5 Optionen, wie Sie als Unternehmen auf Kritik im Social Web reagieren können
“Wie sollen wir auf kritische Kommentare im Social Web reagieren?“ ist eine häufige Frage, die sich Mitarbeiter und Unternehmer stellen. Die Angst vor öffentlicher Kritik ist in vielen Betrieben stark ausgeprägt, teilweise aus eigener Erfahrung, teilweise einfach nur als diffus vorhandene Sorge. Wie kann man der Kritik begegnen?
Pauschal lässt sich die Frage jedoch nicht beantworten. Deshalb im Folgenden fünf mögliche Optionen, mit denen auf Kritik im Social Web geantwortet werden kann. Welche der Optionen im Einzelfall angebracht ist, sollten Sie im Hinblick auf die konkrete Situation, das Unternehmensimage bzw. die Marke sowie den Kritisierenden und seine Intention abwägen.
Da die meiste Kritik wohl über Facebook geäußert wird (von reinen Twitter-Shitstorms mal abgesehen), beziehen sich die meisten Beispiele auch auf das größte Social Network. Übermäßige Kritik auf Plattformen wie Instagram oder Pinterest sind selten, auf anderen wie Snapchat quasi gar nicht vorhanden. Selbst bei YouTube ärgern sich Unternehmen eher über zu wenig Kommentare als über kritische. Facebook dient uns daher im Folgenden als exemplarische Plattform.
Option 1: Ignorieren
Das Einfachste ist natürlich, einfach gar nicht auf die Kritik zu reagieren. Lassen Sie den Kommentar einfach stehen und beachten Sie ihn nicht weiter.
Diese Option bietet sich vor allem an, wenn es ein kritischer Kommentar unter vielen neutralen oder positiven ist und er keine größere Beachtung findet. Sie sollte jedoch nur angewendet werden, wenn sich hinter der Kritik kein reales Problem verbirgt, das Sie lösen sollten oder können. Vor allem chronische Trolle, die einfach um des Kritisierenswillen kritisieren, ohne ein echtes Anliegen zu haben, sollten am besten ignoriert werden. Die Gefahr liegt darin, dass sich der Kommentator unverstanden oder nicht ernst genommen fühlt. Vor allem, wenn ihm dann weitere Nutzer beispringen, kann eine größere Welle entstehen. Ignorieren ist daher eine zwar einfach anzuwendende, aber nicht ungefährliche Option.
Option 2: Verbergen
Facebook bietet bei Kommentaren auf Fanpages die Option an, den Kommentar einfach auszublenden. Das ist dann quasi die nächste Stufe des Ignorierens. Der Kommentator erhält keine Antwort auf seinen Beitrag. Der Vorteil des Verbergens ist, dass der Urheber den Kommentar weiterhin sieht. Auch seine Freunde sehen den Kommentar weiterhin ganz normal unter dem Beitrag. Für alle anderen Nutzer jedoch ist der Kommentar unsichtbar.
Damit ist die Gefahr, dass der Urheber des kritischen Kommentars merkt, dass sein Kommentar ausgeblendet wurde, sehr gering, was den Vorteil gegenüber dem direkten Löschen darstellt. Für viele Unternehmen ist gerade bei einem aufziehenden Shitstorm das Verbergen das erste Mittel der Wahl. Zu beachten ist jedoch, dass das Verbergen einer Zensur gleichkommt. Ein produktiver Dialog findet nicht mehr statt. Eine wirkliche Lösung kann Verbergen daher nicht darstellen, zumindest nicht dauerhaft. Sie müssen für sich und Ihr Unternehmen eine Maßgabe definieren, welche Art von Kommentaren Sie noch akzeptieren und wo Ihre Grenzen liegen.
Wenngleich Verbergen keine allgemeingültige Lösung ist, ist es oft besser als die erste Option, das Ignorieren. Gehen Sie einfach mit Fingerspitzengefühl vor. Sie können bei Facebook Kommentare verbergen, in dem Sie auf das kleine Pfeilchen rechts neben dem Kommentar klicken. Im Aufklappmenü erhalten Sie dann die Option „Kommentar verbergen“.
Option 3: Löschen
Das Löschen ist die stärkste Form der Zensur. Der Kommentar ist weg und sowohl der Ersteller als auch alle, die den Kommentar bereits gelesen haben, bekommen das mit. Wenn Sie Kommentare löschen, sollten Sie dafür einen guten Grund haben. Gründe können zum Beispiel rechts- oder ehrverletzende Inhalte, Fremdwerbung oder Beleidigungen sein. Solche Spielregeln können Sie auch in einer Netikette definieren. Wenn Sie Kommentare löschen, sollten Sie das nach Möglichkeit in einem eigenen Kommentar kurz erklären. Dadurch wird klar, dass Sie nicht einfach wild „herumzensieren“, sondern ein klarer Regelverstoß vorlag. Auch ein Verweis auf die Netikette (die z.B. als Facebook-App angelegt oder auf der Website stehen kann) ist hilfreich.
