich’s richtig anpacke, kann ich das Ziel erreichen.“ Sonst stehen Ihre Verkäufer in den Gesprächen auf verlorenem Posten, denn wenn die Einkäufer ihre Unsicherheit spüren, hebeln Sie auch leicht ihre Argumentation aus.

Lassen Sie sich beim Vorbereiten der Verkäuferschulung von folgenden Gedanken leiten:

  1. Jede Preiserhöhung ist letztlich eine normale Preisverhandlung. Der einzige Unterschied: Das Vorzeichen des Gesprächs lautet nicht, wie viel geht der Preis nach unten, sondern um wie viel geht er nach oben. Also muss eine Preiserhöhung wie jede Vertragsverhandlung vorbereitet werden.
  2. Der höhere Preis muss jedem Kunden individuell verkauft werden. Also sollten Ihre Verkäufer für jeden Kunden eine spezifische Argumentationskette erarbeiten. Hierfür benötigen sie unter anderem die Information: Welche Umsätze erzielten wir mit dem Kunden in den zurückliegenden Jahren? Wie war die Umsatz-/Preisentwicklung? Welchen Lieferanteil haben wir bei ihm? Wo liegen Cross-Selling-Möglichkeiten? Außerdem sollten Sie im Vorfeld analysieren: Vor welchen Herausforderungen steht der Kunde? Wie verlief die bisherige Zusammenarbeit? Diese Infos bilden das „Rohmaterial“, aus dem die kundenspezifische Argumentationskette und Gesprächsstrategie entworfen wird.

Schritt 3: Mit den Verkäufern Gesprächsstrategien erarbeiten

Basierend auf diesen Grundgedanken sollten Sie Ihre Verkäufer trainieren, ihre „Preisanpassungsgespräche“ vorzubereiten und zu führen. Dabei lautet die Regel: zunächst die nötige Gesprächsatmosphäre schaffen. Dies gelingt Ihren Verkäufern am einfachsten, indem sie dem Kunden nochmals vor Augen führen, welchen Nutzen er von der Zusammenarbeit hat. Jedoch nicht, indem sie ihm dies sagen, sondern indem sie fragen: Wie lief dies? Wie lief das? Hat sich jene Lösung bewährt?

Danach kann der Verkäufer das Gespräch zum Thema „Preisanpassung“ überleiten – zum Beispiel, indem er zunächst die Entwicklung der Rohstoffpreise anspricht, bevor er hieraus ableitet, was dies für Ihr Unternehmen bedeutet. Nun kann der Verkäufer seine ganze kundenspezifische Argumentationskette entrollen, bevor der Abschluss folgt: „Deshalb müssen wir unsere Preise um 5,2 Prozent erhöhen.“

Nach dieser Aussage Ihres Verkäufers wird dessen Gesprächspartner – ganz gleich, wie gut die Erhöhung begründet ist – empört aufschreien und eventuell sogar drohen „Dann ist unsere Zusammenarbeit beendet“. Bereiten Sie Ihre Verkäufer also auf diese Kundenreaktion vor, damit sie bei einer solchen Drohung zum Beispiel gelassen erwidern: „Das haben wir uns gedacht. Deshalb haben wir nochmals mit unseren Zulieferern verhandelt. Außerdem haben wir unsere Prozesse weiter optimiert. Dadurch konnten wir einen großen Teil der Kostensteigerungen auffangen, weshalb wir letztlich eine Preiserhöhung um nur 3,9 Prozent durchführen müssen.“ Daraufhin wird dem Verhandlungspartner Ihres Verkäufers ein Stein vom Herzen fallen: Denn 3,9 Prozent klingen schon anders als 5,2 Prozent.

Solche Argumentationsmuster sollten Sie (zum Beispiel als Vertriebsleiter) mit Ihren Verkäufern erarbeiten, denn die Erfahrung zeigt: Alleine fällt es vielen schwer, ausreichend technische, wirtschaftliche und emotionale Argumente zu identifizieren, um eine Preiserhöhung zu legitimieren. Und noch schwerer fällt es Ihnen, diese in eine kundenspezifische Argumentationskette und Gesprächsstrategie zu integrieren.

Schritt 4: Mit den Verkäufern das Führen der Preisanpassungsgespräche trainieren

Doch selbst, wenn Ihre Verkäufer dem Kunden schlüssig darlegen, warum Ihr Unternehmen eine Preiseerhöhung durchsetzen muss, ist das Ziel noch nicht erreicht, denn der Kunde hat Ihren Wunsch noch nicht akzeptiert. Es wurde sozusagen nur die Basis für die eigentliche Preisverhandlung geschaffen. In dieser Verhandlung muss Ihr Verkäufer das gesamte Instrumentarium einsetzen, das er auch sonst bei Vertragsverhandlungen nutzt. Hierzu zählt der Versuch, die Preiserhöhung zu relativieren. Zum Beispiel, indem er sagt: „Unser Bauteil hat bei Ihren Produkten einen Stückkostenanteil von 4 Prozent. Wenn wir unsere Preise um 3,9 Prozent erhöhen, steigen Ihre Stückkosten nur um circa 0,17 Prozent, also 13,2 Euro.“ Oder indem er sagt: „Lieber Kunde, die Preisanpassung bewegt sich bei den einzelnen Warengruppen zwischen null und zwölf Prozent. Da Sie vermutlich vor allem interessiert, wie sich die Preisanpassung insgesamt auf Ihre Kosten auswirkt, habe ich errechnet, wie viel mehr Sie bei den angepassten Preisen für Ihre Bestellungen in den letzten drei Monaten bezahlt hätten – insgesamt nur 1,81 Prozent.“

Zögert der Kunde weiterhin die „Preiserhöhung“ zu akzeptieren, sollte der Verkäufer ihm Vorschläge unterbreiten, wie die Preisdifferenz eventuell kompensiert werden kann – gemäß der Maxime „Wenn du mir dies gibst, erhält du jenes“. Geht Ihr Verkäufer dabei geschickt vor, kann das Ergebnis der nun folgenden Verhandlung sogar eine engere Kundenbindung sein. Die Argumentation Ihres Verkäufers kann zum Beispiel wie folgt lauten: „Lieber Kunde, ich habe mir überlegt, wie wir einen Teil der 3,9 Prozent kompensieren könnten. Wäre es Ihnen zum Beispiel möglich, unseren Lieferanteil beim Produkt x von 28 auf 35 Prozent zu erhöhen? Dies wäre für uns ein ‚geldwerter Vorteil’. Dann könnte ich Ihnen im Gegenzug anbieten, …“ Solche verkaufstaktischen und -strategischen Verhandlungselemente sollten Sie mit Ihren Verkäufern nicht nur entwerfen. Sie sollten mit ihnen auch deren Einsatz trainieren. Denn nur dann können Ihre Verkäufer im Kundengespräch auf die Einwände und Finten ihrer Verhandlungspartner mit der nötigen Gelassenheit und Flexibilität reagieren.

Über den Autor

Peter Schreiber

Peter Schreiber Peter Schreiber ist Inhaber der B2B-Vertriebs- und Managementberatung Peter Schreiber&Partner in Ilsfeld bei Heilbronn. Er ist u.a. Dozent an der IHK-Akademie München in Westerham und am VDI Fortbildungszentrum Stuttgart sowie Lehrbeauftragter an der Hochschule Mannheim. schreiber-training.de
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