Führungskräfte sollten Gefühlsmanager sein
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Führungskräfte sollten Gefühlsmanager sein

Angela Kissel
Am

Führungskräfte müssen lernen, ihren Gefühlshaushalt zu steuern. Sonst brennen sie irgendwann aus und ihr Verhalten wird für ihre Mitarbeiter unberechenbar. Der sensible Gefühlmanager ist gefragt.

Für Unternehmen arbeiten Menschen. Deshalb spielen im Betriebsalltag Emotionen eine wichtige Rolle. Sie beeinflussen das Arbeitsklima, die Arbeitsmotivation und die Effektivität der Zusammenarbeit. Das belegen zahlreiche Studien.

Doch wovon hängt die Stimmung im Betrieb ab? Selbstverständlich wird sie von äußeren Rahmenbedingungen beeinflusst – zum Beispiel davon, ob es Unternehmen gut oder schlecht geht. Doch entscheidender ist das Verhalten der Führungskräfte. Denn sie prägen durch ihre Entscheidungen und ihr Verhalten den Arbeitsalltag der Mitarbeiter.

Doch wovon hängt das Verhalten der Führungskräfte ab? Auch von ihrem emotionalen Befinden. Das ist vielen Führungskräfte nicht ausreichend bewusst. Denn sie haben das Selbstbild verinnerlicht: Ich handle und entscheide stets rein rational. Das ist nicht der Fall. Auch ihr (Entscheidungs-)Verhalten wird von Gefühlen und somit Launen (mit-)beeinflusst. Und das ist nicht schlimm – solange Führungskräfte sich dessen bewusst sind, denn dann können sie ihr Verhalten steuern.

Führungskräfte  sollten gerecht und berechenbar bleiben

Studien belegen: Mitarbeiter engagieren sich umso stärker für ihre Arbeit, je stärker sie sich mit ihren Vorgesetzten (und Kollegen) identifizieren. Stimmt die Beziehung zu ihnen, dann fühlen sie sich im Unternehmen wohl. Folglich engagieren sie sich für dieses.

Eine Voraussetzung hierfür ist, dass sie ihren Chef nicht nur als „funktionierende Maschine“, sondern auch als Mensch erleben. Deshalb dürfen Führungskräfte im tagtäglichen Umgang mit ihren Mitarbeitern durchaus Emotionen zeigen – positive und negative. Sogar launisch dürfen sie in einem gewissen Umfang sein. Sie müssen nicht den harten Manager, sondern den Gefühlsmanager geben.

Wichtig ist jedoch, dass eine Führungskraft stets weiß, was die betreffenden Reaktionen bei ihr auslöst. Sie sollte zum Beispiel wissen: Jetzt reagiere ich gereizt, weil ich gestresst bin. Oder: Jetzt weiche ich aus, weil ich einen Konflikt scheue. Oder: Jetzt reagiere ich wütend, weil ich mich über einen Lieferanten geärgert habe, denn sonst verhält sie sich ihren Mitarbeitern gegenüber schnell ungerecht.

Führungskräften sollte sich folglich bewusst sein, dass auch ihr Verhalten Gefühlsschwankungen unterliegt. Das heißt: Während sie manchmal auf gewisse Verhaltensweisen von Mitarbeitern eher gelassen reagieren, bringen diese sie in anderen Situationen in Rage – zum Beispiel, weil sie gerade gestresst sind oder schlecht geschlafen haben.

Ein Gefühlsmanager muss berechenbar sein

In einem gewissen Umfang sind solche Gefühlschwankungen für ihre Mitarbeiter akzeptabel – insbesondere, wenn sie die Ursache hierfür kennen. Schließlich wollen sie ihren Chef ja auch als Mensch erfahren. Zum Problem werden die Gefühlsschwankungen für Mitarbeiter erst, wenn das Verhalten ihres Chefs hierdurch unberechenbar für sie wird.

Denn dann erfahren sie dieses schnell als ungerecht. Folglich gehen sie zu ihrem Chef emotional auf Distanz – auch weil sie nicht mehr wissen, wie sie sich verhalten sollen, um beispielsweise seinen Wutattacken oder seiner beißenden Kritik zu entgehen. Deshalb sollten Führungskräfte ihren Gefühlshaushalt steuern können.

