Florian Grigoleit

„Aus Angst vor negativem Feedback stellt man in der Gründungsphase falsche Fragen“

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Onpulson im Gespräch mit Florian Grigoleit, Co-Founder und CEO des Start-ups modelwise. Ihr KI-gesteuertes Programm unterstützt Ingenieure, in dem es frühzeitig potenzielle Konstruktions- und Designmängel erkennt. Florian Grigoleit berichtet über die Herausforderungen in der Gründungsphase und über zukünftige Pläne.

Name: Florian Grigoleit
Geburtsjahr: 1985
Position: Co-Founder und CEO der modelwise GmbH

Vita: Florian Grigoleit ist CEO und Mitgründer von modelwise, einem Start-up, das KI-basierte Software für automatisierte Sicherheitsanalysen anbietet. Im Zuge seiner Promotion an der Technischen Universität München forschte der Ingenieur sechs Jahre zu modellbasierter Logik und KI und lernte dabei seine Co-Founder kennen. Gefördert durch das Exist-Forschungsstipendium, gründeten sie 2021 modelwise und wurden kurz darauf in das Berkeley SkyDeck Accelerator-Programm aufgenommen.

Florian Grigoleit ist Co-Founder und CEO von dem Start-up modelwise. Ihre KI-Software unterstützt in bestimmten Projektbereichen die menschlichen Fähigkeiten der Ingenieure für ein sicheres Produkt. Foto: ©modelwise GmbH

Ein Jahr später folgte mit dem weiterentwickelten „Paitron“ der Markteintritt in die Prozessindustrie in Deutschland, Japan und den USA. Für den Einsatz von KI, um frühzeitig Fehler in Technik oder Design zu erkennen, zeichnete ihn das Project Management Institute 2023 als Future 50-Preisträger aus.

Onpulson: Was ist das Geschäftsmodell Ihres Unternehmens?

Florian Grigoleit: Unser Unternehmen modelwise entwickelt Software für automatisierte, funktionale Sicherheitsanalysen. Mit unserem Produkt Paitron nutzen wir ein KI-gesteuertes Programm, das frühzeitig potenzielle Konstruktions- und Designmängel erkennt. Ingenieure sind Menschen und Menschen machen Fehler. Aus diesem Grund nutzen wir Künstliche Intelligenz: Unsere KI unterstützt und ergänzt in bestimmten Projektbereichen die menschlichen Fähigkeiten der Ingenieure und hilft ihnen dabei, ein sicheres Produkt zu bauen.

Wir vergleichen Paitron mit einer Art Rechtschreibprüfung für Ingenieurteams: Das Ziel besteht darin, Zeitvorgaben für die Durchführung funktionaler Sicherheitsbewertungen von Systemen durch Automatisierungen erheblich zu verkürzen. Zu spät erkannte Designfehler können kostspielig sein. Paitron kann diese frühzeitig erkennen und Unternehmen und Projektteams Zeit und Geld einsparen.

Onpulson: Erst kommt die Vision, dann die Gründung. Wie sind Sie auf Ihre Geschäftsidee gestoßen?

Florian Grigoleit: Während meiner Zeit als Doktorand an der Technischen Universität München habe ich gemeinsam mit meinen Mitgründern Arnold Bitner und Iliya Valchev bereits zur Anwendung von Künstlicher Intelligenz im Ingenieurswesen geforscht. Durch erste Proof-of-Concept-Projekte mit Partnern wie Siemens stand für uns früh fest, dass wir substanziell schnellere Ergebnisse liefern, als es in der Industrie zu dem Zeitpunkt möglich war. Überzeugt vom Potenzial unserer Technologie, war schnell klar, im Anschluss an meine Promotion zu gründen.

Über das Unternehmen

modelwise GmbH
Stuckstr. 4
81677 München
Gründungsjahr: 2020
Mitarbeiter: 9
Telefon: +49 176 95 88 61 40

Onpulson: Neben einer guten Idee spielt auch die Team-Zusammensetzung oft eine entscheidende Rolle. Wie setzt sich das Team bei Ihnen zusammen?

