So lässt sich Leistung verbessern und Stress reduzieren
Schöne neue Arbeitswelt

So lässt sich Leistung verbessern und Stress reduzieren

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Die heutige Arbeitswelt ist geprägt von einer Kombination aus steigenden Anforderungen und reduzierten Ausgleichsmöglichkeiten. Dabei ist es gar nicht schwer und sogar sinnvoll, beides unter einen Hut zu bringen, denn entspannte Mitarbeiter sind gleichzeitig auch leistungsfähigere Mitarbeiter.

In der Arbeitsrealität des Jahres 2016 läuft vieles nicht so, wie es für optimale Ergebnisse eigentlich benötigt wird: Firmen sehen sich einem immer größeren Konkurrenzdruck ausgesetzt – nicht zuletzt durch die Globalisierung. Dieser Druck wird an die weitergegeben, die für Arbeitsleistung zuständig sind: Die Mitarbeiter. Was diese Rechnung zum Minusgeschäft macht, ist die schlichte Tatsache, dass Leistungsanforderungen aber nicht endlos gesteigert werden können, weil der Mensch echte Entspannung braucht, wenn er täglich über 100 Prozent bringen muss.

Dieser Artikel widmet sich dieser Problematik und will aufzeigen, welche Möglichkeiten sowohl Arbeitnehmer, als auch Arbeitgeber haben, um einerseits höchste Leistungen zu bringen und andererseits auch genug tägliche Entspannung zu bekommen, um diesen Anforderungen dauerhaft gerecht zu werden.

Moderne Arbeitsweisen: Leistung und Wettbewerb

Doch um Lösungsansätze zu präsentieren, muss zunächst einmal das eigentliche Problem analysiert werden. Eingangs findet sich die Aussage, dass 2016 vieles nicht optimal läuft. Doch was genau ist das im Einzelnen?

Alltag in deutschen Firmen – Eine Dystopie?

Altbekannte Arbeitsmodelle führen durch die gestiegenen Anforderungen dazu, dass Mitarbeiter schlicht unter dem Stress verschleißen. Bildquelle: fotolia.com © stokkete

Altbekannte Arbeitsmodelle führen durch die gestiegenen Anforderungen dazu, dass Mitarbeiter schlicht unter dem Stress verschleißen. Bildquelle: fotolia.com © stokkete

Stress

Es ist eine simple Rechnung: Das, was der Körper leistet, muss er an anderer Stelle wieder reinholen: Jede Arbeit erzeugt Stress. Solange dieser aber regelmäßig und vollständig durch genügend Freizeit abgebaut werden kann, ist das kein Problem. Dann ist dieser Stress sogar positiv, der Fachmann spricht von Eustress. Und dieser erlaubt, höchste Leistungen zu vollbringen. Aber in der Realität existieren eben selten wirklich ausreichende Entspannungsphasen: Nach einem sechswöchigen Projekt höchster Priorität folgt allenfalls normale Arbeit – und nicht eine echte Auszeit, wie sie eigentlich notwendig wäre. Das führt zu Distress, einem Stress, der nicht ausreichend abgebaut wird. Und der zieht die Arbeitsleistungen des Menschen nach unten.

Überstunden

Ein sehr wichtiger Faktor in diesem Stress-Karussell sind Überstunden. Qua Gesetzgeber sind sie nur in absoluten Notfällen erlaubt und wenn, dann auch nur auf wenige Tage beschränkt. In der Realität sieht das freilich anders aus: Heutige Führungskräfte haben im Kampf um Marktanteile und Kosten/Nutzen-Rechnungen oft keine andere Möglichkeit, als regelmäßige Überstunden anzuordnen – hinzu kommen Mitarbeiter, die diese freiwillig leisten. Und damit wird Stress weiter befeuert.

