Die Aufhebung des Insolvenzschutzes und die Folgen für den Mittelstand
Wege aus der Krise

Die Aufhebung des Insolvenzschutzes und die Folgen für den Mittelstand

Porträtfoto von Gerold Wolfarth, bk Group
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Ist ein Unternehmen zahlungsunfähig oder überschuldet, muss es Insolvenz melden. Insolvenzverschleppung ist zurecht strafbar und hat schwerwiegende Folgen. Um während der Covid-19-Pandemie angeschlagene Unternehmen zu stabilisieren, wurde diese Insolvenzantragspflicht ausgesetzt. Ende April ist der Insolvenzschutz ausgelaufen – und damit begannen die Debatten.

Die Corona-Pandemie kam unerwartet und sehr viele Unternehmen, auch im Mittelstand, hatten und haben mit den Folgen monatelanger Verdienstausfälle oder drohender Insolvenz zu kämpfen. Es gab Unternehmen, die standen von einem auf den anderen Tag vor einem Auftragsausfall von 100 Prozent. Das muss man erstmal verkraften. Doch nach dem ersten Schock konnte es nur eine Lösung geben: schnell reagieren und den Kopf nicht in den Sand stecken. Stattdessen musste man innovative Wege gehen, um das Unternehmen neu aufzustellen. Viele sind froh, wenn sie aus eigener Kraft umstellen und damit erfolgreich wirtschaften konnten, sodass man heute wirtschaftlich besser aufgestellt ist als vor der Pandemie.

Jahrelange Trägheit wird bestraft

Die Wurzel der Insolvenzwelle, die nun von Experten befürchtet wird, liegt nicht in der Corona-Pandemie, sondern lange davor. Über die letzten Jahre haben zu viele Unternehmen die Zeichen der Zeit übersehen und Trends, wie die Digitalisierung, verschlafen. Wennman 2020 noch davon sprechen musste, dass Unternehmen kein Home-Office ermöglichen können, weil die Infrastruktur dafür nicht geschaffen war, dann wird das Grundproblem mehr als offensichtlich. Da helfen auch keine Staatshilfen und schon gar keine Aussetzung der Antragspflicht. Die Corona-Lage hat lange bestehende Nachlässigkeit und Problematiken wie den digitalen Rückstand in Betrieben nur verdeutlicht und an die Oberfläche gebracht. Corona ist daher in vielen Bereichen ein Brennglas!

Schnelle Reaktion und Flexibilität sind gefragt

Als der Lockdown kam, hieß es schnell reagieren, kreativ werden. Corona nutzen, statt sich traurig in eine Ecke zu setzen und auf den Staat zu hoffen. Natürlich war dies in manchen Bereichen leichter als in anderen – keine Frage. Doch selbst im Event- und Gastronomie-Bereich haben sich ganz neue Möglichkeiten ergeben. So hat sich ein bekanntes Unternehmen aus dem Veranstaltungsbereich in kürzester Zeit auf digitale Events umgestellt und ist damit zum Marktführer in diesem Bereich aufgestiegen. Wer sich als Messebauer etwa auf Hygienekonzepte umgestellt hat, konnte finanziell deutlich profitieren. Es gibt Gastronomen, die in 2020 ein Rekordjahr hatten, da sie Staatshilfen erhalten und bei deutlich niedrigeren laufenden Kosten durch das To-Go-Geschäft weiterhin Einkünfte verzeichneten.

Unternehmer sind für sich selbst verantwortlich

Was deutlich gemacht werden soll, Folgendes: Es gibt immer Ausreden, warum es gerade nicht läuft. Eine Pandemie ist vermutlich sogar die beste Ausrede, die es gibt. Doch es ist immer leicht, alles auf äußere Umstände oder fehlende Hilfen zu schieben. Als Unternehmer ist man zunächst einmal für sich und sein Unternehmen selbst verantwortlich. So wie man selbst seine Firma gegründet hat, so muss man sie auch selbst durch eine schwere Zeit bringen. Das Wort Unternehmer:in kommt von „etwas unternehmen“. Wie in jeder Ehe gibt es gute und schlechte Zeiten und diese gilt es zu bewältigen. Die Staatshilfen waren sicherlich richtig und an ganz vielen Stellen gut investiert. Und das Aussetzen der Insolvenzantragspflicht war für einen gewissen Zeitraum nachvollziehbar und sinnvoll. Doch wer nun immer noch nicht auf eigenen Beinen stehen kann, der hatte bereits vor der Pandemie nicht gut gewirtschaftet und ausreichend Eigenkapital aufgebaut. Was sich vor der Pandemie noch verbergen ließ, ist nun ans Licht gekommen. Insofern tut das Insolvenzrecht nun das, was es soll: Den Markt bereinigen. Vor wie nach der Pandemie.

Was wir in Zukunft anders machen müssen

Die Corona-Zeit hat uns vor Probleme gestellt, aber sie hat uns auch Vieles gelehrt. Dinge, die wir für die kommenden Jahre aufnehmen sollten. So müssen Business Continuity Pläne anders gestaltet werden, da offensichtlich auch ein Umsatz-Totalausfall möglich ist. Bis 2020 war der Ansatz 3-4 Monate ohne Einkommen überstehen zu können, nun hat sich dieser Zeitraum auf circa 6 Monate ausgedehnt. Dafür müssen Unternehmens-Strategien und Risikopläne neu erarbeitet und angepasst werden.

Gleichzeitig haben uns die letzten Monate vor Augen geführt, wie wichtig Innovationen sind. Wie wichtig der Blick auf Trends ist. Nur wenn wir uns in ruhigen Zeiten hier aktiv um die notwendige Zukunftsausrichtung der Firmen bemühen, können wir auch in Krisenzeiten innovativ und flexibel bleiben.

Foto/Thumbnail: ©istockphoto/Dobroslav Hadzhiev

Über den Autor

Porträtfoto von Gerold Wolfarth, bk Group

Gerold Wolfarth Gerold Wolfarth ist CEO der bk Group und Senator der Wirtschaft. 1999 hat er seine Unternehmensgruppe als „One-Man-Show“ gegründet und sich bis heute zum Marktführer für 365° Objektlösungen & Services in Europa entwickelt. Seine Geschäftsidee, eine Dienstleistung, die es zuvor im Markt nicht gab, baute er acht Jahre später in ganz Europa aus. Der Autor steht für eine zukunftsweisende Führungskultur. www.bk-group.eu/de/
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