Wie kann der Mittelstand die Digitalisierung finanzieren?
Finanzierung

Wie kann der Mittelstand die Digitalisierung finanzieren?

Porträtfoto vonPorträtfoto vonPorträtfoto von Carolin Fischer, Content-Managerin und Redakteurin für onpulson.de, einem Fachportal für Unternehmer und Führungskräfte aus dem Mittelstand
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Wir erleben gerade die „vierte industrielle Revolution“. Allerdings ist das, was passiert, ein allmählicher digitaler Wandel, eine „industrielle Evolution“. Nicht der Stärkste gewinnt am Ende, sondern der Anpassungsfähigste. Obwohl es in kleinen Schritten vorangeht, stellen sich viele Unternehmen die Frage: Wie sollen wir das finanzieren?

Die digitale Transformation hat eine große Dynamik entwickelt. Das lässt sich leicht an den Investitionen ablesen, die der deutsche Mittelstand in digitale Projekte tätigt. Die Digitalisierung geht nur sehr langsam voran, so eine Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) im Auftrag der KfW-Banken aus dem Jahr 2016 (vgl. Studie im Auftrag der KfW-Banken). Die Tatsache, dass der Mittelstand Digitalisierungsvorhaben überwiegend aus eigenen Mitteln finanziert, ist ein Indiz dafür. Größere Schritte, die eine größere Investition und damit die Inanspruchnahme von Fremdkapital notwendig machen, kommen eher selten vor.

Deutschland auf dem Weg in die Zukunft

Deutschland zählt gerade noch nicht zu den Vorreitern in Sachen Digitalisierung. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat jedoch Zeichen der Zeit erkannt, und misst der Digitalisierung in mittelständischen Unternehmen mittlerweile eine größere Bedeutung bei. Denn der Mittelstand ist eine tragende Säule der deutschen Wirtschaft. Anders als Start-ups haben traditionelle KMU keinen so großen Spielraum.Start-ups sind eher mit Wagnis- und Risikokapital ausgestattet, um innovative Ideen in die Tat umzusetzen. Für Kreditinstitute ist es mitunter schwierig, bei Digitalisierungsprojekten zu helfen. Bei der Digitalisierung spielen eher immaterielle Werte, wie Datenbanken, Kompetenzen oder Vernetzungsstrategien eine wesentliche Rolle. Das ist allerdings kein verwertbares Anlagevermögen, das als Sicherheit für den Kredit dienen könnte. Gerade Selbstständige haben es bei vielen Banken schwer, einen Kredit zu erhalten, so Fabian Krüger, Finanzexperte auf Bonkredit.„Für viele Kreditunternehmen sind Selbstständige, die in aller Regel über ein unregelmäßiges Einkommen verfügen, vor allem eins: ein Risikofaktor. Die Bank riskiert, dass der Kredit nicht pünktlich zurückbezahlt wird“, hat uns Herr Krüger letzten Monat im Interview mit Onpulson erklärt.

Fremdfinanzierungsmöglichkeiten sind häufig Fehlanzeige

Digitalisierungsvorhaben tragen dazu bei, die traditionellen Geschäftsmodelle fit für die Zukunft zu machen. Dazu gibt es Standardlösungen, wie beispielsweise die Implementierung einer ERP-Software oder maßgeschneiderte automatisierte Produktionsverfahren auf der Basis von künstlicher Intelligenz. Smarte Fremdfinanzierungsmöglichkeiten fehlen meistens. Die KfW-Bankengruppe stellt günstige Kredite vor allem Start-ups in Aussicht.

KfW-Fördermittel zur Digitalisierungsfinanzierung

Die KfW-Bankengruppe bietet etablierten Unternehmen den ERP-Digitalisierungs- und Innovationskredit mit sehr günstigen Konditionen an. Allerdings muss das Unternehmen dazu bestimmte Kriterien erfüllen, wie zum Beispiel ein überdurchschnittliches Wachstum in den letzten drei Jahren. Die KfW schränkt die Kreditvergabe auf bestimmte Unternehmensprofile ein. Damit will sie sicherstellen, dass das Geld wirklich in die Digitalisierung fließt und nicht etwa verwendet wird, um Investitionslücken zu stopfen oder Versäumnisse der Vergangenheit auszugleichen.

