Instagram als Vertriebskanal bedeutet kein „Aus“ für Online-Shops
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Instagram als Vertriebskanal bedeutet kein „Aus“ für Online-Shops

Andreas Köninger von SinkaCom AG
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Mit neuen Funktionen drängt Instagram in den Online-Handel. Allerdings bleiben diese auf ein klassisches Shopsystem angewiesen. Immer mehr Unternehmen entdecken soziale Netzwerke für sich. Für crossmediale Promotion, Brand Building oder stetigen Kundenkontakt bewähren sie sich täglich. Social Selling heißt der neuste Trend und beschreibt den direkten Vertrieb von Waren oder Dienstleistungen im Social Web. Hat der Online-Shop deswegen ausgedient?

Den Anfang machte Facebook mit seinem Marketplace. Instagram hat nachgezogen und verfolgt mit seinen Funktionen größere Ziele. Allerdings benötigen sie die Unterstützung eines Online-Shops.

Auf Sicht kaufen

Bezaubernde Bilder und packende Präsentationen wecken bei Kunden Interesse an Produkten – so die Idee. Damit der Eindruck keine Chance hat zu verblassen, setzt Instagram in Posts und Storys auf die „tap to buy“-Funktion. Diese zeigt die Preise an und leitet Interessenten mit einem Klick auf den Shop weiter, wo sie direkt das Geschäft besiegeln.

Besonders impulsgetriebene Käufer werden von solchen visuellen Reizen angesprochen, ganz ähnlich der Laufkundschaft in der Fußgängerzone. Außerdem bietet der Shop-Tab eine Übersicht über alle angebotenen Produkte des Kanals. Die Krux des Ganzen findet sich jedoch im fehlenden E-Commerce-Backend der App. Eine gute digitale Infrastruktur ist das A und O beim Onlinevertrieb und auch Social Selling entkräftet diese Tatsache nicht. Eher das Gegenteil ist der Fall, denn sämtliche Instagram-Shopping-Funktionen beziehen Informationen, wie Bilder, Beschreibungen und den Preis der jeweiligen Produkte, von der Storefront einer Website.

Im Umkehrschluss heißt das: Die App ist komplett auf ein traditionelles Shopsystem angewiesen. So läuft etwa die gesamte finanzielle Abwicklung über die Homepage. Zwar besteht theoretisch die Möglichkeit, Waren ohne diese automatische Abwicklung zu verkaufen, das würde jedoch einen enormen Arbeitsaufwand bedeuten. Bei jeder Transaktion müssten dann individuelle Absprachen über den Zahlungsweg, Prüfung des Zahlungseingangs und Zuordnung zu Versandinformationen erfolgen. Während mit geringem Umsatzvolumen ein solches Vorgehen gelingen kann, erscheint dies bei größerem Handelsaufkommen eher unwahrscheinlich.

Zudem bleiben so auch die Shopping-Funktionen von Instagram deaktiviert, was die Wirkung von Social Selling reduziert. Ohne spezialisierten Online-Shop kommt der Vertrieb über Social Media daher kaum in Gang. Spezialisierte Anbieter, wie beispielsweise Shopify, bieten Lösungen mit erweiterten Funktionalitäten an.

Hierbei gilt es zu Beginn eine klare Entscheidung zu treffen, welche Erwartungen bestehen und wie diese erfüllt werden können. Geschieht der Vertrieb direkt auf Instagram oder soll Social Media lediglich als Traffic-Booster gelten?

Quo vadis?

Üblicherweise führt der Weg kaufwilliger Menschen im Internet über Suchmaschinen zum Ziel. Ist die Website nach SEO-Richtlinien aufgebaut und das Objekt der Begierde im Angebot, führen Algorithmen Kunden zur digitalen Ladenzeile. Vergleichbare Fähigkeiten bringt das Pendant von Instagram nicht mit. Dort ist selbst im Shop-Tab der App eine Suche nach Waren vergebens, denn das Tool findet einzig den Namen des Kanals. Solange dieser nicht zufällig mit dem gewünschten Produkt übereinstimmt, besteht kaum eine Chance, neue Kunden zu akquirieren. Diese Gefahr läuft ein traditioneller Online-Shop nicht, weshalb die meisten Suchenden doch wieder dort landen.

