Selbständige sollten Angebote nachfassen
Marketing & Vertrieb

Selbständige sollten Angebote nachfassen

Walter Kaltenbach
Am

Handwerker und ähnliche Gewerbetreibende schreiben oft zahlreiche Angebote, doch sie fassen diese entweder nie oder nur halbherzig nach. Unter anderem, weil sie wissen: Irgendwann sagt der Kunde, „Ihr Mitbewerber ist aber günstiger“ und dann haben sie keine Argumente für den höheren Preis.

„Wenn ein Kunde sich für mein Angebot interessiert, meldet er sich schon.“ So reagieren viele Handwerker und Gewerbetreibende auf die Frage, warum sie trotz Auftragslöchern oft lieber ihre Werkstatt oder Büro aufräumen statt Angebote nachzufassen. Und fragt man sie, ob ihnen die fehlenden Aufträge keine Kopfschmerzen bereiten, erhält man häufig die lakonische Antwort: „Irgendwie lief es bisher immer, und es wird auch künftig laufen.“ Das dachten schon viele Selbstständige. Doch irgendwann stand der Gerichtsvollzieher vor der Tür.

Doch selbst, wenn alles gut geht: Reich werden Selbstständige mit einer solchen Auftragsakquise nach dem Prinzip Zufall nicht. Denn weder können sie so für eine gleichmäßige Auslastung ihres Betriebs sorgen, noch dafür, dass sich die gewonnenen Aufträge wirklich lohnen. Denn immer wieder stellt man bei (Handwerks-)Betrieben fest: Je näher der Zeitpunkt rückt, dass dem Betrieb Aufträge fehlen, umso mehr Druck spürt dessen Inhaber im Nacken. Und umso größer wird seine Bereitschaft, Aufträge um jeden Preis anzunehmen – zuweilen sogar zu dem Preis, dass von Anfang sicher ist: Dieser Auftrag lohnt sich nicht.

Handwerker wissen zu wenig über ihre Kunden

Das wissen die meisten Handwerker. Trotzdem scheuen sich viele, aktiv auf Kunden zuzugehen, um neue Aufträge an Land zu ziehen. Selbst Angebote fassen sie oft nicht – oder nur halbherzig – nach. Eine Ursache hierfür ist, dass sie keinesfalls den Eindruck erwecken möchten, sie seien solche „Klinkenputzer“ wie Versicherungsvertreter, „die nichts gelernt haben, außer Kunden etwas aufschwatzen“.

Oft schrecken Handwerker auch vor einem Nachfassen ihrer Angebote zurück, weil sie wissen: Meist holen die Kunden bei mehreren Handwerkern Angebote ein. Deshalb sagt der Kunde beim Nachfassen wahrscheinlich irgendwann: „Ihr Angebot ist okay, aber leider ist Ihr Preis höher als der Ihrer Mitbewerber.“ Dann stecke ich in der Bredouille, weil mir Argumente für den höheren Preis fehlen. Deswegen kann ich eigentlich nur Preiszugeständnisse machen.

Dass viele Handwerker beim Nachfassen von Angeboten in diese Klemme geraten, hat folgende Ursache: Sie wissen meist zu wenig über ihre Kunden und das, was diese möchten. Sie sammeln, wenn sie sich mit ihnen treffen, um ihren Bedarf zu erkunden, zwar alle möglichen „technischen Informationen“, so als ob der Kunde acht oder zehn Fenster, Holz- oder Kunststofffenster möchte. Sie ermitteln aber zum Beispiel nicht, wie wichtig ihm neben dem Preis solche Bedingungen sind wie, dass

  • ein bestimmter Termin eingehalten wird,
  • auch alle Arbeiten drum herum erledigt werden und
  • die Nachbarn anschließend sagen „Das sind aber schöne Sprossenfenster.“

Diese Faktoren sollten Sie erkunden, denn dann wird das Verkaufen zum Kinderspiel. Denn nun können Sie Ihr Angebot genau auf die Bedürfnisse des Kunden zuschneiden. Und Sie können ihm in Ihrem Angebot nochmals plastisch vor Augen führen, dass Sie der beste Anbieter sind.

Angebote sind schriftliche Verkaufsgespräche

Nur wenige Handwerker nutzen diese Chance. Meist gleichen ihre Angebote technischen Datenblättern, in denen zahllose Einzelpositionen aufgelistet sind. Entsprechend flüchtig lesen die Kunden ihre Angebote, bevor ihr Auge an einer Zahl hängen bleibt: Den Gesamtkosten. Alles konzentriert sich für sie auf diese Zahl.

