
Geoökonomische Risiken: Was der Mittelstand jetzt beachten muss
Globale Krisen, Rohstoffknappheit, digitale Abhängigkeiten – die neue KfW-Studie zeigt, wo der Mittelstand besonders verwundbar ist. Der Artikel liefert konkrete Strategien, wie Unternehmen ihre Lieferketten krisenfester und geopolitisch resilienter aufstellen können.
Die Krisen der letzten Jahre – von der Corona-Pandemie über den Ukraine-Krieg bis hin zum wachsenden USA-China-Konflikt – haben Schwachstellen in globalen Lieferketten offengelegt. Die neue KfW-Studie „Geopolitik und Lieferketten“ zeigt: Deutschland und Europa sind besonders verletzlich, wenn es um Rohstoffe, Energie, digitale Technologien und Halbleiter geht.
Gerade der Mittelstand, als Rückgrat der deutschen Wirtschaft, muss sich strategisch auf geoökonomische Risiken einstellen. Globale Verflechtungen bringen zwar Kostenvorteile, machen aber auch abhängig von wenigen Lieferanten und Regionen – mit potenziell fatalen Folgen, wenn Handelskonflikte eskalieren.
Kritische Abhängigkeiten – wo der Mittelstand verwundbar ist
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Rohstoffe und Energie: Europa ist bei vielen Rohstoffen zu 100 % importabhängig, vor allem von China. Besonders betroffen sind Kupfer, seltene Erden und Batterierohstoffe – unverzichtbar für Elektromobilität, Maschinenbau und Energieerzeugung.
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Halbleiter: Ohne Mikrochips läuft weder Industrie 4.0 noch Automatisierung. Die Lieferketten sind jedoch extrem konzentriert (z. B. Taiwan für High-End-Chips), und Ausfälle können komplette Produktionslinien stilllegen.
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Grüne Technologien: Windkraft, Photovoltaik und Lithium-Ionen-Batterien – alles Schlüsseltechnologien der Klimatransformation – hängen stark von chinesischen Vorprodukten ab.
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Digitale Dienstleistungen: Cloud-Dienste und KI-Infrastrukturen werden größtenteils von US-Konzernen wie Amazon und Microsoft bereitgestellt. Das birgt Risiken für die digitale Souveränität.
Was Unternehmen jetzt tun sollten
Die Studie zeigt, dass 75 % der deutschen Industrieunternehmen seit 2022 ihre Lieferketten angepasst haben. Insbesondere mittelständische Betriebe setzen zunehmend auf:
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Diversifizierung der Lieferanten, um einseitige Abhängigkeiten zu reduzieren.
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Lageraufbau wichtiger Vorprodukte, um kurzfristige Engpässe abzufedern.
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Nearshoring – die Verlagerung von Produktionsschritten zurück nach Europa.
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Digitale Transparenz in der Lieferkette, z. B. durch Tracking-Systeme und Risiko-Scoring.
Handlungsempfehlungen für den Mittelstand
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Lieferanten-Check: Identifizieren Sie kritische Abhängigkeiten (z. B. Rohstoffe aus China) und bewerten Sie Alternativen.
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Risikomanagement aufbauen: Integrieren Sie Szenario-Analysen und Frühwarnsysteme in die Beschaffungsstrategie.
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Kooperationen nutzen: Konsortien oder Branchenallianzen können gemeinsam Rohstoffsicherheit erhöhen, z. B. durch Recycling-Initiativen.
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Förderprogramme prüfen: Die EU und Bundesregierung fördern Investitionen in Resilienz, wie z. B. über den EU Chips Act oder das Critical Raw Materials Act.
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Digitale Souveränität stärken: Prüfen Sie europäische Cloud-Anbieter (z. B. GAIA-X) und setzen Sie auf hybride IT-Architekturen, um Risiken zu minimieren.
Fazit
Für den Mittelstand bedeutet die zunehmende geopolitische Fragmentierung: Lieferketten sind nicht mehr nur eine Frage der Kosten, sondern der strategischen Sicherheit. Unternehmen, die ihre Versorgungsketten diversifizieren, digitale Transparenz schaffen und frühzeitig in resiliente Strukturen investieren, sichern nicht nur ihre Wettbewerbsfähigkeit, sondern auch ihre Zukunftsfähigkeit.
Hinweis
Die vollständige Studie „Geopolitik und Lieferketten – Juli 2025“ von KfW Research finden Sie hier: www.kfw.de/Chartbook-Lieferketten-2025 (PDF)
Bildnachweis: istockphoto.com/Reniw-Imagery
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