Konkurrenz durch Globalisierung

Die Wurzel dieses Übels liegt zum Teil in der Globalisierung: Märkte in Übersee und Konkurrenz auf anderen Kontinenten waren vor nicht allzu langer Zeit nur ein Problem für Großunternehmen. Heute jedoch ist die Welt kleiner geworden: Selbst ein mittelständischer Betrieb muss nun gegen Unternehmen in anderen Ländern bestehen können. Und dieser Trend nimmt eher noch zu.

Unsichere Arbeitsplätze

Gleichzeitig sorgt diese Konkurrenz für vergleichsweise prekäre Arbeitsplätze: Platzt ein Auftrag, ist oft schon die Existenz des Unternehmens bedroht. Und dann muss für den Fortbestand der Firma ausgesiebt werden. Dann bleibt nur der, der Leistung vorweisen kann. Arbeitnehmer werden also gezwungen, sich andauernd durch Höchstleistungen zu profilieren, um den Arbeitsplatz wenigstens etwas sicherer zu machen – mit gleichen Folgen für den Stress.

Mögliche Folgen bei klassischen Arbeitsweisen

Großmaßstäblich betrachtet hat dieser Cocktail verschiedenste Auswirkungen – sie alle sind schon mittelfristig nicht vorteilhaft für Unternehmen.

Volkskrankheit Burnout

Zu viel Stress führt auf Dauer unweigerlich zum Burnout. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: 2004 litten von 1000 Arbeitnehmern 0,3 am Burnout – bei 4,6 Ausfalltagen. Zehn Jahre später ist diese Zahl auf 2,6 Mitarbeiter gestiegen und diese kumulierten ganze 74,1 Fehltage! Wie sich das auf die Konkurrenzfähigkeit auswirkt, lässt sich erahnen.

Bildquelle: BKK-Bundesverband

Bildquelle: BKK-Bundesverband

Umweltsünder Pendeln

Gleichsam sind klassische Arbeitsweisen aber auch ein Umweltproblem: Jeder Arbeitnehmer, der den Arbeitsweg mit dem Auto zurücklegen muss, verbraucht nicht nur Treibstoff, sondern entlässt das Klimagas CO2 gleich kiloweise in die Atmosphäre. Besonders pikant ist das für Firmen, die aus Imagegründen auf Grün setzen.

Kreativitätskiller Büroarbeitsplatz

Und nicht zuletzt sind klassische Inhouse-Arbeitsplätze zwar zwingend für viele Jobs – aber beispielsweise nicht für solche, die Kreativität erfordern. Ehrlich betrachtet ist ein Büroarbeitsplatz gleich auf mehreren Ebenen nachteilig:

  • Wirkliche Ruhe herrscht wegen der unvermeidlichen Arbeitsgeräusche selten.
  • Viele Arbeitnehmer zusammen lenken sich fast automatisch gegenseitig ab
  • Echte Kreativität lässt sich nicht zeitlich und örtlich begrenzen

In der Summe bedeutet das: Wer sein Kreativteam in ein Korsett aus festem Arbeitsort und –zeiten steckt, muss damit leben, dass deren Leistungen nicht optimal ausfallen.

Kind und Beruf

Auch beim Thema Kinderwunsch werden Arbeitnehmer heute nach wie vor eingeschnürt: KiTa-Plätze sind rar gesät und kollidieren von den Zeiten her nicht selten mit einem 8-bis-5-Job. Mitarbeiter werden gezwungen, sich für Job oder Kind zu entscheiden. Einfach weil sich beides in Deutschland nach Meinung vieler nicht wirklich unter einen Hut bringen lässt.

Höchstleistung? Fehlanzeige

In der Gesamtheit betrachtet sorgen klassische Arbeitsmodelle gepaart mit den Anforderungen des 21. Jahrhunderts also nur kurzfristig für Leistungssteigerungen. Auf lange Sicht zehren sie jedoch Mitarbeiter aus – und reduzieren damit unterm Strich die Konkurrenzfähigkeit. Denn einerseits können zu stark gestresste Mitarbeiter keine Höchstleistungen mehr vollbringen und andererseits benötigen Ersatzleute ebenfalls eine lange Einarbeitungszeit, bis sie auf dem Niveau ihres Vorgängers liegen.