Dies können Sie vermeiden, wenn Sie den Kunden in Ihren Angeboten zunächst signalisieren: „Ich habe dir zugehört. Ich habe dich verstanden und nehme deine Wünsche ernst.“ Dies können Sie tun, indem Sie vor Ihrem eigentlichen Angebot zum Beispiel schreiben: „Danke für die Zeit, die Sie sich für unser Gespräch nahmen. Ihren Aussagen entnahm ich, dass Sie die Fenster an der Vorderseite Ihres Hauses durch Sprossenfenster ersetzen möchten, die

  • den Villencharakter Ihres Hauses unterstreichen,
  • den Verkehrslärm der vorbeiführenden Straße soweit wie möglich dämmen,
  • ihre Wohnräume wärmeisolieren,
  • außerdem sagten Sie, dass der Einbau bis zum 16. Juni erfolgen muss, damit Sie das Haus Anfang August beziehen können, und das von Ihnen beauftragte Unternehmen nach dem Fenstereinbau auch die nötigen Gipserarbeiten erledigen soll, damit die Wände tapeziert werden können,
  • basierend auf diesen Wünschen unterbreite ich Ihnen folgendes Angebot …“

Dem Kunden signalisieren „Ich habe dich verstanden“

Indem Sie für Ihre Kunden solche Angebote verfassen, signalisieren Sie ihnen: Der Handwerker hat mich verstanden. Er weiß, was mir wichtig ist. Bei ihm bin ich in guten Händen. Diesen Eindruck verstärken Sie, wenn Sie nach Ihrem eigentlichen Angebot zum Beispiel schreiben. „Bestandteil unseres Angebots sind folgende garantierte Leistungen:

  • Der Auftrag wird bis zum 10. Juni ausgeführt, so dass wir am 11. Juni den Einbau gemeinsam begutachten können und eventuell von Ihnen gewünschte Nachbesserungen bis zum 16. Juni ausgeführt sind,
  • Nach dem Einbau reinigt eine Putzfrau die Räume …“

Hier können Sie alles auflisten, von dem Sie den Eindruck haben: Dies ist dem Kunden wichtig. Dadurch verstärken Sie den Eindruck, dass Sie ein guter Dienstleister sind. Sie vermeiden außerdem, dass die „Gesamtkosten“ der letztgenannte Punkt in Ihrem Angebot sind. Vielmehr führen Sie dem Kunden am Schluss nochmals Ihre Vorzüge vor Augen.

Mit einem solchen Angebot heben Sie sich, insbesondere wenn es dem Kunden persönlich überreichen und nochmals erläutern, positiv von Ihren Mitbewerbern ab. Entsprechend leicht fällt es Ihnen – wenn Sie nicht sofort nach der Angebotspräsentation den Auftrag erhalten – beim Kunden anzurufen, um das Angebot nachzufassen. Dies ist wichtig, denn nun beginnt erst das eigentliche Verkaufen. Alles was bisher geschah, war für den Verkaufsprozess zwar wichtig, aber letztlich nur ein unverbindliches Vorgeplänkel. Dennoch hat der Kunde Ihnen den Auftrag nicht erteilt – und dies, obwohl Ihr Preis einige Hundert, wenn nicht gar Tausend Euro höher ist, als das des günstigsten Mitbewerbers. Darum und um nichts anderes geht es beim Nachfassen von Angeboten. Das wissen die meisten Handwerker. Deshalb schrecken sie davor zurück, denn sie wissen: Mir fehlen die nötigen Argumente zum Rechtfertigen des höheren Preises.

Das Nachfassen des Angebots kann so einfach sein

Anders geht es Ihnen, wenn Sie die Bedürfnisse Ihres Kunden sauber erkundet und ihm ein Angebot, wie das oben skizzierte, unterbreitet haben. Dann können Sie auf den Einwand des Kunden, „Sie sind zu teuer“, gelassen erwidern: „Das überrascht mich nicht, dass unsere Preise über denen einiger Mitbewerber liegen. Aber dafür bauen wir in ihr Haus Fenster ein, die … Außerdem garantieren wir Ihnen …“ Sie diskutieren mit dem Kunden folglich nicht über den Preis, sondern führen ihm erneut die Vorzüge Ihres Angebots vor Augen. Wenn Sie so vorgehen, ist die Chance groß, dass Sie – trotz des höheren Preises – den Auftrag erhalten.

Und wenn der Kunde dabei bleibt, dass Sie zu teuer sind? Dann erwidern Sie zum Beispiel gelassen: „Kein Problem! Ich kann Ihnen denselben Preis wie unsere Mitbewerber bieten. Dann müssen wir aber statt der vorgeschlagenen Fenster, die die optimale Dämmung haben, Fenster einbauen, bei denen sie, wenn schwere LKWs vorbeifahren, noch ein leises Brummen hören.“ Oder: „Dann müssen wir nur noch einmal darüber sprechen, wer nach dem Einbau der Fenster die Wände verputzt.“ Dann ist vielen Kunden die Preisdifferenz plötzlich nicht mehr so wichtig, denn auf die Vorzüge Ihres Angebots wollen Sie nicht verzichten.

Über den Autor

Walter Kaltenbach

Walter Kaltenbach Walter Kaltenbach ist Inhaber des auf den technischen Vertrieb spezialisierten Trainings- und Beratungsunternehmens Kaltenbach Training. Das Unternehmen auch bei der Auswahl der richtigen Verkäufer sowie Führungskräfte im Vertrieb unterstützt. Er ist Autor des Buchs „Was im Verkauf wirklich zählt!: Die besten Methoden für volle Auftragsbücher“
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