
Wie zukunftsorientierte Mitarbeitendengespräche Führung und Lernen stärken
Wer besser werden will, braucht Feedback. Feedbacks sind Rückmeldungen über die erbrachte Leistung. Sie geben uns die Sicherheit, auf dem richtigen Weg zu sein. Wir sollten sie nicht nur bereitwillig geben, sondern auch proaktiv danach fragen. Vor allem Feedforward bringt uns voran. Doch es erfordert bisweilen ein wenig Mut.
Zügige und stimmige Rückmeldungen sind für jeden Einzelnen im Privaten wie auch im unternehmerischen Alltag elementar – und für die Internetgeneration unumgänglich. Denn sie hat sich an sofortiges Feedback gewöhnt. Jedes „Like“ ist wie ein virtuelles Schulterklopfen. Social Networks und digitale Geräte sind perfekte Feedbackgeber – und genau deshalb haben sie Suchtpotenzial.
Online-Games nutzen diesen Effekt sehr erfolgreich. Für vollbrachte Spielleistungen werden wir postwendend belohnt: Mit Status-Upgrades, immer höheren Levels, Fortschrittsbalken, Spielgeld oder Bonuspunkten. Computerspiele ermöglichen „epic wins“, das heißt Siege von epischem Ausmaß, und erzeugen „epic highs“, das bedeutet das Hochgefühl, wie ein Held die Welt vor dem Untergang zu bewahren. Heutzutage gibt es gar keine andere Wahl: Feedback sofort ist das Motto!
Von dem eigenen Arbeitgebenden erwartet man nun das Gleiche: Instant gratification, alles möglichst sofort. „Ich will meinen Punktestand wissen, und zwar gleich!“ „Lob und Kritik? Wie cool!“ So tasten wir uns via Feedback voran. Gamer sind es gewohnt, Fehler zu machen und sich in ihrer Communitys darüber auszutauschen. „Game over?“ Kein Problem, nächster Versuch! Und je eher wir Fehler machen, desto schneller werden wir besser.
Warum Feedbackgespräche oft scheitern
Doch viele Menschen empfinden Feedbackgespräche als unangenehm. Sie zögern, solche Konversationen zu führen, weil sie Angst vor unerfreulichem Gegenwind haben. Sie können schlecht damit umgehen, wenn ihr Gegenüber zum Beispiel patzig wird, sich zurückzieht oder zu weinen beginnt. Andere befürchten, dass sie sich unbeliebt machen, dass eine Beziehung sich eintrübt oder dass sie im Gegenzug selbst kritisiert werden.
Doch klare, offene und ehrliche Signale sind wie wertvolle Geschenke, die man anderen geben kann. Mitarbeitende oder Kollegen absichtlich im Unklaren über die Qualität ihrer Leistungen zu lassen, ist grausam. Denn schwelende Konflikte verursachen eine permanente, gesundheitsschädliche Hochschaltung der Stresssysteme. Ein fair geführtes Gespräch hingegen sorgt wie ein reinigendes Gewitter für frische Luft.
Führung braucht mutige Gespräche
Wer als Führungskraft seinen Mitarbeitenden berechtigte Kritik vorenthält, nimmt ihnen die Möglichkeit, sich zu entwickeln. Kritikgespräche sind in Wirklichkeit Fördergespräche. Dabei spielt die Stoßrichtung eine entscheidende Rolle: Nicht vergangenheitsbezogen, sondern zukunftsorientiert sollen sie sein. Beim Blick zurück geht es meistens um das akribische Aufzeigen von Verfehlungen, was beim Gegenüber Scham, Schockstarre, Abwehr und Ausflüchte bewirkt.
Die Folge: Man schlüpft in die Opferrolle, sucht Alibis, vertuscht Sachverhalte oder schiebt Verantwortung ab. Die Diskussion bei solchen „Yesterday-Feedbacks“ führt ins Nirgendwo. Einsicht und Besserung sind kaum zu erwarten.
Feedforward: Lernen nach vorn zu denken
Ganz anders bei „Tomorrow-Feedbacks“. Da geht es um Optimalsituationen und Verbesserungswünsche, an denen gemeinsam gearbeitet wird. Dabei kann ein Fehler auch wie folgt umschrieben werden: Kinderkrankheit, Anlass, Anliegen, Korrekturmodus, Lernfeld, Testlauf, Rückschlag, Schwachstelle oder Missgeschick. Und statt Kritik erhält der Mitarbeitende Resonanz.