Demnach kann die Lösung nur lauten: Geänderte Anforderungen benötigen auch neue Herangehensweisen.

Arbeitgeber: Andere Wege gehen

Diese Herangehensweisen liegen vornehmlich auf Seiten der Arbeitgeber – als Entscheider. Welche Optionen es hier gibt, erklärt das folgende Kapitel.

Möglichkeiten für In‐House‐Arbeitsplätze

Flexible Arbeitszeitmodelle

Im Hinblick maximaler Leistungsausnutzung sollte dazu als erstes Abschied von starren Arbeitszeiten gefeiert werden. Wer hier sehen will, wie es funktioniert, wirft einen Blick auf die Großen im Business. Google etwa kennt gar keine festen Arbeitszeiten – alleine der Output zählt. Nun muss kein Entscheider auf einen Schlag alle Schlagbäume der Arbeitszeit öffnen, aber es stünden auch so mehrere Möglichkeiten offen:

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Wichtigstes Trendbarometer für solche Modelle sind Großunternehmen: Die Rewe Group etwa bietet nach Angaben auf der eigenen Website ihren Mitarbeitern verschiedenste Arbeitszeitmodelle wie beispielsweise Gleit- oder Teilzeit an. Und Rewe ist bei weitem nicht der einzige Konzern, der seinen Mitarbeitern Flexibilität gewährt. Große Firmen sind zwar in der Regel sehr potent, aber gelten oft als eher wenig beweglich. Doch just hierin liegt der Beweis: Die Tatsache, dass viele davon auf „flexibel“ umsatteln, zeigt, dass es sich rentiert – andernfalls würden diese Marktgrößen nicht den Umstellungsaufwand auf sich nehmen.

Kinderbetreuung

Gleichzeitig bestünde eine weitere Option für das Problem der Unvereinbarkeit von Kind und Karriere auch einfach darin, die Versorgung von Mitarbeiterkindern in die Firma zu verlagern: Dazu benötigt es – vereinfacht ausgedrückt – nur passende Räumlichkeiten sowie eine Stelle für einen Erzieher. Dieser Leitfaden des Familienministeriums erklärt, wie der Bedarf ermittelt werden kann.

Alternative Mutter‐Kind‐Arbeitsplatz

Da aber Inhouse-Betreuung besonders bei kleinen Unternehmen oft ausscheidet, böte sich eine weitere Lösung darin, Mutter-Kind-Arbeitsplätze zu ermöglichen: Im Säuglingsalter ist das kaum ein Problem und kann eine wichtige Brücke sein, um eine Neumutter nach dem Mutterschutz wieder ins Unternehmen zu bringen, ohne sich um Betreuung kümmern zu müssen. Allerdings: In der Praxis funktioniert dies nur bis zu einem gewissen Kindesalter.

Prophylaxe statt Krankheit

Gerade Büroarbeit sorgt für tausende Fälle von Rückenleiden pro Jahr. Hier den Angestellten Prophylaxemaßnahmen anzubieten, kann Ausfälle vermeiden und so viel Geld sparen. Bildquelle: fotolia.com © mahony

Gerade Büroarbeit sorgt für tausende Fälle von Rückenleiden pro Jahr. Hier den Angestellten Prophylaxemaßnahmen anzubieten, kann Ausfälle vermeiden und so viel Geld sparen. Bildquelle: fotolia.com © mahony

Wer viel fordert, muss auch zurückgeben: Schon heute sorgen körperliche Auswirkungen von Stress und einseitiger Körperhaltung bei der Arbeit für abertausende Ausfalltage – eigenverantwortliche Prophylaxe scheuen viele Mitarbeiter jedoch. Hier können Arbeitgeber entscheidend eingreifen und Programme anbieten, beispielsweise Sport. Denn das hat gleich mehrere Vorteile:

  • Selbst umfangreiche Programme sind meist kostengünstiger als krankheitsbedingte Ausfälle
  • Durch Gruppenzwang nehmen Arbeitnehmer eher teil, als wenn sie privat stattfänden
  • Nicht zuletzt stärken gemeinsame Aktivitäten auch das Wir-Gefühl. Wichtig ist jedoch, dass auch Führungskräfte daran teilnehmen, das suggeriert Nähe

Damit zahlt sich Prophylaxe nicht nur finanziell aus, sondern schweißt das Team besser zusammen. Ein weiterer positiver Nebeneffekt: Das Unternehmen wird als fürsorglich wahrgenommen und nicht nur als „Tauschbörse Arbeitskraft gegen Geld“.