Gehen Sie beim Löschen sehr selektiv vor. Nur weil Ihnen die Meinung oder die Aussage des anderen nicht passt, ist das noch kein Grund zum Löschen. Kritischer Dialog ist ein wichtiger Teil des Social Webs und viele große Shitstorms sind erst durch das Löschen von Kommentaren entstanden. Niemand lässt sich gern den Mund verbieten und wer sich dann erst Recht Luft macht, erhält oft Zustimmung von Dritten.
Option 4: Auf die gleiche Art antworten
Die vierte Option eignet sich bei Weitem nicht für jedes Unternehmen, ist aber in letzter Zeit immer häufiger anzutreffen. Sowohl Konzerne wie die Deutsche Bahn als auch Medien wie Die Welt schießen in ihren Kommentaren hin und wieder mal genauso patzig oder frech zurück, wie es im Ursprungskommentar der Fall war. Solche Reaktionen von Unternehmen ernten in Fachkreisen häufig großes Lob, sind aber ein sehr zweischneidiges Schwert.
Grundsätzlich sollte immer Respekt und Achtung vor dem Nutzer bzw. Kunden vorhanden sein. Das kommt in derartigen Antworten jedoch nicht immer zum Ausdruck. „Zurückschießen“ eignet sich daher nur, wenn der kritische Kommentar offensichtlich unberechtigt, überzogen oder gar absurd war. Und selbst dann sollte Ihre Marke entsprechend aufgestellt sein, um durch solche Antworten keinen Schaden zu nehmen. Der selbsternannte Saftladen „True fruits“, seines Zeichens Marktführer im Smoothie-Segment und Social Media-Superstar im Lebensmittelmarkt, ist berühmt für seine sarkastischen Antworten auf freche Kommentare. Allerdings handelt es sich auch um ein betont junges und „hippes“ Unternehmen mit Start-Up-Flair, das sich so etwas durchaus erlauben kann. Bei der Bahn kamen ähnliche Antworten deutlich weniger gut an.
Neben einem Ausgangskommentar, der eine solche Antwort verdient hat, und einem entsprechenden Unternehmensimage benötigen Sie für diese Option auch ein gehöriges Maß an textlicher Finesse, Fingerspitzengefühl und Charme, um nicht selbst beleidigend zu werden. Ich würde die Option Nr. 4 nur in wenigen Fällen als ernsthafte Antwortmöglichkeit empfehlen.
Option Nr. 5: Ernst nehmen und handeln
Die letzte Option ist die eigentlich wichtige. Ein wesentlicher Teil der Kritik, die Sie im Social Web erhalten werden, enthält vermutlich zumindest einen Kern, der nachdenkenswert ist. Warum fühlt sich der Ersteller so? Was musste passieren, damit er sich die Mühe macht, Ihre Facebook-Seite aufzurufen und einen Kommentar zu formulieren? Und was können Sie tun, damit er die Situation mit einem besseren Gefühl verlässt?
Kritik ist immer die Folge einer Dissonanz. Der Kunde hat eine bestimmte Situation erwartet und eine andere vorgefunden. Inwiefern seine Erwartung gerechtfertigt war oder eine Interpretation der tatsächlichen Situation berechtigt ist, sei mal dahingestellt. Nehmen Sie ihn in seinem Gefühl ernst. Bieten Sie Hilfestellungen und Lösungsvorschläge an. Speisen Sie ihn nicht mit Standardfloskeln ab.
Selbst wenn Sie nicht direkt die Lösung haben, zeigen Sie, dass Sie den Kommentar gelesen und verstanden haben und sich nun um eine Lösung bemühen. Das sollten Sie in einem Antwortkommentar zum Ausdruck bringen. Es ist völlig legitim, die weitere Kommunikation dann in einen geschützten Raum zu verlagern, z.B. per E-Mail, Telefon oder Facebook-Chat. Wenn Sie das jedoch tun, kommentieren Sie am Ende noch einmal, dass Sie sich freuen, dass das Problem aus der Welt geräumt werden konnte. Andere Nutzer, die den kritischen Kommentar sehen, sollen nun auch sehen, dass Sie dem Ersteller tatsächlich weitergeholfen haben. Und vielleicht ist es sogar sinnvoll, den Lösungsweg öffentlich zu posten, damit Menschen, die ein ähnliches Problem haben, die Lösung darüber finden und gar nicht erst kritisch kommentieren müssen.
Kritik ist eine Chance. Kunden, die kritisieren, haben Sie noch nicht aufgegeben, im Gegensatz zu den Stillen, die zumindest innerlich bereits abgewandert sind. Mit Ausnahme von offensichtlichen Trollen und den üblichen Hatern sollten Sie Kritik im Social Web offen, hilfsbereit und wertschätzend begegnen – eben „social“ im besten Sinne des Wortes.
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