Leadership: Führen mit Selbstverantwortung
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Leadership: Führen mit Selbstverantwortung

Bild von Hans Peter Machwürth
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Leadership zielt auf eine höhere Eigenverantwortung der Mitarbeiter ab – beim Wahrnehmen ihrer Aufgaben und Entwickeln ihrer Kompetenz. Das setzt voraus, dass ihre Führungskräfte selbst über die hierfür erforderlichen Fähigkeiten verfügen. Denn nur dann können sie die nötigen Rahmenbedingungen schaffen und für ihre Mitarbeiter Vorbilder sein.

Beim Coachen begegnet man zwei Archetypen von Führungskräften:

Typ 1: Der Verwalter:  Sie schildern in den Coachingsitzungen immer wieder die Zwänge, unter denen sie stehen. Sie klagen darüber, was in ihrer Organisation alles nicht läuft und vom Top-Management versäumt wird. Und sie beschreiben ihre Mitarbeiter als eher unwillig und uninspiriert.

Typ 2: Der Offene: Sie berichten bevorzugt darüber, was sie sich vorgenommen haben und wo sie mit ihrem Team in ein, zwei Jahren stehen möchten. Dabei malen sie die Situation keineswegs rosarot. Sie akzeptieren ihr Handlungsumfeld aber als Herausforderung, der sie sich stellen. Und sie sind überzeugt, dass sie und ihr Team die Kraft haben, die gesetzten Ziele zu erreichen.

Hinter diesen beiden Typen stecken unterschiedliche Persönlichkeitskonzepte. Sie stehen dafür, wie die Führungskräfte sich selbst führen und ihre Rolle definieren. Führungskräfte des Typs 1 verwalten primär ihren Verantwortungsbereich. Sie setzen um, was von ihnen gefordert wird, und kontrollieren, ob die Mitarbeiter mitziehen, und berichten pflichtgemäß nach oben.

Führungskräfte des Typs 2 hingegen verstehen ihren Verantwortungsbereich als Gestaltungsraum. Sie suchen nach Wegen, Dinge zu optimieren und ermuntern auch ihre Mitarbeiter, aus sich heraus aktiv zu werden. Sie suchen nach Lösungen und sind dabei offen für den Diskurs über unterschiedliche Handlungsoptionen. Sie sind also keine Verwalter, sondern Leader und Gestalter.

Leadership setzt Selbstführung voraus

Im Managementdiskurs wird oft jede Art der Mitarbeiterführung mit dem Begriff „Leadership” belegt. Dabei handelt es sich hierbei um einen speziellen Führungsstil, der hohe Ansprüche an das Führungshandeln stellt. Dieser Stil ist geprägt durch ein optimistisches Menschenbild und eine werteorientierte Grundhaltung, die auch die Einstellungen und Verhaltensweisen sowie den Kommunikationsstil der betreffenden Führungskraft prägen. Zudem ist es ein Führungsstil, der zunächst Anforderungen an die Führungskraft selbst stellt. Denn hinter ihm steckt das Denken: Stillstand ist Rückschritt. Und: Alles kann man optimieren – auch das Führungsverhalten. Deshalb reflektieren Führungskräfte, die als Leader agieren, regelmäßig ihr Verhalten. Sie fragen sich unter anderem:

  • Schöpfe ich meine Potenziale aus?
  • Sehe ich die Dinge, die ich angehen sollte?
  • Weiß ich, wo ich hin möchte, ohne dogmatisch nur einen Weg zu verfolgen?
  • Erkenne ich Handlungsprioritäten?
  • Handle ich konsequent und verfolge ich Dinge? Und:
  • Überprüfe ich selbstkritisch mein Vorgehen sowie das Erreichte, und orientiert sich mein Handeln an ethischen Handlungsmaximen?

Und erkennen die Führungskräfte bei sich Verhaltensmuster, die ihre Wirksamkeit schmälern? Dann streben sie danach, ihr Verhalten zu verändern, weil sie als Führungskraft eine möglichst hohe Wirkung erzielen möchten.

Diese Grundhaltung prägt auch den Umgang mit den Mitarbeitern. Eine als Leader agierende Führungskraft verzichtet als Vorgesetzter weitgehend darauf, das Verhalten der Mitarbeiter durch Anweisungen zu beeinflussen oder ausschließlich über Zielvereinbarungen zu führen. Ihr Handeln zielt vielmehr darauf ab, die Einstellungen und das Bewusstsein der Mitarbeiter zu beeinflussen. Das heißt: Die Mitarbeiter erhalten zum Erfüllen ihrer Aufgaben und zum Erreichen ihrer Ziele einen so großen Handlungs- und Entscheidungsfreiraum wie möglich. Und ihre Führungskraft fordert von ihnen nicht nur, dass sie diesen verantwortlich wahrnehmen, sondern fördert sie hierbei auch. Denn dieser Führungsstil zielt auf Selbstführung ab, und das spüren auch die Mitarbeiter.

