Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung: Die Digitalisierung des gelben Scheins
Krankmeldung

Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung: Die Digitalisierung des gelben Scheins

Porträtfoto von Andreas Hermanutz, Wolters Kluwer-Tax & Accounting
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Die Digitalisierung führt in vielen Bereichen zu Veränderungen. Eine dieser Veränderungen ist die geplante Digitalisierung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU). Dahinter steckt, dass eine elektronische Datenübertragung die jährlich etwa 77 Millionen papiergebundenen „AUs“, die sogenannten „gelben Scheine“, ablöst. Das Ergebnis ist die „elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung“, kurz eAU.

Die eAU: Lange geplant, immer wieder verschoben

Ursprünglich sollte die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ab dem 01. Juli dieses Jahres für Arbeitgeber verpflichtend sein. Allerdings hatten einige Arztpraxen in der vorhergehenden Pilotphase Schwierigkeiten, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen an die Krankenkassen weiterzugeben.

So gaben noch im Herbst 2021 bei einer Umfrage der Deutschen Gesellschaft für Personalführung (DGFP) etwa drei Viertel der Befragten an, dass sie bei dem Thema eAU am Anfang der Umsetzung stehen. Die Folge war eine Verlängerung der Pilotphase bis zum 31. Dezember 2022 und ein Start zum 01. Januar 2023.

Deshalb ist der Mittelstand von der Einführung der eAU betroffen

Das neue eAU-Verfahren ändert den Weg, über den die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom Arbeitnehmer zum Arbeitgeber gelangt, grundlegend: Bisher erhielt man als Arbeitnehmer seinen „gelben Schein“ bei Krankheit durch einen Arztbesuch – jeweils eine Ausführung für Krankenkasse, Arbeitgeber, sich selbst und den Arzt. Dann musste man die Bescheinigung beim Arbeitgeber und der Krankenkasse einreichen.

Neuer Ablauf:

  1. Ab dem 01. Januar erhält der Arbeitnehmer bei Arbeitsunfähigkeit keine Papierbescheinigung mehr – stattdessen wird die Krankschreibung von Ärzten und Krankenhäusern elektronisch an die Krankenkasse des Patienten übermittelt.
  2. Nach der Krankschreibung meldet der Arbeitnehmer, wie bis jetzt auch, dass er krankgeschrieben ist und teilt dem Arbeitgeber die Dauer mit.
  3. Mit diesen Informationen kann der Arbeitgeber die eAU vom GKV-Kommunikationsserver abrufen.

Arbeitgeber muss AU nun elektronisch einholen

Somit liegt zukünftig die Pflicht beim Arbeitgeber, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Arbeitnehmers einzuholen, während der Arbeitnehmer seinen Ausfall nur noch durch einen Anruf oder durch eine E-Mail melden muss.

Zunächst wendet man das System nur bei gesetzlich Versicherten an. Außerdem umfasst es nach dem Start noch keine Arbeitsunfähigkeiten bei Rehabilitationsmaßnahmen, Krankschreibungen im Ausland und Erkrankungen eines Kindes. Die Digitalisierung dient zwar der Vereinfachung dieses Prozesses für die Arbeitnehmer, schafft aber teilweise neue Aufgaben für KMU.

Potenziale und Probleme bei der Einführung der eAU

Das neue Verfahren bringt für die Beteiligten sowohl Vorteile als auch Herausforderungen mit sich. Die Herausforderungen kann man mit der richtigen Vorbereitung jedoch gut lösen.

Grundsätzlicher Vorteil:

  • Mit der eAU kommt das Verfahren der Krankmeldungen im digitalen Zeitalter an und das ermöglicht eine grundlegende Vereinheitlichung sowie eine hohe Qualität im Verfahren.

Doch wo Licht ist, ist auch Schatten:

  • Eine Herausforderung ist die Umverteilung der Arbeitslast auf die Lohnsachbearbeiter in Betrieben, da diese die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht mehr erhalten, sondern nach der Krankmeldung elektronisch anfordern müssen. Für jede Krankmeldung, und auch für Folgeerkrankungen, müssen die eAUs einzeln eingeholt werden.
  • Erst nach der elektronischen Anforderung der Krankmeldung kann man die Krankzeit in der Lohnabrechnung verarbeiten. Dies ändert den Workflow zum Abruf der Informationen der Lohnsachbearbeiter erheblich und erweitert deren Aufgaben auf die Überwachung des Eingangs der Rückmeldungen und auf das Managen von Fehlerkonstellationen. Dies bedeutet eine erhebliche Erhöhung des Arbeitsaufwands.
  • Eine weitere Herausforderung besteht darin, dass man parallel zwei Systeme nutzt, da das neue eAU-Verfahren – wie oben erläutert – noch nicht alle Fälle abdeckt und deswegen das alte System weiterverwendet werden muss.
  • Zu guter Letzt ergeben sich softwareseitig unter Umständen Schwierigkeiten: Lohnprogramme müssen an die neuen Anforderungen angepasst werden und zukünftig über automatisierte Schnittstellen verfügen, um den Ablauf so reibungslos wie möglich zu gestalten. Lohnsachbearbeiter können von den zusätzlichen Tätigkeiten nur entlastet werden, wenn jeder Hersteller es rechtzeitig schafft, automatisierte Schnittstellen einzurichten. Mit entsprechenden Softwarelösungen kann sich der Lohnsachbearbeiter auf sein Kerngeschäft, die Lohn- und Gehaltsabrechnung, fokussieren

Fazit: Gute Vorbereitung wichtig

Die AU soll zur eAU werden und dies voraussichtlich ab 2023, wenn die Übergangsphase abgeschlossen ist. Die Zeit bis zur Einführung sollten Mittelständler nutzen, um sich mit der zukünftigen Entwicklung auseinanderzusetzen, bereits jetzt zu üben und sich über Software-Lösungen zu informieren.

Beispielsweise kann man als Arbeitgeber eine eAU anfordern und sich mit dem neuen System vertraut machen, denn manche Arztpraxen haben längst die Möglichkeit eAUs zu übermitteln. Zudem sollte man sich rechtzeitig überlegen, ob bestehende oder neue Softwarelösungen in Frage kommen, um die Arbeit, die durch die eAU entsteht, zu minimieren und zu vereinfachen.

Bildnachweis: ©Depositphotos.com

Über den Autor

Porträtfoto von Andreas Hermanutz, Wolters Kluwer-Tax & Accounting

Andreas Hermanutz Andreas Hermanutz ist seit über zwei Jahrzehnten in den Bereichen Rechnungswesen und Buchhaltung tätig. Für Wolters Kluwer Tax & Accounting Deutschland verantwortet er seit über zehn Jahren Vertrieb und Service. Entsprechend nah ist er am KMU-Markt und den Bedürfnissen der Geschäftsführer, was ihm Einblicke aus erster Hand verschafft. www.wolterskluwer.com/de-de
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