Wie ticken die Arbeitnehmer von morgen?
Generation Corona

Wie ticken die Arbeitnehmer von morgen?

Britta Balogh-Coach
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Für die „Generation Corona“ bedeutet die Pandemie eine Zeit der sozialen Isolation. Lücken im Lernstoff sind ebenso entstanden, wie der Mangel an Erfahrung gemeinschaftlichen Lernens und Arbeitens. Daraus sind Zukunftssorgen und damit ein hohes Sicherheitsbedürfnis erwachsen. Wie können Unternehmen diese Generation am besten einbinden?

Die „Generation Corona“ bringt andererseits hoch geschätzte und zukünftig notwendige Fähigkeiten mit, die von den meisten anderen Generationen erst noch erlernt werden müssen. Was braucht diese Generation und wie können die Unternehmen von ihr profitieren?

Generation Corona: Die abgehängte Generation?

Wollten und sollten wir die Bezeichnung „Generation Corona“ der 18- bis 25 Jährigen nicht gerade vermeiden? Diether Dohmen und Klaus Hurrelmann, beides Sozialwissenschaftler an der Hertie School of Governance und Senior Experts am FiBS warnen vor einem leichtfertigen Umgang mit dem Begriff „Generation Corona“. Dennoch konstatieren sie: „Es gibt eine größere Gruppe von jungen Menschen, deren Zukunftschancen sich durch die Entwicklungen des vergangenen Jahres höchstwahrscheinlich deutlich verschlechtert haben.“ Indem wir diese Generation mit den Auswirkungen von Corona verbinden, drücken wir ihr nachhaltig einen negativ besetzten Stempel auf.

Andererseits: Wenn wir uns erinnern, so gab es nach dem Zweiten Weltkrieg das Notabitur, mit dem mehrere Jahrgänge ihre Schulausbildung abschließen konnten. Glücklich war der-/diejenige, der/die zum Abitur zugelassen wurde. Waren diese Jahrgänge deshalb chancenlos auf dem Arbeitsmarkt? Im Gegenteil: „Sie wurden schnell zu Leistungsträgern – und zwar in beiden Deutschlands, in Ost und in West“, so der Bildungsökonom Ludger Wößmann. Brüche und Auszeiten sind normal und zunehmend selbstverständlicher Bestandteile der heutigen Arbeitnehmenden.

Weiterhin Fachkräftemangel

Wie hoch der Bildungsverlust wegen der Pandemie wirklich ist und welche Auswirkungen damit einhergehen, lässt sich heute noch nicht klar benennen. Wir wissen jedoch, dass der Arbeitsmarkt händeringend nach Auszubildenden, Arbeits- und Fachkräften sucht. Daher ist davon auszugehen, dass die Corona-Zeit weniger als Makel angesehen wird, denn als eine Auszeichnung, unter erschwerten Bedingungen einen Abschluss erreicht zu haben, was mitunter Rückschlüsse auf Durchhaltevermögen, Selbstorganisation, Selbstmotivation, Willen, Fokus und Zielorientierung zulässt.

In jedem Fall lassen sich bestimmte Charakterzüge bereits erkennen. Festzustellen ist, dass diese Generation ein hohes Maß an Sicherheitsbedürfnis hat. Sie fühlt sich oft unsicher, benachteiligt, abgehängt, gestresst, genervt und traurig. 46 Prozent sagen, dass sich ihre Lebenssituation verschlechtert habe, so eine Studie des Meinungsforschungsinstituts YouGov, die im April 2021 mehr als 6200 junge Menschen in Europa befragt haben.

Das ist nicht überraschend, denn die jungen Leute büßen Freiheit, Unbefangenheit, Leichtlebigkeit und viele soziale Kontakte ein. Stattdessen sitzen sie allein zu Hause, am Laptop und sind vornehmlich digital unterwegs. Eine andere Studie hingegen kommt zu dem Schluss, dass die Fähigkeiten der jungen Leute auf einem sich rasant verändernden Arbeitsmarkt immer gefragter werden. Hier sind insbesondere digitales und kritisches Denken, Problemlösungskompetenz, Agilität, Kreativität und Neugierde zu benennen. Alles Fähigkeiten, die heute und vor allem in Zukunft ungemein wichtig sind.

Umgang mit dieser Generation

Es stellt sich daher die Frage, wie Gesellschaft und Unternehmen dieser Generation einerseits ihre Befürchtungen, Sorgen und Nöte nehmen und sie in ihren Fähigkeiten bestärken, und andererseits diese in Effizienz, Innovation und Erfolg der Unternehmen einfließen lassen können. Es ist wichtig, dass die jungen Menschen auf keinen Fall verzagen. Deshalb obliegt es den Arbeitgebenden sie zu ermutigen und durch Wertschätzung und Erfolg ihre Selbstsicher- und Zufriedenheit wachsen zu lassen.