Florain Grigoleit: Im Kern besteht das Team aus uns drei Gründern. Iliya Valchev ist als CTO verantwortlich für die Softwareentwicklung. Arnold Bitner verantwortet als CRO die Bereiche Sales, Marketing und den Customer Service. Ich, als CEO, bin für die Themen Finance, Fundraising und (Projekt-)Management zuständig. Im Moment unterstützt uns ein diverses, neunköpfiges Team aus fünf verschiedenen Ländern. Gemeinsam arbeiten wir an der Vision, mit unserer Software die sichere und zuverlässige Entwicklung und Herstellung von Produkten im Ingenieurwesen zu revolutionieren.

Ein Teil des Teams von modelwise. Foto: ©modelwise GmbH

Onpulson: Wie differenzieren Sie sich von Ihren Wettbewerbern?

Florian Grigoleit: Unsere Wettbewerber setzten vor allem auf Verbesserungen in der Prozessbeschreibung und Dokumentation für Mitarbeitende. Für funktionale Sicherheits- und Risikoanalysen müssen tausende Bauteile und Faktoren berücksichtigt werden, was das menschliche Gehirn an seine Grenzen bringen kann. Wir nutzen daher mit Paitron Künstliche Intelligenz, welche diese teils auch langweiligen (Risiko-)Analyseschritte automatisiert. So können frühzeitig Design- und Konstruktionsfehler erkannt werden, was Projekten viel Zeit und Geld spart.

Onpulson: Was war Ihre Motivation Unternehmer zu werden?

Florian Grigoleit: Etwas Erfolgsversprechendes mit einem leistungsstarken Team aufzubauen, fand ich schon immer sehr spannend. Allerdings fehlten mir zunächst die zündende Idee, das Team und der wirtschaftliche Hintergrund. Als ich mit meiner Forschungsgruppe an der TUM all das gefunden hatte, musste ich nicht lange überlegen: Die Chemie hat von Anfang an gestimmt, wir ergänzen uns ideal in unseren unterschiedlichen Interessen und Fähigkeiten und waren überzeugt, gemeinsam ein innovatives Produkt erfolgreich entwickeln zu können.

Onpulson: Welche unternehmerischen Ziele haben Sie für die nächsten 3 Jahre?

Florian Grigoleit: Mir ist beim Managen unserer Firma bzw. unseres Produkts und unseren Projekten wichtig, nicht rückwärtszurechnen und Ziele in Timelines zu pressen. Wir entwickeln und entscheiden uns Bottom-up für die geeignetsten Maßnahmen und realistische Ziele. Dieses Jahr haben wir eine neue Finanzierungsrunde abgeschlossen.

Bis 2026 werden wir nicht nur zeigen, dass es einen Markt und Bedarf für unser Produkt gibt, sondern auch, dass unser Geschäftsmodell funktioniert und skalierbar ist. Dazu soll auch unser aktuell zehnköpfiges Team auf 60 bis 100 Mitarbeitende wachsen. Unser Ziel bis dahin ist ein Jahresumsatz von 10 Millionen Euro.

Onpulson: Was waren die größten Herausforderungen in der Gründungsphase?

Florian Grigoleit: Der Sprung von einer wissenschaftlichen Software hin zu einem Produkt für die Industrie war für uns ein großer Schritt. Zwar hatten wir als Wissenschaftler an der Universität viele Thesen, was die Wirtschaft brauchen könnte, die Realität war allerdings eine andere. Auch waren wir anfangs über den EXIST-Forschungstransfer finanziert, mit dem Schritt in die privatwirtschaftliche Finanzierung hatten wir bis dahin keine Erfahrung und mussten uns erstmal neu orientieren.

Onpulson: Wie wirkt sich der Ukraine-Krieg auf Ihr Unternehmen aus?

