Digitale Arbeitsverträge einführen: So gelingt der rechtssichere Umstieg in Unternehmen
Neue Rechtslage

Digitale Arbeitsverträge einführen: So gelingt der rechtssichere Umstieg in Unternehmen

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Die Digitalisierung von Arbeitsverträgen bietet Unternehmen eine optimale Möglichkeit, ihre Personalprozesse zu modernisieren und rechtssicher zu gestalten. Insbesondere mittelständische Unternehmen können von den Vorteilen wie reduzierten Verwaltungskosten, schnelleren Abläufen und einer verbesserten Nachvollziehbarkeit profitieren. Doch wie könnte der Umstieg aussehen?

Seit Anfang des Jahres gibt es eine neue Rechtslage für digitale Vertragsabschlüsse: Seit dem 1. Januar 2025 ermöglicht die Novelle des Nachweisgesetzes (NachwG) den digitalen Abschluss von Arbeitsverträgen unter differenzierten Bedingungen. Wie sieht diese konkret aus?

Neue Rechtslage für digitale Vertragsabschlüsse

Für unbefristete Arbeitsverträge genügt nun die einfache Textform, etwa per E-Mail, sofern beide Parteien den Vertragsinhalt eindeutig bestätigen. Eine qualifizierte elektronische Signatur (QES) ist in diesen Fällen nicht zwingend erforderlich.

Wann die digitale Unterschrift nicht zulässig ist

Nicht alle Vertragstypen oder Klauseln dürfen jedoch ausschließlich digital unterzeichnet werden. Bestimmte arbeitsrechtliche Vereinbarungen wie Aufhebungsverträge, befristete Arbeitsverträge (mit Ausnahme von Altersbefristungen), Kündigungen und Änderungsverträge bleibt hingegen die Schriftform verpflichtend. Diese kann entweder durch eine handschriftliche Unterschrift oder eine QES gemäß der eIDAS-Verordnung erfüllt werden. Zudem gelten in bestimmten Branchen wie dem Baugewerbe, der Gastronomie oder im Sicherheitsdienst weiterhin strenge Formvorschriften, die die Papierform vorschreiben.

Rechtliche und technische Anforderungen

Die Einbindung in digitale HR-Prozesse erfordert sowohl rechtliche als auch technische Vorkehrungen. Technisch müssen die eingesetzten digitalen HR-Lösungen datenschutzkonform nach der DSGVO arbeiten und die Integrität sowie Nachvollziehbarkeit der Verträge sicherstellen. Zudem muss der Zugang zu digitalen Verträgen nachweisbar dokumentiert wird, beispielsweise durch Versandzeitpunkt oder Empfangsbestätigung, um den Anforderungen des § 126a BGB gerecht zu werden.

Technische Voraussetzungen im Überblick

Der technische Umstieg auf digitale Arbeitsverträge beginnt mit der Auswahl passender Softwarelösungen. Besonders für mittelständische Unternehmen empfiehlt es sich, auf zertifizierte und praxiserprobte Systeme zu setzen, um rechtliche Unsicherheiten von vornherein zu vermeiden. In der Regel kommen dabei Dokumentenmanagementsysteme (DMS), Vertragsmanagementlösungen oder spezialisierte eSignature-Plattformen zum Einsatz. Diese Anwendungen ermöglichen die rechtssichere Erstellung und digitale Unterzeichnung von Verträgen sowie deren Archivierung, Nachverfolgung und revisionssichere Aufbewahrung.

Für eine gesetzeskonforme digitale Signatur ist die Integration von QES-Anbietern erforderlich. Diese Anbieter müssen nach eIDAS akkreditiert sein, um die Anforderungen der EU und des deutschen BGB zu erfüllen. Cloud-basierte Lösungen bieten Vorteile in Bezug auf Skalierbarkeit, Wartung und Zugriffssicherheit, stellen jedoch erhöhte Anforderungen an Datenschutz und IT-Sicherheit.

Erforderliche technische Komponenten im Detail:

  • Schnittstellen (API) zur Anbindung an Personalinformationssysteme
  • Benutzerrollen- und Rechtemanagement
  • Audit-Trails zur Nachvollziehbarkeit
  • Automatisierte Workflows zur Vertragserstellung und -unterzeichnung
  • Integration in digitale Personalakten
  • Echtzeit-Benachrichtigungen und Statusverfolgung für Vertragsprozesse
  • Revisionssichere Speicherung und langfristige Archivierung

Die Wahl der richtigen Lösung muss individuell auf die Unternehmensgröße, IT-Infrastruktur und HR-Prozesse abgestimmt sein.

Rechtliche Hürden und Einschränkungen

Obwohl die rechtliche Entwicklung seit 2025 Fortschritte gemacht hat, bestehen weiterhin Einschränkungen. Die wichtigsten Ausschlussbereiche der digitalen Unterschrift betreffen insbesondere befristete Arbeitsverträge, Aufhebungsverträge und Kündigungen, die weiterhin zwingend in Papierform unterzeichnet werden müssen, um den gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen. Diese Unterscheidung ist essenziell für HR-Abteilungen. Fehlerhafte Handhabung kann zur Unwirksamkeit des Vertrages führen, weshalb gerade bei befristeten Arbeitsverträgen oder Kündigungen der Gang zum Papier unabdingbar bleibt:

 

Vertragsart Digitale Signatur erlaubt? Anmerkung
Unbefristeter Arbeitsvertrag Ja, Textform genügt (keine QES nötig) Nach § 2 NachwG i.V.m. BEG IV reicht Textform (z. B. E-Mail). QES ist nicht verpflichtend, aber zulässig.
Befristeter Arbeitsvertrag Ja, nur mit QES (sonst Schriftform) Schriftform gemäß § 14 TzBfG kann durch QES ersetzt werden. Papierform ist nicht zwingend, wenn QES verwendet wird.
Aufhebungsvertrag Nein (nur Schriftform) Schriftform nach § 623 BGB verlangt Originalunterschriften; digitale Formen sind unzulässig.
Änderungsvertrag Ja, mit QES (wenn keine formbedürftigen Klauseln) Bei reinen Änderungen (z. B. Gehaltsanpassung) reicht Textform. Bei befristungsbezogenen Änderungen oder Kündigungsklauseln greift Schriftform/QES.

