Employee Advocacy: Die Mitarbeiter als Unternehmensbotschafter gewinnen
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Employee Advocacy: Die Mitarbeiter als Unternehmensbotschafter gewinnen

Porträtfoto von Anne M. Schüller, Coach und Autorin
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Jeder Mitarbeiter kann zu einem tatkräftigen Botschafter werden und die Arbeitgebermarke stärken, wo es nur geht. Employee Advocacy nennt man das auch. Wie Employee Advocacy im Unternehmen funktioniert, zeigt Ihnen dieser Beitrag.

Heutzutage kann ein Externer so ziemlich alles erfahren, was hinter den Kulissen einer Firma passiert. Dazu besucht er Foren und Arbeitgeber-Bewertungsportale. Oder er folgt den Spuren derjenigen, die in sozialen Netzwerken die Online-Gemeinde befragen, etwa so: „Wie gehen die Führungskräfte bei euch mit den Leuten um?“ Oder so: „Welche Erfahrungen habt ihr beim Bewerbungsgespräch gemacht?“

Höchstwahrscheinlich wird sich ein Interner oder Ehemaliger finden, der als Botschafter die passenden Antworten gibt. Und die Unternehmen haben keinerlei Kontrolle darüber, was die Beschäftigten dem Cyberspace alles anvertrauen. Zum Beispiel ist YouTube voll von Clips, die frustrierte Mitarbeiter heimlich im Büro gedreht oder nachgestellt haben, um Missstände und Fehlverhalten offenzulegen.

Influencer bzw. Botschafter erhöhen Reichweite und Glaubwürdigkeit

Jeder Beschäftigte kann zu einem tatkräftigen Ambassador werden und die Arbeitgebermarke stärken, wo es nur geht. Employee Advocacy nennt man das auch. Im besten Fall entwickeln die Mitarbeiter die entsprechenden Inhalte selbst. Außerdem können sie Unternehmensbotschaften bereitwillig teilen. Hierdurch entsteht eine Glaubwürdigkeit, die jede offizielle Verlautbarung übersteigt.

Auch Sichtbarkeit und Reichweite lassen sich so erhöhen. Warum das so ist? Die User im Web werden mit spannenden Inhalten, die von Personen aus ihrem Netzwerk kommen, um ein Vielfaches stärker interagieren als mit Botschaften, die von den Anbietern selbst ausgestreut wurden. Ferner kann man über die Mitarbeiter auch Kanäle bespielen, die ein Unternehmen selbst gar nicht im Fokus hat.

Der Stepstone Employer Branding Report fand heraus, dass 81 Prozent der 6.000 Befragten aus acht europäischen Ländern den Ratschlägen ihres persönlichen Umfeldes Vertrauen schenken. Aber nur 22 Prozent vertrauen den Arbeitgeberaussagen. Es ist also sinnlos, allzu viel Geld in eigene Werbung zu stecken, weil die Wirkung verpufft. Besser, man macht seine Mitarbeiter zu Promotoren.

Wie man die eigenen Mitarbeiter zu Botschaftern macht

Auf gut gemachten Company-Websites reden nicht nur die Unternehmen selbst, die eigenen Mitarbeiter reden ebenfalls mit. Sie können Fachartikel, Anwendergeschichten und Blogbeiträge verfassen oder bei Fragen Rede und Antwort stehen. Etwa so:

  • Auf der Homepage erzählen die Mitarbeiter selbst, wie sie mit spezifischen Wünschen der Kunden umgehen und den Service gestalten.
  • Neuen Bewerbern erklärt nicht die Personalabteilung, sondern ein Beschäftigter an seinem eigenen Arbeitsplatz, was es mit der ausgeschriebenen Stelle auf sich hat.
  • Kein Website-Texter, sondern eine Fachkraft aus dem Versand erläutert den Verpackungsprozess und die lückenlose Lieferkette.
  • Nicht durch die Presseabteilung, sondern über einen eingebundenen Azubi-Blog wird Interessantes aus dem Betriebsalltag nach draußen getragen.
  • Hat jemand im Social Web Fragen zur Funktion einer Maschine, kann jemand aus dem Konstruktionsteam im Kommentarfeld die passende Auskunft geben.
  • Geht es um den Fertigungsprozess, erläutert ein Arbeiter direkt vom Montageband aus per Video die einzelnen Schritte.
  • Ein Werkstudent veranschaulicht, wie der Einsatz eines Industrieroboters ganz genau funktioniert und wie die Zusammenarbeit mit ihm klappt.
  • Will jemand etwas über die chemische Zusammensetzung eines Produktes erfahren, dann kommt die Laborantin sachkundig zu Wort.

Dies sind jetzt nur einige Beispiele von vielen. Am besten lassen Sie ein paar interessierte Mitarbeiter selbst nach für die Firma passenden Möglichkeiten suchen.