Nur wer innerlich offen ist, bei dem kann Feedback wirken. Den Weg zu einer besseren Lösung sollte das Gegenüber selbst finden. Man macht allenfalls Angebote statt Vorschriften, gibt Anregungen statt Ratschläge, spricht Einladungen statt Anordnungen aus. Nichts ist schlimmer als eine oberlehrerhafte Belehrung im falschen Augenblick oder jemand, der ständig herausstellt, um wie viel besser er es selbst gemacht hätte.
Haltung und Sprache entscheiden
Wer im Zuge solcher, nicht immer ganz leichten, Feedbackgespräche seine Leute nicht abkanzelt, sondern achtsam wieder aufbaut, fördert nicht nur deren Selbstachtung, sondern auch deren kritische Selbsteinschätzung.
Sie sind unsicher, wie man das beim einzelnen Mitarbeitenden am besten anstellt? Klären Sie im Rahmen eines Erwartungsgesprächs, wie die Person sich den Umgang mit Kritik wünscht.
Lobendes Feedback will jeder, doch Zurechtweisung will niemand. So ist das „Wie“ bei Feedbackgesprächen entscheidend. „Kritik braucht Liebe“ heißt es so schön. Dabei gibt es letztlich nur zwei Fragen, die interessieren: „Was lässt sich daraus lernen?“ und „Wie können wir es in Zukunft besser machen?“
Vermeiden Sie die Warum-Frage! Wer sich rechtfertigen muss, verliert Gesicht und Motivation. Tadel tut im wahrsten Sinne des Wortes weh – denn: Unser Körper registriert soziale Zurückweisung im gleichen Hirnareal, das auch für körperliche Schmerzen zuständig ist.
Anerkennung als Antrieb
Das Feedback anderer Menschen als Resonanz auf eigenes Verhalten ist eine Voraussetzung dafür, dass man ein Gefühl für die eigene Identität bekommt. Deshalb fordert man mit seinem Verhalten sein Umfeld immer zu Reaktionen auf. Positive beziehungsweise negative Verstärkungen sorgen dann dafür, dass das gezeigte Verhalten entweder fortgesetzt oder eingestellt wird.
Man erbringt eine Leistung (fast) nie nur für einen selbst, sondern immer auch für die Menschen in seinem Umfeld. Und man will, dass andere unsere Anstrengungen nicht nur sehen, sondern auch würdigen. Tun sie das nicht, beginnt man, sein Verhalten zu verändern – oft in die falsche Richtung.
So gelingt Feedforward
Feedback ist das vielleicht probateste Mittel, um rasch besser zu werden. Doch vielen fällt das Feedbackgeben schwer. Deshalb nutzen Sie Feedforward. Hierbei bitten Sie proaktiv um Hinweise, wie Sie Ihr eigenes Handeln künftig verbessern können. Dazu zählt:
- Aktiv werden statt abwarten: Wenn Feedback selten kommt, fragen Sie selbst gezielt nach Rückmeldungen. Beispiel: „Hast du eine Idee, was ich bei der Präsentation heute früh im Meeting anders machen könnte?“ Beispiel: „Kannst du mir einen Tipp geben, wie ich diesen Vorschlag konstruktiver hätte formulieren können?“
- Feedforward statt Rückschau: Fragen Sie nicht nach Vergangenem, sondern nach konkreten Vorschlägen für zukünftiges Verhalten.
- Fokus wählen: Bestimmen Sie eine Verhaltensweise, die Sie gezielt verändern möchten. Beispiel: „Ich möchte künftig mutiger meine Meinung sagen. Kannst du mir zwei Hinweise geben, wie ich das von nun an besser machen kann?“
- Mehrere Perspektiven einholen: Bitten Sie mehrere Personen um Unterstützung – das erhöht den Variantenreichtum der Ideen. Richtig reagieren: Notieren Sie die Hinweise, bedanken Sie sich – ohne die Vorschläge zu kommentieren oder zu rechtfertigen. Die Entscheidung, was Sie umsetzen, bleibt bei Ihnen.
- Gewöhnungseffekt nutzen: Anfangs kann es sich vielleicht peinlich anfühlen; mit der Zeit wird es aber zur Normalität.
Wer Feedforward konsequent einfordert und ausprobiert, verbessert sich merklich – und das erstaunlich schnell.
Literatur & Weblinks
- Schüller, Anne M.: Bahnfrei für Übermorgengestalter. 25 Quik Wins für Innovatoren und Zukunftsversteher. Gabal Verlag, Offenbach 2022.
- Schüller, Anne M.: Zukuft meistern. Das Trend und Toolbook für Übermorgengestalter. Nachhaltigkeit – Transformation – Innovation (Dein Business). Gabal Verlag, Offenbach 2024.
Bildnachweis: Depositphotos.com/AntonioGravante
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