Wie viel Einfluss und Nähe sind in einem Unternehmen angemessen?
Machtverhältnisse

Wie viel Einfluss und Nähe sind in einem Unternehmen angemessen?

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Dem Ex-Bild-Zeitung-Chefredakteur Julian Reichelt wird vorgeworfen, dass er Privates und Berufliches nicht voneinander getrennt habe. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wieviel Macht darf eine Person in einem Unternehmen besitzen? Ist Macht immer was Negatives, oder kann sie - unter anderen Umständen - auch Mitarbeiter motivieren?

Der Fall des Ex-Bild-Zeitung-Chefredakteurs Julian Reichelt wirft noch immer einige Fragen auf. Dem Journalist wird vorgeworfen, dass er Privates und Berufliches nicht voneinander getrennt habe. Natürlich stellt sich daher die Frage, wie viel Macht darf eine Person in einem Unternehmen besitzen? Sind starke Machtverhältnisse dem Betrieb wirklich dienlich oder liegen dem Ganzen auch positive Aspekte zugrunde?

Macht schafft auch neue Möglichkeiten

Generell kann man sagen, dass Macht im Unternehmen nicht mißbraucht werden darf. Dennoch ist festzuhalten, dass Macht nicht immer etwas Negatives sein muss. Macht kann positive Ausprägungen haben, etwa dann, wenn man andere daran teilhaben lässt und sie mit positiven Werten und Normen behaftet.

Beispiel

Ältere oder langgediente Mitarbeiter verfügen oft über eine hierarchisch höhere Position als junge bzw. neue Mitarbeiter. Bedeutet, sie besitzen in der Regel mehr Einfluss. Nun kann diese Stellung ausgenutzt oder missbraucht werden oder aber, man teilt diese mit anderen Kollegen. Macht bedeutet hier also gemeinsames Machen oder Erschaffen!

Im Idealfall entstehen daraus völlig neue Synergien, die letztlich in den gemeinsamen Erfolg des Unternehmens einzahlen. Ein vergleichbares Beispiel ist der Satz: Wissen ist Macht. Das gilt bis zu dem Zeitpunkt, an dem das Wissen möglicherweise verloren geht. Etwa, wenn die Person, die über das Wissen verfügt, den Betrieb verlässt. Daher ist es wichtig, dieses Know-how bzw. diese Ressource zu erhalten, zu teilen und zu erweitern – quasi durch Macht die Kreativität fördern, um Neues zu erschaffen.

Macht kann auch der Schlüssel zu Veränderungen sein. Nur wer Macht besitzt, kann notwendige – möglicherweise längst überfällige – Transformationsprozesse anstoßen. Auch kann die Person die Menschen motivieren und überzeugen neue Strukturen und Prozesse anzudenken und zu implementieren.

Macht muss nicht immer mit dem negativen Aspekt des Missbrauchs konnotiert werden, sondern ist auch eine Möglichkeit Fortschritt voranzutreiben und positive Entwicklungen anzustoßen.

Soziale und private Nähe: Wirtschaftliche Katalysatoren

Das Vermischen von Beruf- und Privatleben birgt verdeckte Gefahren, etwa dann, wenn man die definierten Grenzen beginnt zu überschreiten. Um noch einmal den Fall „Reichelt“ heranzuziehen: Das private Interesse über die allgemeinen Ziele des Unternehmens zu stellen, ist nicht richtig. Dennoch nimmt die Verbindung von Privat- und Berufsleben eine immer wichtigere Stellung ein – gerade hinsichtlich des wirtschaftlichen Erfolges.

Darunter fällt auch der Punkt des Netzwerken. Denn: Netzwerken heißt auch in die eigene und auch gemeinsame Zukunft zu investieren. Ein stabiles, vertrauenswürdiges und progressives, zwischenmenschliches Verhältnis fördert den Erfolg. Der Aufbau und die Pflege von Kontakten bringt es mit sich, dass erst einmal gegeben werden muss. In der Folge werden Wissen, Macht und Ressourcen geteilt und man muss auf sich aufmerksam machen – ohne, dass sich am Anfang ein wirklicher Mehrwert daraus ergibt.

Aber, wenn man sich den Personen öffnet, sie teilhaben lässt an den eigenen Vorstellungen, Wünschen, Interessen und Vorstellungen, gibt man ihnen die Möglichkeit an diesen zu partizipieren bzw. sie gemeinsam zu tragen. Dann entstehen auch nachhaltige, sichere und auf Vertrauen beruhende Verbindungen, die dem geteilten Ziel nutzen.

Problematisch wird es, wenn die berufliche Position dahingehend ausgenutzt wird, um ein rein privates Interesse zu verfolgen. Die möglichen Folgen sind Konflikte, falsche Abhängigkeiten oder gar Machtmissbrauch. Wenn die Grenzen nicht klar gezogen werden und nicht im gemeinsamen Interesse gehandelt wird, entsteht ein enormes Risikopotenzial für alle beteiligten Personen.

Netzwerke schaffen, Macht teilen und Vertrauen belohnen

Macht und enge soziale Beziehungen in einem Unternehmen oder zu anderen Personen sind nicht kategorisch als negativ zu beurteilen. Das Gegenteil ist häufig der Fall. Es können wertvolle Beziehungen und progressive Entwicklungen entstehen.

Netzwerken heißt, sich sichtbar machen, andere an den eigenen Gedanken teilhaben zu lassen. Es ist etwas Positives, die eigene Meinung mit anderen zu teilen oder das Wissen an andere weiterzugeben, woraus sich etwas Neues erschafft. Verbindungen, soziale Kontakte und Machtpositionen können der Türöffner für ganz neue Wege sein, die man alleine gar nicht beschreiten hätte können. Etwa weil die eigene Erfahrung noch nicht ausreichend genug war, um in größeren Sphären zu denken.

Macht teilen und Netzwerken bedeutet auch, den Menschen einen Vertrauensvorschuss zu geben. Und Vertrauen ist ein Schlüsselfaktor für ein soziales, nachhaltiges und erfolgreiches Unternehmertum für alle Parteien. Um so schwerwiegender wirken daher Vorfälle, wie die des Ex-Chefredakteurs, wenn Vertrauen ausgenutzt wird.

Transparenz ist ausschlaggebend

Eine Möglichkeit dem entgegenzuwirken ist es, Transparenz und klare Strukturen zu schaffen. Transparenz, weil Mitarbeiter klar erkennen, verstehen und einordnen können, welche Umstände vorherrschen bzw. sie auch erkennen können, wie sie von Veränderungen, Verbindungen und Machtverhältnissen profitieren können. Zum anderen sind klare Strukturen notwendig, um verbindliche Rahmenbedingungen für alle zu schaffen.

Unter dem Strich sind Macht und soziale Verbindungen eine fester Bestandteil unseres Miteinanders, die ihre positiven Seiten haben und die es auch zu fokussieren und zu fördern gibt.

Foto/Thumbnail: ©Depositphotos.com

Über den Autor

Nadine Dlouhy Nadine Dlouhy ist mehrfach ausgezeichnete Top-Expertin für strategische Markenentwicklung und Positionierung. Als CEO der BrandLite GmbH unterstützt sie Unternehmen dabei, Marken digital sichtbar und erlebbar zu machen. Zudem ist sie als Dozentin an der Hochschule Fresenius University of Applied Science tätig – ihre Schwerpunkte liegen hier mitunter im Bereich „Digitale Innovation“ und „Strategisches Management“. www.brandlite.de
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