Finanzkommunikation in Unternehmerfamilien: Gefahr durch fehlende Offenheit
Keine Transparenz

Finanzkommunikation in Unternehmerfamilien: Gefahr durch fehlende Offenheit

Am

Vermögensfragen sind Chefsache – doch genau hier herrscht in vielen Unternehmerfamilien auffällige Sprachlosigkeit. Wer nicht rechtzeitig über Geld spricht, riskiert unnötige Konflikte, Missverständnisse und finanzielle Verluste. Wie sollte man bei diesem Thema geschickt vorgehen?

In deutschen Unternehmen wird täglich über Budgets, Investitionen und Renditen diskutiert. Doch sobald es um private Finanzen oder um die Unternehmensnachfolge geht, setzt bei vielen Unternehmern das Schweigen ein. Themen wie Vermögensstruktur, Erbfolge, Altersvorsorge oder Pflegevorsorge bleiben häufig unangetastet – selbst innerhalb der eigenen Familie.

Matthias Wolf, Geschäftsführer der Goldpfad GmbH und langjähriger Berater für Unternehmerfamilien, kennt die Gründe: „Viele Unternehmer schweigen über ihr Vermögen aus Angst vor Neid oder gesellschaftlicher Bewertung. In Deutschland wird Besitz noch immer mit Schuld oder sozialer Ungerechtigkeit verknüpft. Ich breche bewusst damit – Vermögen ist nichts Anstößiges, sondern es ist das Ergebnis von Mut, Fleiß und klugen Entscheidungen.“ Ein weiterer Grund, dass viele Unternehmer nicht über solche Angelegenheiten sprechen möchten, ist die Tatsache, dass sie nicht die eigene Endlichkeit akzeptieren möchten und deswegen lieber schweigen.

Fehlende Kommunikation – ein unterschätztes Geschäftsrisiko

Die Folgen dieses Schweigens sind gravierend – Studien zeigen: Fast ein Drittel der Deutschen regelt seinen Nachlass allein, ohne Rücksprache mit Partner oder Kindern. Das betrifft nicht nur Testament und Erbfolge, sondern auch Entscheidungen zur Altersvorsorge oder zu Pflegearrangements. Gerade im Pflegefall, wenn schnelle Entscheidungen gefragt sind, ist die Familie oft unvorbereitet. “Wenn finanzielle Fragen innerhalb der Familie ausgespart bleiben, ist es oft nur eine Frage der Zeit, bis daraus Unsicherheit oder Konflikt entsteht. Gleichzeitig können entscheidende Gestaltungsoptionen im Verborgenen bleiben und damit Chancen verpasst werden. “, warnt Wolf.

Als Berater erlebt er häufig, wie plötzliche Erkrankungen oder Todesfälle finanzielle Belastungen auslösen, die durch frühzeitige Planung vermeidbar gewesen wären. In Unternehmerfamilien kann dies fatal sein: Unklare Erbfolgen können Unternehmenswerte gefährden, steuerliche Gestaltungsspielräume bleiben ungenutzt, und die nächste Generation steht im Ernstfall ohne klare Handlungsanweisungen da. Kommunikation in Familienbetrieben ist daher sehr wichtig.

Erbschaften, Unternehmensnachfolge und Pflegevorsorge als Konfliktherde

Die Babyboomer-Generation tritt in den Ruhestand ein, gleichzeitig steht Deutschland vor der größten Vermögensübertragung der Nachkriegsgeschichte. Schätzungen zufolge werden in den kommenden zwei Jahrzehnten mehrere Billionen Euro weitergegeben. Doch ohne gemeinsame Absprache führt selbst ein gut gemeintes Erbe zu Problemen. Statt Weichen gemeinsam aktiv zu stellen, bleiben viele Fragen offen:

  • Wie wird das Familienvermögen aufgeteilt?
  • Wer übernimmt künftig Verantwortung in der Firma?
  • Wie sind Risiken wie Pflege- oder Krankheitsfälle abgesichert?

Momentan steht eine Übergabe von rund 30.000 Familienunternehmen an. Vor allem bei größeren Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern steht diese an. Das eigentliche Kapital einer Unternehmerfamilie ist nicht nur das Geld, sondern ein gemeinsames Verständnis darüber, wie mit dem Vermögen umgegangen wird“, sagt Wolf. Fehlende Kommunikation gefährdet nicht nur die finanzielle Substanz, sondern auch familiären Zusammenhalt und die Handlungsfähigkeit im Unternehmen.

Wege zu mehr Klarheit: Vom Tabuthema zum Führungsinstrument

Die Lösung liegt in proaktiver Kommunikation – ein Führungsansatz, der auch im Privaten gilt. Wolf empfiehlt:

  • Geplante Gesprächsrunden statt spontaner Diskussionen
  • Klare Zielsetzung: Es geht um Transparenz, nicht um Kontrolle
  • Einbindung externer Experten für Struktur und Neutralität

Transparenz ist kein Wagnis, sondern eine Investition in Vertrauen. Wenn Familien es schaffen, offen über Geld zu sprechen, stärken sie nicht nur ihre finanzielle Handlungsfähigkeit, sondern auch ihre sozialen Bindungen. „Ein offenes Finanzgespräch ist keine Schwäche, sondern Ausdruck von Verantwortungsbewusstsein“, so Wolf. „Gerade für Unternehmer ist es wichtig, auch im privaten Bereich Führungsstärke zu zeigen und Klarheit zu schaffen.“ Ein neutraler Berater kann hier helfen, die Gespräche zu moderieren, Konfliktpotenziale frühzeitig zu erkennen und Lösungen zu entwickeln, die den Interessen aller Beteiligten gerecht werden.

Fazit: Finanzielle Führung endet nicht an der Bürotür

Wer rechtzeitig mit der Familie über Vermögen, Nachfolge und Vorsorge spricht, schafft die Grundlage für nachhaltigen Erfolg – privat wie unternehmerisch. „Wir brauchen eine neue Kultur der finanziellen Verantwortung – und die beginnt nicht erst beim Notar oder Steuerberater, sondern mit einem offenen Gespräch am Familientisch“, sagt Wolf abschließend. „Warten Sie nicht auf den Ernstfall – handeln Sie jetzt.“

  1. Nachfolge in Familienunternehmen. IfM Bonn. Abgerufen am 04.07.2025.
  2. Familienunternehmen vor Generationenwechsel. tagesschau. Abgerufen am 04.07.2025.

Bildnachweis: istockphoto.com/nortonrsx

Kommentare

Kommentar schreiben:

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Erhalten Sie jeden Monat die neusten Business-Trends in ihr Postfach!
X