Gehirnforschung und Management: Führungskultur im Wettbewerb um Arbeitskräfte
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Gehirnforschung und Management: Führungskultur im Wettbewerb um Arbeitskräfte

Torsten Seelbacher
Am

Unternehmen müssen sich immer mehr um gute Mitarbeiter bemühen. Und als wäre das nicht genug, verlieren sie auch noch an Souveränität über ihr Image. Viel zu leicht lassen Bewertungsplattformen nach außen dringen, was im Inneren bleiben sollte. Auf das Image als Arbeitgebermarke kommt es aber an, wenn Unternehmen die besten Köpfe gewinnen wollen.

Für Unternehmen des Mittelstands gilt dies besonders, da sie hinsichtlich Aufstiegsmöglichkeiten und Gehalt nicht mit Großunternehmen konkurrieren können. Weshalb sollte sich ein Mitarbeiter für sie entscheiden? Die Frage gilt es zu beantworten. Das positive Betriebsklima könnte ein guter Grund sein.

„Wahre Schönheit kommt von innen.“ Den Satz kennt jeder aus der Werbung. Vielleicht ist er ein passendes Bild für die Bedeutung einer attraktiven Führungskultur in einem Unternehmen. Wenn die Dinge im Inneren stimmen, dringen sie früher oder später nach außen. Private Gespräche, ob online oder offline, sorgen schon dafür.

Worte wirken

Was macht eine gute Führungskultur aus? Wann fühlen sich Mitarbeiter akzeptiert und anerkannt? Schon seit langem setzen Trainer und Berater auf wertschätzende Kommunikation. Dass mehr darin steckt als Gutmenschentum, zeigen Ergebnisse aus der Gehirnforschung. Ein freundliches Wort kann eine genauso große Reaktion auslösen wie ein Incentive in Form von Geldzahlung oder Sachleistungen. Das konnte in Versuchen nachgewiesen werden. Worte wirken – und die Gehirnforschung zeigt wie.

In der Literatur sind eine ganze Reihe Tests und Versuche dokumentiert worden. In einem einfachen Versuch wurde eine Gruppe von Probanden in zwei Hälften geteilt. Die eine Hälfte hatte die Aufgabe, negative Begriffe wie Misserfolg, Unglück oder Trauer zu lesen. Die andere Gruppe hatte Begriffe wie Erfolg, Glück oder Freude vor Augen. Am Ende forderte man beide Teilgruppen auf, das Haus über das Treppenhaus zu verlassen. Die Gruppe mit den positiven Begriffen verließ das Gebäude wesentlich schneller und dynamischer als die andere.

Wenn Führungskräfte mit ihren Worten und mit ihrem Verhalten positive oder negative Impulse setzen, beginnt in den Köpfen ihrer Mitarbeiter ein Verarbeitungsprozess. Involviert sind die Bereiche für Motivation und Belohnung, persönliche Werte und Lernen. Am Ende des Verarbeitungsprozess können starke körperliche Reaktionen stehen. Einbezogen sind sieben Areale:

  1. Im Zentrum steht das ventrale tegmentale Areal (VTA). In diesem Areal beginnt und endet die Verarbeitung.
  2. Die Amygdala, auch Mandelkern genannt, ist Teil des limbischen Systems. Hier werden alle eingehenden Signale als gut oder schlecht, positiv oder negativ bewertet.
  3. Der Nucleus accumbens ist Teil des Belohnungssystems. Er ist an den emotionalen Lernprozessen und dem Grad unserer Motivation beteiligt.
  4. Im orbitalen Cortex werden emotionale und motivationsbezogene Signale mit dem gespeicherten Wissen und unseren gespeicherten Erfahrungen beurteilt und bewertet.
  5. Im anterior cingulären Cortex finden Prozesse statt, die mit Entscheidungen, Sozialverhalten und Lernprozessen in Verbindung stehen.
  6. Der Hypothalamus wandelt Botenstoffe, also Neurotransmitter, in Neurohormone um und regelt deren Ausschüttung über die Hirnanhangdrüse, mit der er in direkter Verbindung steht.
  7. Die Hirnanhangdrüse liegt bereits außerhalb des Gehirns und hat direkten Zugang zum Blutkreislauf. Über den Blutkreislauf können die Neurohormone zu den zuständigen Organen transportiert werden. Gefühle werden körperlich spürbar.

Die richtige Person am richtigen Platz: Das A und O für dauerhafte Zufriedenheit

Es kann der Eindruck entstehen, Führungskräfte seien aufgefordert, ihre Mitarbeiter dauerhaft zu unterhalten. Das ist nicht gemeint. Sehr viel wirkungsvoller ist es, Mitarbeiter so einzusetzen, dass sie ihre Stärken ausspielen können. Persönlichkeitsanalysen leisten wertvolle Hilfe, denn sie sichern ein unabhängiges Bild. Andere Methoden sind deutlich schwächer: Direkt nach den eigenen Stärken befragt, versucht jeder Mitarbeiter, sich so gut wie möglich zu verkaufen. Häufig beziehen sich die Befragten auf Aussagen und Kommentare von Kollegen und Freunden, die etwas Bestimmtes sehen wollen, oder sie schreiben sich Stärken zu, die sie gerne hätten. Objektiv ist das alles nicht und damit fehlerträchtig.

Der Aufwand lohnt. Gelingt es, einen Mitarbeiter optimal einzusetzen, ist eine wichtige Voraussetzung dafür gegeben, dass er bei seiner Arbeit in einen Flow-Zustand kommen kann. Das bedeutet, er versinkt in seiner Arbeit und vergisst die Zeit. Die Motivation von außen wird überflüssig.

Für den Flow-Zustand müssen Anforderungen, Fähigkeiten und Zielklarheit übereinstimmen. Klare Ziele zu formulieren, ist die Aufgabe der Führungskraft. Damit wird deutlich, in welchem Zusammenhang Motivation der Mitarbeiter und kommunikative Fähigkeiten der Führungskraft stehen. Letzteres ist nicht so einfach, wie es sich zunächst anhört: Ein Trainer für die schriftliche Kommunikation von Führungskräften lässt die Teilnehmer regelmäßig Arbeitsanweisungen schreiben und gegenseitig interpretieren. Er berichtet, es sei für die Teilnehmer eine wichtige Erfahrung zu sehen, wie unterschiedlich Texte aufgefasst werden können.

Doch zurück zum Anfang: Wie schaffen sich Unternehmen einen guten Ruf als Arbeitgeber? Der optimale Einsatz von Mitarbeitern und die Kommunikationsfähigkeiten der Führungskräfte sind ein wichtiger Ausgangspunkt für ein attraktives Arbeitgeberimage.

Über den Autor

Torsten Seelbacher

Torsten Seelbacher Torsten Seelbacher ist Geschäftsführer der AFNB - der Akademie für neurowissenschaftliches Bildungsmanagement. Aufgabe der Akademie ist es, das Wissen der Neurowissenschaften für Management und Weiterbildung nutzbar zu machen.
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