Feinabstimmung

Damit die Customer Journey in einem Verkaufsabschluss endet, benötigt eine Website einige Qualitäten. Eine große Auswahl an Zahlungsmöglichkeiten beispielweise holt Menschen in ihrer Komfortzone ab und beugt einem Kaufabbruch vor. Aber auch vor dem Bezahlvorgang kann die Benutzeroberfläche an die Bedürfnisse der Kunden angepasst werden.

Liegt die Kernkompetenz des Händlers etwa in kleinen Geschenkideen, eignet sich die gleichzeitige Präsentation zahlreicher Produkte, um sofort die Aufmerksamkeit der Kunden zu binden. Spezialisiert der Shop sich auf Nischenprodukte, vermitteln persönliche und umfassende Artikelbeschreibungen ein kompetentes Bild. Instagram ist zwar visuell getrieben, aber ausführliche Texte – obwohl möglich – entfalten kaum Wirkung.

Stand der Dinge

Nicht verfügbare Waren sorgen bei potenziellen Kunden schnell für Frustration. Warum ein Produkt bewerben, das niemand kaufen kann? Auf Instagram tauchen Waren mit Preisen in Posts auf, solange sie weiterhin im verknüpften Shop angeboten werden, selbst ausverkaufte Artikel. Auf der Website hingegen besteht die Möglichkeit, Kunden mit einem breiten Portfolio an Versorgungsdaten zu versorgen. Ist der Lagerbestand digitalisiert, kann die Datenbank der Storefront gleichzeitig als Inventar fungieren. Stammen Waren von Zulieferern, ermöglichen Schnittstellen zudem die Darstellung ihrer Bestände und Kataloge im Shop. Eine vergleichbare logistische Unterstützung bietet Instagram nicht.

Auch in das Verhalten der Besucher erhalten Verkäufer der Social-Media-App keine präzisen Einsichten. Zwar versorgt das Tool Instagram Insights die Nutzer mit Informationen über Interaktionsraten, aber kommerzielle Metriken, wie etwa Conversion Rates, fehlen gänzlich. Im Vergleich dazu liefert Google Analytics für Online-Shops das volle Paket an relevanten Daten. So gehören hier etwa visualisierte Sales Funnels sowie die Messung der genauen Aufenthaltsdauer auf einzelnen Seiten zum Standardrepertoire. Das ermöglicht Rückschlüsse auf eventuelle Schwachpunkte im Verkaufsprozess und erlaubt es, adäquate Maßnahmen zu ergreifen. Besonders über mehrere Jahre, in denen saisonale Bedürfnisse sowie Schwankungen ausgemacht werden können, zahlt sich eine solche Analyse oftmals aus.

Nicht der große Wurf

Kein auf E-Commerce ausgerichtetes Backend, Preisangabe nur nach Integration mit einem Online-Shop, unzureichende Analysemöglichkeiten und mangelnde Informationen über den Versorgungsstand – die Infrastruktur von Instagram wirft Fragen über die Praktikabilität von Social Selling auf diesem Kanal auf. Zwar eignet sich die App für crossmediale Promotion, aber als eigenständiger Ersatz für einen Shop auf der Website taugt sie nicht. Dafür fehlen der App zu viele Aspekte, die den effizienten Vertrieb im Internet erst ermöglichen.

Weder für aufstrebende Entrepreneure noch etablierte Platzhirsche führt der Weg an klassischen Online-Shop vorbei. Dieser sollte Kunden intuitive Navigation ermöglichen, nach SEO-Richtlinien optimiert sein, eine breite Auswahl an Zahlungsmöglichkeiten unterstützen und das Branchenpublikum ansprechen. Außerdem bietet eine digitale Storefront die Möglichkeit, genau die Bedürfnisse des Unternehmens abzudecken. Von der Neukundenakquise bis zur smarten Lagerverknüpfung. State of the Art Shopsysteme bleiben das Mittel der Wahl im E-Commerce.

Foto/Thumbnail: ©istockphoto/bigtunaonline

Über den Autor

Andreas Köninger von SinkaCom AG

Andreas Köninger Andreas Köninger, Vorstand der SinkaCom AG, einem Creative Office für Design Thinking, IT- und Online-Dienstleistungen. Das Unternehmen hält seine Expertise in den Geschäftsfeldern Retail sowie den Themenfeldern Contentmanagement und der App-Entwicklung. Um ihren Kunden einen wirklichen Mehrwert zu bieten, kombiniert die SinkaCom AG Standard- beziehungsweise Individualsoftware und potenziert so auftretende Synergieeffekte. www.sinkacom.de
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