Die Zukunft von HR-Prozessen ist digital
Noch immer verbringen HR-Mitarbeiter einen Großteil ihrer Zeit mit administrativen Tätigkeiten. Höchste Zeit, solche zeitintensiven Aufgaben an digitale Tools zu übergeben – selbstlernende Algorithmen und künstliche Intelligenz stehen dabei hoch im Kurs.
Die „Arbeitswelt 5.0“ stellt nicht mehr die Frage nach der Digitalisierung, sie definiert lediglich den Digitalisierungsgrad. In dieser Welt sind HR-Prozesse zu 100 Prozent digitalisiert und hochvernetzt, stark automatisiert und sie nutzen selbstlernende Algorithmen und künstliche Intelligenz (KI). Der Personaler gewinnt dadurch wieder Zeit, sich auf den Menschen zu konzentrieren und Mitarbeiter können Arbeit und Freizeit optimal vereinen. Noch mag das für die meisten Unternehmen wie Zukunftsmusik klingen. Doch diese Entwicklung muss jetzt passieren. Denn durch den demographischen Wandel sinken die Einwohnerzahlen und die Bevölkerungsstruktur überaltert. Dadurch gibt es immer weniger Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt. Gleichzeitig erhöht die Globalisierung den Wettbewerbsdruck. Dabei verstärken wirtschaftliche Krisen diese Entwicklung noch.
Dort digitalisieren, wo es sinnvoll ist
Das stellt neue Anforderungen an die HR-Abteilung. Aber wo sollte man am besten anfangen? Digitalisierung sollte mit Köpfchen eingesetzt werden. Sie lohnt sich dort, wo sie die Effizienz steigert oder Mitarbeitern und Führungskräften das Leben erleichtert. Jedes Unternehmen muss individuell für sich entscheiden, in welchen Bereichen das zutrifft. Grundsätzlich lassen sich alle regelbasierten Abläufe mit Algorithmen abbilden und automatisieren. Das trifft auf die meisten HR-Prozesse zu, von der Vertragserstellung bis zur Zeugnisgenerierung. Unternehmen sollten prüfen, wo ihnen die Digitalisierung spürbare Vorteile bringt.
Eine erhebliche Zeit- und damit Kostenersparnis bringt die Digitalisierung immer dann, wenn es um eine große Masse geht. Fallen pro Jahr etliche Arbeitsverträge an, lässt sich der damit verbundene Aufwand durch eine digitale Vertragserzeugung auf ein Minimum reduzieren. Denn dann kann eine Führungskraft einen rechtssicheren Arbeitsvertrag direkt am Ende des Vorstellungsgesprächs in wenigen Sekunden automatisch erzeugen. Dabei muss die Personalabteilung noch nicht einmal eingreifen.
Wenn die KI das Zeugnis schreibt
Heute muss ein Zeugnis noch ausgedruckt und manuell unterschrieben werden. Denn bisher ist die qualifizierte Digitale Signatur laut § 630 BGB dafür noch nicht zugelassen. Wenn die Gesetzgebung nachzieht, wird aus dem 15-Sekunden-Zeugnis in der Arbeitswelt 5.0 das Ein-Sekunden-Zeugnis. Möglich wird das durch den Einsatz von KI. Statt der Führungskraft übernimmt jetzt ein intelligenter Algorithmus die Bewertung des Mitarbeiters. Er ermittelt anhand von Daten, wie sich der Mitarbeiter entwickelt hat. Dabei berücksichtigt die KI zum Beispiel die Ergebnisse der vergangenen Mitarbeitergespräche, Aussagen der Führungskräfte und den betrieblichen Lebenslauf. Was auf den ersten Blick beängstigend klingt, ist tatsächlich fairer als die Bewertung von Menschenhand. Denn eine Führungskraft hat häufig nur die Leistung der vergangenen Wochen im Kopf und lässt sich durch aktuelle Ereignisse und Emotionen beeinflussen. Die KI berücksichtigt dagegen alle relevanten Daten und bewertet objektiv.
Interne Stellen schneller besetzen
Ein anderer Bereich, in dem der Einsatz von KI großes Potenzial hat, ist die interne Besetzung von Stellen. Denn mit den digitalen Personalakten verfügen HR-Manager über einen riesigen Datenschatz. Diesen können sie auswerten, um Mitarbeiter mit passenden Qualifikationen zu finden – unter Beachtung der Datenschutzvorgaben. Vielleicht hat ein Unternehmen einen großen Auftrag in China gewonnen und sucht nun einen Projektleiter mit Mandarin-Kenntnissen. Statt die Stelle auszuschreiben und Bewerbungen zu sichten, kann die HR-Abteilung mithilfe von KI-gestützten Datenanalysen Kandidaten identifizieren, die für die Stelle in Frage kommen. Der eine hat vielleicht Sinologie studiert, der andere schon einmal eine Zeit lang in China gearbeitet. Verfügt der Mitarbeiter zudem über Erfahrung mit großen, internationalen Projekten, kommt er in die engere Wahl. Die Personalabteilung kann ihn gezielt ansprechen und spart sich ein aufwendiges Bewerberverfahren.
Vorsicht vor verfälschten Daten
Eine KI ist immer nur so gut, wie die Daten, auf denen sie beruht. Denn sie lernt und schlussfolgert anhand dieser Informationen, indem sie Muster erkennt und fortführt. Das birgt auch Gefahren. Lässt man eine KI auf Basis von bisherigen Stellenbesetzungen auswerten, welche Person sich für eine Führungsposition eignet, erhält man in der Regel ein verfälschtes Ergebnis. Denn in den meisten Chefetagen deutscher Unternehmen sitzen zu 80 Prozent Männer. Die KI würde dieses Muster übernehmen und davon ausgehen, dass Männer besser für Führungspositionen geeignet sind als Frauen. Während intelligente Algorithmen für interne Bewerberverfahren vielversprechende Hilfsmittel sind, sollte man die finale Auswahl von Kandidaten im Recruiting daher lieber Menschen überlassen.
Digitalen Wandel pragmatisch begrüßen
Es ist Aufgabe der Personalabteilung, den digitalen Wandel im Unternehmen zu begleiten und zu fördern. Dafür sollte sie mit gutem Beispiel voranschreiten. Das erfordert jedoch Mut zur Veränderung. Eins ist klar: Die Digitalisierung im HR-Bereich kommt. Die Frage ist nur, wann und wie schnell. Unternehmen sollten jetzt die Chance ergreifen, ihre Zukunft aktiv zu gestalten. Dabei ist ein pragmatischer Ansatz gefragt. Digitalisierung darf kein Selbstzweck sein. Vielmehr geht es darum, HR-Mitarbeiter von zeitaufwendigen administrativen Aufgaben zu befreien. So können sie sich wieder auf das Wesentliche fokussieren: den Menschen.
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