Vier Schritte für ein effizientes Risikomanagement
Überschuldung im Mittelstand

Vier Schritte für ein effizientes Risikomanagement

Markus Damer
Am

Rund 14 Prozent aller Unternehmen in Deutschland haben mit Überschuldung zu kämpfen. Wie aus den veröffentlichten Daten von Unternehmen hervorgeht, nimmt das Risiko einer Überschuldung jedoch mit zunehmender Unternehmensgröße ab. Mit anderen Worten: Bei Kleinstunternehmen ist das Risiko am höchsten.

Rund 16,8 Prozent dieser Firmen leiden an Überschuldung, das heißt sie weisen ein negatives Eigenkapital aus. Bei Kleinunternehmen sind es rund 13,2 Prozent, bei mittleren und großen Unternehmen sieht es mit 8,4 Prozent bzw. 4,8 Prozent dagegen besser aus. Die Zahlen belegen: kleine und mittelständische Betriebe stellen den größten Teil aller überschuldeten Unternehmen dar.

Besonders betroffen ist dabei das Gastgewerbe. Mehr als jede vierte Firma muss hier einen großen Schuldenberg abtragen, ähnlich sieht es bei Gründungen im Bereich Kunst, Unterhaltung und Erholung aus. Auch im Mittelstand sollten Unternehmen daher auf eine gut durchdachte Risikomanagement-Strategie setzen. Anbei die vier ersten Schritte, um die Firma vor möglichen Gefahren zu schützen und eine Überschuldung vorzubeugen.

1. Risikofaktoren identifizieren und beobachten

Es gibt zahlreiche Gründe, warum Unternehmen Schulden anhäufen. Je nach Gewerbe sind hohe Anfangsinvestitionen notwendig, die vom laufenden Betrieb anschließend nicht immer gedeckt werden können. Zu wenige Kunden, eine sich verändernde oder falsch eingeschätzte Konkurrenzsituation, zu hoher Wareneinsatz, Personal- und Mietzahlungen sind nur einige Gründe für einen wachsenden Schuldenberg.

Ein Großteil der Risiken ergibt sich aus den Entwicklungen im wirtschaftlichen Umfeld, z.B. Wettbewerbsdruck, dem Verhalten der Mitbewerber oder Schwankungen von Preisen auf dem Markt. Unternehmen haben nur eingeschränkte Möglichkeiten, auf diese Faktoren Einfluss zu nehmen: Umweltfaktoren wie Gesetzgebung, Versorgungssicherheit, Natureinflüsse oder die Bonität von Geschäftspartnern werden daher intensiv beobachtet.

In vielen Branchen muss der Dienstleister die Kosten für den Auftrag zunächst vorstrecken, doch gerade kleine und mittelständische Unternehmen verfügen nicht über die finanziellen Mittel, Zahlungsverspätungen oder sogar -ausfälle zu kompensieren. Daher sollten diese ihre Branche gut kennen, die typischen Problemfelder und Trends genau im Blick behalten und einen Notfallplan erarbeiten, wie im Zweifelsfall mit der Herausforderung umgegangen werden kann.

2. Bei Überschuldung ein effizientes Frühwarnsystem aufbauen

Im besten Falle erfolgt die Risikoidentifikation systematisch und anhand branchen- und unternehmensspezifischer Kriterien. Eine Befragung ausgewählter Mitarbeiter nach ihrer Einschätzung zu den größten Risikofeldern ist hierfür jedoch nicht ausreichend. Vielmehr gilt es, in der Vorbereitungsphase diejenigen Bereiche zu identifizieren, bei denen die größten Risiken zu erwarten sind.

Dabei ist es empfehlenswert, auf Erfahrungswerte aus der Firmenhistorie oder von Branchen zurückzugreifen. Informationen wie Zahlungserfahrungs- und Insolvenzdaten sowie Unternehmensinformationen können herangezogen und im weiteren Prozess des Risikomanagements dazu genutzt werden, ein intelligentes Frühwarnsystem einzurichten. Dank diesem werden mögliche Risiken und neue Trends rechtzeitig erkannt und Gegenmaßnahmen eingeleitet.

3. Risiken klassifizieren und priorisieren

Sind die Risiken identifiziert, werden sie in der Analysephase hinsichtlich ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit und Auswirkungen bewertet. Wichtig ist hierbei, auf einheitliche Bewertungsmaßstäbe, wie etwa den Einfluss auf Umsatz oder Ertrag, zu achten. Die Bewertung muss dabei anhand objektiver Kriterien erfolgen. Nur so sind sie auch nachvollziehbar und kommen dem Anspruch an Transparenz nach.

Viele Risikobewertungen stützen sich auf eindeutige Zahlen: Marktpreise, Beschaffungszeiten für Rohstoffe oder Bonitätsbewertungen sind nur zwei Beispiele für messbare Indikatoren. Die herausgestellten Risiken können nun klassifiziert und priorisiert werden. Höchste Priorität haben dabei Ereignisse mit einem großen Schadensausmaß, etwa die drohende Insolvenz des eigenen Unternehmens.

Die Klassifikation der Risiken kann dabei auch heißen, dass die Kunden, Lieferanten und Partner abhängig von ihrer Ausfallwahrscheinlichkeit, ablesbar am jeweiligen Bonitätsindex, ausgesucht und eingeteilt werden: Kunden mit einem mittleren bis schlechten Bonitätswert sind dabei genau zu beobachten. Falls deren Anteil wächst, kann dies somit frühzeitig erkannt und das Risiko minimiert werden, dass mehrere Kunden gleichzeitig ausfallen.

4. Im Unternehmen eine Risikokultur etablieren

Ein gutes Risikomanagement umfasst alle unternehmerischen Bereiche, weshalb es zu einem wesentlichen Element in allen unternehmensinternen Prozessen werden sollte. Als eigenständiges, planerisches und organisatorisches System würde es zu einem Mehr an Bürokratie und weniger Verständnis bei den Mitarbeitern führen. Letzteres ist das A und O: Allzu viele Risikomanagement-Systeme existieren nur auf dem Papier.

Wirkungsvoll werden sie erst dann, wenn sich alle Mitarbeiter inklusive der Geschäftsleitung für die Umsetzung engagieren. Bürokratische Hürden abzubauen sowie gute Briefings tragen dazu bei, dass sich im Unternehmen eine positive Risikokultur etabliert. Dies hat zur Konsequenz, dass alle Beteiligten tendenziell mit Risiko verbundene Aktivitäten mit Sorgfalt ausführen und Fehler und identifizierte Gefahren rechtzeitig melden. Ein bedachter Umgang aller Mitarbeiter trägt somit dazu bei, das eigene Unternehmen gut gegen potenzielle Risiken wie etwa einer Überschuldung aufzustellen.

Foto/Thumbnail: ©Karuka/Depositphotos.com

Über den Autor

Markus Damer

Markus Damer Markus Damer ist Head of Finance bei Creditsafe Deutschland. Für die weltweit meistgenutzte Wirtschaftsauskunftei ist er seit Sommer 2018 tätig. In mehr als 20 Jahren Berufserfahrung verantwortete er die finanziellen Geschäfte verschiedener Branchengrößen und arbeitete unter anderem für Heineken Deutschland oder Deloitte. www.creditsafe.com
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