Behandle jeden Kunden so, wie er behandelt werden möchte
Platinregel im Vertrieb

Behandle jeden Kunden so, wie er behandelt werden möchte

Porträtfoto von Rainer Skazel, Geschäftsführender Gesellschafter des Deutschen Instituts für Vertriebskompetenz
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Die Platinregel im Außendienst und im Verkauf lautet, jeden Kunden dort abzuholen, wo er steht – und zwar in jeder Phase des Kundenkontakts. Am besten gelingt dies, indem Sie Ihre Verhaltensweisen und Ihre Vorgehensweise im Kundenkontakt auf Ihr Gegenüber abstimmen. Wie sieht das konkret aus?

Wahrscheinlich kennen Sie die goldene Regel des Verkaufens, die besagt: „Behandle den anderen so, wie du selbst behandelt werden möchtest.” Die goldene Regel allerdings passt nicht mehr in die heutige Zeit des individuellen Verkaufens, bei dem das Ziel im Fokus steht, sich voll und ganz auf den Kundennutzen zu konzentrieren.

Das Ziel: Persönlichkeitsorientiertes Verkaufen

Stellen Sie sich doch nur einmal vor, Sie zählten zu den eher extravertiert veranlagten Außendienstlern. Als solcher kommunizieren Sie gern und viel, wollen den Kunden inspirieren, ihn dabei unterstützen, sich seine Lebensträume zu verwirklichen, und eine vertrauensvolle Beziehung zu ihm aufbauen. Und dann treffen Sie auf einen introvertierten Kunden, der zu den verschlossenen und leisen Menschen gehört und von Ihnen vor allem erwartet und verlangt, mit Zahlen, Daten und Fakten sowie einer verlässlichen Kosten-Nutzen-Analyse versorgt zu werden.

Eine Beziehung zu Ihnen aufbauen? – Nein, danke! Sie ahnen, worauf wir hinauswollen. Mit der goldenen Regel würden Sie als beziehungsorientierter Hurra-Außendienstler beim introvertiert-leisen Kunden rasch auf unüberwindbare Grenzen stoßen. Anders verhält es sich mit der Platinregel: „Behandle jeden Kunden so, wie er behandelt werden möchte“!

Der Weg: Kundentyp einschätzen und Verhalten anpassen

Für unser Beispiel heißt das: Passen Sie Ihr Verhalten dem Kunden an. Vermeiden Sie den Auftritt als (zu) redseliger Kommunikator, der primär auf der Beziehungsebene punkten will. Erkennen Sie sich selbst und die eigene Persönlichkeit, und darüber hinaus die Persönlichkeit, den Charakter und die Mentalität des Gesprächspartners. Stimmen Sie Ihre Verhaltensweisen und Ihre Vorgehensweise im Kundenkontakt auf den introvertiert-leisen Zeitgenossen ab.

Allgemein gilt: Beachten Sie, wie der Mensch, mit dem Sie zu tun haben, tickt. Seien Sie in der Lage, sich entsprechend anzupassen. Eigentlich sollte dies eine Selbstverständlichkeit sein. Doch in der Praxis sieht das anders aus. Den meisten Außendienstlern gelingt es zu selten, ihr Verhalten dem jeweiligen Kundentyp zumindest ein wenig anzupassen. Sie können einfach „nicht raus aus ihrer Haut“. Darum: Beschäftigen Sie sich damit, den Kundencharakter einzuschätzen, zu identifizieren und Ihr Verhalten darauf abzustimmen.

Die Aufgabe: „Wie tickt der Kunde?“

Zielführend ist es, sich dazu mit Typologien zu beschäftigen, die Sie dabei unterstützen, den Charakter und die Mentalität eines Kunden einzuschätzen – und damit sein zu erwartendes Entscheidungs- und Verkaufsverhalten. Zuweilen genügt es bereits, offenen Auges und unvoreingenommen in den Kundenkontakt hineinzugehen. Menschenkenntnis und gesunder Menschenverstand lassen Sie erkennen, ob Sie es eher mit einem verschlossen-leisen oder einem enthusiastisch-kommunikationsoffenen Kunden zu tun haben. Oder aber Ihr Gegenüber ist ein sicherheitsorientierter oder analytischer Mensch. Es kann auch sein, dass Ihr Kunde offen ist für Neues und für kreative Anregungen. Oder Sie haben einen Gesprächspartner, der lieber am Bewährten festhält und alles beim Alten belassen möchte.