Auf die Selbst-Motivation der Mitarbeiter bauen

In Unternehmen begegnet man wieder Bereichen, in denen die Mitarbeiter sagen: „Unser Chef ist Klasse; es macht richtig Spaß, bei ihm (oder ihr) zu arbeiten.“ Offensichtlich gelang es der betreffenden Führungskraft, das Vertrauen und die Anerkennung ihrer Mitarbeiter zu gewinnen. Die Basis hierfür ist eine authentische Kommunikation. Die Führungskraft sagt, was sie denkt, und sie tut, was sie sagt. Sie hört zu und ist offen für unterschiedliche Sichtweisen, treibt aber zugleich die gemeinsame Willensbildung und Fokussierung auf die übergeordneten Ziele voran.

Eine Führungskraft, die als Leader agiert, betrachtet es nicht als ihre Aufgabe, ihre Mitarbeiter zu motivieren. Sie setzt vielmehr darauf, dass ihre Mitarbeiter dies selbst tun – sofern

  • die Ziele, die die Führungskraft in ihrem Verantwortungsbereich erreichen möchte, und
  • das Bild, das sie ihnen von der angestrebten Zukunft malt,

eine attraktive Sogwirkung auf die Mitarbeiter entfalten. Also nutzt die Führungskraft Symbole und bildhafte Vergleiche, um ihre Vision und ihre Zielvorstellungen den Mitarbeitern zu erläutern. Außerdem ermutigt sie diese, kreativ zu denken und innovativ zu handeln.

Eigeninitiativ Herausforderungen angehen

Dabei stellt die Führungskraft hohe Ansprüche an sich selbst und die Mitarbeiter. Sie schafft Gestaltungsräume, die den Mitarbeitern ein Mitdenken und ein eigeninitiatives Handeln ermöglichen. Denn gewünscht ist der selbst-verantwortlich und aus eigenem Antrieb handelnde Mitarbeiter. Und die Mitarbeiter? Sie haben das Gefühl, dass das Unternehmen sie braucht – also sein Erfolg unter anderem von ihrer Leistung und ihren Ideen abhängt.

Entsprechend engagiert sind sie; auch weil jeder Mitarbeiter das Gefühl hat: Meine Führungskraft kennt mich und respektiert mich als Person. Denn sie spüren: Meine Führungskraft nimmt mich als Individuum wahr und schätzt mich aufgrund meiner persönlichen Stärken – ebenso wie meine Kollegen. Diese individuelle Wertschätzung bringt die Mitarbeiter dazu, auf ihre eigenen Potenziale zu bauen und sich Spitzen-Leistungen zuzutrauen.

Das führt letztlich dazu, dass das ganze Team den Erfolg sucht. Es entwickelt einen sportlichen Ehrgeiz, Herausforderungen zu meistern. Und um dieses Ziel zu erreichen, überprüft es regelmäßig die Effektivität im Vorgehen und Effizienz der Umsetzung. Das heißt, Misserfolge werden offen, ohne Schuldzuweisungen diskutiert und führen im Bedarfsfall zu einem konsequenten Gegensteuern. Erfolge hingegen werden gefeiert, jedoch ohne der Illusion zu erliegen, diese stellen sich künftig von selbst ein. Vielmehr werden aus den Erfolgen und Misserfolgen die nötigen Lehren gezogen, sodass die Leistung des Teams kontinuierlich steigt.

 Selbstbewusst den Wandel meistern

Leadership ist vor allem bei Teams gefragt, die vor komplexen, herausfordernden Aufgaben stehen, die nur gemeistert werden können, wenn alle Beteiligten

  • Vertrauen in die eigenen Potenziale,
  • den Mut, kalkulierte Risiken einzugehen, und
  • den Willen zu einem entschlossenen Handeln

haben; des Weiteren in Bereichen, in denen ein hoher Innovations- und Veränderungsdruck besteht. Denn ein solches Umfeld erhöht die innere Unsicherheit aufgrund eines Gefühls des Kontrollverlusts. Deshalb sind in ihm die Führungskräfte besonders stark als Leader gefragt.

Eine Kernaufgabe von ihnen ist es, das Selbstvertrauen und damit das Leistungspotenzial der Mitarbeiter zu stärken, indem sie daran mitwirken, dass

  • ihr Team sich konstruktiv mit der Zukunft auseinandersetzt und für sich selbst eine Orientierung erarbeitet,
  • jedes Teammitglied Eigenverantwortung übernimmt und seine Rolle gestaltet,
  • in ihrem Verantwortungsbereich stabile Vertrauensbeziehungen aufgebaut werden, die emotional tragfähig sind, und
  • die Potenziale und Kompetenzen der Mitarbeiter fortlaufend gefördert und entwickelt werden.

