Arbeitgeber bewerten Fähigkeiten stärker als Abschlüsse
Drei von vier Arbeitgebern wollen Bewerbende künftig stärker nach tatsächlichen Fähigkeiten statt nach formalen Abschlüssen beurteilen. Eine Studie der The Stepstone Group zeigt, wohin sich Recruiting und Anforderungsprofile jetzt bewegen – und warum.
Das Wichtigste auf einen Blick
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Fokus verschiebt sich von Abschlüssen zu überprüfbaren Kompetenzen
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Formale Nachweise bleiben relevant, verlieren aber das Monopol
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Viele Beschäftigte arbeiten an ihren Stärken vorbei – mit Wechselgedanken
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Soft Skills, digitale und technologische Fähigkeiten rücken vor
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IT setzt früher auf Arbeitsproben; andere Branchen zögerlicher
In einer aktuellen Befragung der The Stepstone Group unter mehr als 6.800 Arbeitnehmenden und über 1.000 Recruiter*innen wollen 77 % der Unternehmen Bewerbende stärker nach Fähigkeiten statt primär nach Abschlüssen beurteilen. Gleichzeitig fällt es 87 % schwer, Menschen mit den richtigen Kompetenzen zu finden. 43 % verlangen weiterhin für alle Positionen formale Nachweise, 17 % verzichten ganz darauf.
Warum Unternehmen den Fokus verlagern
Lebensläufe und Karrieretitel bilden aktuelle Leistungsfähigkeit oft nur unzureichend ab. Viele praktische Fähigkeiten – etwa digitale, kommunikative oder analytische – tauchen in klassischen Profilen nicht auf. „Entscheidend ist nicht mehr, was jemand vor Jahren gelernt hat, sondern was er oder sie heute wirklich kann. Deshalb brauchen wir neue Wege, um Kompetenzen sichtbar zu machen, etwa durch Praxistests, Projektbeispiele oder konkrete Arbeitsproben“, sagt Dr. Julius Probst, Arbeitsmarktexperte bei The Stepstone Group.
Auf Beschäftigtenseite zeigen sich ungenutzte Potenziale deutlich: 44 % sind unzufrieden damit, wie sie ihre Fähigkeiten im Job einsetzen können, 38 % sehen keine Passung zwischen Aufgaben und Stärken. Die Folge: 68 % denken mindestens mehrmals im Monat über einen Jobwechsel nach.
Wie Auswahlverfahren sich verändern
Unternehmen richten Prozesse stärker auf überprüfbare Kompetenzen aus. So planen 76 %, Soft Skills wie Kommunikationsfähigkeit, Teamarbeit und Problemlösungskompetenz stärker zu fokussieren. Parallel gewinnen digitale und technologische Skills an Gewicht – nicht zuletzt durch den wachsenden Einfluss von Künstlicher Intelligenz im Arbeitsalltag.
In der IT verzichten 38 % der befragten Recruiter*innen bei bestimmten Positionen bereits gänzlich auf formale Nachweise. In Bereichen wie dem Bauwesen (10 %) oder der Bildung (11 %) ist dieser Anteil geringer – die Richtung bleibt jedoch eindeutig.
Was die HR-Abteilung jetzt konkret tun kann
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Kompetenzen sichtbar machen: Praxistests, Projektbeispiele und Arbeitsproben integrieren
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Profile präzisieren: Rollen nach klaren, messbaren Skills statt nach Titeln beschreiben
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Soft Skills strukturiert bewerten: Kommunikation, Teamarbeit, Problemlösung nachvollziehbar prüfen
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Digitale & KI-Skills priorisieren: Anforderungen explizit benennen und gezielt prüfen
Bildnachweis: Unsplash

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