Zudem sind die Anforderungen an die Nachweispflicht gemäß NachwG zu beachten: Arbeitnehmer müssen bestimmte Informationen in „Textform“ erhalten – und zwar nachweisbar. Hier bieten digitale Lösungen mit Lesebestätigung und Archivierungsfunktion einen Vorteil gegenüber der herkömmlichen Papierform, solange die Rechtsprechung diese Nachweise als ausreichend anerkennt.

Checkliste für den erfolgreichen Umstieg

Ein strukturierter Prozess ist unerlässlich, um den Wechsel zu digitalen Arbeitsverträgen rechtskonform und effizient zu gestalten. Die folgende Checkliste bietet einen pragmatischen Leitfaden für die Umsetzung:

Vorbereitung:

  • Bestehende Arbeitsverträge analysieren und Vertragsarten kategorisieren
  • Klären, welche Verträge digitalisiert werden dürfen
  • Mitarbeitende und Betriebsrat frühzeitig einbinden

Systemwahl und Implementierung:

  • Anbietervergleich (Funktionen, Compliance, Skalierbarkeit)
  • Pilotierung mit ausgewählten HR-Prozessen
  • Integration in bestehende Systeme (z. B. Lohnabrechnung, Zeiterfassung)

Rechtliche und sicherheitstechnische Umsetzung:

  • Einbindung eines QES-Anbieters
  • Datenschutzfolgeabschätzung (DSFA) durchführen
  • Aufbewahrungs- und Zugriffsrichtlinien definieren

Schulung und Kommunikation:

  • HR-Mitarbeitende schulen
  • Mitarbeiter über neue Prozesse informieren
  • Dokumentation und FAQ für interne Nutzung erstellen

Die Zukunft der digitalen HR-Prozesse

Die Einführung digitaler Arbeitsverträge markiert einen wichtigen Schritt in der Modernisierung deutscher Unternehmensprozesse. In einer Wirtschaft, die zunehmend auf Effizienz, Skalierbarkeit und rechtliche Nachvollziehbarkeit angewiesen ist, bringt der digitale Wandel im Personalbereich viele Vorteile. Insbesondere mittelständische Unternehmen profitieren von der Umstellung.

Durch die Digitalisierung lassen sich begrenzte Personal- und IT-Ressourcen effizienter einsetzen. Standardisierte Prozesse, automatisierte Workflows und zentralisierte Dokumentenverwaltung reduzieren manuelle Tätigkeiten und minimieren Fehlerquellen. Darüber hinaus können Reaktionszeiten bei Neueinstellungen, Vertragsänderungen oder rechtlichen Prüfungen deutlich verkürzt werden – ein entscheidender Vorteil im Wettbewerb um Fachkräfte. Digitale Vertragslösungen ermöglichen zudem ortsunabhängiges Arbeiten, was hybride Arbeitsmodelle und dezentrale Teamstrukturen unterstützt – ein Trend, der sich seit der Pandemie auch im Mittelstand verfestigt hat.

Mehr als nur Arbeitsverträge

Die Digitalisierung im HR-Bereich geht weit über die Einführung digitaler Arbeitsverträge hinaus. Immer mehr HR-Prozesse werden zunehmend digitalisiert, um Effizienz zu steigern und administrative Aufgaben zu optimieren. Ein bereits etablierter Prozess ist die digitale Lohnabrechnung, die es Unternehmen ermöglicht, Gehaltsabrechnungen automatisiert zu erstellen, zu versenden und revisionssicher zu archivieren. Dies spart Zeit und Ressourcen, minimiert Fehlerquellen und verbessert die Transparenz für die Mitarbeitenden.

In der Zukunft werden weitere HR-Prozesse wie das Performance-Management, das Bewerbermanagement oder das Mitarbeiterschulungsmanagement verstärkt digitalisiert. Softwarelösungen, die auf künstlicher Intelligenz basieren, können beispielsweise helfen, geeignete Kandidaten für offene Stellen schneller zu identifizieren, die Mitarbeiterentwicklung durch personalisierte Schulungspläne zu fördern oder die Leistung der Mitarbeitenden kontinuierlich zu überwachen und zu verbessern. Diese fortschreitende Digitalisierung trägt dazu bei, die HR-Abteilungen zu entlasten und den gesamten Personalmanagementprozess effizienter und flexibler zu gestalten.

Literatur

1. Haubrock, Alexander (Hrsg.): Digitalisierung – das HR Management der Zukunft. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2020.
2. Steiner, Patrik: Die Zukunft der HR erfolgreich gestalten. Springer Gabler, Wiesbaden 2024.

Bildnachweis: Depositphotos.com/AllaSerebrina

 

Über den Autor

Porträtfoto vonPorträtfoto vonPorträtfoto von Carolin Fischer, Content-Managerin und Redakteurin für onpulson.de, einem Fachportal für Unternehmer und Führungskräfte aus dem Mittelstand

Carolin Fischer Carolin Fischer ist Content-Managerin und Redakteurin bei onpulson.de. Sie ist spezialisiert auf die Themen "Personal", "Mittelstand" und "Karriere". Zuvor hat sie mehrere Jahre für die Süddeutsche Zeitung in München gearbeitet und ist heute noch u.a. im PR-Bereich tätig.
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