
So bleibt das Finanzamt bei der Unternehmensnachfolge außen vor
Übergeben Unternehmer den eigenen Betrieb an die nächste Generation, ist das für viele ein bedeutender Einschnitt in die eigene Karriere – emotional wie finanziell. Dabei steigt der Anteil mittelständischer Unternehmen mit kurzfristig anstehender Nachfolge seit Jahren. Häufig wird das Thema aufgeschoben, nicht zuletzt auch wegen fehlender Perspektive, Unsicherheiten oder Kandidatenflaute. Wie kann man eine fast steuerfreie Übertragung sichern, ohne dass das Finanzamt hohe Beträge kassiert?
Laut IfM Bonn beginnt lediglich bei 42 Prozent der KMU, bei denen die Nachfolge in weniger als drei Jahren ansteht, bereits jetzt der Planungsprozess. Dabei braucht es einen Vorlauf von drei bis zehn Jahren, um Themen wie Unternehmensbewertung, Nachfolgerwahl und vor allem die steuerliche Gestaltung strategisch zu planen. Andernfalls kassiert das Finanzamt bis zu 50 Prozent des übertragenen Vermögens. Dabei erlaubt das deutsche Recht unter bestimmten Voraussetzungen eine weitgehend steuerfreie Übertragung.
Grundsätzlich gilt: Je früher sich Altinhaber mit Fragen der Nachfolge auseinandersetzen, umso mehr steuerliche Optionen bleiben offen. Im Idealfall beginnt die Planung fünf bis zehn Jahre vor dem angedachten Ausscheiden und mit Antworten auf grundlegende Fragen wie „Wer soll übernehmen?“, „Wie erfolgt die Übergabe – Schenkung, Erbschaft, Verkauf?“ oder „Wie möchte ich meine eigene Versorgung sichern?“ und „Möchte ich auch nach meinem Ausscheiden Einfluss in der Firma geltend machen?“.
Wer sich für die Option Verkauf entscheidet, muss sich auf eine umfassende Due-Dilligence-Prüfung vorbereiten. Bleibt alles in der Familie, gehören nicht nur alle Freibeträge geprüft, sondern auch Haltefristen und Verschonungsregeln – insbesondere in den Paragraphen 13a und 13b des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG).
Verschonungsregeln greifen bei gewissen Bedingungen
Wird ein Betrieb unentgeltlich durch Erbschaft oder Schenkung übergeben, greifen unter bestimmten Bedingungen Verschonungsregeln. Grundlage hierfür sind die Paragraphen 13a und 13b ErbStG, die zwischen zwei Modellen unterscheiden: Bei der Regelverschonung werden bis zu 85 Prozent des Betriebsvermögens nicht mit Abgaben belegt, wenn die Firma mindestens fünf Jahre fortgeführt und die Lohnsumme beibehalten wird. Verpflichtet sich der Nachfolger, das Unternehmen sieben Jahre zu halten und eine deutlich höhere Lohnsumme zu erfüllen, dann können bei der Übertragung sogar 100 Prozent des Vermögens steuerfrei bleiben.
In keines der beiden Modelle fallen Betriebe jedoch automatisch. Es müssen aktiv Anträge gestellt werden, wofür nicht zuletzt auch detaillierte Nachweise notwendig sind. Entscheidend ist dabei, dass es sich um echtes Betriebsvermögen handelt. Vermietete Immobilien, Wertpapiere oder anderes Verwaltungsvermögen werden von den zuständigen Behörden nur in engen Grenzen akzeptiert. Bei der 100-Prozent-Option darf das Verwaltungsvermögen maximal 20 Prozent betragen.
Ein weiteres zentrales Element ist die Lohnsummenregelung. Sie zielt darauf ab, Arbeitsplätze zu erhalten, und sieht vor, dass Nachfolger die Lohnsumme innerhalb eines bestimmten Zeitraums – in der Regel fünf oder sieben Jahre – auf einem bestimmten Niveau halten müssen.
Dabei richtet sich die konkrete Höhe der einzuhaltenden Lohnsumme nach der durchschnittlichen Lohnsumme der letzten fünf Jahre vor der Übertragung. Geht ein Familienunternehmen mit 30 Mitarbeitenden vom Senior Chef an seine Tochter über, und die Summe der jährlichen Lohnsummen innerhalb der folgenden fünf Jahre unterschreitet die Grenze von 400 % der durchschnittlichen Lohnsummen der letzten fünf Jahre vor der Übertragung (Mindestlohnsumme), entfällt die Steuervergünstigung rückwirkend. Der Wegfall der Steuervergünstigung erfolgt prozentual in dem Umfang, in dem die Mindestlohnsumme unterschritten wird. Egal ob etwa spätere Verkleinerung oder Umstrukturierung hierfür Gründe sind, es drohen Nachzahlungen im sechs- bis siebenstelligen Bereich.
