Zweiklassengesellschaft bei Digitalisierung im Mittelstand verfestigt sich
Digitale Transformation

Zweiklassengesellschaft bei Digitalisierung im Mittelstand verfestigt sich

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Die Digitalisierung der mittelständischen Industrie kommt voran. Unternehmen, die mit mehr als drei Prozent Wachstum im Jahr 2017 rechnen, setzen dabei deutlich stärker auf die Digitalisierung als Unternehmen mit weniger guten Geschäftsaussichten.

Für 62 Prozent der wachstumsstarken Unternehmen spielt sie eine sehr große oder eine mittelgroße Rolle. Bei den weniger wachstumsfreudigen Unternehmen sagen dagegen nur 30 Prozent, dass die Digitalisierung für ihr Geschäftsmodell von Bedeutung seien. Dabei würden viele Unternehmen gerne mehr in die Digitalisierung investieren.

Doch es fehlt teilweise an Geld und Personal: Für jeweils 13 Prozent sind das die beiden wichtigsten Gründe, warum sie nicht so in digitale Technologien investieren, wie sie es gerne täten. Neun Prozent fehlt nach eigenen Angaben das nötige Know-how.

Das sind Ergebnisse einer Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young), für die 3.000 mittelständische Unternehmen in Deutschland befragt wurden. „Der deutsche Mittelstand steht am Scheideweg“, lautet der Befund von Hubert Barth, Vorsitzender der Geschäftsführung bei EY. „Viele Mittelständler tun das, was sie schon seit Jahren und Jahrzehnten auszeichnet: Sie passen sich flexibel an neue Entwicklungen an und schaffen es, durch innovative Produkte ihr Geschäftsmodell weiterzuentwickeln. Einige könnten jedoch den Anschluss verlieren. Sie investieren nicht genug in die Umstellung auf digitale Technologien oder finden nicht das geeignete Personal. Es droht eine digitale Zweiklassengesellschaft. Denn fähiges Personal und technologische Weichenstellungen für die Zukunft sind die Voraussetzung für künftigen Erfolg“.

Die Digitalisierung der Produktion hat begonnen und wird in Zukunft noch gravierende Umwälzungen mit sich bringen. Für Unternehmen ergeben sich dadurch neue Geschäftsmodelle und Wachstumsmöglichkeiten – wenn sie die Digitalisierung als Chance begreifen. Wer zu lange an einem veralteten Geschäftsmodell festhält, wird dagegen zu den Verlierern gehören.

Hubert Barth

Vorsitzender der Geschäftsführung bei EY

Mehrheit der Unternehmen begreift Digitalisierung als Chance

Die gute Nachricht: Die Mehrheit der Unternehmen – 72 Prozent – sieht in der Digitalisierung generell eine Chance für sich. Jedes fünfte begrüßt sie sogar uneingeschränkt. Lediglich jedes 14. Unternehmen sieht in der Digitalisierung eine Bedrohung. Allerdings zeigen sich auch hier Unterschiede: Während 77 Prozent der wachstumsstarken Unternehmen die Digitalisierung als Chance sehen, sind es bei den Unternehmen, die gar nicht oder nur leicht wachsen, lediglich 63 Prozent.

Fest steht, dass die Unternehmen lernen müssen, mit der Digitalisierung umzugehen, denn ihre Bedeutung wird in Zukunft noch zunehmen, wie auch die Mittelständler selbst erkannt haben. 85 Prozent erwarten, dass die Bedeutung digitaler Technologien für ihr Geschäftsmodell in den kommenden fünf Jahren zunehmen wird. Bei der vorangegangen Befragung gingen davon nur 74 Prozent aus.

Große Mittelständler sind Vorreiter in Sachen Digitalisierung

Größe spielt eine Rolle – zumindest wenn es darum geht, neue Technologien für das eigene Geschäft zu nutzen: So nutzen etwa zwei Drittel der Unternehmen (68 Prozent) mit einem Umsatz von über 100 Millionen Euro digitale Technologien für ihr Geschäftsmodell. Bei kleineren Unternehmen mit einem Umsatz von unter 30 Millionen Euro dagegen sagt nicht einmal jeder fünfte Mittelständler (17 Prozent), dass digitale Technologien eine sehr große Bedeutung für ihn haben.

Bei der Bewertung, ob die Digitalisierung eine Chance oder eine Bedrohung ist, sieht die Verteilung ähnlich aus. Jedes vierte Großunternehmen sieht darin eindeutig eine Chance, wohingegen nicht einmal jeder fünfte kleinere Mittelständler die Digitalisierung ähnlich positiv beurteilt. Hubert Barth rät kleinen Mittelständlern aber, offen dafür zu sein und nach Lösungen zu suchen: „Kein Unternehmen wird sich der Digitalisierung entziehen können. Sie ist bereits da und nimmt immer mehr zu. Auch kleine Unternehmen können damit ihre Lieferketten optimieren, Kundenbeziehungen pflegen oder kleine Stückzahlen bis Losgröße eins herstellen. Sie werden so flexibler und sparen Geld, Zeit und Ressourcen. Kooperationen können eine sinnvolle Alternative sein, wenn im Betrieb das Geld oder das Wissen für eigene digitale Lösungen fehlen.“

Die meisten Unternehmen nutzen digitale Technologien für Kundenbeziehungen

Vor allem die Kundenbeziehungen werden inzwischen digital organisiert. 64 Prozent der Unternehmen nutzen dafür digitale Technologien. Mobile Endgeräte wie Smartphones oder Tablets werden inzwischen in 56 Prozent der Unternehmen eingesetzt. Die automatisierte Produktion (Industrie 4.0) nutzen jedoch nur 35 Prozent der Unternehmen und sogar nur 16 Prozent bieten eigene digitale Produkte an. „Vielen Unternehmen sind die Einsatzmöglichkeiten digitaler Technologien noch gar nicht vollständig bewusst“, beobachtet Barth. „Insbesondere im klassischen verarbeitenden Gewerbe halten digitale Lösungen erst langsam Einzug in die Fabrikhallen. Vorreiter sind hier die großen Konzerne und Mittelständler. Kleinere Mittelständler warten eher ab und beobachten, wie sich der Markt entwickelt.“

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