„Man muss als Gründer bewusst Zeit für das schaffen, was einen wirklich vorantreibt“
Onpulson im Interview mit Lars Stelzer, Gründer und Geschäftsführer von Apertus. Das Start-up unterstützt IT-Dienstleister, MSPs (Managed Service Provider) und Beratungen dabei, KI-Projekte im Mittelstand umzusetzen – mit sicherem Zugriff auf besonders schützenswerte Datenströme, etwa Mandantendaten beim Steuerberater, die nicht einfach in ChatGPT landen sollen.

Lars Stelzer ist Gründer und Geschäftsführer von Apertus. Das Start-up gibt IT-Dienstleistern, MSPs und Beratungen das passende Rüstzeug, um KI-Projekte im Mittelstand professionell umzusetzen. Foto: Apertus
Name: Lars Stelzer
Geburtsjahr: 1996
Position: Gründer und Geschäftsführer von Apertus
Weitere Gründungen: Flynnt (Managed-Kubernetes-Plattform)
Vita: Lars Stelzer ist der Gründer und Geschäftsführer hinter der apertus-Plattform, einer deutschen Lösung für GDPR-konformes KI-Hosting und Managed-Intelligence-Services. Nach seinem Studium der Wirtschaftsinformatik in Hamburg sammelte er zunächst Erfahrungen im IT-Consulting und Business Development.
2020 startete er gemeinsam mit seinem Bruder Phil Flynnt.io, eine Managed-Kubernetes-Plattform, die Kubernetes einfach zugänglich macht. Darauf aufbauend entwickelten die beiden die apertus-Plattform, um Unternehmen den Zugang zu sicherer KI-Infrastruktur zu ermöglichen. Lars entwickelt IT-Lösungen, die speziell auf die Bedürfnisse des europäischen Mittelstands zugeschnitten sind.
Lebensmotto: „Mühsam nährt sich das Eichhörnchen“
B2B-Geschäftsmodell bewusst gewählt
Onpulson: Was ist das Geschäftsmodell Ihres Unternehmens?
Lars Stelzer: Mit unserer Apertus-Plattform wollen wir uns als Managed Intelligence Provider (MIP) positionieren. Unser Ansatz ist dabei bewusst als B2B-Modell konzipiert: Wir geben IT-Dienstleistern, MSPs und Beratungen die Werkzeuge an die Hand, damit sie KI-Projekte bei ihren mittelständischen Kunden professionell umsetzen können. Diese Partner helfen dann ihren Kunden dabei, KI-Systeme sicher und GDPR-konform in der eigenen Infrastruktur zu betreiben – ohne Abhängigkeit von US-Cloud-Giganten.
Unser Geschäftsmodell basiert auf drei Säulen: Erstens bieten wir managed KI-Hosting mit vollständiger Datensouveränität an. Zweitens stellen wir unseren Partnern das Toolkit für maßgeschneiderte KI-Lösungen bereit, mit dem sie spezifische Geschäftsprozesse ihrer Kunden abbilden können. Drittens ermöglichen wir die strategische Begleitung auf der gesamten KI-Journey – von der Identifikation geeigneter Use Cases bis zur Implementierung und dem laufenden Betrieb.
Technisch bauen wir auf unserer Flynnt-Infrastruktur auf, die Kubernetes-basierte Cloud-Services bereitstellt. Damit haben wir die Möglichkeit, nicht nur an der Oberfläche zu kratzen, sondern eine tiefe Integration der KI in die Prozesse und Strukturen zu etablieren, die tatsächlichen Mehrwert schafft. Am Ende wollen wir da KI implementieren, wo die wertvollen Daten tatsächlich liegen: Bei Branchensoftware und Legacy-Systemen, um die ein Großteil der Geschäftsprozesse in KMUs gebaut ist.
Über das Unternehmen
Museumstraße 31
22765 Hamburg
Onpulson: Erst kommt die Vision, dann die Gründung. Wie sind Sie auf Ihre Geschäftsidee gestoßen?
Lars Stelzer: Die Idee für Apertus entstand direkt aus der Praxis. Wir haben jahrelang Digitalisierungs- und IT-Projekte im deutschen Mittelstand durchgeführt und dabei immer wieder dasselbe Muster erlebt: Das eigentliche Problem war nicht fehlende Technologie, sondern schlechte Datenbestände und alte Software, die tief in den Geschäftsprozessen verwurzelt ist. Die Menschen müssen mitgenommen werden, und die Einführung eines neuen Tools ist selten die Antwort. Uns wurde klar, dass die wertvollsten Daten oft tief vergraben und unstrukturiert sind – häufig lokal und on-premise. Genau diese Daten nutzbar zu machen, auch für KI, ist die eigentliche Herausforderung.
Nach mehreren solcher Projekte haben wir begonnen, eine Plattform zu bauen, die unsere Arbeitsschritte und die Tools, die wir dabei genutzt haben, systematisch abbildet. Der entscheidende Moment war die Erkenntnis: Wir können nicht jeden Mittelständler einzeln begleiten – aber wir können andere Dienstleister und Beratungen befähigen, genau das zu tun.