Überstunden? Oder besser nicht?

Getreu dem Motto, dass nur eine entspannte Arbeitnehmerschaft ihr volles Potenzial abschöpfen kann, sollten sich Überstunden auf ein Minimum beschränken. Nicht nur, um auf rechtlich sauberem Boden zu bleiben. Sind sie unvermeidlich, müssen Entscheider darauf pochen, dass Überstunden zeitnah abgebaut werden – auch wenn das bedeutet, ganze Abteilungen für eine Woche täglich eine Stunde früher nachhause zu schicken. In Anbetracht des Verhältnisses von Stress und Entspannung ist es aber unumgänglich.

Ein Problem dabei können freiwillige Überstunden sein, die aus Anbiederungsgehabe oder schlechter Eigenorganisation einzelner resultieren. Hier müssen Führungskräfte konsequent Riegel vorschieben und diesen Angestellten erklären, dass:

  • … sie ihren Arbeitsablauf so zu straffen haben, dass er während der Tagesarbeitszeit zu erledigen ist.
  • … freiwillige Überstunden zu einem schlechteren Teamklima führen, weil es andere in Zugzwang und den Mitarbeiter in Misskredit bringt („der macht doch nur länger, um sich beim Chef einzuschleimen“)
  • … dass Sie als Vorgesetzter solcherlei Imponiergehabe keinesfalls honorieren.

Meist reicht dazu ein persönliches Gespräch. Bleiben Mitarbeiter jedoch renitent, muss auch zu schärferen Maßnahmen, etwa Abmahnungen, gegriffen werden.

Möglichkeiten außer Haus

Im Sinne einer optimalen Work-Life-Balance ist mit den bisher vorgestellten Maßnahmen aber noch längst nicht der Gipfel erreicht. Denn dieser liegt dort, wo Angestellte Privatleben und Arbeit kombinieren können: Zuhause.

Bildquelle: Statista GmbH

Bildquelle: Statista GmbH

Home‐Office: Generelle Vorteile

Arbeiten von zuhause hat sich in den vergangenen Jahren zu einem echten Renner für Berufe entwickelt, bei denen keine körperliche Anwesenheitspflicht vonnöten ist. Läge die Entscheidung allein bei Arbeitnehmern, ist die Sache klar: Die meisten von ihnen würden liebend gerne einige Tage in der Woche zuhause arbeiten. Doch was bringt das für Unternehmen?

  • Vollzeit-Heimarbeiter benötigen keinen teuren Büroarbeitsplatz
  • Mehrere Mitarbeiter können sich bei gestaffelten Anwesenheitstagen einen Arbeitsplatz teilen
  • Pendeln und die verbundenen Nachteile werden reduziert bzw. abgeschafft
  • Arbeit wird entspannter und gleichzeitig auch konzentrierter
  • Moderne Medien (etwa Videotelefonie) erlauben trotzdem dauerhaften Kontakt.

Home‐Office: So geht’s

Home Office hat immense Vorteile – funktioniert aber nur mit Selbstdisziplin und wenn ein eigener Raum als Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Der Laptop auf der Küchenzeile ist also eine Sackgasse. Bildquelle: fotolia.com © Monkey Business

Home Office hat immense Vorteile – funktioniert aber nur mit Selbstdisziplin und wenn ein eigener Raum als Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Der Laptop auf der Küchenzeile ist also eine Sackgasse. Bildquelle: fotolia.com © Monkey Business

Prinzipiell sollte man Home-Office zunächst testweise, etwa in einer Abteilung, ausprobieren. Vor allem, wenn die Mitarbeiter nur teilweise von zuhause aus arbeiten sollen, ist es dazu unabdingbar, dass ausführliche aufgestellte Pläne die Anwesenheit regeln. Bewährt sich das Prinzip, kann man es für die ganze Firma auf einen Schlag einführen – etwa nach einem Betriebsurlaub.