Eines der wichtigen Zukunftsthemen ist die mentale Gesundheit. Sie wird in Zukunft weit mehr in den Fokus von Personalabteilungen rücken, da Unsicherheiten, zunehmende Krisen und Katastrophen, Leistungsdruck, Umbrüche, persönliche Sorgen und Nöte zugenommen haben. Dadurch werden Arbeitnehmende stress- und krankheitsanfälliger und burn-out-gefährdeter. Die Personaler werden sich daher weit mehr um den körperlichen, geistigen und emotionalen Zustand ihrer Mitarbeitenden kümmern müssen, um sie in der Balance und bei Gesundheit zu halten.

Die „Generation Corona“ hat bereits gelernt, sich selbst zu beobachten, ihre Gesundheit ganzheitlich, als Einheit aus Körper, Geist und Seele zu betrachten. Es ist anzunehmen, dass sie besser und frühzeitig auf Alarmsignale reagiert und sich daher eher vor Stress und Ausfällen schützen kann, was den Unternehmen zugutekommt.

Soziale Kompetenzen und „Erlebnis Büro“

Diejenigen, die ihre erste Arbeitsstelle in der Pandemiezeit angetreten haben und sowohl die Bewerbung als auch ihre ersten Aufgaben aus dem Home-Office erledigen müssen, habe einen erkennbaren Nachholbedarf in Sachen Sozialkompetenz. Der Umgang mit Chefs, Kollegen und Kunden ist online ein ganz anderer, als live im Büro, bei Präsentationen, Meetings und Kundentreffen.

Aus der Erfahrung des remoten Arbeitens und der auch daraus entstandenen Unsicherheit und Sorge heraus, möchte diese Generation nicht ausschließlich im Home-Office sitzen. Sie sucht das „Erlebnis Büro“, den Austausch mit und das Lernen von routinierten Kollegen und Vorbildern, an denen sie sich orientieren können. Ohne die Gemeinschaft vor Ort, einen gesteckten Rahmen, eine Routine, ohne die Möglichkeit, dass ad hoc Vorgesetzte oder/und Kunden im Büro erscheinen, kann die Generation „Corona“ keine Orientierung, Maßstäbe und kein Gespür für Firmenkultur und Bindung an die Organisation entwickeln und wertschätzen. Das ist für die Firmen fatal, denn es führt zu Leistungsverlust und höherer Fluktuation. Die Einbindung in die Gemeinschaft ist für junge Leute ungemein wichtig, denn gerade zwischen dem 18. und 25. Lebensjahr formen sich Überzeugungen und Einstellungen.

Führung „Generation Corona“ bis „Baby-Boomer“

Auch die „Generation Corona“ bringt wertvolle Fähigkeiten in die Arbeitswelt von morgen ein. Sie sind – ebenso wie alle anderen Generationen – ein Gewinn für die Wirtschaft. Durch die coronabedingten Umstände jedoch, benötigen diese jungen Menschen viel Zuwendung, Zuspruch, Stabilität und eine intensive, zwischenmenschliche Bindung.

Führung findet hier ganz anders statt als beispielsweise bei den Millennials. Für die Führungskräfte bedeutet dies eine weitere Herausforderung im Hinblick auf Führung eines Teams mit mehreren Generationen und den jeweiligen Ansprüchen. Während die einen am liebsten remote arbeiten, wollen die anderen unbedingt in die Bürogemeinschaft eintauchen. Während die junge Generation digital denkt, sind die Baby-Boomer zwar durchaus technikaffin und -bewandert, denken aber eher analog und in gewohnten Denkmustern.

Die Anstrengung der Führungskräfte in der nächsten Zeit wird sein, die vielen verschiedenen Generationen zusammenzuschweißen und die jeweiligen Kompetenzen so zu verzahnen, dass daraus Erfolgsteams werden, dabei jedoch das Individuum nicht aus dem Blick zu verlieren.

Foto/Thumbnail: ©istockphoto/Sanja Radin

Über den Autor

Britta Balogh-Coach

Britta Balogh Britta Balogh ist seit über 22 Jahren selbstständig. Als Karrierecoach, Trainerin und Autorin unterstützt, begleitet und entwickelt sie Führungskräfte und Teams auf ihrem Berufsweg. Sie ist als Top-Coach gelistet. In Ihren Coachings und Artikeln behandelt sie Themen wie Führung, Kommunikation, Konflikte, Soft Skills und die Business Etikette In ihren Blogbeiträgen untersucht sie diese Themen und gibt Hinweise für Führungskräfte und Personalentwickler. www.balogh-coaching.de
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