Florian Grigoleit: Wir haben einige Kunden, die in den Bereich von Liquid Natural Gas investieren. In diesem Sinne wirkt sich der Ukraine-Krieg sogar leicht positiv auf uns aus. Die allgemeine daraus resultierende wirtschaftliche Lage und Konsequenzen auf die Automobilbranche wiederum eher negativ.

Onpulson: Ein Unternehmen zu gründen und zu expandieren, kostet Geld. Wie finanzieren Sie sich?

Florian Grigoleit: In der Anfangszeit wurden wir gute zwei Jahre vom EXIST-Forschungstransfer unterstützt. Seitdem sind wir in erster Linie Risikokapital finanziert. Wir haben mehrere Venture-Kapitalgeber im Hintergrund.

Onpulson: Welchen Tipp möchten Sie an andere Gründer gerne weitergeben?

Florian Grigoleit: Sprecht mit euren Kunden, und zwar vom ersten Tag an. Das ist der klassische Fehler, den Start-ups machen. Aus Angst vor negativem Feedback stellt man in der Gründungsphase falsche Fragen und weiß letztendlich zu spät von Bedürfnissen und Wünschen potenzieller Kunden.

Onpulson: Warum sollten Fach- und Führungskräfte sich bei Ihrem Unternehmen bewerben?

Florian Grigoleit: Wir bieten ein internationales Firmensetting und die einzigartige Gelegenheit, an einem Produkt zu arbeiten, dass eine wichtige Industrie aktuell revolutioniert. Modelwise ist ein deutsch-amerikanisches Unternehmen mit Mitarbeitenden aus fünf Ländern und diversen Hintergründen. Ziel ist es, in den nächsten vier Monaten drei bis vier neue Mitarbeitende einzustellen, sowohl Softwareentwickler als auch Unterstützung für das Sales-Team und eine Teamassistenz.

Uns ist dabei wichtig, dass Teammitglieder neben Hard-Skills und fachlichem Wissen auch Soft-Skills mitbringen. Gerade im Produkt- und Projektmanagement sind People-Skills und Kommunikationstalent nötig. Im Gegenzug fördern wir unsere Teams aktiv, besonders in Richtung Aus- und Weiterbildung: Kontinuierliches Lernen ist eines unserer drei Kernwerte bei modelwise.

Onpulson: Stellen Sie sich vor, Sie treffen den Bundeswirtschaftsminister. Was würden Sie sich für den Wirtschaftsstandort Deutschland bei ihm wünschen?

Florian Grigoleit: Vom Bundeswirtschaftsminister würde ich mir wünschen, dass Vergabeverfahren von Projektaufträgen für Start-ups geöffnet werden und gleichzeitig Bürokratie und Schranken abgebaut werden. Die NASA beispielsweise schreibt Projekte öffentlich aus und jeder kann sich darauf bewerben – unabhängig davon, ob es Boeing ist oder ein Start-up.

Onpulson: Welche Person hat Sie in der Gründungs- und Wachstumsphase besonders unterstützt? Bei wem möchten Sie sich bedanken?

Florian Grigoleit: Bedanken muss ich mich bei vielen verschiedenen Menschen: Bei unseren Mentoren und Unterstützern. In erster Linie allerdings bei meinen Mitgründern. Dank unserer drei Lebensläufen und drei Persönlichkeiten haben wir es so weit mit modelwise geschafft.

Onpulson: Mit welcher Persönlichkeit würden Sie gerne einmal zum Dinner gehen und warum?

Florian Grigoleit: Ich bin großer Fan von Peter Beck, dem Gründer von Rocket Lab. Der Neuseeländer hat sich seinen Teenagerwunsch, ins Weltall zu fliegen, erfüllt: Er ist jetzt einer der Top 5 Startanbieter weltweit und die wohl einzige direkte Konkurrenz für Elon Musks Space X.

Bildnachweis: ©istockphoto.com/Miodrag Kitanovic

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