Tipp: Wichtig für die Motivation ist es, wenn auch Führungskräfte nicht von dieser Lösung ausgenommen werden.

Abwesender Chef = höhere Produktivität?

Gleichzeitig muss man an diesem Punkt auch ehrlich die Unarten mancher Entscheider betrachten: Viele Chefs platzen mit diesen Anliegen zu jeder Zeit in die Büros ihrer Untergebenen – und stören so die Konzentration teilweise massiv. Gleichzeitig ist „der Chef“, der die Arbeit vom Büro aus überwacht, nicht gerade förderlich für entspanntes Arbeiten.

In diesem Sinne ist es für die Arbeitsleistung tatsächlich vorteilhaft, sich zuhause nicht ständig im „Dunstkreis“ des Vorgesetzten bewegen zu müssen. Vor allem, wenn dieser als streng bekannt ist. Und das kann nicht nur bei kreativen Berufen von Nutzen für die Leistung sein.

Es muss ja nicht die ganze Woche sein

Zudem müssen auch konservativ denkende Unternehmer sich eines gewahr werden: Home-Office ist nicht gleichbedeutend damit, morgens vor einem leeren Büro zu stehen. Im Gegenteil: Es wird immer Mitarbeiter geben, die aus unterschiedlichen Gründen nicht für Heimarbeit infrage kommen. Zudem: Nicht jedes Home-Office-Modell muss die volle Woche abdecken. Ähnliche Effekte lassen sich schon mit zwei Arbeitstagen erzielen.

Arbeitnehmer: Selbstdisziplin für mehr Lockerheit

Jedoch muss unterstrichen werden, dass Stressreduktion und Entspannung nicht nur alleinige Aufgabe des Arbeitgebers ist. Im Gegenteil: Wie nachfolgendes Kapitel zeigt, können und müssen auch Angestellte ihren Teil beitragen.

Möglichkeiten für In‐House‐Arbeitsplätze

Chef, lass mich einfach mal machen

Je umfangreicher Arbeitnehmer ihren eigenen Workflow organisieren, desto geringer die Wahrscheinlichkeit für Überstunden, die aus schlechter Planung resultieren. Bildquelle: fotolia.com © vadymvdrobot

Je umfangreicher Arbeitnehmer ihren eigenen Workflow organisieren, desto geringer die Wahrscheinlichkeit für Überstunden, die aus schlechter Planung resultieren. Bildquelle: fotolia.com © vadymvdrobot

Im vorherigen Kapitel war die Rede von Vorgesetzten, die durch zu große Kontrollwut den Arbeitsablauf stören – dass es solche Charaktere gibt, steht nicht zur Debatte. Dass sie aber selten selbst Einsehen haben, ist Realität. Dann obliegt es den Angestellten, ihren Chef höflich darauf hinzuweisen. Natürlich, das erfordert Mut, ist aber im Sinne eines optimalen Arbeitsergebnisses unabdingbar. Eine Option wäre es, dem Vorgesetzten vorzuschlagen, regelmäßige Meetings einzurichten, in denen seine Fragen in aller Ausführlichkeit – statt zwischen Tür und Angel – geklärt werden können.

Selbstorganisation ist das halbe Leben

Daneben sorgen aber viele Arbeitnehmer selbst für Stress – ohne Zutun von oben. Selbstorganisation ist hier der absolute Schlüssel zum Erfolg: Alleine schon physische Unordnung im Büro kann Arbeitsabläufe erheblich ausbremsen. Anscheinend ist dieser Zustand so präsent, dass Menschen mit „Büroordnungsberatung“ ihr Geld verdienen. Und gleichzeitig kann der, der sich ständig in „klein-klein“ verzettelt, kaum effektiv einzelne Arbeiten beenden.