Führungskräfte waren bei ihrer Führungsarbeit schon immer mit herausfordernden Situationen konfrontiert. Deshalb benötigten auch sie bei ihrer Arbeit eine Orientierung und Unterstützung seitens ihrer Vorgesetzten und Unternehmen. Beim Konzept Leadership lautet eine Anforderung an die Führungskräfte jedoch, sich den gewünschten Sinnzusammenhang und die nötige Orientierung weitgehend selbst zu erarbeiten und sich die benötigte Unterstützung selbst zu organisieren. Das setzt bestimmte Führungsqualitäten voraus.

 Die sieben Merkmale eines Leaders

Bei Führungskräften, die erfolgreiche Leader sind, konstatiert man immer wieder sieben Eigenschaften, die sich in gewissen Verhaltensweisen artikulieren.

  • Das umfasst unter anderem: Sich selbst herausfordernde Ziele setzen; Unternehmensziele nachhaltig umsetzen; Gestaltungsräume entwickeln; Prioritäten aufzeigen; Absichten konsequent und klar vermitteln, Lösungen generieren und in die Tat bringen; Realitäten schaffen; diszipliniert und kraftvoll handeln.
  • Das umfasst unter anderem: Sich seiner selbst bewusst sein; sich Raum nehmen und im Umfeld behaupten; Standpunkt beziehen auch bei heiklen und unpopulären Themen; selbstbewusster Umgang mit Neuem und Unbekanntem; breites und flexibles Handlungsrepertoire für differenzierte Situationen; klar ausgeprägtes persönliches Wertebewusstsein.
  • Unternehmerische Initiative: Das umfasst unter anderem: Geschäft entwickeln und voran treiben; Wille zum Erfolg; Sensibilität für Marktsignale und frühes Erkennen von Geschäftsmöglichkeiten; Produkte, Abläufe und Verhaltensweisen konsequent vom Kunden her durchdenken und steuern; Fähigkeit und Mut, erforderlichenfalls auch neue Wege zu gehen; konsequentes Sicherstellen hoher Qualitätsansprüche.
  • Fähigkeit, Sinn zu bilden und Verhalten zu bewirken: Das umfasst unter anderem: Sinn stiften und Verständnis erzeugen; glaubwürdig und authentisch kommunizieren; Energie und Leistungsbereitschaft mobilisieren; ermutigend auf andere wirken; Gespür für Wirkkräfte im Organisationsgefüge und Erkennen der entscheidenden Hebelkräfte, um erfolgreich zu sein; klare Verantwortungen und transparente Aufgabenstrukturen schaffen, um andere erfolgreich zu machen.
  • Erfolgreiches Beziehungsmanagement:Das umfasst unter anderem: Überzeugendes Auftreten; offenes Zugehen auf andere; Fähigkeit, Beziehungen partnerschaftlich und kooperativ zu gestalten und Schnittstellen förderlich zu entwickeln; Fähigkeit, Netzwerke zu knüpfen und zu gestalten, und mit Personen unterschiedlicher Art und mit heterogenen Interessen umzugehen; Fähigkeit, sich konstruktiv und wirksam im sozialen Organisationsgefüge und im Umfeld zu bewegen.
  • Emotionale Stabilität: Das umfasst unter anderem: Vertrauen in eigene Fähigkeiten und Stärken; in Druck- und Stresssituationen gelassen und verlässlich bleiben; eigene und fremde Gefühle verstehen und darauf eingehen können; Frustrationstoleranz besitzen, mit Enttäuschungen umgehen können und dabei handlungsfähig zu bleiben; angemessenes und lösungsorientiertes Konfliktlöseverhalten zeigen.
  • Lern- und Entwicklungsbereitschaft: Das umfasst unter anderem: Aus Erfahrungen lernen und sie in wachsende Bewältigungsfähigkeit verwandeln; herausfordernde Situationen annehmen und darin liegende Chancen ergreifen; Feedback über eigene Wirkung einholen und verarbeiten, langfristig vorausschauend und zu­kunftsorientiert handeln. Pioniergeist entwickeln; Förderung von Talenten und Entwicklung von Mitarbeitern durch Toleranz bei Fehlern; Unterstützung bei Schwierigkeiten (Coaching), aber Konsequenz bei mangelnder Leistungsbereitschaft.

Das kontinuierliche Arbeiten an und Weiterentwickeln derer Führungsqualitäten ist die Herausforderung an Führungskräfte in unserer Zeit.

Über den Autor

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Hans-Peter Machwürth Hans-Peter Machwürth ist Geschäftsführer der international agierenden Trainings- und Beratungsunternehmens Machwürth Team International (MTI Consultancy).
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