Die Herausforderung: Jede Phase typgerecht gestalten

Top-Außendienstler unterscheiden sich nach unserem Verständnis von eher durchschnittlichen Kollegen dadurch, dass sie die Platinregel konsequent auf ihre Einstellung und die verschiedenen Phasen des Kundenkontakts anwenden. In so gut wie jedem Kontakt spielen die Akquisition, der Beziehungs- und Vertrauensaufbau, die Bedarfsanalyse, die Präsentation, die Einwandbehandlung, der Abschluss und die Empfehlung eine Hauptrolle – wahrscheinlich auch in Ihren Interaktionen mit Interessenten und Kunden. Prüfen Sie bezüglich Ihres allgemeinen Vorgehens, Ihrer Einstellung sowie der verschiedenen Phasen, inwiefern sich die Platinregel verwirklichen lässt:

  • Allgemeines Vorgehen: Schätzen Sie in der Vorbereitungsphase den Kundentyp ein und legen Sie typspezifische Dos und Don’ts fest. Konkret: Beim kommunikationsstarken Kunden sollten Sie offen, freundlich und herzlich agieren und nicht zu viel reden und nicht zu oft das Wort ergreifen. Denn so würden Sie ihn in seinem Rededrang allzu sehr einschränken. Beim faktenorientierten Kunden sollten Sie auf den Punkt vorbereitet sein, strukturiert vorgehen und es unterlassen, sich unpräzise auszudrücken.
  • Mindset stärken (Sales Mental): Verdeutlichen Sie sich, dass es Ihnen gelingen wird, jeden Kunden typgerecht und individuell anzusprechen.
  • Akquisition: Packen Sie den Interessenten an seinen emotionalen und wertegetriebenen Wurzeln. Ansonsten ist er für Sie und Ihr Unternehmen für immer verloren. Laufen Sie bei der Neukundengewinnung zur Höchstform auf, beachten Sie die Platinregel auf das Schärfste. Nur wenn Sie die potenziellen Kunden jetzt genau so behandeln, wie diese sich dies wünschen, werden Sie Ihre Vertriebspipeline füllen können.
  • Beziehungs- und Vertrauensaufbau: Auch hier ist die Platinregel von größter Bedeutung. Während Sie bei dem einen Kunden mit Anteilnahme vorgehen, ist beim zweiten Zurückhaltung angebracht, beim dritten hingegen ein direktes und offenes Vorgehen.
  • Bedarfsanalyse: Identifizieren Sie den Bedarf mithilfe von Fragen. Wer fragt, erfährt, was den Kunden quält, was er will und was ihm nutzt. Stimmen Sie Ihre Gesprächstechniken und Fragen auf den Kundentyp ab. Bei dem einen Kunden ist es richtig, viele Detail- und Sachfragen zu stellen, beim anderen, kurz und knapp zu fragen.
  • Verhandlungs- und Einwandphase sowie Abschluss: Passen Sie Ihre Argumentation dem Gesprächspartner an. Ob Sie jetzt das Argument „Mehr Leistung und Gewinn“ oder „Mehr Spaß und Freiheit“ oder „Mehr Zuverlässigkeit und Genauigkeit“ oder „Mehr Anteilnahme und Geborgenheit“ ausspielen, ist selbstredend wieder vom Kundentyp abhängig. Ähnliches gilt für Ihre Sprache und Körpersprache. Das Ziel ist zwar meistens eine Win-win-Lösung, aber der Weg dorthin wiederum kundenspezifisch, insbesondere bei der Preisverhandlung.
  • Abschluss mit anschließender Empfehlungsfrage: Ziehen Sie nochmals alle Kundentyp-Register: Malen Sie das Big Picture, ohne ins Detail zu gehen, oder präsentieren Sie eine faktengesättigte Nutzendarstellung. Ziehen Sie die Empathie-Karte und unterstützen Sie den Kunden bei seiner Kaufentscheidung – oder achten Sie strikt darauf, dass er diese Entscheidung selbst fällt – immer in Anlehnung an den identifizierten Kundentyp.

Fazit

Top-Außendienstler verkaufen über ihre Persönlichkeit und können sich selbst und ihre Kunden typologisch einschätzen. Sie wissen, wie sie selbst und die Gesprächspartner ticken – und sind darum in der Lage, die Platinregel in allen Facetten zu leben: „Behandle jeden Kunden so, wie er behandelt werden möchte“.

Bildnachweis: ©istockphoto.com/designer491

Über die Autoren

Porträtfoto von Rainer Skazel, Geschäftsführender Gesellschafter des Deutschen Instituts für Vertriebskompetenz

Rainer Skazel Rainer Skazel ist Experte für Recruiting, Vertriebsmanagement, Führung und Persönlichkeitsdiagnostik sowie geschäftsführender Gesellschafter des Deutschen Instituts für Vertriebskompetenz. Er hat mehrere Fachbücher geschrieben. www.div-institut.de/
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Dirk Thiemann Dirk Thiemann ist geschäftsführender Gesellschafter des Deutschen Instituts für Vertriebskompetenz in Allensbach am Bodensee. Er berät Unternehmen des Mittelstandes in Fragen der Vertriebsoptimierung und der Personalentwicklung. Er hat mehrere Fachbücher verfasst. www.div-institut.de  
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