Disziplin lautet hier die Losung: Arbeitnehmer sollten sich ihre Aufgaben nach Priorität einteilen und sie konsequent abarbeiten. Aufgrund von Unwägbarkeiten sollten dementsprechend natürlich auch Freiräume einkalkuliert werden. Der Sinn dahinter ist aber immer: Nur wer Aufgaben stringent erledigt, eliminiert eine Notwendigkeit zu Überstunden und übertriebenem Stress – weil der Workflow reibungsloser funktioniert.

Trennung Freizeit und Beruf: Bitte strikt!

Von immenser Wichtigkeit für den Stressabbau ist zudem auch die klare Trennung zwischen Arbeit und Beruf. Das ist vor allem eine Kopfsache, denn solange sich das Gehirn noch „ready for work“ wähnt, schaltet es nicht in den Entspannungsmodus. Zudem: Nicht nur die Arbeitswelt hat sich gewandelt, sondern auch die Freizeit. Auch hier kommt es mitunter zu schwereren psychischen Belastungen.

Entspannung zuhause

Freizeit sollte auch als „freie Zeit“ angesehen werden und nicht ebenfalls mit Terminen und stressigen Veranstaltungen vollgeladen werden. Bildquelle: fotolia.com © Photographee.eu

Freizeit sollte auch als „freie Zeit“ angesehen werden und nicht ebenfalls mit Terminen und stressigen Veranstaltungen vollgeladen werden. Bildquelle: fotolia.com © Photographee.eu

Apropos Entspannung: Ganz wichtig ist es in diesem Sinne auch, zuhause konsequent abzuschalten. Arbeitnehmer sollten also die Freizeit nicht als Möglichkeit sehen, sich mit Trainings, Terminen und anderen Aktivitäten bis zum Anschlag vollzuladen. Viel effektiver ist es, wirklich „abzuschalten“, also tatsächlich die Füße hochzulegen und nichts zu tun. Nur die Abwesenheit von anderen Anforderungen ermöglicht es Körper und Geist, maximal zu entspannen.

Arbeitnehmer sollten zudem auch daran arbeiten, mit dem Ende des Arbeitstags auch im Kopf abzuschalten: Gedanken an Projekte usw. sollten dann ebenso verbannt werden, wie der Drang, berufliche Mails zu checken. Beides führt auf lange Sicht nur dazu, dass Arbeit und Freizeit verwischen. Darunter leiden sowohl Leistung, als auch Entspannung.

Freizeit – nicht „Arbeit mit heim nehmen“

Auch diejenigen, die darüber klagen, dass sie sich im Büro nicht konzentrieren könnten, sind von der Trennung Job/Freizeit nicht ausgenommen: Das Kontraproduktivste, was ein Arbeitnehmer für sein Stresslevel tun kann, ist Arbeit nachhause zu bringen: Das untergräbt nicht nur die Trennlinie im Gehirn, sondern sorgt auch dafür, dass das eigene Heim nicht mehr als Hort der Entspannung wahrgenommen wird. Und was macht ein solcher Arbeitnehmer dann, wenn er wirklich mal Entspannung benötigt? Leider ignorieren viele diese Tatsache: Wie 3Sat herausfand, ist jeder dritte deutsche Arbeitnehmer rund um die Uhr in Berufsangelegenheiten erreichbar.

In diesem Sinne sollte ein altes Sprichwort aus kaiserlichen Zeiten als Motto dienen: „Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps“. Was so viel bedeutet wie: Alles zu seiner Zeit – und alles am richtigen Ort.