Digitalisierung mithilfe innovativer Finanzinstrumente

In Finanzierungsfragen ist Pioniergeist gefragt. Anders kommen mittelständische Unternehmen hier nicht weiter. Die digitale Transformation ist nicht bloß die Anpassung von Betriebsmitteln an zukünftige Anforderungen. Prozesse werden im Rahmen der Digitalisierung vollständig verändert. Es entstehen neue Berufe.

Unternehmen, die ein Digitalisierungsvorhaben umsetzen wollen, stehen vor denselben Herausforderungen wie ein Start-up. Doch etablierte Unternehmen müssen nicht ausschließlich auf Fremdkapital setzen. Künstliche Intelligenz und Software lassen sich beispielsweise mieten oder leasen. Im Leasinggeschäft ist der Anteil an Digitalisierungsvorhaben noch relativ gering. Mehr und mehr suchen Unternehmen eine liquiditätsschonende Finanzierung für Hard- und Software.

Leasing für Digitalisierungsprojekte

Digitalisierungsprojekte machen einen geringen Anteil am Geschäft der Leasingunternehmen aus. Doch sind die Wachstumsraten enorm, gerade im Bereich digitale Transformation. Denn Leasing ist eine liquiditätsschone Möglichkeit, um Hardwarekomponenten, Software und weitere Dienstleistungen zu finanzieren. Durch spezielle Leasingmodelle mit geringen Raten am Anfang, die im Verlauf steigen, können Unternehmen es schaffen, die Leasingraten aus den Einnahmen zu bestreiten. Damit bleibt das Eigenkapital verschont.

Das IT-Leasing gewinnt ebenfalls an Bedeutung. Für moderne digitale Prozesse und die dafür notwendigen IT-Infrastrukturen ist Expertise gefragt, die im Mittelstand nur wenig vorhanden ist. Leasing bietet Unterstützung bei der Finanzierung der Digitalisierung. Dabei geht es nicht nur um Hard- oder Software. Gefragt sind auch Schulungen, Wartungsarbeiten oder die Inbetriebnahme.

Die Möglichkeit der Crowdfinanzierung

Crowdfinanzierung basiert auf einem einfachen Prinzip. Auf einer Online-Plattform stellen Unternehmen ihre Vorhaben und Projekte vor. Die User stellen dafür viele kleinere Geldbeträge zur Verfügung. Am Ende bringen viele User das notwendige Kapital auf. Dabei ist zu unterscheiden zwischen Crowdlending und Crowdinvesting.

Crowdlending-Plattformen vermitteln Darlehen. Für die Dauer einer zuvor vereinbarten Laufzeit zahlt der Kreditnehmer monatlich eine Rate für Zins und Tilgung. Es besteht kaum ein Unterschied zu einem normalen Bankdarlehen. Allerdings verlangen nur wenige dieser Plattformen Sicherheiten für das Darlehen. Das Risiko tragen die Kreditgeber.

Beim Crowdinvesting beteiligen sich viele Kleinanleger. Sie geben Geld für das Investitionsvorhaben und erwarten im Gegenzug Unternehmensanteile oder einen Gewinnanteil. Da es sich hier um viele kleine Investoren handelt, entstehen hier keine Entscheidungsmitsprache- oder andere Rechte, wie das bei einer Venture-Capital-Finanzierung oder bei einem Business Angel der Fall wäre. Die stille Beteiligung der Investoren wird wie ein Nachrangdarlehen behandelt, das vom Gewinn abhängig ist.

Foto/Thumbnail: ©scanrail/Depositphotos.com

Über den Autor

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Carolin Fischer Carolin Fischer ist Content-Managerin und Redakteurin bei onpulson.de. Sie ist spezialisiert auf die Themen "Personal", "Mittelstand" und "Karriere". Zuvor hat sie mehrere Jahre für die Süddeutsche Zeitung in München gearbeitet und ist heute noch u.a. im PR-Bereich tätig.
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