Apertus ist deshalb bewusst als B2B-Plattform konzipiert. Wir geben MSPs, IT-Beratern und Agenturen Zugang zu unserem Produkt, damit sie KI-Projekte bei ihren eigenen Kunden professionell umsetzen können – ohne selbst die komplette Infrastruktur und das Tooling von Grund auf aufbauen zu müssen. So erweitern wir das Dienstleistungsportfolio dieser Partner und ermöglichen ihnen, ihren mittelständischen Kunden einen echten Mehrwert in der KI-Transformation zu bieten.
Team mit fundiertem technischen Know-how
Onpulson: Neben einer guten Idee spielt auch die Team-Zusammensetzung oft eine entscheidende Rolle. Wie setzt sich das Team bei Ihnen zusammen?
Lars Stelzer: Die Idee ist mit drei Leuten gestartet: Meinem Bruder Phil, Connor Kröger und mir – mit Flynnt als technischer Basis. Phil ist Informatiker und kommt aus dem DevOps-Bereich. Er hat ursprünglich bei einem der großen Cloud-Anbieter gearbeitet und dort den Konzernmarkt hautnah erlebt. Dabei wurde ihm schnell klar, dass der Mittelstand und sehr spezifische Problemstellungen nicht von Hyperscalern abgedeckt werden – genau da liegt unsere Chance.
Connor Kröger unterstützt uns als IT-Dienstleister und gibt uns wertvollen Einblick in die Arbeit von MSPs und wie Produkte aussehen müssen, damit er bei seinen Kunden einen echten Mehrwert schaffen kann. Dadurch haben wir den riesigen Vorteil, jemanden mit an Board zu haben, der unsere Plattform täglich benutzt und uns einen ungeschönten Einblick in die Bedürfnisse und das Arbeiten von IT-Dienstleistern gibt. Diese Kombination aus technischer Tiefe, Praxiserfahrung und direktem Kundenfeedback ist für uns Gold wert – wir bauen nicht im luftleeren Raum, sondern für echte Anwendungsfälle.
Wettbewersbvorteile in drei Geschäftsfeldern
Onpulson: Wie differenzieren Sie sich von Ihren Wettbewerbern?
Lars Stelzer: Unsere Differenzierung liegt in drei Bereichen: Erstens – digitale Souveränität. Während die meisten Anbieter auf US-Hyperscaler setzen, hosten wir in Deutschland mit vollständiger GDPR-Compliance. Das ist existenziell für Branchen wie Healthcare oder Finance. Zweitens – der MIP-Ansatz. Wir verkaufen keine Software-Lizenzen, sondern befähigen IT-Dienstleister und Beratungen, komplette KI-Lösungen für spezifische Geschäftsprozesse bei ihren Kunden umzusetzen. Drittens – die sichere Anbindung lokaler On-Premise-Infrastruktur.
Wir sind in der Lage, eine sichere Verbindung zu den Datenströmen herzustellen, die bei Kunden oft am wertvollsten sind: Mandantendaten beim Steuerberater, Patientendaten im Healthcare-Bereich, Patente beim Anwalt. Daten, die man nicht einfach in ChatGPT schieben will. Hier bieten wir Agenturen und Dienstleistern die technische Expertise, diese sensible Hardware sicher einzubinden -damit KI dort wirken kann, wo die echten Daten liegen.
Onpulson: Was war Ihre Motivation Unternehmer zu werden?
Lars Stelzer: Ich bin ehrlich gesagt ziemlich schlecht darin, Aufgaben umzusetzen, die für mich keinen Sinn ergeben. Ich wollte einen echten Return für meine investierte Zeit – nicht nur monetär, sondern vor allem das Gefühl sagen zu können: „Das kommt aus meiner Hand, das habe ich geschafft.“
Bekanntheitsgrad zunehmend steigern
Onpulson: Welche unternehmerischen Ziele haben Sie für die nächsten 3 Jahre?
Lars Stelzer: Wir wollen uns im Markt etablieren und bei IT-Dienstleistern als die Lösung bekannt werden, bei der man sagt: „Das ist so geil, wie einfach das mit Apertus ist.“ Parallel dazu möchten wir ein kleines, schlagkräftiges Team aufbauen, mit dem es Spaß macht zu arbeiten und bei dem man merkt, dass man vorankommt und wächst.
Onpulson: Was waren die größten Herausforderungen in der Gründungsphase?
Lars Stelzer: Der deutsche Verwaltungsapparat ist für jeden aufwendig zu manövrieren. Wir haben unterschätzt, wie viel Zeit in Verwaltung und Organisation fließt und wie viel tatsächliches Doing dabei schnell auf der Strecke bleibt. Das war eine wichtige Lektion: Man muss als Gründer bewusst Zeit für das schaffen, was einen wirklich vorantreibt.
Unternehmen sind zurückhaltender bei Investitionen
Onpulson: Wie wirkt sich die momentane wirtschaftliche Krise auf Ihr Unternehmen aus und wie wollen Sie damit umgehen?