Hierbei hilft ihnen das Lebensbalance-Modell von Nossrath Peseschkian. Ihm zufolge lassen sich in unserem Leben vier Bereiche unterscheiden. Neben dem Bereich „Berufliches Leben“ gibt es die Bereiche „Sinn/Kultur/Stille“, „Körper/Gesundheit“ und „Soziales Leben“.

Zwischen diesen vier Lebensbereichen besteht eine Wechselbeziehung. Deshalb verliert, wer zum Beispiel den Bereich „Berufliches Leben“ langfristig überbetont, auf Dauer neben seiner Lebensfreude, auch seine Leistungskraft. Denn:

  • Wer krank ist, kann weder sein Leben in vollen Zügen genießen, noch ist er voller Leistungskraft. Und:
  • Wer einsam ist, ist weder „quietsch-vergnügt“ noch kann er seine volle Energie auf seinen Job verwenden. Und:
  • Wer in einer Sinnkrise steckt, ist weder lebensfroh noch sehr leistungsfähig. Denn hinter allem Tun steht die Frage: Was soll das Ganze?

Folglich sollten Führungskräfte für die rechte Balance zwischen den vier Lebensbereichen sorgen – auch um emotionalen Kurzschlüssen vorzubeugen.

Für den erforderlichen Ausgleich sorgen

In unserer modernen Arbeitswelt können insbesondere die Leistungsträger in den Unternehmen diese Balance nicht Tag für Tag, Woche für Woche und Monat für Monat bewahren. Denn im Arbeitsleben gibt es immer wieder Phasen, die sehr stressig sind – zum Beispiel, weil

  • ein wichtiges Projekt abgeschlossen werden muss oder
  • das Auftragsvolumen gerade sehr hoch, die Personaldecke aber recht dünn ist.

Gerade in solchen Phasen, in denen sie auf die Unterstützung ihrer Mitarbeiter besonders angewiesen sind, neigen Führungskräfte dazu, unberechenbar zu werden – weil sie selbst am Limit agieren. Die Folge: Ihre Mitarbeiter verweigern ihnen die Unterstützung.

Deshalb sollten Führungskräfte speziell in Stress-Situationen hochsensibel ihr Verhalten beobachten und darauf achten, dass sie aus Mitarbeitersicht nicht unmotiviert überreagieren. Das können sie nur, wenn sie selbst innerlich eine gewisse Ruhe bewahren und in der Lage sind, ihren Gefühlshaushalt als eigenen Gefühlsmanager zu steuern – zum Beispiel, weil sie wissen, was ihnen in Stress-Situationen „gut“ und „weniger gut“ tut.

Führungskräfte sollten ihre eigenen Gefühlsmanager werden

Zu Hilfe kommt ihnen dabei erneut das Lebensbalance-Modell von Nossrath Peseschkian. Denn wenn die vier Lebensbereiche in einer Wechselbeziehung zueinander stehen, dann können Führungskräfte, die unter einer hohen beruflichen Belastung stehen, diese zumindest für einige Zeit durch ein entsprechendes Ausgleichsverhalten in den anderen Bereichen kompensieren.

So sollte eine Führungskraft, die beruflich unter Strom steht, zum Beispiel darauf achten, dass ihr nicht auch noch private Probleme Energie rauben. Sonst schlägt das Gefordert-sein schnell in ein Überfordert-sein um. Ebenso sollte eine Führungskraft, wenn sich beruflich immer mehr Stress und Adrenalin aufbaut, dafür sorgen, dass in ihrem privaten Bereich die nötige Entspannung erfolgt – zum Beispiel, weil sie regelmäßig joggt oder etwas anderes tut, das dem Stressabbau dient.

Führungskräfte sollten sozusagen ihre eigenen Gefühlsmanager werden. Das ist wichtig, um ein Ausbrennen zu vermeiden. Das ist auch nötig, damit sie auch in Stresszeiten für ihre Mitarbeiter emotional relativ ausgeglichene und folglich berechenbare Führungskräfte sind, denen diese gerne folgen.

Über den Autor

Angela Kissel

Angela Kissel Angela Kissel ist Paar- und Familientherapeutin sowie Systemische Beraterin. Sie leitet den Geschäftsbereich „Balance für Lebens“ der Unternehmensberatung Kissel Consulting, Urbar (bei Koblenz), der Einzelpersonen beim Aufrechterhalten oder Wiederherstellen der gewünschten Balance in ihrem Leben und Unternehmen beim Erhalt der Gesundheit und Leistungskraft ihrer Mitarbeiter unterstützt. www.balance-fuers-leben.de
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