Freibeträge geschickt nutzen
Neben der Verschonungsregelung für Betriebsvermögen gibt es zusätzlich persönliche Freibeträge für Angehörige. Zwischen Ehegatten bleiben so bis zu 500.000 Euro steuerfrei. Bei Kindern sind es 400.000 Euro, bei Enkeln 200.000 Euro und bei entfernteren Verwandten und Dritten 20.000 Euro. Zwar gelten diese Obergrenzen sowohl im Erbfall als auch für Schenkungen, allerdings gibt es einen entscheidenden Vorteil bei lebzeitigen Übertragungen. Die Freibeträge können alle zehn Jahre neu in Anspruch genommen werden. Das ist vor allem dann relevant, wenn lediglich eine Regelverschonung gewährt wird, denn der verbleibende nicht verschonte Teil – 15 Prozent oder alles, was unter die Verwaltungsvermögensgrenze fällt – unterliegt grundsätzlich der normalen Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer.
Wird ein Unternehmen im Wert von fünf Millionen Euro mit Regelverschonung auf ein Kind übertragen, bleiben 750.000 Euro steuerpflichtig. Davon können 400.000 Euro Freibetrag abgezogen werden, wodurch sich die Bemessungsgrundlage für die Abgaben auf 350.000 Euro verringert. Erfolgt die Übertragung gestaffelt über 20 Jahre, summiert sich das steuerfrei übertragbare Vermögen, was besonders bei größeren Summen langfristig dabei hilft, mehrere Millionen Euro zu sparen. Wichtig: Die tatsächliche Nutzung der Steuerfreibeträge muss dokumentiert und sauber umgesetzt werden, um spätere Streitigkeiten oder steuerliche Nachteile zu vermeiden.
Gestaltungsspielräume voll ausschöpfen
Prinzipiell lassen sich auch durch Nießbrauchsregelungen Steuervorteile erzielen – ohne sofort alle Rechte abzugeben. Allerdings muss ihre Anwendung immer im Einzelfall geprüft werden. Bei einer soliden vertraglichen Gestaltung eignet sich das flexible Gestaltungsinstrument im Bereich der Unternehmensnachfolge. Das gilt vor allem in Form des sogenannten Zuwendungsnießbrauchs, bei dem Gesellschafter ihren Geschäftsanteil behalten, ihn aber mit einem Nießbrauch zugunsten einer bestimmten Person belasten. Dadurch hat die begünstigte Person Anspruch auf die Unternehmensgewinne, während alle weiteren Rechte und Pflichten bei der Inhaberin bzw. beim Inhaber des Unternehmens verbleiben.
Wer hingegen die unternehmerische Verantwortung abgeben möchte, nutzt den Vorbehaltsnießbrauch. Dabei wird die Unternehmensleitung der Firma vollständig übertragen, die frühere Inhaberin oder der frühere Inhaber behalten sich aber das Recht vor, an den Gewinnen zu partizipieren. So kann etwa die eigene Versorgung sichergestellt werden. Steuerlich sind solche Modelle interessant, da eine derartige unentgeltliche Übertragung ertragssteuerneutral vorgenommen werden kann. Sie erlaubt es sogar, bestimmte Freibeträge auszuschöpfen, soweit Schenkungsteuer anfällt.
Neue Rechtsform in Betracht ziehen
Auch die Anpassung der Rechtsform hat maßgeblichen Einfluss auf die Steuerlast bei der Unternehmensnachfolge. Kapitalgesellschaften wie GmbHs unterliegen anderen steuerlichen Regelungen als Personengesellschaften, Einzelunternehmen oder Holdingstrukturen. Insbesondere Letztere geht einher mit erheblichen Steuervorteilen. So sind beispielsweise Dividenden aus Tochtergesellschaften zu 95 Prozent steuerfrei und auch Veräußerungsgewinne können mit nur rund 1,5 Prozent besteuert werden. Allerdings will auch eine Umwandlung vorbereitet sein. Entsprechend sollten unbedingt Steuerfachleute hinzugezogen werden, nicht nur um die steuerlichen Auswirkungen der Übergabe zu verstehen, sondern auch um geeignete Strategien zur Optimierung der Abgabenlast zu entwickeln.
Literatur & Weblinks
- Lohnsummenregelung. Datev. 15.02.2022.
- § 1030 Gesetzlicher Inhalt des Nießbrauchs an Sachen. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
- § 1059 Unübertragbarkeit; Überlassung der Ausübung. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Bildnachweis: Depositphots.com/luismolinero
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