Möglichkeiten außer Haus

Um Selbstdisziplin im Home-Office zu wahren, kann es helfen, auch dort Business-Kleidung zu tragen und erst über Wochen allmählich zu Legerem überzugehen. Bildquelle: fotolia.com © LuckyImages

Um Selbstdisziplin im Home-Office zu wahren, kann es helfen, auch dort Business-Kleidung zu tragen und erst über Wochen allmählich zu Legerem überzugehen. Bildquelle: fotolia.com © LuckyImages

Die Firmenleitung hat sich überzeugen lassen, dass Home-Office sowohl für das Finanzielle, als auch die Leistungen mehr Vor- als Nachteile hat. Doch damit diese Gleichung auch aufgeht, benötigt es einen großen Batzen Disziplin auf Arbeitnehmerseite.

Plötzlich Home‐Office

Wahnsinn: Statt um halb sechs klingelt der Wecker jetzt um sieben – und trotzdem bleibt Zeit für ein ausgiebiges Frühstück, bevor um acht der heimische Rechner hochgefahren wird. Kein Berufsverkehr mehr, und, und, und. Natürlich: Wer plötzlich von zuhause aus arbeiten darf, muss diese Vorteile erst einmal verdauen. Wichtig ist gerade zu  Anfang, dass nicht zu viel verändert wird, sonst leidet die Disziplin, denn der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Home-Office ist eine große Umstellung für den Geist und muss deshalb langsam angegangen werden – auch wenn der eigentliche Wechsel innerhalb eines Tages vollzogen wird.

Ohne Disziplin geht es nicht

In diesem Sinn ist Selbstdisziplin oberstes Gebot: Wer im Büro sitzt, kann nicht „mal eben“ die Wäsche aufhängen – also sollte das auch zuhause nicht getan werden. Der Trick dabei ist, sich nicht durch die Verlockungen der eigenen vier Wände korrumpieren zu lassen:

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Zuhause leben und arbeiten: Kopfsache

Im Prinzip ist auch Home-Office demnach nur eine Sache der Autosuggestion: Arbeitnehmer müssen sich einfach nur gewahr werden, dass sie die gleiche Arbeit erledigen müssen – nur eben ohne alle störenden Faktoren eines normalen Büros. Dabei kann es hilfreich sein, sich selbst kleine Motivationssprüche auszudrucken und im Heimbüro zu verteilen, weitere Tricks listet dieser Artikel.

Home‐Office bedeutet auch Vertrauen

Immer im Hinterkopf bleiben sollte auch ein weiterer wichtiger Faktor: Mit Home-Office-Einführung zeigt der Arbeitnehmer, dass er seinen Angestellten zutiefst vertraut. Dass er sie für fähig hält, auch ohne oberlehrerhafte Dauerkontrolle effektiv und diszipliniert zu arbeiten. Wer das ausnutzt, schadet nicht nur sich, weil seine Leistungen leiden, sondern auch den anderen Kollegen: Kein Chef ist davor gefeit, zu verallgemeinern. Nur ein Angestellter, der Home-Office schamlos ausnutzt, kann die Vorteile dieses Prinzips sowohl für seine Kollegen als auch das Unternehmen gründlich ruinieren. Im Zweifelsfall heißt es dann später nämlich „Home-Office? Nie wieder! Haben wir mal probiert, funktionierte aber nicht“.

Zusammenfassung und Fazit – Sukzessiver Abschied von klassischen Arbeitsmodellen für eine schöne neue Arbeitswelt

Die Arbeitsrealität des 21. Jahrhunderts wartet mit extrem umwälzenden neuen Anforderungen auf, sowohl für Arbeitgeber als auch –nehmer. Wer auf diese neuen Herausforderungen nur mit klassischen Herangehensweisen reagiert, wird zwangsläufig das Nachsehen haben. Denn einfach nur auf gestiegenen Bedarf mit härterer Arbeit zu antworten, brennt die wertvolle Ressource Mensch auf Dauer schlicht nur aus. Wer sich und sein Unternehmen in einer beinharten Arbeitswelt behaupten will, sorgt dafür, dass seine Leute die benötigte Leistung auf Dauer liefern können – und das geht nur, indem man ihnen an anderer Stelle mehr Freiräume gewährt.

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