Lars Stelzer: Man merkt eine gewisse Zurückhaltung beim Investitionsverhalten von Unternehmern, und das wirkt sich natürlich genauso auf alle anderen im Umfeld aus. Jeder merkt, dass seine Kunden etwas vorsichtiger sind, und da entsteht dann eine Kettenreaktion. Wir glauben aber, dass man mit einem ehrlichen Produkt, das tatsächlichen Mehrwert schafft, seine Kunden immer überzeugen kann – gerade in schwierigen Zeiten.
Onpulson: Ein Unternehmen zu gründen und zu expandieren kostet Geld. Wie finanzieren Sie sich?
Lars Stelzer: Aktuell sind wir vollkommen bootstrapped und generieren erste Umsätze. Für schnelleres Wachstum und einen längeren Runway wären Investitionen hilfreich, aber aktuell nicht zwingend notwendig. Wir haben den Vorteil, dass wir organisch wachsen können.
Onpulson: Ist für Sie eine Partnerschaft mit Venture-Kapitalgebern eine Option?
Lars Stelzer: Wir sind mehr auf der Suche nach einem strategischen Partner, der uns nicht zwingend monetär, sondern mit Expertise und Netzwerk unterstützt. Wir suchen Partner, die unser Produkt verstehen und uns helfen, einen gewissen Fokus bei der Produktentwicklung beizubehalten. Die Menge an Möglichkeiten lässt einen schnell vom Weg abkommen – und genau da würde uns strategische Unterstützung aktuell deutlich mehr helfen als ein paar Millionen Euro.
Onpulson: Welchen Tipp möchten Sie an andere Gründer gerne weitergeben?
Lars Stelzer: Unterschätzt nicht, wie schnell die Zeit vergeht und wie schnell man sich mit Aufgaben ablenken kann, die keinen wirklichen Mehrwert haben. Schnell rausfinden, was Impact hat, und danach priorisieren – das ist entscheidend.
Onpulson: Ist Ihr Team bereits vollständig oder suchen Sie aktuell noch freie und/oder feste Mitarbeiter?
Lars Stelzer: Aktuell sind wir vollständig, würden aber im nächsten Schritt definitiv nach einem weiteren Entwickler und einer Person suchen, die sich komplett auf Sales fokussieren kann. Bei beiden Bereichen haben wir genug Arbeit und sehen einen direkten Return. Das Budget ist allerdings noch begrenzt.
Bewerbende sollten kreativ sein
Onpulson: Warum sollten Fach- und Führungskräfte sich bei Ihrem Unternehmen bewerben?
Lars Stelzer: Wenn jemand Lust hat, wirklich mitzugestalten, Sachen umzusetzen, wenig Verwaltung und viel Doing zu haben – dann ist das der Grund. Action, jeden Tag passiert super viel: Neue Features, neue Kunden, neue Ideen, neue Herausforderungen. Einen besseren Ort, um zu lernen, mitzugestalten und Verantwortung zu übernehmen, gibt es wohl nicht.
Onpulson: Stellen Sie sich vor, Sie treffen den Bundeswirtschaftsminister. Was würden Sie sich für den Wirtschaftsstandort Deutschland bei ihm wünschen?
Lars Stelzer: Eine Refokussierung auf die Dinge, die für den Wirtschaftsstandort Deutschland wirklich wichtig sind: IP wieder ins Land holen, den deutschen Mittelstand fördern, damit dort geforscht und entwickelt werden kann. Wir brauchen wieder die Möglichkeit, Kernprodukte und Innovationen in Deutschland hervorzubringen. Es sollte wieder ein Rückgrat geschaffen werden, auf dem Deutschland seine Wirtschaft aufbauen kann. Steigbügelhalter für US-Konzerne zu sein und Kerntechnologien nach China zu verkaufen, ist nicht der richtige Ansatz. Das europäische Netzwerk bietet hierfür eine hervorragende Grundlage.
Onpulson: Welche Person hat Sie in der Gründungs- und Wachstumsphase besonders unterstützt? Bei wem möchten Sie sich bedanken?
Lars Stelzer: Mein Vater war immer eine riesige Vorbildfigur, da er sich schon in jungen Jahren selbstständig gemacht hat mit seinem eigenen Planungsbüro. Damit hat er uns die Sicherheit gegeben, dass man Risiko wagen kann, hat uns vorgelebt, was alles möglich ist, und wie mühsam aus etwas Kleinem etwas Großes entstehen kann.
Onpulson: Mit welcher Persönlichkeit würden Sie gerne einmal zum Dinner gehen und warum?
Lars Stelzer: Mit meiner Freundin, weil ich neben der Arbeit gerne mit den Leuten Zeit verbringe, die ich liebe. Ansonsten wäre ein Gespräch mit Wolfgang M. Schmitt zu seinen Filmanalysen sicherlich auch spannend.
Bildnachweis: Depositphotos.com/AnaMOMarques

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