Wie man Corporate Influencer für ihre Aufgabe schult

In jeder Organisation gibt es waschechte Originale, die einen zum Schmunzeln oder zum Staunen bringen. Sie sagen mehr über den Spirit eines Anbieters als jede Werbebroschüre das könnte. Sie lassen als Botschafter ein Unternehmen offener, freundlicher, vertrauensvoller, menschlicher und glaubwürdiger erscheinen. Sicht- und hörbare Mitarbeiter geben dem Unternehmen Persönlichkeit. Und Frische. Und Authentizität.

Weniger Respekt vor gesichtslosen Unternehmen

Alle Welt kann nun erkennen: Ein anonymes Firmenkonstrukt mit seinen sterilen Verlautbarungen hat sich in ein lebendiges Gebilde nahbarer Individuen verwandelt, mit denen man klasse reden kann. Dies stärkt nicht nur die Reputation in der Öffentlichkeit, sondern auch den Wert einer Arbeitgebermarke. Und darüber hinaus: Menschen, die man schätzt und mag, werden viel seltener angegriffen als gesichtslose Unternehmen.

Die Fähigkeit, sich in einer netzwerküblichen Sprache zu äußern, bringen die Jüngeren schon von Haus aus mit. Hier muss höchstens auf eine angemessene Wortwahl der Botschafter geachtet werden. Den anderen, die mitmachen wollen, bringt ein fähiger Mitarbeiter aus dem Kommunikationsteam die notwendigen Kenntnisse bei. Ein kleines A-bis-Z-Manual mit Tipps für gutes Texten und/oder ein entsprechendes Erklärvideo sind sehr hilfreich.

Employee Advocacy Politik bringt auch interne Vorteile

Das direkte Einbinden der Mitarbeiter als Botschafter bringt nicht nur draußen am Markt, sondern auch intern sehr viele Vorteile: Es führt zu einem Plus an Wertschätzung, an Motivation, an Engagement, an Leidenschaft und Loyalität – auch bei denen, die zwar selbst nicht aktiv sind, aber das Engagement der Kollegen mitverfolgen. Außerdem: Wer “offiziell” für seine Firma sprechen darf, wird sie nicht hinterrücks schlechtmachen und sabotieren.

Employee Advocacy statt selbstverherrlichenden Imagefilmen

Nur Mut: Trennen Sie sich von den weithin üblichen Arbeitgeber-Imagefilmen, die die Unternehmen in all ihrer Herrlichkeit zeigen und einem veralteten Geltungsbedürfnis entsprechen! Was aber dann? Sympathische Kurzinterviews mit den derzeitigen Stelleninhabern kommen immer gut an. Je natürlicher sie wirken, desto besser.

Eine Video-Serie, die verschiedene Job-Profile und deren Aufgabenspektrum zeigt, ist auch interessant. Mitschnitte von Firmenevents dokumentieren, was das Unternehmen so alles zu bieten hat. Zeitraffer-Filme, die einen Tag im Leben eines … enthüllen, können sogar Viralisierungseffekte erzielen, das heißt sich im Web wie ein Lauffeuer verbreiten.

Sie zweifeln an den schauspielerischen Talenten Ihrer Leute? Keine Sorge! Die Digital Natives sind es gewohnt, vor und hinter der Kamera zu stehen. Sie eignen sich somit perfekt für Employee Advocacy. Und auch unter den übrigen Mitarbeitern lassen sich schnell ein paar Exponierfreudige finden.

Bei aller Lockerheit darf indes die Seriosität nicht auf den Strecke bleiben. Ein professioneller Dreh sollte schon sein, doch das lässt sich heute auch mit einfachen Bordmitteln machen. All das braucht Zeit und Geld? Stimmt, ein bisschen schon, doch beides ist bestens angelegt – und kostet weit weniger als klassische Werbung.

Foto/Thumbnail: ©icefront/Depositphotos.com

Über den Autor

Porträtfoto von Anne M. Schüller, Coach und Autorin

Anne M. Schüller Anne M. Schüller ist Managementdenker, Keynote-Speaker, mehrfach preisgekrönte Bestsellerautorin und Businesscoach. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als führende Expertin für das Touchpoint Management und eine kundenfokussierte Unternehmensführung. Sie zählt zu den gefragtesten Rednern im deutschsprachigen Raum. 2015 wurde sie für ihr Lebenswerk in die Hall of Fame der German Speakers Association aufgenommen. Vom Business-Netzwerk LinkedIn wurde sie zur Top-Voice 2017/2018 und vom Business-Netzwerk XING zum XING-Spitzenwriter 2018 gekürt und zum Top Mind 2020 gekürt. Ihr Touchpoint Institut bildet zertifizierte Customer Touchpoint Manager aus.  www.anneschueller.com
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